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Ausgabe:

1914 Nr. 2

Spalte:

603-604

Autor/Hrsg.:

Aalders, G. Ch.

Titel/Untertitel:

Sporen van Animisme in het Oude Testament? 1914

Rezensent:

Volz, Paul

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Seite 1

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603 Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 20/21.

der Gefchichte gegenüber nirgends (vgl. 44 ff. 391); daß
die äußeren Wunderzeichen des Pfingftfeftes als Symbol
des Pfingftwunders charakterifiert werden (391), ift keine
folche; ihre Tatfächlichkeit wird bejaht. Zuweilen erfcheint
der Nachweis der .Glaubwürdigkeit' der berichtenden Jünger
fo breit ausgeführt, daß man fich des Eindrucks nicht erwehren
kann, es falle für den Prediger fehr viel Gewicht
auf ihn (56 ff). Ob diefe Apologetik für unfere Zeit
richtig ift, muß ich bezweifeln; mir gibt zu denken, daß
gerade diefe letztere Gedankenführung ihre allerdeutlichften
Parallelen (bis in die einzelnen Gedankengänge hinein!) in
der Predigt des 18. Jahrhunderts hat; die Ähnlichkeit ift
geradezu frappant. Aber L verfehlt nie, hinzuzufügen,
iiaß wirkliche Gewißheit nicht nur auf dem Wege ge-
fchichtlicher Unterfuchung entlieht (321), daß nicht bloß
die Autorität des Apoftels (544: der .heilige' Apoffel)
fie bewirkt. Er verlangt Erfahrung: ,was find Formeln,
und wären fie auch die korrekteften, wenn fie nicht aus
einer Wirklichkeit kommen!' (65). Apologetifche Wendungen
find nicht feiten (34 f. u. ö.); fie richten fich faft
ftets gegen Chriftentumsgegner, denen L entfchieden, aber
vornehm begegnet. Die innerkirchlichen Gegenfätze (78)
kommen nur vereinzelt zur Erwähnung, Fragen und Zweifel
der Jugend werden mit Verftändnis behandelt (124). Bei
alledem fehlt doch ein näheres Eingehen auf die innere
Situation des Menfchen von heut, der Verfuch, feine Nöte
und feine Fragen von innen heraus wirklich zu überwinden,
zwifchen feinem Denken und der Botfchaft des Evangeliums
die Brücke zu fchlagen, die er betreten könnte. So werden
die Predigten vor allem für die wirkfam fein, die in der
Überzeugungswelt der kirchlichen Lehre leben. Auch
ihnen werden fie durchaus nicht Probleme löfen und
Fragen beantworten; auch nicht folche, die mit dem
religiöfen Leben eng zufammenhängen und auf die
auch mancher von ihnen vielleicht eine Antwort erwartet.
Nach der Seite der Hineinftellung der Erkenntnisgedanken
des Evangeliums bieten fie für Univerfitäts-
predigten überrafchend wenig. Aber fie bringen ein
warmherziges, aus dem Innerften kommendes, tief-
ernftes, religiös-kraftvolles Zeugnis von der .ungeheuren'
(Lieblingswort, vgl. 36. 38. 41. 55. 125. 154. 293. 388 u. ö.)
Verkündigung, die das Evangelium einfchließt, von
Sünde und Gnade. Daß die Predigten ohne Künftelei
doch ganz an den Text angelehnt find, wird diefem
Hörerkreis nur recht fein. Die diskret gebrauchten An-
fpielungen auf äußere Zeitereigniffe (77. 144), die belebenden
und gleichfalls unaufdringlich benutzten Bilder
und Veranfchaulichungen (133. 313 u. ö.) verftärken den
Eindruck. Die Hörer werden es zweilellos empfunden
haben, daß ein Prediger der Gnade unter innerem Zwange
zu ihnen fprach (185); und das ift ficherlich etwas Großes.

Gießen. M. Schi an.

Referate.

Aaltiers, Dr. G. Ch.: Sporen van Animisme in het Oude Teltament?

(62 S.) gr. 8". Kampen, J. H. Kok 1914. fl. — 60

Vf. fucht in temperamentvoller Ausführung, hauptfächlich
im Gegenfatz zu Eerdmans, die beiden Theten zu beweifen, daß
die israelitifche Religion fich nicht aus dem Animismus entwickelte
und daß die Volksreligion höchftens in verfchwindendem Maß
am Animismus teil hatte. Weder die Totengebräuche und Toten-
vorftellungen noch die Verehrung heiliger Naturftätten noch die
Gottesnamen noch fonftige Zeremonien (Opfer, Massot-essen und
dgl.) enthalten irgendwelche merkbare Spuren von Animismus.
Die Unterfcheidung von ,rein' u. ,unrein' z. B. habe ihren natürlichen
Grund in dem Gefühl der Unluft, wozu (ich dann allerlei
andere Gründe hygienifcher, pädagogifcher und allegorifcher Art
gefeilten. Da fleh im Alten Teftament, das doch fonft die falfche
Religion überall zurückweife, nirgends eine Bekämpfung des Animismus
finde, könne er auch im Volksglauben nicht vorhanden
gewefen fein.

In der erbten Thefe ftimme ich dem Verf. zu; die zweite
Thefe ift unrichtig (vgl. Deut. 14, 1 f. u. a.); hätte Vf. die beiden

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Thefen reinlicher gefchieden, fo hätte er das Vorhandenfein des
Animismus im Volksglauben und den Einfluß animiftifcher Vor-
ftellungen auf das Ritual ruhig zugeben können.
Tübingen. Volz.

Kehrhahn, Traugott: De Sancti Athanasii quae fertur contra
gentes oratione. Diu". (73 S.) 8". Berlin 1913.
Bis zum Jahre 1887 haben fich gegen die Echtheit der unter
dem Namen des Athanafius überlieferten zufammengehörenden
Traktate ,Oratio contra gentes' und ,Oratio de incarnatione Verbi',
keinerlei Bedenken erhoben, und nachdem die von Viktor Schultze
im Vorübergehen geäußerten Zweifel und die von Dräfeke unternommenen
Verfuche, Eufebius von Emefa als ihren Verfaffer zu
erweifen, keinen Anklang gefunden hatten, ift es feit 14 Jahren
wieder ftille darüber geworden. Kaum hat aber Bardenhewer
im 3. Bande feiner Gefchichte der altkirchlichen Literatur 1912,
52f. dem Gefühle der Sicherheit Ausdruck gegeben, da tritt ein
junger Philologe in einerBerliner Differtation gegen die Echtheit
der beiden Schriften auf. Sein Beweisgang ift folgender: in den
beiden Schriften wird nicht etwa nur das von den Apologieen
des zweiten Jahrhunderts, fowie von Klemens und Origenes gebotene
Material benutzt, fondern auch des Eufebius von Cäfarea
,Theophanie', diefe felbft, nicht etwa die einen Auszug daraus
bildenden cc. 11—18 der ,Laus Conftantini' vom Jahre 336. Nun
wurde aber die ,Theophanie' nach dem X. Buche der Kirchen-
gefchichte, alfo nicht vor Anfang des Jahres 325 gefchrieben, da
die Berührungen zwifchen den beiden Büchern für die ,Theo-
phanie' das pofterius ergeben. Und da Athanafius, wenn er als
Verf. in Betracht kommt, die beiden Traktate nach allgemeiner
Anfchauung in jungen Jahren gefchrieben haben müßte, fo ergäbe
fich als Abfaffungszeit das Jahr 325 oder die unmittelbare Folgezeit
. Diefe war aber fo fehr vom arianifchen Streite erfüllt, daß •
fie dem Diakon und baldigen Bifchof von Alexandrien kaum
für solche Schriften Raum gewährte. Und eine Benutzung des
Eufebius durch Athanafius nach 325 ift auch nicht gerade wahr-
fcheinlich. Der Verf. ift alfo nicht Athanafius, fondern ein unbekannter
Schriftfteller in Ägypten.

So die Argumentation Kehrhahns. Sie ergibt m. E. zwar
nicht die Evidenz, die der Verf. ihr beizulegen geneigt ift, aber
fie ift fehr beachtenswert. Und wenn die von ihm angeführten
literarifchen Berührungen nicht eine andere Erklärung finden
und feine Beweiskette nicht an einem Punkt durchbrochen wird,
dürfte die Autorfchaft des Athanafius fehr fraglich werden.
München. Hugo Koch.

Gobineau, des Grafen, nachgelarfene Schriften, hrsg. v. Ludwig
Schemann. Briefe. I. Briefwechfel mit Adelbert v. Keller.
Neblt e. Anhang enth. den Briefwechfel m. W. L. Holland.
(XVI, 206 S.) 8«. Straßburg, K. J. Trübner 1911. M. 4—

Die Publikation umfaßt den 40jährigen Briefwechfel Gobi-
neau's mit dem Tübinger Germaniften Adalbert v. Keller (1812 bis
83), der bis in fein Todesjahr reicht und, mit wachfender Intimität
geführt, in feine vielfeitige Tätigkeit als Diplomat, Gelehrter,
Dichter, bildender Künftler einen intereffanten Einblick gewährt.
Neben vielen Details über die Projekte Gs. enthält er u. a. eine kurze
Selbftbiographie (27ff.) und eine treffende Selbftcharakteriffik als
Schriftfieller (56). Erwähnt fei noch, daß G. in einer in Fichte's Zeit-
fchrift 1867,68 erfchienenen Abhandlung ,1a somme des impressi-
ons principales qui rösultent pour moi de la totalite de mes ex-
periences' gezogen zu haben fich bewußt ift (57) und daß der Gedanke
, den feine Familiengefchichte Ottar Yarl ,pofitiv und
hiftorifch' ausdrückt, imAmadis nach der ,moralifchen und idealen'
Seite entwickelt ift (166). Im Anhang (191—200) iß. Gobineau's
Korrespondenz mit dem Tübinger ProfefTor Holland abgedruckt.
Göttingen. Titius.

Bornhaufen, Karl: Das Studium der Religion, Theologie u. Kirchen
Nordamerikas in Deutrchland. (Hefte der theologifchen Amerika
-Bibliothek. Hrsg.: Priv.-Doz. Lic. Karl Bornhaufen.
1. Heft.) (44 S.) gr. 8". Gießen, A. Töpelmann 1913. M. 1—
Der Leiter der zu Anfang diefes Jahres an der Univerfität
Marburg gegründeten theologifchen Amerika-Bibliothek veröffentlicht
die Eingabe an das preußirche Kultusminißerium, die zu
diefer Gründung führte, fowie die jener beigegebenen Denk-
fchrift. Er will damit keinen wiffenfehaftlichen Beitrag zu der
religiöfen Verßändigungsfrage zwirchen Deutfchland und Amerika
liefern, fondern nur die lebendige Überzeugtheit und Energie
wiedergeben, mit der er bei feiner Studienreife durch den Offen
und Mittelwellen der Vereinigten Staaten im Sommer 1911 die
theologifchen Verftändigungsziele unter dem frifchen Eindruck