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Ausgabe:

1914

Spalte:

33-37

Autor/Hrsg.:

Schultz, J. H.

Titel/Untertitel:

Die Psychoanalyse. Eine kritische Betrachtung 1914

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack
Fortgeführt von Professor D. Arthur Titius und Oberlehrer Lic. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung. Leipzig_Halbjährlich IQ Mark

Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find ausfchIieß 1 ich an T^>v»nor» 1 Ql A

39 Ja.hXffm Nr« 2 ProfeflbrD. Titi us in Göttingen, Nikolausbcrger Weg 66, rufenden. JL/, JäHllctr x3X*i

Rezenfionsexemplare ausschließlich an den Verlag.

Die Pfychoanalyfe (Schultz). Fr. Herrmann, Inventare der evangelifchen I Staehelin, Die Million der Briidergemeine in

Farquhar The Crown ofHinduism (Oldenberg). ! Pfarrarchive im Großherzogtum Helfen ' Suriname und Berbice im 18. Jahrh. (Borne-

(Diehl). mann).

Sellfchopp, Neue Quellen zur Gefchichte Au- I Rüegg, Die Miffion in der alten Kirche (Der!.).

guft Hermann Franckes (Knoke). S Weitbrecht, A Bibliography for Missionary

Robertson, Goethe and the Twentieth Cen- ' Students (Derf.).

tury (Seil). | Referate: Wernly, Die hebräifche Sprache als
Kaufmann, Die Unfterblichkeitsbeweife in der
katholifchen deutfchen Literatur von 1850 bis
1900 (Steinmann)

Mittwoch, Zur Entftehungsgefchichte des is-

lamilchen Gebets;und Kultus (Horten).
Altteftameotliche Studien, Rudolf Kittel zum

60. Geburtstag dargebracht (Nowack).
Charles, The Apocrypha and Pseudepigrapha
*■ of theJOld Testament (Beer).
Weber, Bibelglaube u. hiftorifch-kri tifche Schrift -
forfchung (Lobftein).

Stentzel, Jefus Chriftus und fein Stern (Oscar ; Stern, Die differentielle Pfychologie in ihren
Holtzmann). methodifchen Grundlagen (Wobbermin).

Wittig, Die Friedenspolitik des Papftes Dama-
fus I. u. der Ausgang der arianifchen Streitig

Fr^nkV Romuald v. Camaldoli und feine Re- Banderti Die'evangelifche Miffion (Derf.).

Jordan, Die Miffion des Chrillentums (Derf.
La Roche, Rückwirkung des Miffionsftudiums

formtätigkeit zur Zeit Ottos III (Holl).
Steinbüchel, Der Zweckgedanke in der Phi-
lofophie des Thomas v. Aquino (Scheel).

Gymnafialfach. — Kautzfch-Holzinger,
Regiller zu ,Die heil. Schrift des Alten Teft.'.

— Fiebig, Die fynoptifchen Evangelien.

— Rohr, Griechentum und Chrillentum. —
B e n z i g e r, Beiträge zum katholifchen Kirchenlied
. — K. H. Fifcher, Das bayerifche Feuer-
beftattungsrecht. — A. Fifcher, Andachten
für fchlichte Leute.

Mitteilungen: (2) Briefe von Henriette Herz.
(3) Der Calvinfonds, Preisverteilung für 1910

— 12.

auf das theologifche Denken (Derf.). I Wichtige Rezenfionen. — Neuefte Literatur.

Richter, Weltmiffion und theologifche Arbeit
(Bornemann).

Die Pfychoanalyfe.

Eine kritifclje Betrachtung.

In den letzten beiden Dezennien hat eine von Ärzten i Wie fich in dem älteren Verfahren mit hypnotifcher
inaugurierte Methode pfychologifchen und feelenärztlichen j Hilfe feelifche Konflikte, Gemütserfchütterungen, überhaupt
Erklärens und Handelns immer mehr an Umfang ge- fchmerzliche feelifche Erfahrungen als feelifche Wurzel von
wonnen, die fich unter dem Sammelnamen der ,Pfycho- Krankheitserfcheinungen darftellten, fo führte auch das
analyfe' einen Kreis eifriger Anhänger nicht nur unter ! fcheinbar planlofe Erzählen der Kranken in der .Pfycho-
Ärzten, fondern auch unter medizinifchen Laien, Päda- analyfe' bald zu folchen ,Komplexen' oder zu Paufen, wo
gogen und Geiftlichen, gefchaffen hat. Es braucht nur i die Kranken angaben, es falle ihnen nichts mehr ein; hier
an die literarifche und feelforgerifche Tätigkeit des Zü- begannen die Deutekünfte Freud's. Nach ihm find die
richer Pfarrers Dr. Pfifter erinnert zu werden (Proteftant. j Gemütserfchütterungen unbewußt geworden, weil die
Monatshefte 10/09, 6—26, Evangel. Freiheit 1909, 108, 139, | Kranken fie von fich abgewehrt, halbabfichtlich
175; 1910, 66, 102, 137, 190)l. vergeffen .verdrängt'haben und folche .verdrängte'

So ift es vielleicht nicht unwillkommen, wenn an diefer ! Seelenanteile find zwar dem Träger unbewußt, beeinfluffen
Stelle kurz die Grundlinien diefer Forfchungsrichtung kri- i aber fein Handeln, Denken und Träumen fchon normaler
tifch beleuchtet werden. Weife und noch weit mehr bei feelifchen Erkrankungen.

Die .Pfychoanalyfe' fucht in Anknüpfung an die alte j Das bewußte Leben wird, wie Jung, ein Anhänger Freud's
Lehre, daß vielen ,nervöfen' Störungen feelifche Erfchütter- ! einmal fagt, zur Marionette, die auf der Schaubühne tanzt,
ungen zugrunde liegen, Art und Wirkungsweife diefer während die Fäden und Antriebe im Unbewußten liegen.
Einflüffe zu erforfchen. Breuer und Freud, Nervenärzte , Ihre Auffindung und Wiedergabe ift erfchwert, da eben
in Wien, fteUten feft, daß die Kranken oft keine Erinner- diefe Motive .verdrängt' find; es befteht ein lebhafter
ung an die auslöfenden feelifchen Schädigungen hatten, Widerftand der Kranken, fich der; Dinge zu erinnern
während es in der Hypnofe gelang, fie aufzufinden. Die j und fie mitzuteilen. So .vergißt' z. B. ein Arzt die Haus-
Auffuchung der unbewußten Wurzeln nervöfer ! nummer einer Kranken, weil fie in demfelben Haufe wohnt,
und feelifcher Krankheitserfcheinungen war der j in dem der Arzt früher eine peinliche Situation durchAusgangspunkt
der pfychoanalytifchen Beftrebungen. machte; er kann fich auf die Hausnummer nicht befinnen,
Bald erfetzte Freud die Erforfchung in Hypnofe durch 1 und erft ein Blick ins Adreßbuch lehrt ihn die Nummer
ein anderes Verfahren, das er als .Pfychoanalyfe' be- wieder kennen und bei ,Auto-Pfychoanalyfe' die Urfache
zeichnete; er ließ die Kranken ohne beftimmtes Ziel er- des Vergeffens fehen. Ebenfo der fcheinbar planlos erzählen
und fprechen, was ihnen durch den Sinn ging, und zahlende Kranke.

fuchte an diefen fcheinbar zufälligen Produkten den Ein- Eine ganz befondere Geftalt gewann die Pfycho-

fluß unbewußter, bildender Seelenkräfte nachzuweifen. analyfe in der Hand Freud's durch ein weiteres Moment,
—TTT" DC durch feine Lehre von der Sexualität. Diefe ift für

LrfnrfL1 n,-ra Aaw n Die Pf7rchauaIytifche Methode, Pädagogium I, Freud das A< Und ,0' alles Erlebens; wenn er auch felbft

Leipzig 1913. Adler, Der nervofe Charakter, Wiesbaden 1012. Furt- , . , n . e „ c:„„0 Kronrri^ «&t

müller, Pfychoanalyfe und Ethik, Wien 19. l. Schmid, Pfychoanalyfe ', betont, daß er .fexuell' m demfelben Sinne brauche Wie

und Chriftentum, Zentralbl. f. Pfychoanalyfe Iii, 314, 1913. Zufammen- I die deutfehe Sprache das Wort .heben — er lpncnt gern

faffende Darftellungen bei Kronfeld, Archiv f. d'/gef. Pfychologie XXII, j von .pfychofexuellen' Beziehungen — fo find doch fehr

130. ijrfi. Hitfehmann, Freud's Neurofeniehre, Leipzig-Wien 1912. ] wefentlich finnliche' Komponenten beteiligt.

Rank Das inzeftmotiv in Dichtung und Sage, Leipzig-Wien 1912. Iffer- Freud ' fieht z B in dem befriedigten Zurückfinken

Im Begegnungen der Pfychotherapie. Vogt-Bing's Ergebnifte der Neu- , , c- -U Ä rvT„ftPrhrnfr Hnc P.11H n~vi,.«lW

rologie 1 1911. l w. Weber, Die Pfychoanalyfe, Naturwiffenfchaftliche des Säuglings von der Mutterbrult das Bild fexueller
Rundfchau 1909. Befriedigung; was das Kind bewegt, nennt er .fexuell'

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