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Ausgabe:

1914 Nr. 16

Spalte:

490-492

Titel/Untertitel:

Concilium Basiliense. Studien und Quellen zur Geschichte des Concils von Basel. VII. Bd 1914

Rezensent:

Werminghoff, Albert

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 16.

490

Verfuch, das ialbungsvolle Pathos und die oft gefpreizte 1
Bilderfprache des Originals nachzubilden, fondern vereinfacht
und kürzt. Die Überfetzung lieft lieh infolgedeffen
glatter, als es der Fall fein dürfte; auch find Verfehen
weniger feiten. Eufebius' Leben Konftantins und die kaifer-
liche Rede an die heilige Verfammlung nehmen fich in der ■
Bearbeitung, die Pfättifch der alten Molzbergerfchen
Überfetzung hat zuteil werden laffen, recht gut aus. Die I
verhältnismäßig einfache, in kurze Sätze fich kleidende 1
Sprache der myftifchen Homilien des Makarius hat
S'tiefenhofer angemeffen wiedergegeben, aber auch die
reichlich fchwülftige und künftlich gedrechfelte Ausdrucksweife
des Dionyfius Areopagita hat in Stiglmayr einen
gefchickten Interpreten gefunden. Vor eine fchwere Aufgabe
fah fich Landersdorfer mit der Überfetzung
fyrifcher Dichter geftellt. Solche poetifche Profa des
Oftens muß man entweder nachdichten, wie es Rückert
in feiner genialen Koranüberfetzung getan hat, oder man
überfetzt fo präzife wie möglich ohne Rückficht auf
deutfehen Stil und fchiebt die zum Verftändnis nötigen
Worte in Klammern ein oder gibt erläuternde Anmerkungen
bei. Das letztere war hier das Gegebene, weil
diefe Texte in höherem Maße als die Überfetzungen aus
dem Griechifchen und Lateinifchen auch dem gelehrten
Gebrauch dienen follen: zahlreichen Theologen und Hi-
ltorikern werden fie den Urtext erfetzen müffen. Landersdorfer
hat aus Pietät den Wortlaut der erften von Bickell
beforgten Auflage möglichft unangetaftet gelaffen, und
das ift kein Vorteil gewefen. Die Überfetzung ift zu
profaifch glatt, fie gibt von dem Parallelismus membrorum,
der vielfach erft das Verftändnis ermöglicht, kein klares
Bild — und der fortlaufende Profadruck tut auch das Seinige
dazu, um diefe ohnehin fchon fchwierigen Texte zu verdunkeln
. Hoffentlich wird Ephrem uns in anderer Form
vorgelegt!

W eniger als bei den Griechen fcheinen mir die ftili- !
ftifchen Anforderungen bei den Lateinern befriedigt zu
fein: es mag dahingeftellt werden, ob da die Aufgabe
um fo viel fchwieriger war. Kellner hat vor dem prägnanten
und fcharf zugefpitzten Stil Tertullians von vornherein
kapituliert: er glättet, verbreitert und verwäffert
ihn beim Überfetzen. Auch Spechts Neubearbeitung
von Hayds Überfetzung der auguftinifchen Predigten
über das Johannesevangelium bleibt weit hinter dem Original
zurück: das Deutfch ift nicht feiten hölzern, das
Ganze ohne Schwung, während Auguftin zwar kurze Sätze
bildet, aber durch gefchickte Wortwahl und Wortftellung
auch formell zu feffeln weiß. Eine weitaus gelungenere
Leiftung ftellt die Überfetzung von de civitate dei dar.
Alfred Schröder hat III 18—VIII bearbeitet, für I—III 17
teilt er ein nachgelaffenes Manufkript Dombarts mit.
Beide Überfetzer fuchen die oft vielgegliederten Perioden
Auguftins in entfprechende deutfehe Formen zu gießen,
Dombart in ftrengerem, manchmal zu ängftlichem Anfchluß
an den Satzbau des Originals, dafür vielfach im Einzelnen
fein treffend, Schröder etwas freier und gewandter: aber
ganz fehlen bei keinem die ftiliftifchen Härten, deren die
Uberfetzungen aus dem Lateinifchen meiftens ,teilhaftig'
find. Allen Bänden find Einleitungen vorausgefchickt,
welche wiffenfehaftlichen Charakter tragen und die Fachliteratur
namhaft machen.

Zu dem Programm des Gefamtunternehmens ift zu
bemerken, daß die hiftorifch bedeutfamen Schriften ungebührlich
zurücktreten: hoffentlich findet die Bitte um
Erweiterung des Inhaltes bei den Herausgebern ein geneigtes
Ohr! Sokrates und Sozomenos, von denen eine
deutfehe Ausgabe überhaupt nicht exiftiert, dürfen nicht
fehlen, ebenfowenig die kirchenpolitifchen Schriften des
Athanafius, die Peregrinatio Aetheriae. und des Johannes
Chryfoftomos Säulenhomilien. Auch Theodoretos Historia
religiosa wäre fehr erwünfeht. Einige Gedichte des Gregor
von Nazianz, vor allem feine Selbstbiographie und Briefe
in Auswahl, fchließlich der immer zurückgefetzte und doch

fo wichtige Dialogus Juftins feien der Berückfichtigung
empfohlen.

Jena. Hans Lietzmann.

Concilium Basiiiense. Studien u. Quellen zur Gefchichte
des Concils von Bafel. Hrsg. m. Unterftützung der
hiftor. u. antiquar. Gefellfchaft v. BafeL VII. Bd. Die
Protokolle des Concils 1440—1443. Aus dem Manuale
des Notars Jakob Hüglin hrsg. v. Herrn. Herre.
(LXIII, 593 S.) Lex. 8°. Bafel, Helbing & Lichten-
hahn 1910. M. 32 —

H. Herre, der verdiente Mitherausgeber der fog.
älteren Reihe der Deutfehen Reichstagsakten, legt im
fiebenten Bande der großen Quellenfammlung zur Gefchichte
des Basler Concils — der fechfte Band in der
Bearbeitung durch G.Beckmann fleht noch aus — den
Text der Concilsprotokolle aus der Zeit vom 1. Januar
1440 bis 1. Dezember 1441 und vom 25. Juni 1443 bis
zum 30. Juli des gleichen Jahres vor. Ihre Niederfchrift
war das Werk der Notare Jakob Hüglin, Johannes de
Rocapetri und vielleicht des Hermann Lederer, von denen
die beiden letztgenannten dann eintraten, fobald Jakob
Hüglin aus irgendwelchem Anlaß von Bafel abwefend
war. Die Aufzeichnungen berückfichtigen in erfter Linie
die Verhandlungen, wie fie in den Sitzungen der depu-
tatio pro communibus und der Generalkongregation gepflogen
wurden, daneben den Verlauf der in jener Zeit
feltenen Seffionen des Concils, der Konfiftorien Felix' V.,
einzelne Vorgänge auf der Verfammlung oder gar per-
fönliche Angelegenheiten der Notare felbft. Für fie alle
gilt der Nachweis des Herausgebers, ,daß die Protokolle,
von wenigen Ausnahmen abgefehen, fo wie wir fie in der
Solothurner Handfchrift vor uns haben, von Hüglin und
feinen Stellvertretern während der Sitzung der deputatio
pro communibus bzw. in den Generalkongregationen und
nicht etwa erft nachher auf Grund von Notizen nieder-
gefchrieben worden find' (S. XIV; vgl. dazu K. Brandi
in diefer Zeitfchrift 1904, S. 261 ff.). Die Erwartungen
des Lefers auf vielfeitigen Inhalt der Aufzeichnungen erfüllen
fich zum guten Teil. Er empfängt lehrreiche Einblicke
in die Tätigkeit der Kirchenverfammlung nach der
Wahl des Herzogs von Savoyen zum Papfte, mag fie
den Vorbereitungen feiner Krönung und der Leitung
einzelner Behörden durch ihn gelten, mag fie Fragen der
Kirchenreform oder die fchwierige Materie, wie das neue
Kirchenoberhaupt mit nützlichen Einkünften ausgeftattet
werde, ins Auge faffen, mag fie endlich innere und auswärtige
Angelegenheiten des Concils in Angriff nehmen.
Ausführliche Protokolle fchildern namentlich den Hergang
der von Felix V. veranstalteten Konfiftorien, wenn fie
auch, ihrer ganzen Entflehungsart nach, nicht fo lebendige
Bilder von folchen Zufammenkünften gewähren wie jene
Berichte über Konfiftorien Johannes XXII. (1316—1334),
die H. Finke in feinen Acta Aragonensia veröffentlicht
hat. Der Wirkungskreis jedenfalls des letzten aller Gegen-
päpfte tritt deutlich in Erfcheinung, dazu das Maß seiner
Anfprüche auf die oberfte Gewalt in der Kirche, deren
allerkleinfte Hälfte nur mit mehr Prätentionen als begründeten
Ausfichten auf eine glückliche Zukunft, auf
eine Eänigung der ganzen Kirche unter dem neuen Pon-
tifex fich auf die Seite jenes infelix ille Felix geftellt
hatte (vgl. dazu S. XXIIIf.); eine Unterfuchung
verfaffungsgefchichtlicher Natur über die Stellung der
Gegenpäpfte in der mittelalterlichen Kirche überhaupt
würde im vorliegenden Bande wertvolles Material finden,
das fich mit den Arbeiten von A. Eckftein, C. Eubel,
H. Manger, um nur folche über Felix V. zu nennen,
aufs belle verbinden könnte. Gleichzeitig lehren jene
Protokolle, und die in ihnen behandelten Einzelfragen,
daß in den mit Eugen IV. heillos entzweiten Konzilsmitgliedern
die Überzeugung ihres guten Rechtes zur Tren-

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