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Ausgabe:

1914 Nr. 11

Spalte:

346

Autor/Hrsg.:

Kuhlmann, B. C.

Titel/Untertitel:

Der Gesetzesbegriff beim Hl. Thomas v. Aquin im Lichte des Rechtsstudiums seiner Zeit 1914

Rezensent:

Scheel, Otto

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. it.

34^

Referate.

Theis, Dr. Johannes: Sumerifches im Alten Tertament. (46 S.) 8".
Trier, Paulinus-Druckerei 1912. M. 1.50

Nach einer kurzen, aber lehrreichen Darfteilung des ,fume-
rifchen Problems' werden die urrprünglich fumerifchen, wenn auch
durch das Babylonifch-Affyrifche vermittelten Lehnwörter des
Alten Teftaments in drei Gruppen zufammengefaßt: 1. Geographi-
fches (Eden, Euphrath, Tigris, Sinear, Babel, Nimrod, Ellafar,
Jerufalem, Kuthu, Sepharvajim). 2. Kulturelles (Hier werden
29 Wörter, teilweife im Anfchluß an Redirch, und überdies einige
Redewendungen für fumerifches Lehngut erklärt). 3. Religiöfes
(Afur, Anath, Sin, Merodach, Thamuz, Nergal, Iftar, Sakkuth,
Lilith).

Die kleine Schrift fei der Beachtung der Fachgenoffen
dringend empfohlen, da fie viel Anregendes enthält, auch
über den Titel hinaus. So wird Gen. 2,6 zweifellos richtig über- I
fetzt: ,und (weil noch nicht) eine Flut das Land überfchwemmt
(vgl. Ex. 1, 10; Hof. 2, 2) und die Oberfläche der Erde getränkt
hatte', fo werden noch mehrere fehr beachtenswerte Interpretationen
der Paradiesfage vorgefchlagen. In der zweiten Gruppe der
Lehnwörter find gewiß noch viele zweifelhafte Behauptungen, die j
einer Nachprüfung bedürfen, wenn auch Einzelnes heute fchon
Allgemeingut der Wiffenfchaft ift; in keiner Weife überzeugt
haben mich die Redewendungen, bei denen eine Abhängigkeit
nicht angenommen zu werden braucht. Bei der erften und dritten
Gruppe dagegen wird fich der Widerfpruch naturgemäß feltener
regen, obwohl er auch nicht ganz ausbleiben wird. So ift die
Identität von Sepharvajim mitSippar (S. 30) fraglich, derZufammen-
hang des Wortes Kanaan mit dem Gotte Anu (S. 38) fehr un-
warfcheinlich und die Etymologie von Urufalim als ,wohlverwahrte
Stadt' (nach fumerirchem Uru und femitifchem falem S. 30) völlig
willkürlich. Trotzdem ift die kleine Schrift nützlich und ver-
dienftlich.

Weftend-Berlin. Hugo Greßmann.

Massigli, R-: Un Manuscrit inedit de l'Evangile du Pseudo-Mathieu.

Extrait des Melanges d'Arch£oIogie et d'Histoire. (S. 81 —118)
gr. 8». Rome 1913.
Die vorliegende Publikation macht Mitteilung von einer bisher
unbenutzten Hf. des Pfeudomatthaeusevangeliums in Neapel
(Biblioteca Oratoriana, nr. XXV des Katalogs von Mandarini 1897).
Sie ift wie die von Tifchendorf in feiner leider noch nicht antiquierten
Ausgabe (Evangelia apocrypha 1876) benutzten fünf anderen
jungen Datums, saec. XIV, und berührt fich in der zweiten
Hälfte des Textes nahe mit Tifchendorfs cod. B (Florenz, Laur.
Gadd. CCVIII), weicht aber in der erften ftark davon ab und fteht
hier einer anderen Gruppe näher. Maffigli, der den zweiten Tiel
des Textes der neuen Hf. nebft einer Kollation von B abdruckt
und aus dem erften Proben bringt, ift durch diefen Befund angeregt
worden, die Hypothefe zur Frage zu ftellen, ob nicht im Pf.
Mt. Ev. in feiner überlieferten Geftalt zwei noch in relativ fpäter
Zeit getrennt exiftierende Werke, nämlich ein evangelium nati-
vitatis Mariae und ein evangelium infantiae salvatoris, kompiliert
feien und ob nicht unter den beiden Titeln des Gelafianifchen
Bücherdekrets über de infantia salvatoris und Über de nativitate
salvatoris et de Maria vel obstetrice eben diele beiden noch zur
gegebenen Zeit felbftändigen Schriftwerke (nicht aber zwei ver-
fchiedene Ausgaben des Ganzen) zu verliehen feien. — Der Gedanke
ift anfprechend und verdient eine Prüfung an einer die
gefamte Oberlieferung umfaffenden Analyfe; die Beobachtungen,
von denen M. ausgeht, ließen auch Erklärungen zu, die nicht
der Literaturgefchichte, fondern der Textgefchichte in den Hff
zu entnehmen wären.
Berlin-Steglitz. Hans von Soden.

Felder, Dr. P. Hilarian, O. M. Cap.: Jefus Chriftus. Apologie feiner j
Meffianität u. Gottheit gegenüber der neueften ungläubigen j
Jefus-Forfchg. L Bd.: Das Bewußtrein Jefu. (XII, 523 S.) gr. 8». j
Paderborn F. Schöningh 1911. M. 8.50

Wie der Untertitel fagt, enthält das für gebildete Kreife'
beftimmte Buch eine ,Apologie' Jefu und zwar in diefem Bande I
zunächft feines ,meffianifchen' und ,göttlichen Bewußtfeins'. Es j
werden dabei eine ganze Anzahl hiftorifcher Fragen behandelt, ;
— Meffiasbewußtfein, Gottesbewußtfein, Bedeutung von xiißioc,
johanneifche Chronologie, Paulus und Jefus, Wert der Apoftel- 1
gerchichte —, immer unter Polemik gegen die böfen Kritiker und
immer unter Voranftellung des dogmatifchen Intereffes. Das Buch j
weift ein Merkmal katholifcher Schriften zum Thema auf: häufige j

1 Zitierung proteftantifcher Autoren. Allerdings ift die Art der
Verwendung nicht immer erfreulich: der Verf. fchreibt mehr Re-
fultate und vor allem Gefinnungen aus, als Argumente. Man hat
genug, wenn man den Abfchnitt gelefen hat, der die Gefchicht-
lichkeit der Apoftelgefchichte behandelt (,kein geringerer als Adolf
Harnack, der Führer der überal-proteftantifchen Schule' ufw.), und
in dem zum Schluß der erft gerühmte Gewährsmann Harnack
ob des ,fchreienden Mißtons' feiner Wunderkritik als Hiftoriker
mit getrübtem Urteil abgetan wird.
Berlin. Martin Dibelius.

Kühl mann, Lect. Dr. B. C., O. P.: Der Gefetzesbegriff beim Hl.
Thomas v. Aquin im Lichte des Rechtsftudiums feiner Zeit.
(XI, 185 S.) gr. 8». Bonn, P. Hanftein 1912. M. 3.60

Der Vf. will weder Thomas' Gefetzesbegriff mit modernen
Syftemen vergleichen — Ihering hatte erklärt, er hätte vielleicht
fein Buch über den Zweck im Recht nicht gefchrieben, wenn
er Thomas gekannt hätte — noch eine ausführliche Unterfuchung
über des Aquinaten Stellung zu den einzelnen Rechtsfragen feiner
Zeit vorlegen. Er will den Gefetzesbegriff Thomas' im Zufammen-
hang mit der Lehre der Juriften feiner Zeit darftellen. Darum
fchickt er einen viel Material enthaltenden Abfchnitt über das
Rechtsftudium im Mittelalter überhaupt, befonders in der Umgebung
des Thomas voran (Kap. I: Das Rechtsftudium im 12. und B.Jahrhundert
und das Verhältnis des Klerus zu demfelben; Kap. II:
Der Dominikanerorden und das Rechtsftudium im 13. Jahrhundert).
Erft die zwei letzten Kapitel berchäftigen fich mit Thomas (Kap. III:
Der hl. Thomas von Aquin in rechtswiffenfchaftlicher Beleuchtung
; Kap. IV: Der Gefetzesbegriff beim hl. Thomas von Aquin).
Die Urquelle der Verpflichtung des auf menfchücher Autorität
beruhenden Gefetzes ift nicht die menfchüche Vernunft. Sie erkennt
nur die Verpflichtung und ftellt dadurch für den Willen
eine Norm des fittlich guten Handelns auf. Die Urquelle der
Verpflichtung der lex humana ift das ewige Gefetz; der nähere
Grund der Verpflichtung ift das natürliche Gefetz. Ewiges und
natürliches Gefetz beliehen tatfächlich und find für das menfchüche
Gefetz Richtung gebend. Aus jenen Quellen hat das menfchüche
Gefetz feine vis directiva. Die vis coactiva ift etwas Sekundäres
. Diefe Beziehung zur lex aeterna und lex naturalis begründet
auch eine beftimmte Stabilität der lex humana. Das ewige Gefetz
ift unabänderlich; das natürliche Gefetz für jene Normen,
die unmittelbar in den natürlichen Neigungen des Menfchen begründet
find. Die lex humana hat eine ähnliche Stabilität. Sie
unterliegt zwar Abänderungen. Denn die menfchüche Vernunft
ift nicht von vornherein im höchften Sinn vollkommen und muß
in ihrem Fortfehritt manche Irrtümer abflößen. Aber lex humana
kann doch ,richtig' werden, wenn fie mit der regula rationis über-
einftimmt und dadurch mit dem ewigen Gefetz in Einklang fteht.
Tübingen. Scheel.

Little, A. G.: Part of the opus tertium of Roger Bacon. British
Society of Franciscan Studies. Aberdeen, The University
Press, 1912, S. XLVIII u. 92.

Das opus tertium des Roger Bacon hat neuerdings von
glücklichen Funden profitieren können. Die Ausgabe von Bre-
wer hört auf in der Analyfe des Teiles IV des opus majus. Sie
enthält nichts von den letzten zwei Abteilungen von Teil IV und
ebenfalls nichts von Teil V, VI, VII. 1909 veröffentlichte Prof.
Duhem-Bordeaux aus einem Parifer Manufkript ,Un fragment
inödit de V Opus Tertium de Roger Bacon'. Es enthält den Inhalt
von Teil V des opus majus (einfchüeßlich einer langen Di-
greffion über die Bewegungen himmlifcher Körper), von Teil VI
(mit einer Erörterung über den Lichtkreis) und von Teil VII, einfchüeßlich
der letzten bisher unbekannten Abteilungen (5. 6.).
Es folgen eine kurze Inhaltsangabe des opus minus, drei Kapitel
über Alchemie und fchüeßüch der Anfang eines Traktates de re-
rum naturalium generatione. Duhem Hellte feft, daß noch eine
Lücke bleibe zwifchen dem Ende des von Brewer herausgegebenen
Fragments und dem Anfang des von ihm entdeckten. Das Zwi-
fchenglied ift jetzt gefunden und in der vorliegenden Ausgabe
zum erften Mal gedruckt (S. 1—19). Little legt das Winchefter-
Manufkript zu gründe, in dem die Einfchaltung über die Bewegung
der himmlifchen Körper, die Erörterung über den Lichtkreis
und der Anfang des Traktates de . . . generatione fehlen. Der
Traktat ift nach Little nicht ein Teil des opus tertium (fo Duhem),
fondern ein felbftändiges Werk. Das Fragment im Parifer Codex
ift identifch mit Bacons Communia Naturalium üb. I dift. II. c. 1.
Die beiden anderen Erörterungen find Zutaten, aber vom Autor
gemacht mit der Abficht, dem op. tert. eingefügt zu werden. ,To