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Ausgabe:

1914 Nr. 10

Spalte:

296-300

Autor/Hrsg.:

Greßmann, Hugo

Titel/Untertitel:

Nonnenspiegel und Mönchsspiegel des Euagrios Pontikos 1914

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 10.

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weitere Stufe diefer Entwicklung dar. Der Maäal ift
ziemlich feiten geworden, die anderen Gattungen überwiegen
. Und auch innerhalb der Gattung zeigt fich eine
gewiffe Veränderung, namentlich im Wachfen der Einheiten
. Wir haben nicht mehr einzelne, felbftändig nebeneinander
flehende Sprüche vor uns, fondern nur noch
größere Kompofitionen. Ebenfo find die Reden der Gott-
lofen, die in den Pfalmen durchweg ganz kurz find, hier
ziemlich umfangreich.

Religionsgefchichtlich aber ift bedeutfam, daß fich
der Streit zwifchen Frommen und Weltkindern nicht
mehr um die Vergeltungslehre dreht wie in den Pfalmen,
fondern um den Auferftehungsglauben.

Natürlich vermögen wir auf folche Weife die Ent-
ftehungszeit nur ganz ungefähr, kaum auf das Jahrhundert
genau, anzugeben. Aber ift es nicht beffer, die
Schranken unferer Erkenntnis offen einzugeftehen, als fich
eine falfche Sicherheit vorzutäufchen?

Alle folchen Einwände aber follen uns nicht hindern,
den großen Wert von Fockes Unterfuchung anzuerkennen.
Es ift auch fehr zu begrüßen, daß fich die klaffifchen
Philologen an der Erforschung der helleniftifch-jüdifchen
Literatur beteiligen; nur möchte man dringend wünfchen,
daß fie dann auch genügende Vertrautheit mit der alt-
teftamentlichen Wiffenfchaft mitbringen.

Zürich. W. Baumgartner.

Otto, Prof. Dr. Walter: Herodes. Beiträge zur Gefchichte
des letzten jüdifchen Königshaufes. (XIV S. u. 252 Sp.
m. 2 Tabellen.) gr. 8°. Stuttgart, J. B. Metzler 1913.

M. 6 —

Durch den Sonderabdruck der Herodesartikel aus der
Realenzyklopädie von Pauly-Wiffowa haben fich der Ver-
faffer und der Verleger zweifellos ein Verdienft erworben,
da nur Wenige — nicht bloß Theologen, fondern ebenfo
Philologen und Hiftoriker — in der Lage find, die große [
Realenzyklopädie ihrer eigenen Handbibliothek einzu- 1
verleiben und das genaue Studium ausgedehnter Artikel
immer notleidet, wenn das Gefamtwerk nicht als ftändiges 1
Arbeitsmittel zur Verfügung fleht (vergl. das Vorwort).
Die Artikel von W. Otto find aber das .Befle, was wir
zur Zeit über Herodes und feine Familie haben; fie find
eingehend und gründlich gearbeitet und berichtigen in
vielen Einzelheiten auch das von Schürer gezeichnete j
Bild. Ideal ift ja freilich eine folche Behandlung in Wörterbuchartikeln
nicht; das Zufammendrängen der Unter-
fuchungen ift ebenfo wenig erfreulich, wie die durch das
Eigenrecht jedes Artikels erzwungenen Wiederholungen.
Einfach bedauerlich ift es, daß die beiden Agrippa deshalb
nicht in das Buch aufgenommen find, weil keiner —
auch nicht der erfte, trotz Act. 12 — den Namen Herodes
geführt hat. Behandelt find Herodes von Askalon, Großvater
Herodes' I; Herodes I; Herodes Archelaus, Herodes
Antipas, die beiden den Herodesnamen als Individual-
namen führenden Söhne Herodes' I; dann Herodias,
Herodes von Chalkis, deffen Enkel Herodes und Herodes,
der Sohn des Phafael. Vorausfteht ein ausführliches Inhaltsverzeichnis
und ein Nachtrag, der fich mit G. Hölfcher,
die Quellen desjofephus, Marburg 1904 mehr ablehnend
als zuftimmend auseinanderfetzt; am Ende fleht ein äußerft
eingehendes fachliches Regifter, ein griechifches Wörterverzeichnis
, eine umfangreiche Zeittafel für Herodes I
und eine genealogifche Tafel: das Gefchlecht Herodes' I.
Die Benützung ift alfb möglichft erleichtert.

Entfcheidend für die Bearbeitung der Gefchichte der
Plerodeer ift die Beurteilung der Überlieferung des Jofe-
phus. Nach Otto liegt im bellum und bis ant. XV in.
eine nicht vonjofephus herzuleitende ftarke Überarbeitung
des Berichtes des Nikolaus Damascenus vor (der fchon
von Destinon geforderte Anonymus); eine andere Quelle

flamme von einem Gegner des Nikolaus Damascenus, dem
jüdifchen Anonymus, der befonders ant. XVI 183—187
hervortritt; auch an unmittelbare Benutzung des Dama-
sceners glaubt Otto. Ohne feinen abweichenden Standpunkt
im Einzelnen hier begründen zu können, muß
Referent fich mit der Erklärung begnügen, daß er die
Annahme eines jüdifchen Anonymus für verfehlt hält und
in der Polemik gegen Nikolaus Damascenus Jofephus felbft
hört, daß er ferner eine umfangreichere Benützung des
Nikolaus Damascenus, als Otto fie annimmt, mit Schürer
für wahrfcheinlich anfleht, daß er aber im Einzelnen, in
Benützung namentlich der Reden und in Betonung des
Gefühlsmomentes, bei Otto mehr Skepfis für angezeigt
gehalten hätte.

Gießen. Oscar Holtzmann.

Schweitzer, Prof. Lic. Dr. Alb.: Die plychiatrifche Beurteilung
Jehl. Darftellung u. Kritik. (VII, 46 S.) gr. 8°.
Tübingen, J. C. B. Mohr 1913. M. 1.50

Über den wiffenfchaftlichen Wert der fog. Pathogra-
phien im Allgemeinen und über die Hypothefe von der
Geifteskrankheit Jefu im Speziellen, hat fich der unterzeichnete
Referent vom pfychiatrifchen Standpunkt bereits
in Nr. 20 Jahrgang 1912 diefer Zeitfchrift ausgefprochen.
In dem hier angezeigten Buch äußert fich Schweitzer
darüber noch einmal auf Grund philologifcher, theologi-
fcher und medizinifcher Sachkenntnis und übt an drei Vertretern
diefer Hypothefe: De Looften, William Hirfch
und Binet-Sangle eine m. E. völlig richtige und berechtigte
Kritik. Philologifch zeigt er, daß die drei Autoren
in der Wahl und Benutzung der Quellen völlig unkritifch
verfahren, indem fie die außerbiblifchen Berichte und die
vier Evangelien als völlig gleichwertiges Material betrachten,
während einer modernen Kritik nur das Matthaeus- und
das Markus-Evangelium ftand halten; namentlich das
Johannis-Evangelium gibt keine hiftorifche Darftellung,
fondern eine freigefchaffene Perfönlichkeit als Träger einer
der griechifchen Philofophie entlehnten Denkweife. Me-
dizinifch betont er mit Recht, daß die Paranoiafrage zu
den fchwierigflen Problemen der modernen Pfychiatrie
gehört und ebenfo, wie eines ihrer wichtigften Symptome,
die Sinnestäufchungen, nur aus der Beobachtung des Lebenden
, nicht aber aus fo mangelhaften Quellen diagnoftiziert
werden können. Befonders wichtig ift der Hinweis, daß
die ,Überwertigkeit' einer Vorftellung an fich nicht berechtigt
, fie als Äußerung einer Pfychofe anzufehen. Die
Meffiasidee und alles, was fonft damit zufammenhängt,
war aber fo in die religiöfen Anfchauungen der Zeit-
genoffen Jefu übergegangen, daß fie für das gefamte
jüdifche Volk einen überwertigen Charakter hatte. Wenn
Jefus fich auf Grund feiner davidifchen Abftammung zum
Träger und Mittelpunkt diefer Ideen machte, fo ift das
keine Wahnidee im klinifchen Sinne, obwohl fie modernem
Empfinden fremd erfcheint. Sehr willkürlich ift die Annahme
der Sinnestäufchungen namentlich während des
40tägigen Aufenthaltes in der Wüfte. So Hellt fich die
von diefen Autoren konfluierte Paranoia Jefu als ein
Kunftprodukt heraus, das einer kritifchen klinifchen Betrachtung
gegenüber nicht Stand hält.

Chemnitz. Weber.

Durel,Prof.Joachim,Dr.es-lettres:Commodien. Recherches

sur la Doctrine, la Langue et le Vocabulaire du Poete.

(320 S.) gr. 8°. Paris, E. Leroux 1912. fr. 6 —

— Les Instructions de Commodien. Traduction et Commen-

taire. (XXIII, 209 S.) gr. 8°. Ebd. 1912. fr. 5 —
Martin, Dr. Jofef: Studien und Beiträge zur Erklärung und

Zeitbeltimmung Commodians.