Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1914

Spalte:

290-292

Autor/Hrsg.:

Schneider, Hermann

Titel/Untertitel:

Der kretische Ursprung des „phönikischen“ Alphabets. Die Wanderungen u. Wandlungen der Sündflutsage. Der herrschende Rassebegriff u. die Tatsachen der Erfahrung 1914

Rezensent:

Gressmann, Hugo

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil SchUrer und Adolf Harnack
Fortgeführt von Professor D. Arthur Titius und Oberlehrer Llc Hermann Schuster

Tährlich 26 Nrn. Verlag: J. C. HlnrichsTche Buchhandlung, Leipzig_Halbjährlich IQ Mark

_. Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find ausfchließlichan Ti/r " 1 C1 F

Oy, Jahrff. NF« 10 ProfeßbrD. Titius in Göttingen, Nikolausberger Weg 66, rufenden. j. IVLell IvH-^

Rezenfionsexemplare ausfchließlich an den Verlag.

Moulton, Early Zoroastrianism (Geldner).

Schneider, Der kretifche Urfpruug des ,phöni-
kilchen' Alphabets. Die Wanderungen u. Wandlungen
der Sündflutfage. Der herrfchende
Raffebegriff u. die Tatfachen der Erfahrung
(Greßmann).

Focke, Die Entflehung der Weisheit Salomos
(W. Baumgartner).

Otto, Herodes (Oscar Holtzmann).

Schweitzer, Die pfychiatrifche Beurteilung
Jefu (Weber).

Durel, Commodien (Koch).

— Les Instructions de Commodien (Derf).

Martin, Studien und Beiträge zur Erklärung u.
Zeitbeltimmung Commodiaus (Derf.).

Greßmann, Nonnenfpiegel u. Mönchsfpiegel
des Euagrios Pontikos (Derf).

Loofs, Nestorius and his place in the History
of Christiane doctrine (Harnack).

Schwartz, Zur Vorgefchichte des ephehnifchen
Konzils (Harnack).

Stuhlfath, Gregor I. der Große (Jülicher).

Wulf, Gefchichte der mittelalterlichen Philo-

fophie (Horten).
Franz, Das Rituale des Bifchofs Heinrich I. v.

Breslau (Lerche).
Richter u. Schönfelder, Sacramentarium Ful-

dense saeculi X (Derf.).

Köhler, Reformationspläne für die geiftlichen
Fürftentümerbeiden Schmalkaldenern (Schornbaum
).

Eekhoff, De hervormdeKerk inNoord-Amerika

(Boruhaufen).
Mirbt, Gefchichte der katholifchen Kirche

(Vigener).
Rupp, Gefammelte Werke (Stephan).
Steinhaufen, Aus meinem Leben (Schufter).

Wobbermin, Die religionspfychologifche Methode
in Religionswiffenfchaft u. Theologie
(E. W. Mayer).

Herrmanu, Die mit der Theologie verknüpfte
Not der evangelifchen Kirche u. ihre Überwindung
(Lobftein).

Sachffe, Evangelifche Homiletik (Niebergall).

Barnard, The Little Schools of Port-Royal
(Knoke).

Referate: Witkowski, Epistulae privatae Grae-
cae. — Laudien, Griechifche Papyri aus
Oxyrhynchos. — Hoppmann, De catenis in
Proverbia Salomouis codicibus Vat. Gr. 1802
et Berol. Phill. Gr. 14.12 traditis. — Die Ca-
tene des Vaticanus gr. 1802 zu den Prover-
bien. Analyfiert von Hoppmann. — Miche-
litfch, Thomasfchriften.

Berichtigung von Lehmann-Haupt.

Wichtige Rezenfioneu. ■— Neuefte Literatur.

Moulton, Prof.James Hope, D.Lit, D.D., D. C. L., D. theol.:
Early Zoroastrianism. Lectures delivered at Oxford and
in London February to May 1912. (The Hibbert Lectures
, second series.) (XVIII, 468 S.) 8°. London, Williams
& Norgate 1913. s. 10.6

Ein neues Buch über die Zoroafterlehre wird auch
der Fachmann mit Spannung in die Hand nehmen. Sind
doch der Probleme auf diefem Gebiete fo viele und der :
ernflhaften Forfcher fo wenige. Wann und wo hat Zoro- |
after gelebt? Welches war die Religion vor ihm, zu j
welcher bekannten fich die Achämeniden? Welcherart ift |
fein Verhältnis zu den Magiern? Wie erklären fich die i
großen Widerfprüche zwifchen den Berichten der gut-
unterrichteten Griechen und der Parfenbibel, dem Avefta? i
Und wie erklärt fich die große Kluft in der Lehre des |
Avefta felbft, in feinen älteren und feinen jüngeren Partien?
Allen diefen Problemen geht der Verf. mutig zu Leibe,
und verfucht eine einheitliche, z. T. neue, aber nicht immer
einwandfreie Löfung.

Moulton fchließt fich der Anficht an, daß die älteften Stücke des
Avefta, die Gäthäs, in die Zeit des hiftorifchen Zoroafter zurückreichen
und für diefe fetzt er die einheimifche Datierung (300 Jahre vor Alexander
) als die unterfte Grenze. Wahrfcheinlich fei er um Generationen älter.
Der Urzoroaftrismus der Gäthäs war zu abftrakt und arm an finnlichen
Elementen, um wirkliche Volksreligion zu werden. Schon darum blieb
er Jahrhunderte lang auf fein Heimatland im örtlichen Iran befchränkt.
Im Werten herrfchte die altarifche Volksreligion mit dem Himmelsgott
an der Spitze, wie fie Herodot fchildert. Wenn diefem die drei charak-
terirtifchen Namen: Zoroafter, Ormuzd und Ahriman unbekannt find, fo
hat dies feinen guten Grund. Bis auf feine Zeit war das perfifche Volk
von dem Zoroartrismus unberührt geblieben. Auch die Achämeniden vor
Darius I waren nach Moulton Anhänger diefer alten Volksreligion. Daß
Darius I ein echter Zoroaftrier war, hält Verf. keineswegs für ganz ausgemacht
, wenngleich er nach forgfältigem Abwägen des Für und Wider
fich fchließlich zu diefer Anficht bekennt (S. 56). Sicher fei nur, daß er
dn Anhänger des Ahura Mazda war, auf den er fich in jedem Satz feiner
Infchriften beruft. Aber Ahura Mazda ift nach dem Verf. keineswegs, ,
wie bisher ziemlich allgemein angenommen wird, ein ficheres Kriterium ;
des Zoroartrismus. Diefe Trennung von Zoroaftrier und Mazdaanbeter !
ift die fchwächfte Seite der Argumentation. Wenn fich Verf. dabei auf |
eine Entdeckung Hommels beruft, der den Ahura mazda auf einer affyrifchen [
Infchrift in der Form Assara Mazäl finden will, fo beftreitet ein fo kom- j
petenter Beurteiler wie Prof. Jenfen auch nur die Möglichkeit einer Gleich-

289

fetzung. Dem Verf. ift nicht entgangen, daß Zoroafter für feine Perfoni-
fikationen gerade die Doppelnamen bevorzugt.

Aber zugegeben, daß Darius I wirklich Zoroaftrier war, fo fei damals
die neue Lehre nur die Privatreligion des Königs und feines arifchen
Gefchlechtes gewefen (S. 60. 75). Der Name des Zoroafter taucht bei den
Griechen erft in der Mitte des 4. Jahrh. v. Chr. auf, ungefähr zu der-
felben Zeit auch der der beiden Antipoden Grmuzd und Ahriman. Das
ift kurz nach Artaxerxes Mnemon, deffen Infchriften von religiöfen Neuerungen
fprechen. Von diefer Zeit an datiert Verf. den Synkretismus, der
zur neuzoroaftrifchen Lehre führte. In diefer fleht er eine Verfchmelzung
von urzoroaftrifchen Ideen, von Elementen der altarifchen Volksreligion
und der Religion der Magier. In den wichtigen Kapiteln 6 und 7 fetzt
fich der Verf. mit den Magiern auseinander. Die Magier feien urfprüng-
lich die Priefterkafte der nichtarifchen Bevölkerung in Medien gewefen.
Ihre früheften Spuren finden fich bei Ezekiel 8, 16. 17. Viel fpäter, als
man gewöhnlich meint, haben fie den einer grauen Vorzeit angehörendeu
Zoroafter als einen der ihren in Anfpruch genommen. Sie paßten fich
feiner langfam nach Werten durchfickernden Lehre an und bereicherten
fie ihrerfeits befonders nach der rituellen Seite. Herodot fcheidet fcharf
zwifchen der Religion der Perfer und der Magier. Was er als magifche
Gebräuche berichtet, ift in der Sasfanidenzeit für alle Zoroaftrier Gefetz
geworden durch das jüngfte Buch des Avefta, den Vendidad, der wefent-
lich das Werk der Magier war.

Den Schluß des Buches bilden wertvolle Beilagen,
darunter eine fehr beachtenswerte Überfetzung der Gäthäs.
Mag der gelehrte Verfaffer in feinen Hypothefen manchesmal
zu weit gegangen fein, fo hat er doch das unbeftreit-
bare Verdienft, viele feftgewurzelte Anflehten wefentlich
berichtigt und die großen Probleme in die richtigen
Bahnen geleitet zu haben.

Marburg. Geldner.

Schneider, Hermann: DerkrefifcheUrfprung des ,phönikilchen'
Alphabets. Die Wanderungen u. Wandlungen der Sündflutlage
. Der herrfchende Ralfebegriff u. die Tatfachen der
Erfahrung. (IV, 213 S. m. 1 Schrifttaf.) 8°. Leipzig,
J. C. Hinrichs 1913. M. 3.75

Das vorliegende Buch hat merkwürdiger Weife keinen
Titel, fodaß man nicht weiß, wie man es zitieren foll, —
falls man den Wunfeh überhaupt hegen follte. Denn der
Verfaffer hat die Eigentümlichkeit, andere Forfcher fo gut
wie gar nicht zu nennen und Zitate möglichft zu vermei-

290