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Ausgabe:

1914 Nr. 9

Spalte:

284

Autor/Hrsg.:

Lempp, Otto

Titel/Untertitel:

Tolstoi 1914

Rezensent:

Mayer, Emil Walter

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Seite 1

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283

Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 9.

284

Sie gibt im erften Kapitel einen Uberblick über die Quellen
und die Gefchichte des Ofterftreites, handelt dann in den folgenden
Ausführungen von einer Reihe von Fragen, die nach des Verf.
Meinung eine untergeordnete Stellung in dem Streite einnehmen.
Als folche untergeordnete Punkte erfcheinen das Faften, das von
den Kleinafiaten früher abgebrochen wurde als von den übrigen
(Kap. 2), der Beginn und die Dauer des Ofterfeftes (Kap. 3), die
Bedeutung des Ofterfeftes (Kap. 4), bei dem die Kleinafiaten den
14. Nifan als den Tag des Abfchiedsmahles Jefu feierten, während
die übrigen Gemeinden an diefem Tage fich an den Tod des
Herrn erinnerten. Die verfchiedene Ofterfeier bedingte weiter
eine verfchiedene Auslegung der Evangelien, da entweder Johannes
nach den Synoptikern oder die Synoptiker nach Johannes ausgelegt
werden mußten. Die Frage nach der Echtheit und der Geltung
des 4. Evangeliums fpielt hier herein (Kap. 5).

Nach der Erledigung diefer Vorfragen tritt A. näher an die
Hauptfrage heran. In Kap. 6 behandelt er die Stellung des
römifchen Bifchofs im Ofterftreit. Nach feiner Meinung kann
keine Rede davon fein, daß das Vorgehen Viktors von Rom den
Ofterftreit am Ende des 2. Jahrh. hervorgerufen habe. Es handelt
fich bei den Gegnern der Kleinafiaten nicht um die Durchdrük-
kung der römifchen Ofterpraxis, fondern der gemeinchriftlichen,
und Viktor ift noch ganz und gar nicht als Papft im fpäteren
Sinne anzufehen, fondern er ift ein Bifchof in der Reihe der
übrigen Bifchöfe, wie die Gemeinde von Rom eine Gemeinde
unter den übrigen ift. Damit wird dann die Schlußfrage erreicht:
was ift der letzte wahre Grund der Ofterftreitigkeiten? Die Antwort
auf diere Frage ift: es handelt fich bei den Ofterftreitigkeiten
um die Einheit der Kirche und des kirchlichen Brauches, um das
ixxhiQiaaxixöv Söyfia. Die Kirche mußte, um wirklich die eine,
heilige, katholifche und apoftolifche zu fein, auch äußerlich einheitlich
gemacht werden. Die Katholifierung der kleinafiatifchen
Kirchengemeinfchaft ift der eigentliche und letzte Beweggrund
diefer innerkirchlichen Bewegung, des Ofterftreites im 2. Jahrh.,
und die damals gehaltenen Synoden find die unmittelbaren
Vorgänger der Synode von 325.

Wien. Rudolf Knopf.

C. Plini Caecili Secundi Epistolarum iibri novem. Epistolarum
adTraianum Fiber. Panegyricus. Ree. R. C.Kukula. Ed. altera
aueta et emendatior. (XVI, 426 S.) kl. 8". Leipzig, B. G. Teub-
ner 1912. M. 3.20; geb. M. 3.80

Der Briefwechfel zwifchen Plinius und Traian hat die Theologen
viel befchäftigt, und der Panegyricus gehörte einer Literaturgattung
an, in deren feften durch die rhetorifche Theorie
geregelten Formen fich Eufebius (Ihö? Kwvaxavxivov) und andere
Chriften bewegen. So fei auf diefe Ausgabe kurz hingewiefen,
die fchon durch neue Collationen wertvoll ift. In die Vorrede
ift eine Unterfuchung von Spatzek über Schlußrhythmen aufgenommen
, die auch Rückficht auf den Wortakzent in den Clau-
feln nachweift. — Die indirekte Überlieferung des Plinius ift bis
jetzt, trotz zahlreichen Imitationen, wenig benutzt worden. Zu
der Stelle Ep. 96,7 carmenque Christo quasi deo dicere fähe ich
gern auf das Zitat des Tert. Apol. 2,6 (griechifche Überfetzung
in Euf. K-G. III 33,1) hingewiefen.

Göttingen. Paul Wendland.

Luther-Monumente. Eine Sammig. hervorrag. Schriften Dr. Mart.
Luthers, hrsg. v. Paft. B. Schubert. 1. Bd. An den chrift-
lichen Adel deutfeher Nation v. des chriftlichen Standes
Befferung. (142S.) 8". Elberfeld, Lutherifcher Bücherverein
(1913). Geb. M. 2 50

Der Verlag will bis 1917 jährlich 2—3 Lutherfchriften neu
herausgeben ,in einer unferer jetzigen Schreib- und Ausdrucksweife
angepaßten Form' (S. 6). Die 3 Reformationshauptfchriften von
1520 follen voranftehen. Die Schrift an den Adel macht den Anfang
. Das Vorwort ift für meinen Gefchmack zu wortreich, enthält
auch einige unrichtige Ausführungen. In der Textkonftitu-
tion und den (fehr fpärlichen) Bemerkungen ftecken fo viel z. T.
fchwere Fehler, daß ich diefe Ausgabe trotz der hübfehen Aus-
ftattung beim bellen Willen nicht empfehlen kann.

Zwickau i. S. O. Clemen.

Rotfcheidt, Paft.W.: Arnold Pollich, Paftor v. Radevormwald 1567—
1626, der Märtyrer des Bergifchen Landes. Sein Leben u.
fein Glaubensbekenntnis. (Aus der Väter Tagen. 3. Bdchn.)
(47 S.) 8". Moers, Selbftverlag 1913. M. — 50

Neben Adolf Klarenbach verdient Arnold Pol lieh in der

niederrheinifchen Reformationsgefchichte ein ehrendes Gedächtnis.

Der Verf. gibt dazu einen Beitrag aus gedruckten und unge-

j druckten Quellen; letztere find die auf der Düffeldorfer Landes-
[ bibliothek in der Bibliotheca Binterim fich findenden Ordens-
I annalen des Adam Bürvenich F. M. von 1565 ff., ferner aus dem
j Rhein. Prov.-Kirchenarchiv zu Coblenz die Akten der Bergifchen
Provinzialfynoden 1589—1664 und die der Solinger Klaffe 1611 —
! 1675. M. Arnold Pollich aus Brühl, 1567 geboren, feit 1590
| Vikar neben P. Adolf Sondermann zu Radevormwald, 1593 (und
j 1594) der Bergifchen Provinzialfynode beigetreten, wurde 1626
j auf Veranlaffung der Ketzerverfolger Arnold Grootfeld und Aegidius
Gelenius im Klofter ad Olivas zu Köln gefangen gefetzt
und darb dafelbft fchon nach 14 Tagen. Zum Anlaß diente die
Tatfache, daß P. als vierzehnjähriger Knabe in das Brühler Franzis-
kaner-Klofter eingetreten, aber von feinen Vormündern zurückgefordert
war. Er wurde als abtrünniger Mönch belangt. Auf
ähnliche Angriffe hatte er fchon 1614 zu Herborn feine öffentliche
und wolgegründte Chriftliche Glaubensbekantnus' herausgegeben,
die R's Schrift nach dem Leben P's (7—19) bringt (S. 20-41).
Die Ordenstradition von einer reuigen Umkehr P's vor dem Tode
glaubt der Verf. mit guten Gründen widerlegen zu können. Der
Anhang enthält einige Zeugniffe und Auszüge Pollich betreffend.
Lobberich. Alfred Zilleffen.

Titius, Arthur: Schleiermachers Grundgedanken über Religion und
Ghriftentum in ihrer Bedeutung für die Gegenwart. Rede
(16 S.)gr. 8". Göttingen, Vandenhoeck u. Ruprecht 1913. M. —40
Als bedeutungsvoll für die Gegenwart hebt diefe Rede aus
der Schleiermacherfchen Theologie namentlich zweierlei heraus;

j einmal den Gedanken, daß die Erweifungen der göttlichen Allmacht
nicht außerhalb des Naturzufammenhanges fallen, und dann
die Deutung der Religion als eines von Wiffenfchaft und Philo-
fophie verfchiedenen perfönlichen und individuell gearteten Erleb-
niffes. Dagegen bemängelt sie vor allem die ,Angleichung' des

I religiöfen Empfindens an das äfthetifche, womit eben zufammen-
hängt, daß fchließlich jeder Religion gleicher Wahrheitswert zu-
gefprochen wird. Von da ausgehend und auf die Schleier-
macherfche Thefe zurückgreifend, daß die Entwicklung der Religion
der des Selbftbewußtfeins entfpreche, führt der Autor in
einer großzügigen, auch das chriftologifche Problem in gefchichts-
philofophirche Beleuchtung Hellenden, Betrachtung aus, daß die
Religionen fich ihrem Wert nach abfluten laffen, und daß zwar
die gegenwärtige Form des Chriftentums überholt werden könne,
daß aber die chriftlichen Ideale felbft, die ihren letzten Halt ftets
in der Perfon Jefu finden, unüberbietbar feien. So mündet der
Vortrag aus in einen anregenden Beitrag zu der viel ventilierten
Frage nach der Abfolutheit des Chriftentums.
Straßburg i/E. E. W. Mayer.

Lempp, Priv.-Doz. Lic. Dr. O.: Tolttoi. 1.—5. Tauf. (Religionsge
fchichtliche Volksbücher f. die deutfehe chriftliche Gegenwart
. V. Reihe, 9. Heft.) (42 S.) 8". Tübingen, J. C. B. Mohr
1912. M. — 50; geb. M. — SO

Auf eine kurze biographifche Skizze folgt eine ausführliche
Befprechung der religiöfen Krifis, die den Dichter wieder der
Kirche zuführte, und als deren Hauptmotive das Fragen nach
einem Sinn des Lebens und das Verlangen nach einem Halt im
Leben erfcheinen. Daran fchließt fich dann die Darftellung des
neuen Evangeliums, das fich Tolftoi allmählich felbftändig erarbeitet
hat, und das durch die völlige Verkennung von der Bedeutung
der Kultur für das religiös-fittliche Leben charakterifiert
I wird. In einer Beurteilung fucht der Autor das Verhältnis von
Kultur und Chriftentum richtig zu beftimmen.
Straßburg i. E. E. W. M a y e r.

j Krueckemeyer, Dr.: Zentrum U.Katholizismus. Politifche, Volks-
wirtfchaftliche u. Apologetifche Studien. (VII, 334 S.) 8".
Amflerdam, Internationale Verlagsbuchh. ,Meffis' 1913.
Eine Parteifchrift in optima oder beffer in pessima forma.
Sie ift annehmbar nur als Sammlung von, bis jetzt ver-
ftreut gewefenem Material, ohne aber auch in diefer Beziehung
vollftändiges zu bieten. Im übrigen fucht die Schrift die für je-

[ den Unbefangenen klare Tatrache zu vertufchen, daß das Zentrum
eine konfeffionelle Partei ift, d. h. eine Partei, die fich zwar
politifch Mark betätigt, aber ftets von konfeffioneller, d. h. von

! ultramontan-katholifcher Grundlage aus. So lange die Ausfprüche
der Zentrumsführer Graf Balleftrem, Spahn fen. und Graf
von Hertling unwiderrufen beliehen: [um nur an Weniges zu
erinnern: ,Das Zentrum fei die Leibgarde des Papftes' (Balle-

! Urem); ,das Zentrum ftrebe die Ordnung auch der materiellen
Verhältniffe in Deutfchland an nach den Grundfätzen der rö-