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Ausgabe:

1914 Nr. 9

Spalte:

265-267

Autor/Hrsg.:

Bidez, Joseph (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Philostorgius: Kirchengeschichte 1914

Rezensent:

Koetschau, Paul

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 9.

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Philoltorgius: Kirchengefchichte. Mit dem Leben des
Lucian v. Antiochien und den Fragmenten e. arian.
Hiftoriographen. Hrsg. im Auftrage der Kirchenväter-
Commiffion der königl. preuß. Akademie der Wiffen-
fchaften v.Prof. Dr.Jof. Bidez. (Die griechifchen chrift-
lichen Schriftfteller der erften drei Jahrh., 21. Bd.)
(CLXVLU, II, 340 S.) gr. 8°. Leipzig,J. C. Hinrichs 1913.

M. 16 — ; geb. M. 18.50
Der Eunomianer Philoftorgius, welcher eine für feine
Zeit nicht geringe Bildung mit biblifcher Gelehrfamkeit
vereinigte, ichrieb feine Kirchengefchichte, die fich wohl
an die des Eufebius anfchloß und bis 425 reichte, vor dem
Jahre 433. Da dort die Häretiker Aetius und Eunomius
als Helden gefeiert und die Homoufianer bekämpft wurden,
fo ging das in 12 Bücher geteilte Werk als Ganzes verloren.
Giücklicherweife find aber fo viele Fragmente durch orthodoxe
Schriftfteller erhalten worden, daß fie als Ge-
fchichtsquelle für die behandelte Zeit neben den Parallel-
hiftorikern erheblich in Betracht kommen. Da nun die
früheren Ausgaben der Philoftorgius-Fragmente von Gotho-
fredus 1643 und Valerius 1673 (mit den Nachdrucken von
Reading 1720. 1748 = Migne S. Gr. 65) zwar vortreffliche
Einleitungen und Erläuterungen boten, aber nur einen Teil
des vorhandenen hf. Materials verwertet hatten, fo war
eine neue kritifche Ausgabe fchon längft ein dringendes
Bedürfnis. Die von P. Batiffol und L. Mendelsfohn vorbereitete
, aber nicht zu Ende geführte neue Ausgabe hat
uns nun Jofeph Bidez, Profeffor an der Univerfität Gent,
gefchenkt Mit lobenswerter Sorgfalt und Gründlichkeit,
mit ausdauerndem Fleiß und glücklichem Scharfblick begabt
und durch zahlreiche Gelehrte (unter denen befonders
A. Kugener, H. Lebegue und Prof. Loofs hervorgehoben
werden) mit Beiträgen unterftützt, hat der jüngfte Herausgeber
ein recht fchwieriges und mühfames Werk vollendet
, für das wir ihm aufrichtig dankbar fein müffen. Die
neue Ausgabe kann als vorläufig abfchließend bezeichnet
werden, da alles erreichbare hf. Material für die verfchie-
denen Quellenfchriften der Philoftorgius-Fragmente herangezogen
, die Parallelüberlieferung erfchöpfend verwertet,
und in der Einleitung jede einfchlägige Frage, teilweife
recht ausführlich, erörtert worden ift.

Daß die Einleitung den Umfang von 166 Seiten erreicht
hat, während der eigentliche Text ohne die Anhänge
(S. 151—241) nur 150 Seiten zählt, läßt fich durch
die weit verzweigte Überlieferung erklären. Die Haupt-
maffe der Fragmente ift durch Photius, und zwar (ab-
gefehen von der kurzen Überficht in der Bibl.. Cod. 40)
in Form von mehr oder weniger überarbeiteten Exzerpten
erhalten, die vermutlich zu einer von Photius angelegten
Sammlung von Parallelhiftorikern gehörten (S. XXXII).
Alle vorhandenen Hfl" die fchon P. Batiffol 1890 und L.Jeep
1899 zufammengeftellt hatten, find direkt oder indirekt
aus dem Codex Barocc. 142 chart. s. XIV (=B) geflohen,
der S. XVIII—XXI. XXXVI—XLIV genau befchrieben
wird. Intereffant ift der Nachweis des Herausgebers, daß
N'icephorus Calliftus den Text des Photius eben aus diefem

ihm beiftimmen, daß die Auszüge bei Suidas authentifch
find, und daß auch der Artikel über das Martyrium des
h. Babylas zum größten Teil aus Philoftorgius flammt.

Die Suidasftücke find ebenfalls durchweg nach neuen
Kollationen von neun Piff bearbeitet (vgl. S. LXXXIV
—LXXXVIII und Bidez, La tradition manuscrite du Lexi-
que de Suidas, SB. d. K. Akad. d. Wiff. in Berlin 1912
S. 850 fr.). Ferner ift für die neue Ausgabe zum erften
Male auch die unedierte Vita Constantini, die von Pio
Franchi de' Cavalieri in dem Codex Angelicus gr. 22
(D. 3. 10) membr. s. XI entdeckt worden war, ausgiebig
benutzt worden. Dann liefert auch noch Nicetas Aco-
minatus fünf Auszüge aus der Kirchengefchichte des
Philoftorgius; ob Symeon Metaphraftes für die Philoftorgius
-Fragmente felbftändige Bedeutung hat, muß nach
Bidez S. CI fraglich bleiben. Gegen E. Patzig wird S.
CII—CV der Nachweis geführt, daß deflen .Zwillingsquelle'
keine Entlehnungen aus Philoftorgius enthält. In einem
lehrreichen Abfchnitt handelt der Herausgeber noch von
dem Gefchichtsfchreiber Philoftorgius, feinem Leben, feiner
Bildung, feiner Wahrhaftigkeit, feinem Stil, dem Zweck
feines Werkes, der Zeit der Publikation und feinen Quellen.

Der V. Abfchnitt, über die Anordnung der Ausgabe,
führt uns zu der Behandlung des Textes. Da öfters
zwei oder drei nicht wörtliche Parallelberichte vorgelegt
werden mußten, fo war es wünfchenswert, die durch Uber-
einftimmung derfelben alsPhiloftorgianifch erwiefenen Wendungen
oder Sätze hervorzuheben. Dies ift durch fteile
griechifche Typen gefchehen. Ob dasfelbe Ergebnis nicht
beffer durch Sperrung zu erreichen gewefen wäre? Ferner
fehen wir die Parallelberichte, durch Horizontalftriche getrennt
, fo untereinander angeordnet, daß Teftimonien und
Apparat jedesmal dem betreffenden einzelnen Stück beigegeben
worden find. Vermutlich hätten mehrere Seiten,
z. B. S. 204 fr., an Überfichtlichkeit gewonnen, wenn Teftimonien
und Apparat jedesmal für eine Seite am Schluß
derfelben vereinigt worden wären; da die Zeilen der Seiten
durchlaufend numeriert find, fo wäre dies leicht möglich
gewefen. Doch dies war mehr Sache des Setzers.
Für die Bearbeitung des Textes hat nun der Herausgeber
nach S. XVII durchweg ein konfervatives Verfahren ein-
gefchlagen. Das ift an fich bei der Photius-Epitome ficher
zu billigen, nur darf es nicht übertrieben werden. Der
Herausgeber ift zu fehr geneigt, Mängel des Textes, die
offenbar dem Schreiber der Hf B s. XIV zur Laft fallen,
aus Flüchtigkeit des Photius abzuleiten. Selbft wenn man
zugibt, daß Photius zu fchnell exzerpiert hat, darf man
ihm doch kein fehlerhaftes Griechifch zutrauen. Bidez
meint, daß Photius .feinen Text nie wieder durchgelefen'
habe (S. XVI); wenn er weiter keine Beweife hat, als an
zwei Stellen je ein überfliiffiges (pijolv, fo ift dies zu wenig.
Bei dunkeln Stellen liegt eben ein Fehler des Abfchreibers,
nicht feiten m. E. eine Auslaffung von Buchftaben oder
Worten vor. Dies erkennt der Herausgeber auch an,
indem er Einfchaltungen, z. B. S. 45, 1. 48, 12. 133, 10,
in den Text aufnimmt. Er mußte aber konfequent fein
und z. B. S. 18, 19 2aßcd(ov<;), wie richtig im Apparat

, ~,-----—"~"r~"r."7------—r-----7— vermutet wird, im Text drucken laffen; oder wenn er

verwertetettTfc C uWe^te' erft, dltifer Ve,Ufn ^;us&rbe 1 S. 78, I die Angabe der Stadt Paneas vermißte und den
temii TP.«tiauPtque"e fur Philoftorgius bildet die Ar- j Fehler auf das Schuldkonto des Photius fetzte, fo mußte
unbekannte ^ lJ°hVnn^T Rhodus- Diefer fonft er auch die Möglichkeit erwägen, daß die Worte: iv
^Sl^^^^^P^0^^^^^0 1 ij^saötrf, x6XetVOn einem Abfchreiber hinter i}v aus-
die übrigen Ouell^'^ wo,tllch .be"utz:' ,Da nrUP Bldez gelaffen worden find; oder foll man die falfche Wortftellung
in iT f gellen der Artemn Passio (die fchon im
;m i^T Synleon Metaphraftes bearbeitet worden

ift) entdeckt hafi fo kann, wie Bidez S. LIII ff. überzeugend
gegen Batiffol nachweift, der Reft, der nach Herauslosung
jener Quellen übrig bleibt, mit Sicherheit als

aus

S. 89,3: 77, wc, Ivioi, AexIw fpaol wirklich nur vermutungs-
weife .einem Copiftenirrtum' (S.XVII) zufchreiben? Ferner
hätten alle die Stellen, wo der Herausgeber eine Textverderbnis
annimmt, ohne fie heilen zu können (z. B. S.
Philofto'rfflus "fntnnmmen0 -,Ü"""7V""L T 127, l), mit dem üblichen Kreuz bezeichnet werden follen,

KLÄrmlS? ,Wer^" ?Ür od,e da* Geh nur fehr feiten, z. B. S. 132, 15, findet Auch
dSmte^rSS^MÄi1*6 Hff und außer- waren Lücken im Text, z. B. S. 44,8-9, durch Sterne
dem Ferner hat ficÄ —deuten und nicht nur im Apparat zu bemerken

der hei Quirine erhaltenen PhU^A • ^ Behandlung An dnjckt der Herausgeber nach iwe, HIT e,n altes

f V1-m T^ftTA^^t^«nj!lu»ft<>rglU8-Fraginente (S. Martyrium des AVtemius ab, für delTen Textverbefferung etwas mehr hätte
WvVlll—LAAA1V) ein Verdienit erworben. Man wird 1 wefchehen muffen. Da fonüige Fehler der Hff verbeffert worden find,

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