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Ausgabe:

1914 Nr. 8

Spalte:

250-251

Autor/Hrsg.:

Reinach, Salomon

Titel/Untertitel:

Répertoire de Reliefs Grecs et Romains. Tome 3 1914

Rezensent:

Wendland, Paul

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 8.

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niflen ift von einem jungen Pfarrer weggekapert worden. 1 Ich zweifle nicht, daß diefes Buch mit feinem reichen

Es liegt klar zutage, daß die gefährlichften Feinde des wechfelnden Inhalt — ift doch Katterfeld in Deutfchland,

Diskoniffentums die jungen Pfarrer find'. Daß das nicht den Oftfeeprovinzen und Südrußland tätig gewefen — in

als bloßer Scherz gemeint ift, beweift die von der Verfaf- allen religiös und kirchlich intereffierten Kreifen viele

ferin felbft konftatierte Tatfache (S. 170), daß Katterfeld Lefer finden wird.

es (lange) nicht gelang, das .Schwanken' feiner fpäteren ßad Neuenahr K. Graß.

Frau, der ihr .Diakoniffengelübde fchwere Gewiffensbedenken
bereitete', zu überwinden, da er felbft in diefer Borowski Erzbifch. Gen.-Superint. D. Ludwig Ernft v.:

Sache nicht klar war. Diefe Uberordnung des Diakoniffen- „„ , ' „ .. .__ ■ „ t0u__„ .0^

berufes über den Beruf der Gattin und Mutter, der nach Kon.gsberger patr.ot.fche Pred.gten aus den Jahren 806
Luther für das Weib der höchfte ift, fcheint wenigftens bis 1816. Aus feinem handfchnftlichen u. gedruckten
anfangs in der Tat in den für die Diakonie begeifterten Nachlaß hrsg. u. eingeleitet v. Prof. Alfred Uckeley.
Kreifen herrfchend gewefen zu fein. Denn die Verfafferin j (Schriften der Synodalkommiffion f. oftpreuß. Kirchenerzählt
(S. 171), daß der Direktor des Mutterhaufes aus j fchicht ^ Heft.) (iS8 S. m. Bildnis.) 80. Königs-
dem Paftorm Katterfeld hervorgegangen, ihrer Verlobung ° . ' ' ' y D ö
ein entfchiedenes .Nein' entgegenfetzte und (S. 173") die bergi.Ir, F. Beyer 1913. M. 2.75
Begründerin des Mietauer Diakoniffenhaufes die Anftellung Die Predigt der Auf klärungszeit ift zu einem guten
Katterfelds an demfelben mit Entfchiedenheit abgelehnt, , Teil beffer als ihr Ruf; das beweift auch diefe Ausgabe
weil er fich mit einer Diakoniffe verlobt. — Ich will gerne von Predigten des Königsbergers Borowski (1740—1831),
glauben, daß diefe unevangelifche Auffaffung des Diako- der jene Epoche ganz durchlebt hat. Er war freilich
niffengelübdes alsbald in den maßgebenden Kreifen über- kein Aufklärer im fpezififchen Sinn; W. Wendlands
wunden worden ift. Wenn trotzdem in den baltifchen Biographie (S. 2) nennt den Grundzug feines Wefens fo-
Provinzen, in denen es viel mehr als in Deutfchland an gar orthodox; aber die Art feiner Zeit zeigt auch er.
Frauenberufen fehlt, kein Zuftrom zum Diakoniffenberuf i Zu diefem allgemeinen Intereffe kommt ein fpezielles: es
vorhanden ift, fondern jede einzelne Diakoniffe mühfam befteht die Möglichkeit, B.s Predigttätigkeit gerade in
überredet und angeworben werden muß, während es den Schickfalsjahren nach 1806 ziemlich genau zu Verden
weltlichen Krankenhäufern keineswegs an Kräften folgen. Drei handfchriftliche Predigtbände von ihm, bemangelt
, fo ift eben die Meinung weitverbreitet, daß in fonders aus 1806—1808, 1812, 1814fr liegen auf der Königs-
den Diakoniffenhäufern das Heiraten der Diakoniffen un- berger Univerfitätsbibliothek. Uckeley gibt nach ihnen alle
gern gefehen und erfchwert wird. Würde ftatt deffen die ' Texte und Themata aus 1806—1808; 7 ganze Predigten

Meinung herrfchen, daß für die jugendliche Diakoniffe ! aus den gleichen Jahren druckt er erftmalig ab; 6 fchon
die schließliche Heirat als das Normale und ihr Beruf als früher gedruckte aus 1807, 1809, 1810, 1813, 1816 fügt
Vorbereitung auf die Ehe angefehen werde, welcher Mei- er bei. Eine Einleitung unterrichtet über die Lebens-
nung die Diakoniffenhäufer durch Ausfetzung einer Aus- umftände (mit Hinweis auf Wendlands Biographie) und
fteuer als Prämie für längeren treuen Dienft Vorfchub ; die Predigttätigkeit namentlich in Beziehung zum preu-
leiften könnten, fo wäre das Haupthindernis für die Er- ßifchen Königspaar. So gewinnen wir die Möglichkeit,
greifung des Diakoniffenberufes befeitigt. Ein weiteres ! die Stellung des Predigers zu großen Ereigniffen der
nicht zu unterfchätzendes Hindernis ift der Umftand, daß Gefchichte kennen zu lernen, dazu auch zu Daten von
die Diakoniffen zwar reichlichen Unterhalt (auch Tafchen- Wichtigkeit für das Herrfcherpaar, z. B. zu deffen Abreife
geld), aber keinen Gehalt erhalten. Dadurch ift diefer j nach Berlin 1809. Gewiß war B. kein machtvoller Pre-
Beruf all' den vielen verfchloffen, die ihre Eltern, Gefchwifter diger; hinter Schleiermachers Reden jener Zeit flehen
oder fonftige Angehörige zu unterftützen haben. Es kann die feinen weit zurück. Gewiß zeigt er in der oft fchwer-
doch kein prinzipielles Bedenken gegen die Gagierung der fälligen Diktion, in dem Zug zu Empfindfamkeit und
Diakoniffen in einer Kirche beliehen, in welcher alle Pre- Rührfeligkeit und nicht zuletzt in der religiöfen Auffaffung
diger Gehalt beziehen! Für die baltifchen Lande befteht Züge, die uns fremdartig berühren. Aber Gedankenreich-
aber noch ein drittes Hindernis. Die Verfafferin fagt zwar 1 tum, vielfach Gedankenfeinheit, gottvertrauender Mut und
(S. 250f.): .Ohne einen der Typen der ihm in Deutfchland j perfönliche Wärme laffen auch uns diefe Predigten gern
näher bekannt gewordenen Diakoniffenhäufer fklavifch j lefen. Es ift fehr erfreulich, daß wir durch Uckeleys
nachzuahmen, übernahm er mit weifem Takt das für die forgfältige Arbeit diefe Predigten und eine Zufammen-
Oftfeeprovinzen Anwendbare, ohne Sitten und Gebräuche i ftellung der für ihr Verftändnis nützlichen Daten erhalten
einzuführen, die baltifcher Volksart nicht entfprechen'. | haben. Neben Bauers Buch über Schleiermacher als
Dennoch foll Katterfeld in feinem Werben für die Dia- ' patriotifchen Prediger und Schuberts Studie über die
konie beftändig den Büttnerfchen Satz betont haben: ,Die j Predigt des Jahres 1848 ift U.s Darbietung ein neuer,
Damen waren, follen nicht Damen bleiben, und die Mägde 1 hübfcher Beitrag zum Studium der Gefchichte der Zeitwaren
, follen nicht Mägde bleiben, fondern fie alle follen j predigt.

Diakoniffen werden'. Was in Deutfchland möglich fein r- n c , .

mag, ift aber in einem Land, das durchaus den Charakter uieaen.__M. bcnian.

einer Kolonie trägt, unmöglich. Hier fleht einer dünnen

deutfchen Oberfchicht eine breite undeutfche von ihr be- ] Referate.

herrfchte Volksmaffe gegenüber. Folglich find die Ar- j Rein ach, Salomon: Repertoire de Reliefs Grecs et Romains. Tome
beitskrafte billig und grobe Mägdearbeit wird von Damen 3itme. halie — Suisse. (III, 566 S.) Lex. 8". Paris, E. Le-
nicht gefordert und nicht geleiftet. Der hier befonders i ro"* 1912. fr. 10-

ltarke foziale Unterfchied zwifchen Damen und Mägden I Mit diefem III. Bde. ift Reinachs Repertorium der Relieh
der fich in vielen Jahrhunderten entwickelt hat, läßt fich i vollendet (Bd. I 1909 II 1912). Es erleichtert wie R s analoge
nicht kurzerhand und fchnell befeitigen Man mag ! Sammelwerke über Statuen und über Vafen dem Laien die
das bedauern, daß fich unfere Damen tür zu gut für grö- Überficht über das Material. Die Regifter diefer Werke ermög-
bere Arbeit halten. Die auch bei im« heo-inLnHe Ver- lichen eine rafche Orientierung über die vorhandenen bildlichen
teuerung der Arbeitskräfte, da° Aufrückl^ de? Bauern D^eHungen. Wer z. B. mit helleniftifeh-römifcher Rehgions-
in die höheren Stände wird auch wTiÄS gefchichte fich befchäftigt, findet in dem Regifter unferes Bandes
deichend wirken Wollen aher di n , c r r r f i die Fundftellen für Reliefs des Adonis Asklepios Attis Dohchenus
gleichend wirken V ollen aber die Diakoniffenhäufer diefer 1 Ifis SerapiS) Helios ufw. Alle Denkmäler find reproduziert in
Entwicklung kunftlich vorgreifen fo ift eben das Refultat ; fcharfen das Charakteriftifche hervorhebenden Strichzeichnungen,
dieles, daß lieh nur wenige entlchließen, in fie einzutreten, i die zwar für die künftlerifche Würdigung nicht ausreichen, aber
wo doch bei uns fo viele müßig am Markte des Lebens flehen. I wenigftens die Anfchauung der Hauptzüge vermitteln und zur