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Ausgabe:

1914 Nr. 8

Spalte:

233-234

Autor/Hrsg.:

Mahling, Friedrich

Titel/Untertitel:

Lohn und Strafe in ihrem Verhältnis zu Religion und Sittlichkeit nach neutestamentlicher Anschauung 1914

Rezensent:

Pott, August

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 8.

234

der Schwelle des Bewußtfeins, vorausfetze, der von fich flehen, wahrend die Jünger den Herrn irdifch nicht ver-
aus Vifionen hervortreibe. In Wahrheit aber fei ein fol- ftanden haben. In der Durchführung diefes rechten
eher Glaube noch nicht vorhanden gewefen. Er könne Verftändniffes ift der öffentliche Lohn, Matth. 6, if.
nur durch objektive Ereignine geweckt fein. Die objek- : ,felbftverftändlich' das in die Erfcheinung-treten diefes
öve Vifionshypothefe mache Gott zum Urheber eines Irr- I Zuwachles, und der Himmel, in welchem der Lohn groß
tums. Auf das Erfte möchte ich antworten: Es ift fehr j ift, ift ,ganz einfach' das Überweltliche auf Erden. Der
kühn, apodiktifch ausfagen zu wollen, was unter der i Menfch vollzieht in feinem Leben felbft das Gericht,
Schwelle des Bewußtfeins der Jünger nicht vorhanden j Job.. 3, 18 und Gott anerkennt nur diefen freiwilligen
gewefen fein könne. Auf das Zweite mit Leffing: Gott j Verzicht auf das Gottesleben; die Höllenpein (Luk. 16,
hätte feine Hand bei allem im Spiele, nur bei unfern (oder 19—31) ift demnach nur ,das Weiterleben in der felbft-
der Apoftel) Irrtümern nicht? Daß aber eine fupranaturale 1 gewählten Sphäre des nur für fich allein Lebens'. Ich
Weltanfchauung nur bei der Behauptung der leiblichen ■ fürchte, daß diefe Apologetik auch vielen Freunden des
Auferftehung Jefu konfequenterweife aufrecht erhalten Verfaffers als eine Erweichung erfcheint. In den Epifteln,
werden könne und ihre Beftreitung ,den Weg der Menfch- die etwas kurz wegkommen, ift nur im Hebr. und in der
heit in lediglich immanenter Entwicklung allmählich von j Apokalypfe Lohn und Strafe Motiv des religiösfittlichen
fich aus aufwärts fich bewegen' (S. 27) laffe, ift mit nichts . Lebens, bedingt durch die Leidenszeit der Lefer. Referent
zu beweifen. Wenn Ihmels meint: ohne die biblifche hätte eine Apologetik vorgezogen, welche die Spannung
Auferftehung wäre die Menfchheit ohne eine entfprechende j zwifchen modernem Empfinden und gewiffen Lohnvor-
Antwort Gottes geblieben, fo möchte ich entgegen: Sind
Gottes Antworten nicht oft äußerlich recht unfeheinbar?
Wer will Gott vorfchreiben, er müffe gerade diefe Antwort
gegeben haben? Ihmels fagt: ,Wir dürfen unfer

Urteil über die Wirklichkeit, mit welcher es der Glaube j und der Synopfe abgegeben, ein Begriff, der wunder-
zu tun hat, nicht davon abhängig machen, ob unfer Glaube i barerweife gar nicht erwähnt ift. Referent begreift auch
nach unferm Dafürhalten etwa auch mit einer anders- i nicht recht, warum von Mark, nur 9, 43 f. geftreift wird
gearteten Wirklichkeit fich einrichten könnte. M. a. W. | und Stellen wie 4, 26f.; 12, 40; Matth. 7, if.; Luk. 17, 10

Rehungen aus deren zeitgefchichtlicher Bedingtheit erklärt
hätte; follte aber fchon Job.. Maßftab der Synopfe fein,
fo hätte doch wohl der Begriff der Gotteskindfchaft leichter
den Boden für die gewünfehte Gemeinfchaft zwifchen Joh.

unfer Glaube hat fich nach den Tatfachen zu richten,
nicht aber die Tatfachen nach dem Glauben' (S. 40). Darin
enthüllt fich der Grundgedanke der Theologie von I.
Zuerft w ird der Befund der biblifchen Theologie erhoben,
wobei ein Durcbfchnittsbild des N. T.s unter Abfehen von
den verfchiedenen Schichten der Überlieferung zu Grunde
gelegt wird. Dann wird gezeigt, daß die Glaubenserfahrung
des Chriften nur zu diefen Pof.tionen kommen könne und CorPus Scnptorum Ecclesiast.corum Latinorum. Editum con-
jeder Glaube mangelhaft ift, der von dem biblifchen Durch- j siho et impensis Academiae Literarum Caesareae Vin-

u. a. unerwähnt bleiben. Ausdrücklich aber fei betont,
daß der Praktiker homiletifch fehr brauchbare und zum
Teil eigenartige Auslegungen vielfach findet; z, B. Joh. 4,
24; Matth. 13, 44f; Matth. 20, if. u. a.

Königsberg i. Pr. Pott.

fchnittsbilde abweicht. Hierin liegt das Sich richten des
Glaubens nach den Tatfachen d. h. die Beugung unter
die Überlieferung.

Bafel. Johannes Wendland.

Mahling. Konfift.-Rat Prof. D. Frdr.: Lohn und Strafe in
ihrem Verhältnis zu Religion und Sittlichkeit nach neu-

teftamentlicher Anfchauung. (Biblifche Zeit- u. Streit- derholungen bieten einen geringen Genuß, und eine kurz-

dobonensis. Vol. LXII. S. Ambrosii Opera. ParsV:
Expositio Psalmi CXVIII. Recensuit M. Petschenig,
(XII, 539 S.) g.8°. Wien, F.Tempsky 1913. M. 16 —

Herr Petfchenig hat fich nicht gerade die wertvoll-
ften Werke aus der patriftifchen Literatur zur Bearbeitung
im Corpus Vindobonense erkoren; wenigftens die anti-
donatiftifchen Schriften Auguftins mit ihren endlofen Wiefragen
, IX. Serie, 2/3. Heft.) (77 S.) 80. Berlin-Lichter- lTekAtÜre ift dk'm früheren Zeiten allerdinM hoch-

j IJ gefchatzte Auslegung des 118. Pfalms von Ambrofius auch

telde, E. Runge 1913. NL 1 — gerade nicht> TJm fo mehr Dank verdient er dafür, daß

Eine längere Ausführung über die katechetifche er hier eine im wefentlichen abfchließende Rezenfenten-
Schwierigkeit, welche die Verheißung des 4. Gebots macht, I arbeit geleiftet hat.

wird man hier kaum vermuten. Sie ift wie ein erratifcher j Die äußerft knapp gehaltene Einleitung erftattet BeBlock
zwifchen Paulus und Jakobus verirrt, und hat wohl j rieht über die verglichenen Handfchriften und ihren Wert,
die ganze Schrift veranlaßt. In der Einleitung wird dog- ; fowie über die bisherigen Ausgaben, ebenfo, im Anfchluß
matifch dargelegt, daß das religiös-fittliche Ideal nicht an M. Ihm, über die Abfaffungszeit. Zu Einwendungen
durch das Lohn- und Strafmotiv getrübt werden darf, ift hier kein Anlaß. Die Namen-, Sach- und Wortregifter
Jener praktifche und dieser dogmatifcheGefichtspunkt leiten | werden, am Schluß des nächften Bandes, praktifcherweife
die biblifch-theologifche Ausführung, welche in 2 Kapiteln | alle Pfalmenkommentare des Ambrofius umfallen; nur
Lohn und Strafe in und außerhalb der Verkündigung Jefu einen Index der Bibelftellen und der benutzten Autoren
unterfucht. Um das Ergebnis zu erreichen, welches von erhalten wir S. 511—538 fchon hier. Und zwar einen ausmodernem
Empfinden gefordert wird, nämlich, daß Lohn ! gezeichneten; weit über das Maß des von den Mauri-
und Strafe nicht als etwas äußerliches zum religiös-fitt- , nern geleifteten hat P. die zitierten oder auch bloß in
liehen Leben hinzukommt, wird im erften Kapitel regel- j Anfpielung verwerteten Bibelftellen aufgefucht; und feiten
mäßig von Johannes ausgegangen und nach ihm die fy- : ift ihm etwas derart entgangen. Rom. 7, 2f. cf. 333, 25,
noptifchen Stellen interpretiert. Zwar wird der Begriff ; Col. 1, 14 cf. 157, 7 und II. Cor. 5,10 (ftatt 6,10) S. 473,19
des Gottesreiches als Einheit von Religion und Sittlichkeit j wären etwa nachzutragen. Statt oder wenigftens neben
zu Grunde gelegt, aber nach Joh. 14, 12 und 4, 24 dar- | Luc. 6, 45 ift für S. 86, 2f. Mtth. 13, 52 zu nennen. Die
gelegt Das Gottesreich realifiert fich im inneren Leben, I S. 394, 16 gemeinte Threni-Stelle wird nicht 5, 17, fon-
Joh. 15, 1—6; daraufhin ift Matth. 10, 32 das Bekennen zu dem 1, 16 fein (vgl. S. 355, 25); und wie alle feine Vor-
Jefus die im Innern dauernd vollzogene freie Entfcheidung, i gänger hat auch P. nicht bemerkt, daß S. 157.12 in Thren.
und das Bekennen feitens Jefu die bloße Anerkennung j 3, 22—24 hineingefchoben der V. 1,22 auftritt. Das rätfel-
diefes Tatbeftandes. Das rechte Verftändnis wird ver- 1 hafte Zitat S. 507, 24 ift gewiß nicht bloß mit Prov. 12,20
mittelt auf Matth. 19, 23t: Lohn ift Zuwachs an religiöfem j zu identifizieren, Prov. 16, 8b/cheint mir näher zu liegen,
Gut und fittlicher Kraft und Hinaufheben zum .Maßftab ; der Urtext davon hat dem Überfetzer grob entftellt vorfür
andere': denn fo ift xqivsiv nach Joh 5 26f zu ver- gelegen. — Wichtiger noch ift, daß die beiden Zitate aus

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