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Ausgabe:

1914 Nr. 8

Spalte:

231-232

Autor/Hrsg.:

Schencke, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Die Chokma (Sophia) in der jüdischen Hypostasenspekulation. Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Ideen im Zeitalter des Hellenismus 1914

Rezensent:

Beer, Georg

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 8.

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gebung Mofes (Ex. 15,25 b, S. 146 f), von Weifungen, die wie von Manchen z. St. gelefen wird, Zeuge der göttlichen
Mofe und Jofua auf dem Berg empfangen (S. 173), end- j Weltfchöpfung war. Sch. will das fragliche Wort mit
lieh von einer Gefetzgebung Jofuas (Jof. 24,25) weiß, wird; .Affiftent, Amanuenfis' wiedergeben, was vieles für fich
hier auf einen leer gelaffenen Punkt hingewiefen oder I hat. Die Schwierigkeit, daß durch diefe Überfetzung der
fteckt das genannte Gefetz und Recht nicht doch im j Paralleismus mit üP1©y» und npntD'a zerftört erfcheint,
Bundesbuch, genauer in deffen alten Elementen? überwindet Sch. durch andere Versabteilung (Verbindung

Sehr fchön begründet Smend die Thefe, daß alle! von 30bc mit 31 ab) und durch die Überfetzung: ,Ich
drei Hauptquellen, übrigens auch das Bundesbuch, Ar- | ergötzte mich Tag für Tag, tanzte vor ihm alle Zeit,
beiten von Prieftern find, die fich im Gegenfatz zu dem j tanzte neben ihm (ibs» ift 121») und hatte mein Ergötzen
jerufalemifchen Heiligtum und den Aaroniden befinden; an den Menfchenkindern' (S. 22). 4. Es folgen dann Zitate

fie find ,Mofiden' und flehen als folche über der Enge
des judäifchen Stammespatriotismus, find auch unabhängig
gegenüber dem judäifchen Königtum. Sie vertreten nicht
die nationaliftifche Kultusreligion, fondern find Träger

aus flavifchem und äthiopifchem Henoch. 5. In Jef. Sir.
c. 24 wird wie im griechifchen Baruch 3,9 fr. die Weisheit
mit der Tora Mofis identifiziert. Aus der jüdifchen
Theologie ift diefes Dogma wahrfcheinlich auch in den

eines Jahweglaubens, an den die Propheten anknüpfen ; Qorän gedrungen (S. 34). 6. Befonders eingehend ift dann
konnten. Wenn die Hexateuchquellen fich in den ge- | die Chokma in der Sapientia Salomonis und bei Philo
fchichtlichen Büchern fortfetzen, fo fällt von da aus ein | behandelt (S. 39—73).

fcharfes Licht auf die Gefchichtsdarftellungen dort. An den exegetifchen fchließt fich der übliche hifto-

Der Frage der Gefchichtlichkeit der alten Überliefe- rifche Teil. Etwa im 5. vorchriftlichen Jahrhundert beginnt

rung fleht Smend mit allem Vorbehalt gegenüber. Daß
J1 aus alter Überlieferung fchöpft, wird wiederholt gezeigt
; daß das Herankommen an diefe nicht ohne weiteres
Herankommen an die gefchichtlichen Tatfachen ift,

die jüdifche Chokmafpekulation, die vielfach an ältere
Mythen, wie fie z. B. in Gen. 2/3 und Ez. 28 vorliegen,
anknüpft, aber des prophetifchen Einfchlages in die iffa-
elitifche Religionsgefchichte, der fich u. a. in der Unter -

verfteht fich von felbft. Ohne weiteres fällt in die Augen j Ordnung der Chokma unter Jahwe kundgibt, fich nicht

die fich ergebende Ausficht auf die Entftehung und Bil- I entfchlagen kann. Sch. faßt zunächft die Möglichkeit

dung der Religion Ifraels. Die Erreichung eines mofidi- einer innerjüdifchen Entwicklung des Hypoftafenproblems

fchen Prieftertums von der genannten Art ift viel wich-, ins Auge. Der Boden war die polytheiftifche Volksreligion

tiger als die Frage nach der Gefchichtlichkeit der Perfon des Judentums (S. 91) — das ift, je mehr wir die vor-

Mofes. ' chriftüche Zeit kennen lernen, eine fehr richtige Erkenntnis!

Smend bewegt fich in fortgefetzter Auseinander- Daneben ift Sch. einer Annahme fremder Einflüffe, ,und

fetzung mit Wellhaufen, aber in Weiterverfolgung des dann wohl in erfter Linie feitens des Parfismus' (S. 92)

von diefem gebahnten und gewiefenen Weges. Es ift
die befte Probe für die Richtigkeit der von Wellhaufen
gefchaffenen kritifchen Grundlagen, wenn deffen Arbeit,
die nie als Abfchluß gemeint war, eine folche Weiterführung
fordert und erträgt. Für Smends Buch, aber darf
man das Vorurteil haben, daß es zu den Meifterwerken
gehört, um die fich für geraume Zeit die Erörterung be-

nicht abgeneigt. Hier verallgemeinert Sch. m. E. zu fehr.
Er fcheint zu vergeffen, daß, wie er felbft S. 50fr. öfter
hervorhebt, bei Philo die griechifche Philofophie bei feinen
övvä[i£i<;, Xöyoq, und oo<p'ia Erörterungen Pate geftanden
hat. Wenn Ed. Schwartz Recht hätte, wäre Philos Lehre
freilich eine Konfequenz aus reinjüdifchen Prämiffenl
Das Verdienft der Schenckefchen Arbeit befteht ein-

wegt; es mag eine Bedeutung gewinnen, wie einft Well-| mal in der Vorführung des Stoffes — auch neuteftamentliche

haufens Kompofition des Hexateuchs.

Stuttgart. H. Holzinger.

Stellen wie Marc. 13,32, Luc. 7,35, 11,49, Kor. 2,6 ff.,
Phil. 2,6 (S. 74 ff) werden beleuchtet, — fodann in der
ganz richtigen Einficht, daß das Chokma- und Logos-

Schencke, Wilh.: Die Chokma (Sophia) in der jüdifchen Probflem de* Spätjudentums keine einheitliche Löfung
' . _~ } « ' " " ! empfangen kann: weder genügt der babylonifche, noch

Hypoftafenfpekulation. Em Beitrag zur Gefchichte der j der perfifche, oder der ägyptifche, oder griechifche Nothelfer
! Und fchließlich darf auch der innerjüdifche Nährboden
der ganzen Spekulation nicht überfehen werden.

religiöfen Ideen im Zeitalter des Plellenismus. (Viden-
skapsselskapets skrifter. II. Hift.-filos. Klaffe 1912;
Nr. 6.) (IV, 92 S.) Lex.-8°. Chriftiania, J. Dybwad
I9I3- M. 3 —

Heidelberg. Beer.

Aus Intereffe für die Vorgefchichte des neuteftament-: ihmels, Prof. D. Ludwig: Die Auferftehung Jefu Chriftl.

liehen Chriftusbildes unterfucht Schencke die Weisheits- | , erwejt. u, Verb Aufl. (IV, 44 S.) 8°. Leipzig, A.
figur in der jüdifchen Hypoftafenfpekulation. Objekte der | (, . ,

letzteren find, außer der ffan, Geilt Gottes, Namen ^eicneit 1913. rvi. 50

Jahwes, rwosj, Wort Gottes, Logos (S. 7); einige weitere Die Auferftehung Jefu ift nach I. eine gut bezeugte
werden S.' 86 Anm. 2 nachgeholt. Noch andere bekannte Tatfache. Das Neue Teftament kennt aber nur eine leibwerden
vermißt, wie z. B. Metatron, Merkaba, bat qol | liehe Auferftehung. Wer alfo trotz der guten Bezeugung
(cf. Weber, Jüdifche Theologie 21897 S. 177fr.). : fie beftreitet, tut dies nicht aus gefchichtlichen Gründen,

Zuerft wird das Quellenmaterial vorgeführt. Wichtigfte fondern weil er eine fupranaturale Weltanfchauung abstellen
aus dem A. T., in denen die Weisheit keine in- ' lehnt. — L geht nicht darauf ein, daß ein großer Unter-
härierende Eigenfchaft Gottes, fondern eine von ihm los- fchied befteht zwifchen dem älteften Bericht 1. Cor. 15,
gelöfte, irgendwie felbftändige Figur ift, find 1. Hi. 15, 7 f. 3—8, der nur von einem axp&r/ fpricht (Gal. 1,16: anoxa-
(vgl. dazu Ezech. 28, 1 ff.). Hier wird nach Sch. Hiob Xvrpai iv ifiof) und den fpäteren Berichten, die die Leiballerdings
nicht direkt mit der perfonifizierten Weisheit, lichkeit bis zum Effen, Trinken, Sich berühren laffen
wie vielfach angenommen, fondern vielmehr mit dem Ur- fteigern. Wenn auch Paulus eine Verklärung des irdifchen
menfehen verglichen. Indirekt fei aber der Text wichtig, Leibes zu himmlifcher Leiblichkeit wahrfcheinlich voraus-
da ja der präexiftente Menfch die als maffive Größe ge- fetzt, fo ift dies nur eine Schlußfolgerung; die Art der
dachte Weisheit an fich reißen konnte (S. 9). 2. Völlig ; Auferftehungserfcheinungen wird ficher von ihm weniger
objektiviert erfcheint die Weisheit in Hi. 28, einer jüngeren ! maffiv gedacht als in einigen fpäteren Erzählungen. Da-
Einlage der Dichtung. 3. Prov. 8,22 ff. foll nach Sch. mit aber gibt bereits das Neue Teftament felbft uns
gleichzeitig mit Hi. 28, alfo nicht die Vorlage für Hi. 15,7 f., j Fingerzeige zur hiftorifchen Kritik. Gegen die Vifions-
fein, wie viele annehmen. Wie Sch. ift auch mir plaufibel, hypothefe wendet I. ein: die fubjektive Vifionshypothefe
daß Prov. 8,30 dieWeisheit nicht bloß als'pttit .Hätfchelkind', j fcheitere daran, daß fie einen Glauben, wenn auch unter