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Ausgabe:

1914 Nr. 8

Spalte:

228

Autor/Hrsg.:

Apelt, Otto (Übers.)

Titel/Untertitel:

Platons Dialog Phaidon oder Über die Unsterblichkeit der Seele 1914

Rezensent:

Goedeckemeyer, Albert

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Theologifche Literaturzeitung 1914 Nr. 8.

228

fammenfaffung der neueften Refultate für die Herkunft
des Volkes, über die bei den Altern fehr unfichere und
auseinandergehende Anfchauungen beftanden. Daß das
Land Kaphtor, woher die Philifter nach dem Alten Te-
ftament flammten, mit dem Keftiu der Ägypter zu identifizieren
und entweder als Kreta felbft anzufehen ift oder
doch als eine Landfchaft, die unter dem Einfluß Kretas
ftand, darf als gefichert gelten (S. 10f.), ebenfo, daß der
Kopf mit Federfchmuck auf dem Diskus aus dem kre-
tifchen Phäftos denfelben Typus repräfentiert wie die
Darftellung der Philifter (.Purasati') bei den Ägyptern
(S. 83 f.). Über die Nationalität der Philifter ift damit zu-
nächft nur negativ eine Entfcheidung gebracht, daß fie
nämlich keine Semiten waren. Die Vermutung eines Zu-
fammenhangs mit den Etruskern (S. 13), für die doch
keine überzeugende Begründung gegeben wird, fteigert
fich dem Verf. faft zur Gewißheit (S. 88. 105).

Überhaupt muß durch das ganze Buch hindurch im
Auge behalten werden, was der Verf. zunächft lediglich
als Vermutung ausfpricht, um daran die Zuverläffigkeit
fpäterer daraus entwickelter Auslagen zu bemeffen. Es
ift möglich und nicht unwahrfcheinlich, daß die Zakkala,
die nach ägyptifcher Nachricht in Paläftina nördlich von
den Philiftern angefiedelt waren, mit ihnen in einem Zu-
fammenhang der Herkunft ftanden. Der Verf. aber behandelt
es wie etwas Feftftehendes. Zudem find feine
Belege für den Namen Zakkala zum Teil mehr als un-
ficher. Er foll enthalten fein in dem leicht aus dem Se-
mitifchen verftändlichen Namen eines alten Königs von
Byblos Zakar(f)-Baal, von dem der Verf. ohne Rückficht
auf das grammatifch Mögliche meint, daß er bedeuten
könne ,the lord of the Zakkala' (S. 36). Auch in dem
freilich nicht femitifchen Namen der philiftäifchen Stadt
Ziklag foll der der Zakkala vermutet werden dürfen
(S. 71), ohne Erklärung des g. Noch weniger überzeugend
ift auf einem andern Gebiet der Sifera des Deboraliedes
als Philifter nach einer Erklärung feines Namens als
einer Reduplikationsbildung von ser(en), der altteftament-
lichen Bezeichnung der Philifterfürften (S. 43).

Ähnlich gewagte Kombinationen finden fich für die
Gottesvorftellungen. Der Verf. verkennt felbftverftändlich
nicht, daß die Gottesnamen der Philifter femitifch find —
er hätte auf das Auffallende aufmerkfam machen follen,
daß hier fpezififch Aramäifches vorkommt, am deutlichften
in der Atargatis von Askalon, die wahrfcheinlich erft
fpäter an die Stelle einer urfprünglichen Aftarte getreten
ift (daß Atargatis in ,fidonifchen' Infchriften vorkäme S. 95,
ift mir nicht bekannt) —; aber der Verf. bemüht fich
vergebens, diefe Gottheiten als Semitifierungen nicht-
femitifcher Götter zu erklären. Befonders ift er beftrebt,
in wiederholten Anfätzen die Identität der Atargatis von
Askalon mit der kretifchen Göttin Britomartis wahrfcheinlich
zu machen, davon ausgehend, daß beide fich ins
Waffer ftürzen (S. göff.). Die Britomartis glaubt er auch
in dem (Baal-)Berit ,Bundesbaal' von Sichern (S. 123,1)
und in dem heutigen Scheich Muntar von Gaza = (Brito)-
martis (S. 107) vermuten zu dürfen. In der Tat enthalten
muntar und martis beide ein m, ein r und ein t! Der
Verf. überfieht für den Ausgangspunkt diefer fonderbaren
Indentifizierungen, den Sturz ins Waffer, daß diefer Zug
fowohl im Mythos der Britomartis als in dem der Atargatis
doch nur ein Verfuch der fpäten euemerifierenden
Auffaffungsweife ift, den Zufammenhang der Göttinnen
mit dem Waffer zu erklären, daß alfo höchftens der Gewährsmann
des Diodorus Siculus und des Xanthus (bei
Athenäus) für ihren Bericht über die Atargatis beeinflußt
fein könnte durch die Erzählung von der Britomartis.
Aber es handelt fich hier nicht einmal wie für die Britomartis
um das Meer fondern um einen See, und das hängt
damit zufammen, daß der fyrifchen Göttin Fifche heilig
waren. Sie waren es, weil die Göttin als die befruchtende
Kraft mit dem Waffer in Verbindung gebracht
wurde.

Ohne unfichere Kombinationen ift auf diefem Gebiet
kaum auszukommen; es ift aber zu bedauern, daß der

I Verf. auch auf unmögliche — von denen ich nur einige
Proben mitteile — nicht hat verzichten wollen. Die Wiffen-

! fchaft wird dadurch nicht bereichert und die nicht zur
Kontrole befähigten Lefer irre geleitet.

Mit Recht hebt der Verf. die Bedeutung des Diskus
von Phäftos mit feinen Hierolyphenbildern für die weitere
Forfchung nachdrücklich hervor und gibt dazu inftruktive
Abbildungen (S. 83 fr.). In der Einfehätzung der Bedeutung
der Philifter für die allgemeine Gefchichte ift er
wohl zu befcheiden, wenn er fie nach dem bisher Bekannten
darauf befchränkt, daß durch den Kampf mit den Philiftern
die ifraelitifche Nationalität erftarkte (S. 130). Die Städte
der philiftäifchen Külte haben noch in fpäten Zeiten in
der Gefchichte der Geifteskultur eine nicht unehrenvolle
Rolle gefpielt, die nicht außer Zufammenhang flehen kann
mit den Leiftungen ihrer älteften Bewohner. Für diefe Ausgänge
ift das Buch von Stark, Gaza und die philiftäifche
Külte 1852 in den Materien, die bis dahin bekannt waren,
noch immer nicht überholt. Ich habe es — und glaube
nichts überfehen zu haben — bei dem Verf., der fich doch
mehrfach mit feiner Darfteilung berührt, nirgends erwähnt
gefunden.

Berlin. Wolf Baudiffin.

Piatons Dialog Phaidon oder Über die Unfterblichkeit der
Seele. Überfetzt u. erläutert v. Dr. Otto Apelt. (Phi-
lofophifche Bibliothek, Bd. 147.) (155 S.) 8°. Leipzig,
F. Meiner 1913. M. 1.80; geb. M. 2.40

Das Werk befteht aus Einleitung, Überfetzung, Anmerkungen
und Regifter. Die Einleitung unterrichtet über
die Wirkung des Dialogs bis auf die Neuzeit hin, macht
auf das Bedenkliche der Platonifchen Beweife aufmerkfam
I und fucht zu erklären, wie es kommt, daß trotzdem der
Phaedo nicht aufgehört hat, ,die Geifter nicht nur zu feffeln
. . . ., fondern fie auch religiös zu erheben' (S. 4). Die
Ausführungen, die mir allerdings in mancher Hinficht nicht
minder zweifelhaft zu fein Rheinen wie die Argumentationen
Piatos, finden ihren Abfchluß in einigen Worten
über die Abfaffungszeit des Dialogs, den A. mit Recht
in die Reifezeit Platonifchen Philofophierens fetzt. Es
folgen Inhaltsangabe und Gliederung des Gefprächs, aus
der ich hervorhebe, daß A. nur zwei Beweife unterfcheidet,
fowie eine fehr ausführliche Literaturangabe. Die Überfetzung
felbft ift fehr gefchickt.

Hier und da wären vielleicht noch Heuerlingen möglich wie z. B.
im Anfang und am Ende des erften Kapitels. 58 B, 78 A und 84 A find
verfehentlich einige Worte ausgelafien. Die Stelle 71 A wird fich im
Hinblick auf 103 B noch präzifer überfetzen laffen. Die Wiedergabe von
I 76B halte ich wegen_ 70 B nicht für richtig. Ebenfowenig die Über-
| tragung von dftolax; elveu 77 A. Doch ändert das natürlich nichts an der
I Vorzüglichkeit des Ganzen.

Die Anmerkungen geben gute sachliche und textkritifche Erläuterungen
. Mit der Konjektur "AxQOnöq Tte(l) ftatt des überlieferten &tqk-
TCog ttf (66 B) kann ich mich allerdings nicht befreunden.

Königsberg. Goedeckemeyer.

| Smend, Prof. Rud.: Die Erzählung des Hexateuch, auf ihre
Quellen unterfucht. (361 S.) gr. 8°. Berlin, G. Reimer
1912. M. 10—

Ähnlich wie die ältere Urkundenhypothefe febien
! auch die neuere in eine Fragmentenhypothefe auslaufen
zu wollen, allerdings mit Beibehaltung von Schichten
einzelner Elemente. So gewiß eindringende Sachkritik
dazu geführt hat, fo gewiß ift es auch, daß eine befrie-
I digende literaturgefchichtliche Vorftellung dabei nicht
1 herauskam. Das wird deutlich an der Zuverfichtlichkeit,
mit der ein kritifches Wiederabtragen unternommen werden
konnte. Aus dem Unbehagen, das bei alledem ent-
! ftanden ift, will Smend durch feine neue literar-kri-
! tifche Unterfuchung herausführen. Und um es gleich zu