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Ausgabe:

1913 Nr. 3

Spalte:

81-82

Autor/Hrsg.:

Simons, Eduard (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Generalsynodalbuch. Die Akten der Generalsynoden von Jülich, Cleve, Berg und Mark 1610 - 1793 1913

Rezensent:

Cohrs, Ferdinand

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8i Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 3. 82

Generallynodalbuch. Die Akten der Generalfynoden v.
Jülich, Cleve, Berg u. Mark 1610—1793, in Gemein-
fchaft m.Pfr.F. Brauneck, Pfr. P. Bockmühl, W. Bösken,
Gymn.-Oberl. M. Goebel, Pfr. Dr. W. Hollweg, Pfr.
a. D. Lic. Dr. W. Reindell, Pfr. A. Zilleffen bearb. u.
hrsg. v. Prof. Dr. Ed. Simons. (VIII, 55 S.) gr. 8».
Neuwied, L. Heufer 1910. M. — 60

Nachdem in der ganzen evangelifchen Kirche die Erkenntnis
fich Bahn gebrochen hat, daß es gilt, die Gemeinden
zu ihrer Verwaltung und Belebung mittätig zu
machen und auf der ganzen Linie die Paftorenkirche zu
einer Gemeindekirche umzugeftalten, und nachdem man
zur fynodalen Geftaltung mehr und mehr Zuverficht gewinnt
, befinnen mit um fo größerer Freudigkeit die
Kirchengebiete, die von früh an fynodales Leben gekannt
haben, fich auf ihren Befitz und deffen Gefchichte.

Schon hat (Neuwied, Heuferfche Verlags-Druckerei
1909) Prof. D. Simons im Auftrag der rheinifchen Pro-
vinzialfvnode im ,Synodalbuch' die Akten der Synoden
und Ou'artierkonfiftorien in Jülich, Cleve und Berg 1570 bis
1610"herausgegeben (XVI, 838 S.), der Körperfchaften,
die Jahrzehntelang während des unentfchiedenen Schwankens
des weltlichen Regiments und während fchwerer
kirchlichen Krifen das Rückgrat und die Stütze der evangelifchen
Chriftenheit am Rhein gebildet haben. Das
300jährige Jubiläum des erften Zufammentritts einer
Generalfynode aus den rheinifchen evangelifchen Gebieten
(7.—10. September 1610 in Duisburg; vgl. die ausgezeichnete
.Feftfchrift' von P. Bockmühl, Paftor in Odenkirchen,
auch mit wertvollem Illuftrationsmaterial) ift dann der
Anlaß gewefen, mit der Herausgabe auch der Akten der
Generalfynoden zu beginnen.

Die Sammlung foll die fämtlichen Generalfynoden
umfaffen, deren letzte 1793 (abermals in Duisburg) ftatt-
fand; unter franzöfifcher Herrfchaft wird die fynodale
Verwaltung eine konfiftoriale, und am 19. Auguft 1835
trat dann die erfte rheinifche Provinzialfynode zufammen.
Das vorliegende erfte Heft bringt die Synoden von 1610
bis 1638. Nach dem außerordentlichen Konvent in Düren
(17. Auguft 1610), der die Zufammenberufung der erften
Generalfynode befchloß, und deffen Protokoll das vorliegende
Heft eröffnet, haben in diefem Zeitraum 6 Synoden,
davon in Duisburg 4 (1610, 1611, 1622 und 1633), eine
in Goch (1619) und eine in Wefel (1638) ftattgefunden.
Wie fie je nach Bedürfnis zufammengerufen worden find,
fo find auch ihre Protokolle von verfchiedenem Umfang
und verfchiedener Bedeutung. Auf der erften Synode
wird eine Synodalordnung befchloffen; die Stellung zum
Bekenntnis foll gewahrt werden, doch fo, daß ,diefe zwei
extrema vurall verhütet werden, nemblich licentia novi-
tatum und servitus conscientiarum'; die zweite Synode
ergänzt und befchäftigt fich noch friedlich mit Kirchenzucht
- und Ehefachen; auf der dritten aber macht fich
fchon das Drohen des Krieges bemerkbar, dazu tritt
fchärfer, als vorher, der Gegenfatz gegen die Lutheraner
hervor; und nun mehren fich die Drangfale des Krieges
von Jahr zu Jahr, aber wie mutig verfprechen doch 1622
Geiftliche und Gemeindevertreter Stand zu halten, auch
unter den Gefahren; diefe Zeugniffe, die fich immer wiederholen
, find mit das Erhebendfte, das uns die Protokolle
bieten; 1633 >ft die Synode ungenügend befchickt, und
die Entbliebenen werden trotz aller Gefahren vermahnt,
dich inskünftig dero von ihnen bei dem erften General-
fynodo befchehener Befprechung gemeeß zu halten'. Aber
IÖ38 merkt man doch die Ermattung und das Verlangen
nach einer ftarken Hand; man befchwert fich, .nachdem
die bapftliche Geiftliche fo frei und unverhindert reifen,
die evangelifchen Prediger aber oftmals von den Parteien
sehr ubel tractirt, in die Büfche und Wälde hinweg-
gefürt und gefchatzet werden, daß bishero kein gewiffe

Mittel beraemt, folchem Unwefen zu begegnen' und will
fich an den Landesherrn um Schutz wenden.

Die Ausgabe ift vortrefflich; das ,Generalaktenbuch',
das authentifche Protokollbuch der Synode, ift zugrunde
gelegt, andere wichtige Handfchriften find verglichen.
Gefpannt erwarten wir die Fortfetzung; hoffentlich führen
die Herausgeber ihre Abficht, die fpäteren Protokolle
,unter Befchränkung auf dasjenige, was für die Gefchichte
des chriftlichen und kirchlichen Lebens merkwürdig, oder
als Illuftration zu Fragen, die uns heute bewegen, geeignet
erfcheint', herauszugeben nicht aus und veröffentlichen
auch die fpäteren Protokolle unverkürzt. Nur fo
werden fie allen Zeiten dienen können, auch folchen, die
andere Fragen wieder bewegen, als uns heute.

Jefeld a. Harz. Ferdinand Cohrs.

Sulanke, Karl, u. Arth. Pokern, Pfarrer: Georg Weißel, e.
evangelifcher Sänger Altpreußens 1590—1635. Sein Leben
u. fein Lied. (Schriften der Synodalkommiffion f. oft-
preuß. Kirchengefchichte. 12. Heft.) (47 S.) gr. 8°.
Königsberg i. Pr., F. Beyer 1912. M. —80

Um das Studium der lokalen Kirchengefchichte zu
fördern, hat vor einigen Jahren die oftpreußifche Provinzialfynode
eine Kommiffion eingefetzt und in befcheidenem
Maße dotiert, welche fpeziell diefem Zwecke zu dienen
beftimmt ift. Bisher liegen zwölf Veröffentlichungen diefer
Kommiffion vor, die letzte von ihnen die obige. Da die
Kommiffion nicht in der Lage war, fyftematifch vorzugehen
und die Einzelarbeiten, welche getan werden mußten,
zu verteilen, fo ergibt fich in den bisherigen Publikationen,
wie fie ihr eingereicht und dann von ihr dargeboten
worden find, eine fehr bunte Reihe. Der litauifche Pfarrer
Dr. Gaigalat hat den Reigen eröffnet mit der Schrift:
,Die evangelifche Gemeinfchaftsbewegung unter den preu-
ßifchen Litauern' und damit, freilich fehr kurz und lokal
begrenzt, eine immerhin intereffante Erfcheinung der
neueren Entwickelung dargeftellt. Ihm folgte der jetzige
Konfiftorialrat D. Kaiweit in Danzig, auch ein Oftpreuße,
mit der Abhandlung ,Kant's Stellung zur Kirche'. Von
dem gegenwärtigen Leiter der Kommiffion, Domprediger
Nietzki in Königsberg, liegen drei Beiträge vor, von
denen das Lebensbild des Generalfuperintendenten Joh.
Jakob Quandt (1686—1772), zugleich ein Zeitbild aus der
Herrfchaft des Pietismus, auch Ungedrucktes gefchickt verwertet
. Auf eingehendften Studien beruhte Mo 1 daenke's
,Chriftian Dreier und der fynkretiftifche Streit im Herzogtum
Preußen', und Eisner's ,Der ermländifche Bifchof
Stanislaus Hofius als Polemiker' — beides Differtationen,
welche unter Beratung durch den Unterzeichneten behufs
Erlangung des Lizentiatengrades bei der theologifchen
Fakultät hergeftellt worden find. In das 19. Jahrhundert
führen uns daneben wieder der kleine Beitrag
von D. Johannes Bauer ,Des Staatsminifters Grafen A.
Dohna Stellung zu Union und Agende', fowie .Ludwig
Ernft von Borowski, Erzbifchof der ev. Kirche in Preußen'
von W. Wendland und der hier zum erftenmal aus den
lange fekret gehaltenen, jetzt freigegebenen Akten fehr
umfichtig zur Darfteilung gebrachte .Königsberger Religionsprozeß
gegen Ebel und Dieftel (Muckerprozeß), von
Pfarrer P. Konfchel.

So ift es denn gelungen, die Detailforfchung an nicht
wenigen auch allgemeiner intereffierenden Punkten zu
fördern und bisher Unbekanntes ans Licht zu ftellen. In
diefen Bereich entfällt auch die neuefte Veröffentlichung,
welche zwei oftpreußifche Pfarrer als gemeinfame Verfaffer
nennt. Unter den zahlreichen Liederdichtern Preußens,
wie fie durch einen Simon Dach, Valentin Thilo u. A.
vertreten find, ift auch Georg Weißel (f 1635) zu nennen,
der im Jahre 1623 an die eben fertig geftellte (Alt-) Roß-
gärter Kirche berufen wurde. Unter den Proben feiner
kirchlichen Lyrik, welche unfere Monographie mitteilt, ift