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Ausgabe:

1913 Nr. 26

Spalte:

810-811

Autor/Hrsg.:

Kurtscheid, Bertrand

Titel/Untertitel:

Das Beichtsiegel in seiner geschichtlichen Entwicklung dargestellt 1913

Rezensent:

Goltz, Eduard Alexander

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809 Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 26. 810

ift aber auch nicht ausgefchloffen, daß die gegenwärtige gefchrieben find. Andere Dichtungen größeren Umtanges
Überfchrift des 11. Buches fekundär ift und der in Frage haben zum Gegenftand Heiligenlegenden oder Märchen,
ftehende Paffus erft fpäter aus Epiphanius oder einer j wie die rührende Erzählung von dem Mönche Archellites
ahm. Vorlage aufgenommen ift. — Woher die zahlreichen j und feiner Mutter, die von Sehnfucht nach ihrem einzigen

fpäteren Zufätze zum urfprünglichen Theodor Bar Koni
ftammen, kann zur Stunde natürlich noch niemand fagen.
Aber an Winken fehlts auch hier nicht. Am Rande des
Cod. Sc findet fich (cfr. Scher pag. 6, Fußn. 9) die Bemerkung
: ja-la^Loo -K^aym Hier werden unverkennbar
zwei Quellen angegeben: 1. elöaymyai wie fie
etwa in Adrians slaaymy/j tlg rag &elag yQarpag ihr Vorbild
haben, 2. xav>/yoQiai, wie fie etwa in dem Definitionsbüchlein
des Mikhael Badhöqä eine Parallele finden (cfr.
meinen Artikel: ,Zur Gefchichte der Philofophie in der
neftorianifchen Kirche' in Orien.s Chriftianus 1911, S. 323
und A. Baumftarks Fußnote dazu, die bis auf die
llooXeyöutva ryg (pikooocpiag des Ammonius und fpez.
des Johannes Phüoponus zurückgreift). Ich vermute, daß
der ganze Paffus Scher pag. 6, Z. 25 — pag. 50, Z. 18
ein fpäterer Einfchub aus folchen üaaymyal und
xavTjyoQiai ift und darum dem Theodor Bar Koni ab-
gefprochen werden muß. Die Tatfache, daß diefer Paffus
Hl Or. qu. 1143 fehlt, fpricht fehr für meine Vermutung.

In Summa: Die Arbeit Sehers ift eine gute Wiedergabe
der handfehriftlichen Überlieferung, wie fie durch
die oben genannten drei im Orient befindlichen Codices
repräfentiert wird. Aber der echte Theodor Bar Koni
muß erft noch gefucht werden.
Berlin. Diettrich.

Junker, Herrn.: Koptifche Poelie des 10.Jahrhunderts. 2Tle.
(93 S. m. 2 Taf. u. 243 S.) Lex. 8°. Berlin, K. Curtius
1908-u. M. 27.50

Lebhaft bedauere ich, daß infolge eines Verfehens
meinerfeits die Anzeige diefes Werkes verfpätet erfcheint,
denn es handelt fich bei der vorliegenden Publikation um
eine Arbeit von bahnbrechender Bedeutung. Junker hat,
nachdem Erman in feinen Bruchftücken koptifcher Volksliteratur
(Abhandl. der Kgl. Preuß. Akademie der Wiffenfch.
1S971 zum erften Male die Aufmerkfamkeit der Gelehrten
auf diefe Literaturgattung gelenkt hatte und Spiegelberg
wie Möller neue wichtige Beiträge geliefert, das ganze

Sohne erfüllt ift, oder die Gefchichte von dem Kaifer
Theodofius und feinem früheren Arbeitskollegen Dionyfius,
der dann zum Bifchof von Konftantinopel ernannt wird.
Dazu die Märchen von Salomo und der Königin Saba
und anderes mehr. Junker vermutet, daß diefe Lieder
von öffentlichen Erzählern und profeffionellen Sängern
bei Feften und Verfammlungen vorgetragen find; man
könnte aber auch an Aufführungen nach Art von religiöfen
Volksdramen denken. Da es fich gewiffermaßen um un-
literarifche Texte handelt, ift die Sprache fehr korrumpiert,
und der Herausgeber hatte, zumal da der Text häufig
Lücken aufweift, mit Schwierigkeiten bei der Überfetzung
zu kämpfen. So konnten beim erften Anhieb Verfehen
nicht ausbleiben, und bereits v. Lemm hat in feinen Kop-
tifchen Miscellen XCVI eine Reihe Verbefferungen beigebracht
. Auch ich möchte am Schluß noch einige Verbefferungen
beifteuern.

S. 22,6 eq<V iin*.-T*.50>p*w THpor ,die er allen Bewohnern
gibt'. Steht im Texte Ti.9rM.0p*., muß man überfetzen
: ,die er allen Bewohnern meines Landes gibt'. —
S. 24, 5 uq^oo-yq e^Kouwiemi THpec ,und es der ganzen Welt
es verkünde'. In der Anm. bringt Junker soot mit dem
angeblichen ■soott egp*.i ,fingen' bei Peyron zufammen,
aber hier liegt das Wort •soot ,fchicken' vor, wie die
Parallele Z. 11 zeigt: nqMo-yujT c^kotmcuh THpec. — S.24,16 k
feinen Ring ft. einen Ring. — S. 28,21 ne.Teq[T*.£ic THpo-v)
.feine Heeresleute', beffer ,fein ganzes Gefolge'. — S. 32,20
ift a.-*.pxeVA.iTHc £hok eT*uicnq in der Überfetzung übergangen
. — S. 36,1 k-^iceTne; ift vielleicht zu lefen rqucc
eTne ,du erhebft dich zum Himmel'. — S. 38,7 TeKM*.*.t
Tec*qjep*.Tc epoK .deine Mutter ift's, die vor deiner Türe
fteht' und S. 40,8 cei.gepi.TOT epon ,fie (sc. Bruft) fteht vor
deiner Tür'; a.gepa.T= c. e heißt wie Pift. Soph. p. 17,4. 13
und p. 19,20 einfach .warten auf, erwarten', alfo .deine
Mutter wartet auf dich'.

Berlin. Carl Schmidt.

Kurtreheid, Lekt. P. D. Bertrand, O. F. M.: Das Beicht-
Hegel in feiner gefchichtlichen Entwicklung dargeftellt.

indenverfchnidenenBibhotheken (Freiburger theologifche Studien, 7. Heft.) (XVI,

11 »-»-» + 1 ii a« H An ^Fi 1 H111 m 11 n tArurr>rt»t'i In rin «-^K 4*-%A K«<- 0 0 ' '

umfafifenden Studium unterworfen. Dadurch find die bis- .
herigen Arbeiten bei weitem überholt worden. Bereits > 188 S> Biburg u B., Herder 1912. M. 4-

im Jahre 1908 erfchienen in einem 1. Teile die Vorunter- Das vorliegende Heft der Freiburger theologifchen

fuchungen, die, abgefehen von der Befprechung des hand- l Studien bringt uns eine fleißige und forgfältige Arbeit

fchriftlichen Materials und der fprachlichen Eigentümlich
keiten, die Melodienvermerke, den Strophenbau, Rythmus
und Wechfelgefang grundlegend darlegten. In dem vorliegenden
2. Teile läßt der Verf. die Texte nebft Überfetzung
folgen. Dem Inhalte nach handelt es fich um

über das Beichtfiegel, die um fo willkommener ift, als
über diefen Gegenftand neuere Arbeiten nicht exiftieren.
Die Studie Kurtfeheids ift überwiegend hiftorifcher Art und
zeigt uns die Behandlung des Beichtfiegels von den erften
Anfängen des .Beichtinftituts' bis zu den neueften kirch-

Lieder, die nach Junker am Anfang oder Mitte des 10.Jahrh. | liehen und rechtlichen Beftimmungen. Die ausführliche
entftanden find und die teils der kirchlichen Liturgie, teils Inhaltsüberficht, die vorangeftellt ift, erleichtert die Über-
der religiöfen Volkspoefie angehören. Wenn auch un- ! ficht. Die alphabetifch geordneten Quellen- und Literaturverkennbar
ein Einfluß der griechifchen Hymnendichtung j angaben weifen neben den bekannten auch entlegene
zu konftatieren ift, fo können doch alle diefe Lieder als I Quellen und Zeitfchriftenauffätze nach. Die katholifche
Originalprodukte koptifcher Dichter reklamiert werden, 1 Lehre, nach der Chriftus feiner Kirche nicht nur mit aus-
d. h. fie find von Anfang an in koptifcher Sprache ab- ! drücklichen Worten die Gewalt der Sündenvergebung
gefaßt gewefen. Ursprünglich in reinem oberägyptifchem [ übertragen, fondern auch feftgefetzt habe, daß die AusDialekte
gedichtet, find die Texte, da fie von ungebildeten I Übung diefer Gewalt in Form eines Urteilsfpruchs ftatt-
Abfchreibern tradiert wurden und im Volke umherliefen, : finden müffe, welcher naturgemäß die Kenntnisnahme
ftark vulgarifiert. Aber gerade deshalb find fie für den j und fomit für gewöhnlich ein Bekenntnis der Schuld vor-
Sprachforfcher von befonderem Intereffe, da wir hier die : ausfetze, ift dem Verfaffer unumftößliche Vorausfetzung
gefprochene Volksfprache kennen lernen. Den Stoff für ; feiner Arbeit. Aber es bleibt ihm nun doch Spielraum
die Lieder haben die Dichter größtenteils dem Alten und ! genug, um die weitere Ausgeftaltung des Beichtinftituts,
Neuen Teftamente entnommen. Wir haben alfo keine welche Chriftus feiner Kirche hinterlaffen habe, zu ftudieren
Profandichtung vor uns, fondern eine ausfchließlich religiös- J und die hierin eingetretenen Wandlungen in Einrichtungen
kirchliche Literatur, die wir uns in den Händen des j und Anfchauungen darzuftellen. Jedoch handelt die
fingenden Volkes zu denken haben, deshalb auch faft alle | Unterfuchung nicht von der Gefchichte des Beichtinftituts
lexte auf dem billigen Papier ftatt auf Pergament nieder- überhaupt, fondern fie befchränkt fich auf die Frage des