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Ausgabe:

1913 Nr. 25

Spalte:

783-784

Autor/Hrsg.:

Le Bachelet, Xavier-Marie

Titel/Untertitel:

Auctarium Bellarminianum 1913

Rezensent:

Benrath, Karl

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Seite 1

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783

Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 25.

784

art in Wegfall gekommen, aus der Wenck einen wefent-
lichen Grund gewonnen hatte für eine Beziehung der
längeren Rezenfion zum Deutfehorden. Die Autorfchaft
Ulrichs von Dürn wird dadurch doch etwas mehr in
Frage geftellt, wenn auch noch lange nicht ausgefchloffen.
H. neigt dazu, den Bearbeiter in Nordfrankreich zu fuchen,
allein diefe Vermutung fcheint ihm felbft nicht hinreichend
begründet, um fie mit Energie zu vertreten.

Berlin-Steglitz. Gerhard Bonwetfch.

Le Bachelet, Prof. Xavier-Marie, S. J.: AuctErium Bellar-

minianum. Supplement aux Oeuvres du Cardinal

Bellarmin. (XXIV, 726 S.) 40. Paris, G. Beauchesne

1913. fr. 25 —

Von den Ausgaben der Opera Bellarmins find zwei
beachtenswert: die noch zu feinen Lebzeiten und unter
feiner Zuftimmung erfchienene Koelner (1617—20) in
heben Foliobänden, fowie die Parifer (1870—76) in zwölf
Quartbänden pluribus scriptis tum additis tum correctis.
Der Orden hat nun abermals ,plura' beifügen laffen in dem
obigen durch den Profeffor am Jefuitencolleg zu Ore
(Hartings) P. Xaver-Marie Le Bachelet mit genauefter
Sachkenntnis und größter Sorgfalt zufammengeftellten
Ergänzungsband. Von den drei Gruppen, unter welche
der Stoff entfällt, bietet die erfte 15 bisher meift unbekannte
Abhandlungen zu der Frage De auxiliis, alfo über
die Molina'fche Controverfe, und dazu einen Bericht von
anderer Hand, wonach von Bellarmin auf dem Totenbette
vor Zeugen die Behauptung eines Dominikaners, er habe
feine Anficht über die Wirkung der Gnade geändert, zu-
rückgewiefen worden fei. Die zweite Gruppe (Ouvrages
divers) enthält u. a. den erften Abdruck einer Streitfchrift
gegen König Jakob's I. von England Ba.aO.ix.hv Aöjqov.
Von diefem waren zwifchen 1599 und 1604 mehrere Formen
gedruckt worden: die erfte und zweite in Edinburgh in
englifcher, die dritte 1603 in Paris auf Befehl des Königs
in franzöfifcher und die vierte in London und eine fünfte
in Hanau in lateinifcher Sprache. Während die erfte und
vierte abfichtlich Anlaß nehmen, mehrfach zu betonen,
daß der König ,kein Papift' fei, läßt die dritte alle diefe
Stellen weg und zeigt überhaupt eine Redaktion in papft-
freundlichem Sinne. Diefe Ausgabe hatte der päpftüche
Nuntius aus Paris nach Rom gefchickt und fo den poli-
tifchen Kniff des Königs, der es für gut hielt, fich damals
romfreundlich zu zeigen, unterftützt. Der Drucker diefer
zugeftutzten Ausgabe behauptete noch in deren 2. und
3. Abdruck — und mit Recht —, er habe für feine Uber-
fetzung die Billigung des Königs erhalten.

Als nun die vierte Form unter Wiederherftellung der
urfprünglichen antipäpftlichen Färbung erfchien, griff Bellarmin
diefe an. Es exiftieren mehrere Abfchriften der von
ihm als 'leQazixov Acöqov betitelten Gegenfchrift, und in
der einen diefer find Zufätze von feiner Hand, auch zum
Schluß eine Beziehung auf die Pulververfchwörung (1605),
aus der man den terminus a quo für die Niederfchrift erkennt
. In 23 Kapiteln wird mit dem königlichen Autor
abgerechnet. Entfprechend dem erklärenden Nebentitel
,Modesta et fidelis admonitio Roberti B... ad Jacobum ...
regem' erfolgt dies in maßvoller Form, ja eine Schmeichelei
betreffs der Bildung, Weisheit und Beredfamkeit des
Königs verfagt B. fich nicht im Eingange. Aber einige
,naevi' will er befeitigen — und da ift der erfte jener
Titel .Defensor fidei', den einft Heinrich VIII. von Leo X.
erhalten hatte und den Jacob I. nun als Erbftück mit auf
den Titel des BaoOixov Acöqov gefetzt hatte. Diefen Titel
dürfe doch nur derjenige führen, welcher den Papft, der
ihn verlieh, als Chrifti Stellvertreter anerkenne (Kap. I).
Wenn Jacob feinen Sohn ermahne, keine Verkleinerung
feiner Vorfahren zu dulden, fo handle er felber dagegen,
weil er ihre (die katholifche) Religion mißachte (Kap. II);
jedenfalls aber fei Einfprache gegen die der Königin
Elifabeth erteilten Lobfprüche zu erheben (Kap. III). Es

j folgt Kap. IVff. eine lange Reihe von dogmatifchen
! Fragen und folchen, welche die Stellung weltlicher Herren
j zu den Prieftern und die der römifchen Kirche überhaupt
betreffen. In diefe Reihe tritt dann plötzlich ein Kapitel
(XXII) De ludo alearum, welches B. in der letzten Bearbeitung
wieder getilgt hat. Er will damit dem Könige
felbft am Zeuge flicken, der als Liebhaber des Würfel-
fpiels bekannt war, und fährt fchweres Gefchütz aus den
Kirchenvätern auf — daß der König feinen Sohn vor
folchem Spiel hier warnt, läßt B. außer Betracht (quam-
vis modeste, tarnen patrocinium aliquod ejusmodi ludi
suseipere videris). Zum Schluß dann die Mahnung an
Jakob I: Kehre um auf den Weg deiner Vorfahren, lies
des Baronius Annalen oder die Heiligenleben des Surius,
die werden dir den rechten Weg weifen.

Die Schrift des Königs kam 1609 auf den Index; in
der Zwifchenzeit war die Frage über den Treueid bren-
[ nend geworden — inbezug auf fie hat B. das Wort zu
fo fcharfer Gegenftellung ergriffen, daß man verfteht, wes-
I halb er fein Acöqov, das ja in ganz anderer Tonart
j gehalten war, ungedruckt ließ.

In dem Auctarium findet fich noch eine Fülle von
! mehr oder weniger belangreichen Abhandlungen über die
| verfchiedenften Materien. Sehr inftruktiv ift auch die
1 Einleitung über die Fundorte der hier zum erftenmal gebotenen
Stücke.

Königsberg. Benrath.

Glawe, Priv.-Doz. Lic. Dr. Waith.: Die Hellenilierung des
Chriftentums in der Geichichte der Theologie von Luther
bis auf die Gegenwart. (Neue Studien zur Gefchichte
der Theologie u. der Kirche. 15. Stück.) (XII, 340 S.)
gr. 8°. Berlin, Trowitzfch & Sohn 1912. M. 10 —

— Die Beziehung des Chriftentums zum griechilchen Heidentum
. Im Urteil der Vergangenheit und Gegenwart.
(Biblifche Zeit- und Streitfragen, VIII. Serie, 8. Heft.)
2. Tauf. (44 S.) 8". Berlin-Lichterfelde, E. Runge 1913.

M. —60

Zwei Schriften desfelben Verfaffers über denfelben
Gegenftand! Die frühere ift fehr eingehend und mit dem
vollen wiffenfehaftlichen Apparat verfehen. In der fpäteren
fehlt diefer, und im übrigen ift fie wefentlich ein popu-
larifierter Auszug aus der erften, in dem zugleich die
apologetifchen Intereffen des Verf. ftärker hervortreten.
Die erfte Anregung zu diefer Arbeit hat der Verf., wie er
im Vorwort dankbar hervorhebt, von R. Seeberg erhalten,
dem sein Buch denn auch gewidmet ift. Das Thema, das
der Verf. mit anerkennenswertem Fleiß und mit liebevoller
Hingebung behandelt hat, verdiente in der Tat

I eine genauere Unterfuchung. Nur freilich hätte die Dar-
ftellung von deren Ergebniffen fehr viel weniger breit und
umftändlich ausfallen dürfen. Eine Vorarbeit aus dem

I fonft feit länger als einem Jahrhundert fo gut wie ignorierten

j Forfchungsgebiet des Verf. lag bereits vor in der umfangreichen
Abhandlung von Heinrich von Stein: der Streit
über dem angeblichen Piatonismus der Kirchenväter
(Zeitfchr. f. d. hift. Theol. 1861, S. 319—418). Mag diefe
Arbeit aber auch teilweife dem Verf. den von ihm betretenen
Weg gewiefen haben, fo bedurfte fie doch nach

j verfchiedenen Seiten hin einer Ergänzung, fowie fie der

I Verf. nun zu geben unternommen hat.

In dem Titel des größeren liuehes wäre es zutreffender gewefen
wenn der Verf. ftatt Luther Erasmus genannt hätte. Denn mit diefem'
und nicht mit jenem fetzen feine Unterfuchungen ein. Und von Luther
liegen überhaupt nur recht fpärliche, das Thema felbft noch gar nicht
eigentlich berührende und wohl deshalb von dem Verf. auch gar nicht
gefammelte Äußerungen über gewiffe Mängel in der Theologie der Kirchenväter
vor. Was dann Melanchthon zur Sache beiträgt, hat der Verf.
wohl in der Hauptfache ermittelt. Dagegen hat er feine Forfchungen
nicht auch auf die Schriften der alten lutherifchen Orthodoxen ausgedehnt.
Zwar fcheint es auch mir fo, als ob eine folche Unterfuchung nicht gerade
befonders ergiebig ausgefallen wäre. Immerhin findet fich, foweit ich im