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Ausgabe:

1913 Nr. 25

Spalte:

776

Autor/Hrsg.:

Resch, Alfred

Titel/Untertitel:

Das Galiläa bei Jerusalem 1913

Rezensent:

Benzinger, J.

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775

Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 25.

776

verftändlich erfcheinen, wenn St. behauptet, daß die
Nachricht 2 Reg. 18,4a ohne Grund beanftandet werde.
Und was will angefichts unferer völlig ungenügenden
Kenntnis der Zeitgefchichte unter Jona die Behauptung
fagen, daß die Anfetzung des Dt. unter Jona fchon daran
fcheitere, daß diefe Hypothefe nicht erklären könne, warum
die Reformpartei bis in das 18. Jahr des Jona gewartet
habe? Überhaupt fcheint es mir, als ob ein gewiffer kon-
fervativer Zug fich mehr, als erlaubt ift, geltend mache:
jeder Verftändige wird fich ja über den nur bedingten
Wert des Analogiefchluffes klar fein, aber ebenfo fehr
darüber, daß ohne ihn auf dem Boden der hiftorifchen
Arbeit nicht vorwärts zu kommen ift. A priori wird fich
die Möglichkeit niemals beftreiten laffen, daß auch ein
Prophet wiejefaja fich die Weisfagung eines Vorgängers
wörtlich aneignen und fie durch einen Zufatz als auch
für feine Gegenwart bedeutungsvoll in die Erinnerung
zurückrufen konnte. Wer fich aber die Eigenart des
Jefaja vergegenwärtigt, wird doch zugeben müffen, daß
recht wenig Wahrfcheinlichkeit dafür befteht, daßjef. 16, 13.
14 dem Jefaja auf die Rechnung zu fetzen ift.

Ref. würde der Bedeutung der Arbeit St.'s aber nicht
gerecht werden, wenn er nicht fchließlich noch darauf
hinwiefe, daß es fich hier nicht nur um eine zuverläffige
und gründliche Einführung in den augenblicklichen Stand
unferer Wiffenfchaft handelt, fondern daß auch in nicht
wenig Fällen eine wirkliche Förderung der Probleme vorliegt
. Ich greife nur Einzelnes heraus. Nicht geringe
Schwierigkeiten bergen die drei erften Kapp, des Hofea in
fich, namentlich was das Verhältnis von Kap. 1 zu Kap. 3
betrifft. Marti glaubte ihrer dadurch Herr zu werden,
daß er Kap. 3 überhaupt dem Propheten abfprach und
als einen fpäteren Zufatz anfah, wobei freilich die Tatfache
unerklärt blieb, daß gerade in diefem dritten Kap.
durchweg die erfte Perfon gebraucht ift, was fonft nirgend
in folchen fpäter eingefügten Stücken gefchieht. St. fetzt
hier ein und fieht umgekehrt gerade dies dritte Kap. als
das urfprüngliche an, während er c. 1 der Hand eines
Prophetenfchülers zufchreibt, verfaßt zu dem Zweck, die
in c. 2 vorliegenden Andeutungen durch die in c. 1
gegebenen Familiennachrichten verftändlicher zu machen.
Ebenfo macht er ftärkeren Gebrauch von der nicht mehr
zu beftreitenden Tatfache, daß die uns überkommenen
Prophetenfchriften auf die Hand Späterer zurückgehende
Sammlungen von Reden bzw. Redetrümmern find, daß
demnach die lediglich wegen mangelnden Zufammen-
hanges erfolgte Erklärung der Unechtheit von Stücken
abzuweifen ift, was namentlich für den zweiten Teil von
Hof. 2 von Bedeutung ift, aber auch für c. 11 gilt. Ich
erinnere ferner an St.'s Einleitung zu Ezechiel. Durch J.
Herrmann'sEzechielftudien war das Ezechielproblem wieder
in Fluß gekommen. St. verwertet die von Herrmann
ficher geftellten Refultate, verfucht aber eine Weiterbildung
dadurch, daß er Herrmann gegenüber den von
Kraetzfchmar vertretenen, aber über Gebühr verwerteten
Gedanken, daß unfer Ezechieltext dadurch zu Stande gekommen
ift, daß Parallelberichte ineinander gearbeitet
find, wieder zur Geltung bringt: fo betont St., daß Ez.
39,1—8 eine Parallele, nicht aber Fortfetzung von c. 38
ift, ebenfo fieht er mit Kraetzfchmar 39,9—16 und 17—20
als zwei Rezenfionen an, von denen jene c. 38, diefe dagegen
c. 39,1—8 fortfetzte, während er 39,23 fr., eine
Parallele zu 36, 16ff., als Anhang betrachtet, der feine
Stellung der Ideenaffoziation verdankt. Ich verweife endlich
auf St.'s Ausführungen zu Koheleth und zu Hiob. Dort
wird in fehr befonnener Weife die Frage der Einheitlichkeit
des Buches geprüft: St. zeigt im Unterfchied von Hyper-
kritikern wie Siegfried u. a., wie im Gegenfatz zur traditionellen
Auffaffung der Verfuch Siegfrieds fcheitern
mußte, weil die Vorausfetzung einer völlig einheitlichen
WeltanfchauungKoheleths eine unberechtigte war, vielmehr
legt er dar, wie die Lebensanfchauung eine widerfpruchs-
volle war und in gewiffem Sinne fein mußte, wie aber

gleichwohl eine Bearbeitung des Buchs nicht zu beftreiten
ift, er rechnet dahin 2,26ab« 3,17. 5,19. 7,18b. 25b. 29.
8,11—13. 11,9b. 12,13. T4- In der Einleitung zum Hiob
fucht St. darzutun, daß es fich nicht fowohl um das
theoretifche Problem, wie das Leiden eines Frommen
aufzufaffen fei, handele, als vielmehr um die praktifche
Frage, wie ein Frommer fich zu verhalten habe, wenn
Leiden über ihn hereinbrechen: foll der Fromme, wenn
er leidet, dem Vergeltungsdogma zu Liebe, aber im
Widerfpruch mit feinem guten Gewiffen, die Schuld in fich
fuchen, feine Unfchuld und damit feine Ehre dem Dogma
opfern? Hiob verneint diefe Frage und fordert, daß der
Fromme auf eine Beurteilung Gottes verzichte, deffen
Tunfo viel Unbegreifliches bietet, er halte an dem Glauben
an feine Unfchuld feft und fei überzeugt, daß Gott fie
nicht unbezeugt laffen wird, felbft wenn fie erft nach dem
Tode ans Licht kommt; mag Gott das äußere Glück und
das Leben vernichten, fo ift er doch nicht ein Feind des
Menfchen, fondern ein Anwalt des Guten; kurz, glaubensvolle
und demütige Unterwerfung unter das, was Gott
nach feiner hohen Weisheit für richtig hält, das ift das,
was von dem Frommen zu fordern ift. Von hier aus muß
St. natürlich auch, ganz abgefehen von andern Gründen,
Stellung gegen die Elihu-Reden als integrierenden Be-
ftandteil des Buches nehmen. Außer dielen fcheidet St.
wefentlich nur c. 28 als mit dem Ganzen unvereinbar aus.
Ich könnte noch mancherlei beibringen zur Illuftration
meines Urteils: was ich gefagt, wird zum Beweis der
Behauptung genügen, daß wir in St.'s Einleitung ein nach
Form wie Inhalt treffliches Buch bekommen haben, das
dem, der fich eingehender mit den Problemen befchäftigen
will, ein ausgezeichnetes Hilfsmittel fein wird.

Straßburg i/E. W. Nowack.

Reich, Kirchenr. D. Alfred: Das Galiläa bei Jerufalem.

Eine bibl. Studie. Ein Beitrag zur Paläftinakunde.
(Aus: ,Theol. Zeitbl. im Dienfte der luth.Kirche'.) (55 S.
m. l Kartenfkizze.) 8°. Leipzig, J. C. Hinrichs 1910.

M. 1.30

— Der Auferftandene in Galiläa bei Jerufalem. Ein Beitrag
zum topographifch-pragmat Verftändnis der Aufer-
ftehungsgefchichte. (40 S.) 8°. Gütersloh, C. Bertelsmann
(1912). M. 1 —

Daß Geliloth-Gilgal Bezeichnung einer Örtlichkeit nahe
bei Tal' at ed-Damm (halbwegs zwifchen Jerufalem und
Jericho) ift, ift anerkannt. Ezech. 47,8 Gelila ha-Kadmona
kann fich darauf beziehen. Aber daraus folgt nicht, wie
Refch will, daß diefes .öftliche Galiläa' die Gebirgsland-
fchaft öftlich von Jerufalem ,mit Einfchluß des Ölbergs'umfaßt
. Die Acta Pilati bleiben alfo der einzige Zeuge für eine
,Landfchaft Galiläa' im Süden, zu welcher der Ölberg
gehörte, und auch fie reden davon nur im Zufammen-
hang der Auferftehungsgefchichte, ganz deutlich dazu
veranlaßt durch Matth. 28, IO, i6ff, das fie auf den Ölberg
beziehen, weil dort nach Lukas die Erfcheinungen
stattfanden. Neue Beweife für die zuletzt von Hofmann
verfochtene Theorie hat alfo Refch nicht beigebracht.

Toronto (Canada). J. Benzinger.

Wehnert, Dr. Bruno: Jetu Diesfeitsreligion. (III, 207 S.)
gr. 8». Groß-Salze, E. Strien Nachf. 1911. M. 4.25;

geb. M. 5 —

Der Verf. hat 1909 bei Ruhfus in Dortmund ein
Buch erfcheinen laffen Jefus als Symboliker'. Von der
Grundthefe diefes Buches nimmt er auch diesmal feinen
Ausgang. Es handelt fich um eine formgefchichtliche
Unterfuchung der Sprüche Jefu, die alle diejenigen Worte
ins Auge faßt, in denen Jefus in zugefpitzten und daher
nicht wörtlich auszulegenden Sätzen redet. Wehnert