Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1913 Nr. 25

Spalte:

773-776

Autor/Hrsg.:

Steuernagel, Carl

Titel/Untertitel:

Lehrbuch der Einleitung in das Alte Testament 1913

Rezensent:

Nowack, Wilhelm

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

773

Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 25.

774

grund wählen mit Berufung auf Hof. 12, I2ff. Daß aber; waren, fich vergegenwärtigt, wird dem Verf. die An
die Abtretung Gileads im Jahre 734 durch die Affyrer erkennung nicht verfagen können, daß er mit bewunderns-

Hof. 12, 12 vorausgesetzt fei, will nicht einleuchten. Daß
Tirhaqa, wie L. S. 114fr. ausführt, als er mit Sanherib
Jef. 37,9 im Jahre 701 zufammenftieß, nur der Feldherr
feines Oheims, des Pharao Schabaka war und nur irrtümlicherweife
von dem biblifchen Erzähler den Titel,König von
Kufch' erhält, was Tirh. erft feit 689 war, ift mir durch
die Lektüre von Breast eds Records längft auch gewiß, vgl.
jetzt auch Breasted-Ranke, Gefch. Ägyptens2 1911
S. 405. Hinfichtlich Jefajas Stellung zu Affur vertritt L.
die landläufigen, m. E. aber nicht richtigen Anflehten.
Recht fchief ift das Urteil L.'s über das Deuteronomium
S. 138: ,Mit dem Deuteronomium war nun das erreicht,
was die Propheten feit langem erftrebt und gepredigt
hatten: die reine Verehrung des einen Jahwe' — foll
wirklich der ganze Opferkram des Deuteronomiums nach
dem Herzen der Arnos, Hofea und Jefaja gewefen fein?!
Kap. 9—11 betreffen die perfifche, griechifche und römifche
Zeit Ift Esra 4, 17—22 irgendwie hiftorifch, fo wird man
am richtigften mit L. S. UOf. die Urkunde in die Zeit
kurz vor 445 anfetzen als Grundlage für die Klagen
Nehemias Neh. I, 3. Natürlich werden auch die wichtigen
Elefantinepapyri mit in die Diskuffion hereingezogen.
Kap. XII eine kulturgefchichtliche Rückfchau und Nach-
lefe von Hammurabi bis Jefus ift mehr eine Sammlung

wertem Fleiß und Hingebung gearbeitet hat. Sollte der
Umfang des Werkes nicht zu ftark anfchwellen, fo konnte
natürlich keine Rede davon fein, die gefamte Literatur
der letzten Jahrzehnte zu verwerten, auch war das um deswillen
nicht angezeigt, weil es fchwer möglich gewefen wäre,
angefichts einer folchen Fülle des Stoffs ein wirklich
brauchbares Lehrbuch zu fchaffen, aber es war zu fordern,
daß keine der Publikationen, die für die Weiterentwick ung
der Probleme irgendwie von Bedeutung waren, unbe-
rückfichtigt blieb. Diefe Forderung hat St. durchaus
erfüllt: es wird kaum irgendeine in das Gebiet der Atl.
Einleitung fallende Frage geben, über die nicht das
Werk orientiert. Ein weiterer Vorzug des Buches ift die
von St. gewählte Darfteilung. In neuerer Zeit ift mehrfach
die Forderung erhoben, daß an Stelle der bisher
üblichen monographifchen Einzelunterfuchungen eine
wirkliche Literaturgefchichte des altteftamentlichen Schrifttums
zu treten habe, in der jede Schrift in ihrem organifchen
Zufammenhang mit der Entwicklung des geiftigen und
politifchen Lebens Israels und des Judentums erfcheint,
und durch die zugleich der Entwicklungsgang der altteftamentlichen
Literatur deutlich zur Darftellung gebracht
wird. Bei aller Anerkennung der Vorzüge, die mit einer
folchen Literaturgefchichte verbunden find, hat St. fich

von geiftreichen Gedanken und einzelnen Auffätzen über j doch mit Recht für die ältere Form der monographifchen
das Thema: Babylonien und Paläftina; allerdings ift auch Einzelunterfuchungen ohne Rückficht auf diechronologifche
Ägypten darüber nicht vergeffen. Man würde das Ganze , Reihenfolge entfehieden: eine erfolgreiche Einführung in
lieber im Zufammenhang der vorausgehenden Kapitel j die vorliegenden Probleme ift, wie Ref. fich öfter überbehandelt
fehen. Daß L. als Hiftoriker auch ein Wort j zeugt hat, nur auf diefem Wege möglich, wer ihn be-
über die Gefchichtlichkeit Jefu mitredet, zu der er fich fchritten und bis zu Ende gegangen ift, der mag dann

erfreulicherweife im vollften Sinn des Wortes bekennt,
foll ihm unbenommen fein: nur durfte man von ihm als
Hiftoriker verlangen, daß er dann über gründlichere und
tiefere neuteftamentliche Quellenftudien verfügte.

Bietet das Buch von L. dem F"achgenoffen recht viel
bekanntes Altes und fleht es nicht überall auf der Höhe
der modernen Forfchung und würde man hinfichtlich des
biblifchen Stoffes eine größere Vertiefung des Verf.s in
die Quellen wünfehen, fo hat doch das Buch als Ganzes
noch keinen Seitengänger, der fo die Gefchichte Iffaels

getroft zu einer altteft. Literaturgefchichte greifen. Was
die Darfteilung der einzelnen Probleme angeht, fo zeigt
fich überall der pädagogifch gefchulte Gelehrte, der in
ficherem methodifchen Gang die einzelnen Probleme
vorzuführen und die einzelnen Fragen, von denen ihre
Löfung bedingt ift, aufzuzeigen verlieht. Als ein Mufter
methodifcher Darftellung weife ich z. B. auf St's Einleitung
in den Pentateuch: er beginnt mit der Quellenanalyfe,
fchreitet von da über das Deut, zur jehoviftifchen Erzählung
fort, um mit der priefterlichen Grundfchrift und

von Anfang bis Ende anschaulich in die Gefamtgefchichte | der Redaktion des Pentateuchs zu endigen. Wie hier, fo
des Orients hineinftellt. In diefer Hinficht mag das Buch j tritt auch fonft deutlich das Beftreben hervor, feine Lefer
Laien und Studenten gute Dienfte leiften und ihnen einen klar darüber zu orientieren, was mit einer gewiffen Sicher-
Begriff davon geben, daß die Gefchichte Iffaels ein Stück j heit oder Wahrfcheinlichkeit gefagt werden kann, und
natürlicher Gefchichte des orientalifchen Altertums ift, ■ von hier aus ein Urteil über andere literarifche Er-

über die fie freilich in ihren Höhenlagen herausragt. —
Den gleichen Stoff, teils wörtlich, teils verkürzt und
ohne die Literaturangaben und Anmerkungen, hat Lehmann
gleichzeitig zur Herftellung von drei angenehm
lesbaren religionsgefchichtlichen Volksbüchern verwendet.
Davon entfprechen das erfte und zweite Heft den
Kapiteln 1—8 des größeren Werkes und das dritte Heft
ift ein Auszug aus den Kapiteln 9 (nicht 8, wie S. 2 fleht)

fcheinungen zu gewinnen, denen fichere Anzeichen ihrer
Entflehung fehlen, ich verweife in diefer Beziehung auch
auf die Quellenunterfuchung über Samuel. Es ift kein
Fehler, namentlich bei einem Lehrbuch, daß St. nicht
feiten zu dem Schluß gelangt, daß mit den uns im Augenblick
zu Gebote ftehenden Mitteln ein ficheres Urteil nicht
abzugeben ift. Uberhaupt muß die große Vorficht feines
Urteils rühmend hervorgehoben werden: überall fucht er

_ 11 Es :ft a]f0 das 12. Kapitel mit dem Glaubens- die Tragfähigkeit eines Fundamentes feftzuftellen, ehe er

bekenntnis Lehmanns weggeblieben. darauf ein Gebäude errichtet. Auch an feinen eigenen

Heidelberg Georg Beer. früheren Arbeiten übt er von diefem Gefichtspunkt aus

gerechte Kritik. Ich verweife z. B. auf feine ehedem ver-

Steuernagel, Prof. Dr. theol. Carl: Lehrbuch der Einleitung tretene Anfchauung über die Zeit der mit D2b bezeich-
in das Alte Teftament. Mit e. Anh. üb. die Apokryphen neten Ausgabe des Deut: fetzte er fie früher in die Zeit
u PfeudepDraphen (Sammlung theologifcher Lehr-' des Manaffe von der Anficht aus, daß E alsbald nach
buchet «VI 869 S.) Lex. 80. Tübingen, J. C. B. der Zufammenarbeitung mit J als Sonderquelle nicht mehr
Ducüer.) LA vi, ouy ; ,j m Betracht kommen könne, fo gibt er jetzt diefe BeMohr
1912. »7 > SeD- m> 20 — gründung als fehlerhaft preis und fetzt diefe Ausgabe in
Als letztes der für Siebeck's .Sammlung der theo- die Zeit um 607. Nicht jeder wird freilich die von] St. bei-
logifchen Lehrbücher' beftimmten Werke erfchien im ver- gebrachten Gründe in gleicher Weife werten. Ref. muß z.B.
gangenen Jahr diefe Einleitung. Nachdem der urfprüng- ( die für die Abfaffung des Dt. unter Manaffe als ungenügend
lieh in Ausficht Genommene den ihm gewordenen Auftrag anfehen: die vieldeutige Bemerkung, daß Hilkia das Gefetz
zurückgegeben, übernahm Steuernagel im Jahre 1900 den- unter Jofia ,im Tempel gefunden' habe, befagt ebenfo
felben. Wer den ungeheueren Stoff, der zu bewältigen wenig wie die Behauptung, daß Manaffe eine Reaktion
war, und die Schwierigkeit der Probleme, von denen nicht gegen die durch Hiskia vollzogene Zentralifation des
wenige im letzten Jahrzehnt von Neuem in Fluß gekommen Kultus hervorgerufen habe, und es will mir nicht recht