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Ausgabe:

1913 Nr. 25

Spalte:

772-773

Autor/Hrsg.:

Lehmann-Haupt, C. F.

Titel/Untertitel:

Israel. Seine Entwicklung im Rahmen der Weltgeschichte 1913

Rezensent:

Beer, Georg

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771 Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 25. 772

Effays in dem großen Werke der oben an zweiter Stelle
genannte Vortrag auf dem Leidener Kongreß. Andre Gelehrte
mögen originalere Leiftungen aufzuweifen haben.
Wer aber eine formgewandte und fachliche Diskuffion
liebt, die nirgends den Problemen ausweicht, ftets urbane
Formen einhält und, von feften Grundgedanken getragen,
doch von Tag zu Tage zu lernen bereit ift, den wird die
Bekanntfchaft mit A.'s Werk nicht gereuen.

Göttingen. Titius.

Quandt, Guilelmus: De Baccho ab Alexandri aetate in Asia

minore culto. (Dissertationes philologicae Haienses. Vol.
XXI, 2.) (V, u. S. 107-279.) gr. 8°. Halle, M. Niemeyer
i9T3- M. 5 —

Kutfch, Ferd.: Attifche Heilgötter u. Heilheroen. (Religions-
gefchichtliche Verfuche u. Vorarbeiten XII. Bd., 3. Heft.)
(III, 138 u. II S.) Gießen, A. Töpelmann 1913. M. 4.80

Die urfprünglich thrakifche Bakchos-Religion hat fich
auch über die Infein des ägäifchen Meeres und Klein-
afien verbreitet und die helleniftifche und römifche Zeit

Lehmann-Haupt, Prof. Dr. C. F.: Ifrael. Seine Entwickig.
im Rahmen der Weltgefchichte (VII, 344 S. mit 1 färb.
Karte). Lex. 8°. Tübingen, J. C. B. Mohr 1911.

M. 8 —; geb. M. 10 —

— Die Gelchichte Judas und liraels im Rahmen der Weltgefchichte
. (Religionsgefchichtl. Volksbücher. II. Reihe,
i.u.6.Heft.) (93S.) 8°. Ebenda 1911. M. 1—;geb.M.i.30

— Der jüdilche Kirchenltaat in perlifcher, griechifcher und
römifcher Zeit. (Daffelbe II. Reihe, 18. Heft.) (48 S.)
8°. Ebenda 1911. M. — 50; geb. M. — 80

Lehmann will die Gefchichte Ifraels und Judas im
Rahmen der orientalifchenUniverfalgefchichte befchreiben,
ein gewiß ganz zeitgemäßes Unternehmen!

Die Dispofition ift recht gefchickt. Die Hauptperioden
der antiken Weltgefchichte liefern das Fachwerk für die
Behandlung der Sondergefchichte des Volkes Ifrael. In
einem anziehend gefchriebenen 1. Kapitel werden die
Vorbedingungen für die politifche Entwicklung Paläftinas
befprochen. Daß L. die Bedeutung des mefopotamifchen

hindurch fich lebendig erhalten. Quandt fammelt die auf j Faktors für die Gefchichte Ifraels überfchätzt, ift menfch

den Bakchos-Kult Kleinafiens bezüglichen Zeugniffe der
Schriffteller, Infchriften, Münzen; er verweift für die theo-
phoren Namen auf die in diefer Zeitfchrift 1911 Sp. 547
befprochene Arbeit von Sittig. Die nach Landfchatten
und Städten geordnete Überficht ift religionsgefchichtlich
fehr wertvoll. Im zweiten Teile wird der Kult behandelt.
Die Nachrichten über die Organifation der Myfterien-
vereine, Beiwörter des Gottes, Verbindung des Bakchos
mit andern Göttern und mit dem Herrfcherkult, die Namen
der Myften und der Ämter, die Terminologie werden forg-
fältig erörtert. Die für Pergamon bezeugten vfivoöidä-
oxaXoi werden nach Kerns Vorgang mit unterer orphifchen
Hymnenfammlung in Verbindung gefetzt.

In einer Infchrift aus Erythrä (II. Jahrh. n. Chr., f. S. 150. 267)
wird Atbvvaoq 7lQ07Mxxu>(> erwähnt. Bruchmann, Epitheta deorum kennt
zwei Belege, wo das Wort als Beiname des Zeus auftritt. Belege für den Gebrauch
im fpäteren Synkretismus wird J. Kroll in feinem Buche über
Hermes Trismegiftos S. 10 bringen. — Für die axißäSsq bei religiöfen
Fellen verweife ich noch auf Philo De vita cont. 8 S. 482 M. — S. 249
Tergleicht der Verf. mit Trieme ägx^oq /xvaxtjq und vsoftvoxriq mit
Apoltelgefchichte 21, 16 äpjjafo{ fia&tjxijq und I. Tim. 3, 6 veö<pvxoq.

Kutfch erörtert der Reihe nach, was wir von den
Kulten des Heros Jatros, des Ariftomachos, Amynos (Sophokles
war fein Priefter), Asklepios, Amphiaraos in
Athen willen; S. 48—135 enthalten die Infchriften und
ein Verzeichnis der Skulpturen; auch andere mit ihnen
verbundene Göttergeftalten werden befprochen. Das
gegenfeitige Durchdringen von wefensverwandten Gottheiten
, das Auffteigen der Heroen zu Göttern (auch der
umgekehrte Prozeß) und das Auffteigen der privaten Kulte
zum Staatskult werden vom Verf. als die wefentlichen Ge-
fichtspunkte, die in der Entwickelung diefer Kulte zu

lieh. Bildet doch die babylonifche Gefchichte die erfte
Liebe des Verfaffers, der er auch im reiferen Alter treu
bleibt. So folgt fofort als 2. Kapitel: die altbabylonifche
Periode. Soll doch von 2600 (fpäteftens) bis zur Vertreibung
der Hykfos aus Ägypten (S. 315) Paläftina
wefentlich eine Domäne babylonifcher bezw. elamitifcher
Herrfchaft gewefen fein. Richtiger würden hier die ägyp-
tifchen Denkmäler als die älteften Zeugen über die Gefchichte
Paläftinas abzuhören gewefen fein cf. Kittel,
Gefch. des Volkes Ifrael P 1912 § 8 und Guthe, Kanaan
in der Realenc. f. prot. Theol. und Kirche XXIII, 1913
S.73if. Ägypten kommt bei Lehmann erft in Kap. III zum
Wort. Die Züge der Pharaonen Sahure und Pepi I gegen
Paläftina werden indeffen wenigftens innerhalb der alt-
babylonifchen Periode S. 14 erwähnt. Die Hykfos hält
L. S. 17 für femitifche Hirtenkönige, was vielleicht nicht
mehr, oder wenigftens nur teilweife richtig ift. Die He-
titer will L. S. 5 zu den Ural-Altaiern rechnen, was auch
eine gewagte, vielleicht rückftändige Hypothefe ift. Ein
Hauptmangel des L.'fchen Buches ift die Nichtberück-
fichtigung der modernen Ausgrabungen und Funde in
Paläftina, durch welche fich der gelehrte Verfaffer auch
von einer Überfchätzung des babylonifchen Einfluffes auf
Kanaan hätte abhalten laffen müffen. Es fehlt bei L.
die prinzipiell wichtige Erkenntnis, daß Kanaan fchon in
der Urzeit von nichtfemitifchen, darunter auch arifchen
Eindringlingen von Norden her befiedelt wird, während von
Süden und Offen aus Semiten vordringen. Zeugen für nicht-
femitifche Bevölkerung find uralte Namen wie Damaskus,
Megiddo, Gilboa, Jordan (f), Jerufalem, Ziklag, lauter ganz
unfemitifche Namen. Um 1500 nachweisbare arifche

verfolgen find, bezeichnet. So wird der Iatros, nach Ufener ! Perfonennamen find Artamanja, Jaschdata, Duscharatta u. a

urfprünglich ein felbftändiger Gott, wohl durch den über
ragenden Einfluß des 420 v. Chr. in Athen eingeführten
Asklepios zum Heros herabgedrückt, um dann wieder als

Alle diefe Sachen find nicht bloß für den Hiftoriker, fondern
vor allem auch für den Theologen, fpeziell für den theo-
logifchen Syftematiker von großem Wertl Es folgt ein

Gott aufzutreten, und Ende des III. Jahrhunderts v. Ch. 4- Kapitel über Gofen und den Exodus und die Ein
ift fein Kult als ftaatlich bezeugt. Wanderung Ifraels in Kanaan. L. nimmt gegenüber der

Leider geht der Verf. nicht auf das Verhältnis der I biblifchen Überlieferung eine freundliche, zuweilen gefucht
Gefchichte diefer attifchen Götter zur Entwickelung der ! konfervative Haltung ein. Ramfes II ift für L. der Pharao
Kulte der Heilgötter überhaupt ein. S. 27 fr. wird für die j der Bedrückung und Mernepta der Pharao des Auszuges.
Kaiferzeit eine neue Blüte des attifchen Asklepioskultes J Eine mit Text verfehene Darfteilung, wobei Haremheb
nachgewiefen. Die degenerierte und epigonenhafte Menfch- ' aE Oberfeldherr Amenophis IV. eine Rolle fpielt, will L.
heit fucht Hilfe bei dem Heilgott. — Die Stiftung nach- ! S. 40 geradezu auf die in Ägypten einwandernden Ifraeliten

gebildeter Gliedmaßen (S. 6.15) wird die Lefer diefer
Zeitfchrift intereffieren. — Für das Einfchmelzen von
Weihegefchenken (S. 4 f.) gibt Demofthenes* Rede gegen
Androtion Beifpiele.

Göttingen. P. Wendland.

deuten. Mofes ift für L. gefchichtliche Perfönlichkeit —
das ift er für mich auch, nur wird der Altteftamentler
eine eingehendere Analyfe der biblifchen Mofefagen ver-
miffen. Kap. V behandelt die Gefchichte Ifraels feit der
Einwanderung in Kanaan bis zum Auftreten des Elias.
Kap. VI reicht bis 722, Kap. VII und VIII bis 586. Für Hofea
4—14 möchte L. S. 104fr. die Zeit von 734—722 als Hinter-