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Ausgabe:

1913 Nr. 24

Spalte:

749

Autor/Hrsg.:

Savio, Fedele

Titel/Untertitel:

Gli antichi vescovi d‘Italia dalle origini al 1300 descritti per regioni. La Lombardia. Parte I 1913

Rezensent:

Harnack, Adolf

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749

Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 24.

750

die Differenzen in der Bußpredigt — ohne alle Rückficht
auf Hermas' fpezielle Pofition — aus dem pädagogifchen
Unterfchied erklären: die Katechumenen ftellt man vor
den ganzen Ernft der Sache: es gibt nach der Taufe
keine Bußmöglichkeit mehr; die Getauften tröffet man:
nun es geht fchon noch einmal! Trotz Zahn u. a. foll
einfach die kirchliche Bußdisziplin in ihrer humanften
Form im Hirten — und diefer fpiegelt als inoffizielles
Dokument die Anfchauungen der Kirche Roms im 2. Jahrhundert
wieder — nachgewiefen werden.

Halle. v. Dobfchütz.

Gli antichi vescovi d'Jtalia dalle origini al 1300 descritti
per regioni. La Lombardia. Parte I. Milano, per
cura di Fedele Savio, S. I. (XX, 973 S. m. 1 Fksm.
und 1 Karte.) gr. 8°. Firenze, Libreria Editrice
Fiorentina 1913. D. 20

Diefes durch Gelehrfamkeit, Vollftändigkeit, Umficht
und fcharfe Kritik ausgezeichnete Werk verdient hohe
Anerkennung. Der Verfaffer, der bereits in derfelben
gründlichen Weife die piemontefifchen Bistümer behandelt
hat (,I1 Piemonte', 1899), hat hier für das große Bistum
Mailand ein standard-work gefchaffen. Kenntnis genommen
habe ich von den Ausführungen über die Bifchöfe
bis zum Ende des 4. Jahrhunderts und von den beigegebenen
umfangreichen .Dissertazioni' (,La Datiana
Historia o vite dei primi sei Vescovi di Milano.' ,Altre
opere presunte di Landolfo seniore.' ,La leggenda e le
memorie di S. Vittore.' ,La leggenda dei Ss. Gervasio et
Protasio.' Le memorie dei Ss. Nazario e Celso.' ,1 Martiri
Milanesi e' il martirologio Geronimiano'. ,La condanna
di Aussenzio vescovo usurpatore di Milano.' ,Le basiliche
di Milano al tempo di S. Ambrogio.' ,L'anno della morte
di S. Satiro e luogo della sua sepoltura.' ,1 dittici dei
canone Ambrosiano e dei canone Romano' p. 661—936).
Die alterte Gefchichte der Kirche, der Kirchen, der Bifchöfe
und der Märtyrer von Mailand ift hier fo weit aufgeklärt
und ficher geffellt, als die Quellen es erlauben. Speziell
ift die Entftehung und der gefchichtliche ,Wert' der
.Datianä Historia' mit höchfter Sorgfalt und m. E. ab-
fchließend ermittelt. Diefes Werk gehört dem älteren
Landulf. Damit ift auch die famofe Barnabas-Tradition
der Mailänder Kirche endgültig abgetan. Sie gehört erft
der Zeit des gregorianifchen Kampfs gegen die konku-
binarifchen Priefter der Lombardei und Mailands an; aber
noch zur Zeit, als Petrus Damiani diefen Kampf führte,
wußte man in Mailand nichts von ihr; doch ift fie gleich
darauf erfunden worden. In Bezug auf den Urfprung der
Mailänder Kirche nimmt Savio mit Recht an, daß er
wahrfcheiniich um d. J. 200 oder etwas fpäter fällt. Auf
diefe Zeit führt die Bifchofslifte, deren Perfonennamen zu-
verläffig find. Mailand ift alfo im heutigen Oberitalien höchft
wahrfcheiniich die zweitältefte Kirche. Die ältefte ift Raven
na (zwifchen 120 und 170), die dritte und vierte, die
etwa gleichzeitig find, find: Verona undAquileja (240
bis 260). Vorkonftantinifch wohl noch Brescia (vielleicht
auch Bergamo und Bologna). Ins helle Licht der Gefchichte
tritt die Kirche Mailands erft mit ihrem Bifchof
Mirokies [Merokles] — er war der 6. oder 7. —, der an
den von Konftantin befohlenen Synoden zu Rom und
Arles teilgenommen hat. — Befonders dankenswert ift
die genaue Chronologie des Lebens des Ambrofius. Der
Verfaffer bereitet weitere Bände feines großen Werks vor
(die übrigen Bistümer der Lombardei, die Emilia, Toskana,
Ligurien). Nach dem, was er der Wiffenfchaft bereits
geleiftet hat, verfprechen fie das Berte.

Berlin. A. Harnack.

Wülk, Dr. Johs., u. Hans Funk: Die Kirchenpolitik der
Grafen v. Württemberg, bis zur Erhebung Württembergs
zum Herzogtum (1495). (Darftellungen aus der würt-

tembergifchen Gefchichte. Hrsg. v. der württ. Kommif-
fion f. Landesgefchichte. 10 Bd.) (XVI, 117 S.) gr. 8°.
Stuttgart, W. Kohlhammer 1912. M. 1.50

Das Staatskirchenrecht vor der Reformation ift gegenwärtig
für die verfchiedenften Gebiete ein Gegenftand
der Unterfuchung. Für Württemberg war man bisher
auf die Arbeiten von Sattler und Cleß aus dem 18. und
Anfang des 19. Jahrhunderts angewiefen. Nunmehr hat
die juriftifche Fakultät in Tübingen die Kirchenpolitik
der Grafen von Württemberg bis 1495 zum Gegenftand
einer Preisaufgabe gemacht, für welche zwei junge katho-
lifche Theologen, Dr. Wülk den erften, Hans Funk den
zweiten Preis davon trugen. Die Kommiffion für württ.
Landesgefchichte hat die Verfaffer veranlaßt, ihre Arbeiten
zu vereinigen, die nunmehr im 10. Band der Darftellungen
aus der württ. Gefchichte dargeboten werden. Wülk behandelt
die Faktoren, welche die Entwicklung des landesherrlichen
Kirchenregiments begünftigen, dann die Stellung
der württembergifchen gut kirchlichen Grafen zur
geiftlichen Gerichtsbarkeit, ihr Patronat, ihr Verhalten
gegenüber der Steuerfreiheit der Kirche und des Kirchenguts
, ihren Einfluß auf die innenkirchlichen Angelegenheiten
. Funk behandelt die Grafen in ihrem Verhältnis
zu den Klöftern und zwar die Erwerbung der Vogtei,
bezw. des Schirms, deren Handhabung, und der Übergang
der Prälaten in Landftandfchaft; das Ergebnis ift
wie in Cleve: Dux papa in terris suis. Es ift nicht ver-
ftändlich, warum die in den alten Geleifen verlaufende
Kirchenpolitik unter Herzog Ulrich bis 1519 und die
ftark in die bifchöfliche Jurisdiktion eingreifende der
öfterreichifchen Regierung bis 1530 nicht hereingenommen
wurde. Denn einen ftarken Wendepunkt bildet nur die
Refomation 1534 ff. Aber dafür ift die Frageftellung
durch die Fakultät verantwortlich. Auffallend ift, daß
nicht die Urkunden fondern nur die gedruckte Literatur
die Unterlage bilden, die der Kritik bedarf.

So hat Funk S. 65 die angeblichen Klöfter Beuren, Ewsmaden
ufw. und das Gotteshäuslein, das zu Ittenhaufen gehört, aus Steinhofer
übernommen. Gemeint ift das Frauenklofter Mariaberg, die Orte Bronnen,
Ensmad, Ittenhaufen. Von der Propftei Iefingen S. 64 wußte er nichts.
Für die Zehntrechte der Grafen hätte fich aus den Urkunden des Staatsarchivs
noch manches Material ergeben. Daß die Grafen die Präfen-
tation der von ihnen beftellten Priefter je unterlaffen, wäre urkundlich
zu beweifen. Daß fie fich bei Inkorporationen die Präfentation vorbehielten
(S. 63I, ift wenigftens für die Univerfitätspfarreien zweifelhaft. Vgl.
Roth, Urkunden der Univ. Tübingen 79, Abf. 5.

Stuttgart. G. Boffert.

Liebenau, Staatsarchivar Dr. Theodor von: Der Franziskaner
Thomas Murner. (Erläuterungen u. Ergänzungen
zu Janffens Gefchichte des deutfchen Volkes. IX. Bd.,
4. u. 5. Heft.) (VIII, 266 S.) gr. 8°. Freiburg i. B.,
Herder 1913. M. 7 —

Es ift nicht leicht, über einen unerfreulichen Menfchen
ein erfreuliches Buch zu fchreiben. Das ift auch L. nicht
gelungen. Freilich nicht nur, weil der Gegenftand ein
vielfach unfympathifcher ift. Dem Buch fehlt es an wirklicher
Beherrfchung des Stoffes und großen Gefichts-
punkten. L. geht oft in den Einzelheiten auf, fo daß
man vor lauter Bäumen den Wald nicht fleht, und wenn
er, wie etwa S. 107—116, ein ganzes Dutzend von langen
wörtlich zitierten Urteilen aller möglichen Literatur-
hiftoriker über Murner als Dichter aneinanderreiht, fo
erfetzt das ein eigenes Urteil nicht. Diefe formellen
Mängel wie auch die mannigfachen Widerholungen mögen
fich daraus erklären, daß L. viele Jahre lang an der
Schrift gefchrieben und fchließlich erblindet ift, fo daß
der bekannte Minorit P. Konrad Eubel die Veröffentlichung
des Buches fchließlich beforgte. Das Intereffe
des Verfaffers geht offenbar hauptfächlich auf den Kampf
Murners gegen die Reformation. Was Murner vorher
getan und gefchrieben hat, erfährt mannigfachen Tadel,
dann aber meint L. (S. 87f.): ,Mit einer wüften Schrift