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Ausgabe:

1913 Nr. 2

Spalte:

712-713

Autor/Hrsg.:

Scott, Ernest F.

Titel/Untertitel:

The Kingdom and the Messiah 1913

Rezensent:

Bousset, Wilhelm

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7ii

Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 23,

712

muß dann belegen, daß das alter Brauch ift, denn hier ift vom Handel
der Priefter mit Opfertieren zu Schuld- und Sündopfern die Rede (S.. 106. 16).

Eine befondere Erwähnung verdient die Erklärung von Vä"1p RnpH
(S. IOI f.). Der Ausdruck bedeute nicht ,Verfammlung der Gemeinde am
Heiligtum', fondern St"lpö ift die Handlung des Rufens: der Ruf .heilig'
foll gerufen werden, es toll .heilig' gerufen werden d. h. jedermann foll,
wie durch den Ruf des Mufti, daran erinnert werden, daß ein heiliger
Tag angebrochen ift. Aber die Wendung 23,(21). 26 Wtf* ffilp Stlpe
paßt dazu nicht: nach dem folgenden ift das etwas, was die Israeliten
auszuführen haben; vgl. auch v. 14. 17 die Vorausfetzung des Verlaffens
der Wohnfitze.

Mit Entfchiedenheit behauptet E. die wefentliche Einheit der Gefetze
von Lev. — Gloffen und Zufätze vorbehalten. — Es fällt dann erft
recht auf, daß nach S. 5 Lev. die Leviten nicht kennen foll, — tatfäch-
lich haben fie bei den Privatopfern nichts zu tun —, dagegen S. 132h
das Gefetz über die Levitenftädte 25, 32 kein Zufatz fein foll. Lev. 22, 14
wird mit 5, 15 f. dadurch ausgeglichen, daß rfliR in 22, 14 als ein zufällig
unreiner Priefter verftandeu wird, während 5, 13 f. von Vergehen von Laien
redet.

Als Beifpiel der Indizien für das Alter der Gefetze greife ich heraus
(S. 67 f.), daß 12,3 die Befchneidung nur erwähnt, nicht befchrieben
wird; das ftimme nicht zu der Wertung der Befchneidung in nachexilifcher
Zeit und zu der peinlichen Genauigkeit von P — tatfächlich kommt
beides darin zum Vorfchein, daß die Befchneidung, die im Zufammenhang
gar nichts zu tun hat, überhaupt genannt wird. Ein anderes Beifpiel:
22,25 foll vom Opfer der Ausländer reden und daher vorexilifch fein.
Tatfächlich kann der Satz vom Opfer des Ausländers nicht reden, und
Opfer von Ausländern ift auch nachexilifch nach Dt-Jef. doch nicht fo
ganz undenkbar.

Herr Dahfe hat mich wegen der Einwendungen, die
ich gegen Eerdmans' Analyfe der Genefis erhoben habe,
u. a. der Leichtfertigkeit befchuldigt. Auf die Gefahr
hin, daß er mir nunmehr die bürgerlichen Ehrenrechte
aberkennt, muß ich geliehen, daß die Gefamtauffaffung
von Eerdmans und ihre Begründung mir auch hier unbegreiflich
bleibt. Aber um nicht in den Verdacht mutwilliger
Verkleinerungsfucht zu kommen, hebe ich ausdrücklich
hervor, daß fein großer Scharffinn nicht feiten
auf Fragen aufmerkfam macht, die bisher nicht oder zu
wenig beachtet worden find.

Stuttgart. H. Holzinger.

Cheyne, T. K., D. Litt.: The Mines of Isaiah Re-explored-

(X, 199 S.) 8°. London, A. & Ch. Black 1912. s. 5 —

Der um die altteftamentliche Wiffenfchaft hochverdiente
Verf. legt als Frucht feiner unausgefetzten Bemühungen
um das Verftändnis des Alten Teftaments
eine neue Auffaffung von Jef. 40—66 vor.

Die Zeit der Entftehung der Prophecy of Consolation
(Jef. 40—55) ift zwar wie bisher die Mitte des 6. Jahrhunderts
, ebenfo bleibt die Unterfcheidung der Ebed-
Jahwe-Gedichte und anderer Stücke vom eigentlichen
Deuterojefaja diefelbe, wie in feinen früheren Arbeiten,
und auch Tritojefaja (Jef. 56—66) gehört, wie bisher, in
das 5. Jahrhundert, in eine Periode der fchweren Ent-
täufchungen, da die großen Hoffnungen Deuterojefajas
fich nicht erfüllten. Aber fonft ift alles anders geworden.
Den gefchichtlichen Hintergrund für Deuterojefaja bilden
nicht die großen Ereigniffe, die fich im Often zutrugen
und die nahe Überwindung des babylonifchen Weltreichs
durch den perfifchen Eroberer Cyrus ankündigten, fondern
Veränderungen im südlichen Grenzgebiete Paläftinas,
wo ein erfolgreicher nordarabifcher Abenteurer das nord-
arabifche Babel erobert und eine Bewegung unter den
dort wohnenden judäifchen und andern verwandten Stämmen
hervorruft, die zur Anerkennung Jahwes als des
höchften unter den Göttern, welche diefe Stämme auch
in Zukunft noch verehren, beitragen wird. So verengert
fich der weltweite Gefichtskreis, den der Lefer bis dahin
in diefen Kapiteln finden wollte, auf das Grenzland im
Süden Paläftinas und im Norden Arabiens; diefes enge
Gebiet ift mit yiS gemeint, wo die bisherigen Ausleger
die weite Welt verftanden, und von den Infein und Infel-
ländern des Weftens ift nirgends die Rede, da unter den
QiiK fich die Urim (= Kurzform für Afchfchurim in
Nordarabien) verbergen. Wird der geographifche Schauplatz
auf diefe Weife gewaltig befchränkt, fo reichen

dagegen manche religiöfe Vorftellungen in ferne Vergangenheit
zurück; denn in den Gedanken über den
Flbed-Jahwe und feine Schickfale fpiegeln fich altorienta-
lifche mythologifche Anfchauungen wider, die von einem
gottmenfehlichen Dulder und Sieger, einem fterbenden
und wieder auflebenden Gott und der Verhetzung des göttlichen
Königs und feiner Untertanen ins Paradies wiffen.

Frägt man erftaunt, wie der Verfaffer zu einer fo
völlig neuen Auffaffung gekommen ift, fo kann nur gefügt
werden, daß die Gründe zu diefer Neugeftaltung
nicht im Wortlaut des erforfchten Textes, fondern in den
Vorausfetzungen liegen, mit denen der Forfcher an den
Text herangetreten ift. Seine beiden Hauptthefen, die
ihm als unumftößlich gelten, find nämlich: 1. Die Ge-
fchichte, von der das Alte Teftament Kunde enthält, hat
fich nicht nur im Anfang, fondern in der Hauptfache
immer auf dem Grenzgebiet von Südpaläftina und Nordarabien
abgefpielt, und 2. Der Text des Alten Teftaments
ift in einer fo bodenlofen Verdorbenheit auf uns
gekommen, daß man vor keiner noch fo einfehneidenden
Abänderung zurückfehrecken darf. Und diefe beiden
Thefen greifen bei dem Verf. in einander und unter-
ftützen fich gegenfeitig. Weil ihm der Text fo verdorben
erfcheint, hat er überall die Möglichkeit, es mit neuen
Emendationen, Variationen, Transpofitionen und Kombinationen
zu verfuchen, und weil ihm immer das nord-
arabifche Grenzland vor Augen fchwebt, findet er überall
Namen oder doch Refte von Namen heraus, die ihm mit
diefer Gegend in Beziehung flehen. Das Refultat, das be
diefem Verfahren herausgekommen ift, ftellt allerdings
nicht nur für die Gefamtanfchauung, fondern auch im
Einzelnen die größten Anforderungen an den Glauben
der Lefer. Neben den bekannten Namen Jerachmeel,
Afchhur, Ifchmael u. a., die jetzt in den Text eingeführt
werden, trifft man bis dahin unbekannte wie Afchrach,
Etbal, Amalim, Afchkar, Afchkal u. a., die bald Land-
fchaften und Städte, bald Götter und Menfchen jener
nordarabifchen Gegend bezeichnen fallen. Und dann
foll man ebendafelbft noch ein neues Babel, ein füdliches
Gad, Gilead, Aram ufw. unterbringen und einen nordarabifchen
Abenteurer Korefch wiederfinden, der um
nichts wahrfcheinlicher wird, wenn man in feinem Namen
eine Variation von Afchkor und Schifchak fehen foll.
Es fchwindelt einem förmlich bei dem kaleidofkopifchen
Wechfel der Namen oder bei der Zumutung, in dem
unfchuldigen OtTlS (Jef. 63, 9) die beiden Namen Sor
(= Kurzname für Missor) und Etman (= Ifchmael) erkennen
zu follen.

Mich wundert, daß angefichts eines folchen Reful-
tates, das alles Mögliche und Unmögliche in den Sammelplatz
des nordarabifchen Grenzlandes zufammenpferchen
muß, dem verehrten Verfaffer nicht felber die Überzeugung
aufgeftiegen ift, er fei mit feinen Ausführungen
nur das Opfer feiner Phantafie und feiner zwei unglücklichen
Thefen geworden. Mit dem Verfolgen folcher
Unmöglichkeiten kommt die Wiflenfchaft nicht weiter,
die Förderung liegt auf den Bahnen, die der Verf. früher
in feinen Arbeiten über Jefaja befchritten hat, und mein
Wunfeh wäre, daß er auf diefelben zurückkehrte, damit
das Gefühl der Verehrung und Dankbarkeit, das ich mit
vielen andern für feine Perfon und großen Leiftungen
hege, nicht durch die fchmerzliche Erinnerung an diefe
unzweifelhafte Entgleifung geftört und getrübt werde.

Bern. Karl Marti.

Scott, Prof. E. F., D. D.: The Kingdom and the Messiah.

(VIII, 261 p.) 8°. Edinburgh, T. & T. Clark 1911.

s. 6 —

Was der Verfaffer in diefem Buche bringt, würden
wir etwa Probleme des Lebens Jefu nennen. Er bebandelt
die jüdifch eschatologifchen Anfchauungen (Kap. I) nebft
der meffianifchen Hoffnung im engeren Sinn (II), Johannes