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Ausgabe:

1913

Spalte:

656

Autor/Hrsg.:

Eubel, Conradus

Titel/Untertitel:

Hierarchia catholica medii aevi sive summorum pontificum, s. r. e. cardinalium, ecclesiarum antistitum series ab anno 1198 usque ad annum 1431 perducta 1913

Rezensent:

Köhler, Walther

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Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 21.

656

aura.it pu l'apprendre de Sulpice Severe —■ qu' Instance a au moins redige
quelque chose, la defense prononcee au concile de Bordeaux. Ich
ftaune. Woher kommt ihm denn diefe Sicherheit? Wie nun, wenn man
aus dem Bericht des Sulpicius nicht mehr herauszulefen vermag, als daß
Inftantius zur Rechtfertigung aufgefordert wurde? Wer will wiffen, ob
damit eine fchriftliche Darlegung gemeint ift? Nicht einmal das ift
reftlos einleuchtend, daß der erfte Traktat der Synode zu Bordeaux ein- |
gereicht wurde. Auch mir fcheint allerdings manches darin für Abfaffung i
in einem fpäteren Stadium der Kontroverfe zu fprechen, als Babut annimmt
. Aber von Sicherheit kann man nicht reden, und ich wenigftens I
halte es bis auf weiteres mit Puech, der bekennt, bei jedem Vernich be-
ftimmter Datierung des Traktats auf irgend eine Schwierigkeit geftoßen
zu fein. Kann man aber dem argumentum pro Instantio beim erften
Traktat zwingende Kraft nicht zufprechen, fo darf fein Urheber nicht erwarten
, daß man ihm bei feinen weiteren Schlöffen zuftimmend folgt.

Mit der inneren Kritik allein ift nun einmal hier, wie
überall bei literarkritifchen Fragen, nicht zum Ziel zu gelangen
. Morin fcheint mir das einzige Zeugnis der Überlieferung
, das uns den Weg wenigftens etwas erhellt,
nämlich die eingangs angeführten Worte des Hieronymus,
gar zu gering einzufchätzen. Immerhin ift hier doch bezeugt
, daß Priszillian allerhand gefchriftftellert hat, und
von Inftantius wiffen wir gar nichts1).

Nun glaubt Morin freilich auch den Schriftfteller Priszillian gegen
den Verfaffer der Traktate in's Feld führen zu können. Er erinnert uns
daran, daß Sulpicius Priszillian als facundus, multa lectione eruditus,
disserendi ac disputandi promptissimus bezeichnet, und meint nun: le
Priscillien du manuscrit de Würzburg est en fait ä peine supportable.
Insbefondere gebe der erfte Traktat uns nur eine mediocre idee de l'ha-
bilite du defendeur, und man dürfe lieh nicht wundern, daß die Bifchöfe
ihn (nach Moria den Inftantius) daraufhin verdammten. Ift aber das
erfte Urteil nicht ftark übertrieben und das zweite ohne Einfchränkung
richtig? Gewiß kann man verfchiedener Meinung darüber fein, ob das
dem Priszillian von Sulpicius gefpendete Lob fich aus den Schriften genügend
erhärten läßt. Aber ,faft unerträglich' erfcheint mir diefer Schriftfteller
doch nicht, und gerade beim erften Traktat möchte ich eine ge-
wiffe Gefchicklichkeit im Aufbau der fich folgenden Anathemata nicht
in Abrede ftellen. Das aber ift und bleibt Gefchmackfache, über die
fich, trotzdem das Sprichwort das Gegenteil fagt, ftreiten läßt.

Sicherlich wird Morins Arbeit ihres Eindruckes nicht
verfehlen. Ich wünfehe ihr fogar einen recht ftarken
Widerhall. Sie verdient es einmal wegen des Rucks, den
fie der Kritik gibt, ob man fich nun ablehnend oder zuftimmend
zum Hauptergebnis verhalten mag, fodann
wegen zahlreicher Einzelbeobachtungen, auf die hier einzugehen
mir der Raum verbietet.

Gießen. G. Krüger.

Mollat, Abbe Dr. G.: Les papes tf Avignon (1305—1378).
(Bibliotheque de l'enseignement de l'histoire ecclesia-
stique.) (XV, 423 S.) 8°. Paris, Victor Lecoffre 1912.

fr. 3.50

Mollat ftellt in der Einleitung fehr umfichtig und forg-
fältig die Quellen zur Gefchichte der Päpfte in Avignon
zufammen. Die Mitteilungen über das Vatikanifche Archiv
und das Verzeichnis der Quellenpublikationen werden
vielen willkommen fein.

Im erften Teile handelt er über die einzelnen Päpfte
im allgemeinen, ihre Wahl, ihren Charakter, ihre wiffen-
fchaftliche Tätigkeit ufw. Wie in den übrigen Teilen fo
werden auch hier Quellen und Literatur fehr reichlich
verzeichnet und ift der hiftorifche Stoff in großer Fülle
mitgeteilt.

Der zweite Teil fchildert das Verhältnis der Päpfte
zu Italien, zu dem deutfehen Reiche, zu Frankreich, zu
England und zu Spanien. Hier wird nicht die Regierung
der einzelnen Päpfte gefondert, fondern es werden die
einzelnen Reiche für fich in je einem Kapitel behandelt.
Die fkandinavifchen Länder hat M. ausgefchloffen, weil
er der nordifchen Sprachen nicht mächtig ift; daß Italien
befonders ausgiebig bedacht ift, liegt wohl in der Natur
der Sache.

') Inftantius wurde nach Sulpicius in Sylinancim insulam, quae ultra
Britannias sita est, (die heutigen Scilly Islands) verbannt. Dazu bemerkt
Morin: ,Le sejour de Peveque exile parmi les celtes de la Grande-Bretagne
expliquerait peut-etre comment ses opuscules s'y sont conserves,
pour etre apportes rjus tard en Franconie par les missionaires venus du
meme pays'. Das ift geiftreich, aber wirklich nur geiftreich.

Der dritte Teil hat es mit der Kurie in Avignon zu
tun, dem päpftlichen Haushalt, dem Leben in Avignon,
der päpftlichen Verwaltung und dem Charakter der Regierung
der Kirche.

M. hebt hervor, daß die Fülle von Urkunden, die im
letzten Menfchenalter aus dem Vatikanifchen Archiv veröffentlicht
worden find, jetzt eine wefentlich günftigere
Beurteilung des avignonefifchen Papfttums ermöglichen,
als fie früher üblich war, da man fich auf die mißgünftigen
Berichte der gleichzeitigen Chroniften und die tendenziöfen
Äußerungen Petrarcas und der Heiligen Katharina von
Siena und Brigitte von Schweden verließ. Ich kann beim
bellen Willen nicht finden, daß er recht hat, und auch feine
eigene Darftellung zeugt gegen ihn. Denn was man dem
avignonefifchen Papfttum zum Vorwurfe gemacht hat, die
Abhängigkeit von Frankreich, die üble Finanzwirtfchaft,
die übergroßeZentralifation der kirchlichen Verwaltungufw.
wird von M. gar nicht geleugnet; er verfucht fie nur auf
das richtige Maß zurückzuführen, und was nach feiner
Darfteilung übrigbleibt, ift für das Papfttum noch belaufend
genug, fo belaufend, daß die fcharfen Äußerungen
Petrarcas z. B. im Prinzipe durchaus recht behalten. Und
felbft das fagt uns M. an verfchiedenen Stellen, daß die
Zuftände der avignonefifchen Zeit für die kirchlichen
Notftände der Folgezeit grundlegend und verantwortlich
find. Wenn ich recht fehe, fucht der Verfaffer die Schuld
an ihnen viel zu fehr außerhalb des Papfttums. Es war
eine Illufion, daß die Archive noch die Beweife in fich
bergen würden, daß das herbe Urteil über das avignone-
fifche Papfttum umzuftoßen fei; etwas Belaftenderes als
die beiden 1910 und 1911 erfchienenen Bände zur Gefchichte
der päpftlichen Hof- und Finanzverwaltung
1316—1378 kann es nicht geben.

In den Titeln deutfeher Bücher finden fich fehr viele
Fehler. Warum ift Hauck, Kirchengefchichte Deutfch-
lands 5,1, 1911; derf., Deutfchland und die päpftliche
Weltherrfchaft 19IO, nicht genannt und benutzt?

Kiel. G. Ficker.

Eubel, Conradus, s. theol. Doct: Hierarchia catholica me-

dii aevi sive summorum pontificum, s. r. e. cardinalium,
ecclesiarum antistitum series ab anno 1198 usque ad
annum 1431 perdueta. E documentis tabularii prae-
sertim Vaticani collecta, digesta, edita. Editio altera.
(359 S.) gr. 40. Münfter, Regensbergfche Buchh. 1913.

M. 30 —

Den dritten Band diefes bekannten, groß angelegten
Werkes habe ich in Nr. IO, 1912 diefer Zeitung angezeigt.
Jetzt legt Eubel den erften in Neubearbeitung vor, und
die Ergänzungsarbeit ift fo gründlich getan, daß der
Bearbeiter fagen kann: vix pagina invenitur, in qua non
hoc vel aliud emendatum sit. Hauptquellen für die Neubearbeitung
waren das registrum sacrum Anglicanum (ed.
Stubbs), das Werk von Savio: gli antichi vescovati d'Italia,
die Arbeiten von Berliere und dem kürzlich verftorbenen
Bifchof von Limburg, Willi, zur Bifchofsgefchichte, die
Potthaftfchen Regelten. Die Anordnung ift diefelbe wie
ehedem geblieben, nur find die Perfonalnotizen möglich»;
erweitert worden. Zu den beiden bisherigen Appendices
ift eine dritte neu hinzugekommen: elenchus omnium epis-
coporum, qui eodem tempore, quod hoc volumine com-
plectitur, suffraganeos seu auxiliares aliorum episcoporum
agebant et digestus quidem ordine dioecesium earum
orbis catholici partium, in quibus pontificalia exercebant.

Über die Bedeutung und Unentbehrlichkeit des großen
Werkes ift kein Wort zu verlieren. Auch hat Eubel
durchaus recht mit der Forderung, daß diefer Neuauflage
in den Bibliotheken, die die erfte Auflage befitzen, neben
ihr ein Platz gebühre. Möchte der immenfe Fleiß, der
auf diefes Nachfchlagewerk verwandt ift, belohnt werden 1
Zürich. Walther Köhler.