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Ausgabe:

1913 Nr. 21

Spalte:

652-653

Autor/Hrsg.:

Hunt, Arthur S. (Ed.)

Titel/Untertitel:

Catalogue of the Greek Papyri in the John Rylands Library, Manchester. Vol. I: Literary texts (Nos. 1-61) 1913

Rezensent:

Deissmann, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 21.

652

die Art des vorliegenden Buches nicht unterdrücken. Die
Form, in der der Verf. gewiffe, an fich vielleicht berechtigte
fprachgefchichtliche und lautgefetzliche Theorien vor-

men wie «l3!r£, ,12;, TTtBQ, IsEuT-i etc. mit Erklärung, und
ehe er die fegelmäßigen Erfcheinungen der Nominalflexion
kennt, fchon Formen wie ji-ffi, ifiy, ini» etc.). Für rich-

trägt, fcheint mir nicht immer glücklich, weil fie den An- 1 tiger halte ich es, mit der Lektüre erft zu beginnen, wenn
fänger eher verwirrt. Der Verf. liebt es, die Erklärung i die gefamte regelmäßige Flexion gründlich durchgearbeitet
einzelner Erfcheinungen in dieForm eines allgemeingültigen ift, dann aber die vorkommenden fchwachen Formen und
Gefetzes zu kleiden, was ihn dann nachträglich zu zahl- Ausnahmeerfcheinungen dem Schüler in der Regel ohne
reichen Einfchränkungen, zur Konftatierung von Ausnah- i Erklärung wie Vokabeln zu geben. Man kommt dabei

fchließlich doch fchneller vorwärts und hat jedenfalls den
Vorteil, daß keine Verwirrung entfteht. Warnen möchte
ich auch vor dem Rat, fich beim fchwachen Verbum nur

men und Inkonfequenzen oder zu der Behauptung, daß
eine Form früher einmal anders gelautet haben müffe,
nötigt. Da wäre eine weniger apodiktifche Faffung der

Regel oder eine auf den wirklichen Tatbeftand beffer zu- I die lautgefetzlichen Abweichungen vom ftarken Verbum
gepaßte Formulierung zu wünfchen gewefen, klar zu machen; die Paradigmata auswendig zu lernen

Z. B. nach § 68 erleidet die Regel der Paenultimabetonung der
Grundformen eine durchgehende Ausnahme bei mindeftens dreifilbigen
Worten, die mit einem langen Vokal endigen, aber kurze Paenultima hatten;
hier geht der Hauptton auf die Ultima, während die Antepaenultima ftarken
Nebenton erhält (zweitonige Wörter); der Vokal der Paenultima wird
dann verflüchtigt oder (hinter i und u in offener Silbe) ganz ausgeftoßen.
Die .durchgehende Ausnahme' tritt aber nicht ein bei den Endungen
nt und nü, auch nicht in der Paufa. — In § 177 heißt es, das Suffix
7J trete bei Worten mit kurzem Vokal in der Schlußfilbe direkt (ohne
Bindevokal) an den Stamm; aber fofort muß eingeftanden werden, daß
dann feine Betonung unerklärbar fei; weiter wird fofort als Ausnahme
der Fall angeführt, daß die letzte Stammfilbe a hatte, (und zwar in der
Form ,nur bei Stämmen mit kurzem a'); aber in § 215 kommt eine wer

fei wertlos. Für den Durchfchnittsfchüler genügt das nicht;
für ihn gilt: das eine tun und das andere nicht laffen! —
Als , Wegweifer zum Studium der Grammatik' erfcheint
mir die praktifche Einführung zu fummarifch.

Halle a. S. C. Steuernagel.

Catalogue of the Greek Papyri in the John Rylands Library,
Manchester. Vol. I. Literary texts (Nos. i—61). Ed.
by Arthur S. Hunt, D. Litt. (XII, 202 S. m. 10 Taf.)

tere Durchbrechung der Regel: Nomina mit der Vokalfolge a-i hängen j 4°. Manchester, University Press IQII. London,

T) nicht direkt an den Stamm; und weiter hätte angeführt werden muffen, g Ouaritch S 21_

daß auch in den Paufalformen Tj nirgends direkt an den Stamm trete; I
was bleibt da von der Regel des § 177? doch nur der Fall 'öjißyä, wo
es doch auch nicht einmal ficher ift, daß es nicht '6)iße)(ä hieß (ct. Paufa
!). — Nach § 96 wird aus a + a im Inlaut 6. Danach hätte aus kawama
nach Ausfall des w kom(a) werden müffen; § 431 führt das auch aus,
bemerkt aber dazu: ,die Form lautet aber Dp' und in einer Fußnote ,die
alte Flexion war gewiß *kom(a)' etc. —

Mehrfach find auch Regeln fo formuliert, daß fie zu
den Fällen nicht paffen, bei denen auf fie zurückgewiefen
wird.

Z. B. wird in §

170 zur Erklärung von f?>M aus raglajhü (Ausfall
defen; hier aber heißt es (zwifchen Vokalen fällt

Die John Rylands Library zu Manchefter gehört zu
den jüngften Bibliotheken der Welt, befitzt aber bereits
einen Schatz von Handfchriften, um den fie von mancher
alten Sammlung beneidet werden könnte. Unter den etwa
7cxoo Manufkripten befindet fich auch eine anfehnliche
Papyrusfammlung. Ihre demotifchen Teile hat Griffith
bereits befchrieben, die Coptica Crum. Im vorliegenden
Bande beginnt Hunt mit der Herausgabe der griechifchen
Texte, die er größtenteils felbft feinerzeit in Ägypten

deslr) ^ und M Ryland h hatt| Der

in § 56 aber heißt es: ,ein urfprüngliches ä wird im Inlaut zu 6, im «and, der mit der aus den lonltigen Publikationen Hunts
abfoluten Auslaut zu ä1. I una fehles Freundes Grenfell bekannten Sauberkeit und

Auch fonft läßt die Formulierung der Regeln man- j Zuverläffigkeit gearbeitet ift, enthält 61 Texte, die faft
ches zu wünfchen übrig. Vor allem follten die Regeln, | fämtlich literarifcher Natur find; ein bis jetzt nicht iden-
die der Anfänger fich einprägen muß, knapper formuliert j tifiziertes Stückchen (Nr. 42) ift lateinifch (4. Jahrh. n. Chr.).
fein. Unbequem ift es, daß in § 1—17 fchon viele (fogar j Die .Theological^ Texts' find, fämtlich auf Papyrus gepunktierte
) hebräifche Wörter vorkommen, obwohl der
Anfänger fie noch gar nicht lefen kann. Störend find
auch einige Lücken; z. B. fehlt in § 25 die Schreibung
von e mit 1, in § 266 der Plural O'HrTS, in § 301 eine Berück-
fichtigung von Formen wie f J5i"n, in § 451 die Paufalform
irr, in § 467,5 eine Bemerkung über die Form von 3 vor
nia etc. Der Lehrer wird alfo das Buch doch nur' mit
Vorficht gebrauchen dürfen; ift er des Stoffes genügend
Herr, um die kleinen Unvollkommenheiten berichtigen
zu können, fo mag die Grammatik ihm wohl gute Dienfte
leiften und die Schüler zu wirklichem Verftändnis der
Sprache anleiten.

Die gleichzeitig mit der Grammatik erfchienene praktifche
Einführung in die hebräifche Lektüre des Alten
Teftamentes' will dazu anleiten, den Unterricht fo zu erteilen
, daß man möglichft fchnell zu der Lektüre zufam-
menhängender Texte übergehen kann. Nachdem in einem
rafchen Überblick Artikel, Präfixe, Pronomina, die Elemente
der Nominalflexion und (gründlicher) das Kai des
ftarken Verbums behandelt find, feil fofort ein Text vorgenommen
werden. Die darin vorkommenden noch unbekannten
Formen feilen je für fich erklärt werden, während
die fyftematifche Durcharbeitung der Grammatik
unabhängig neben der Lektüre hergeht. Ich zweifele nicht
daran, daß ein gefchickter Lehrer bei begabten Schülern
fo vorgehen kann, möchte aber nicht empfehlen, diefe
Methode allgemeiner zu befolgen. Der Schüler wird fo
gleich im Anfang in eine verwirrende Fülle von Einzelheiten
hineingeftoßen (er lernt z. B., während er eben mit
dem ftarken Verbum bekannt gemacht wird, bereits For-

fchrieben, die folgenden:

1) LXX Deut. 2, 37-—3, 13 auf einem Fragment des 4. Jahrh. n. Chr.
Der Text ift nicht glatt klaffifizierbar: er geht fowohl mit B gegen
A 4- F, als auch mit A -|- F gegen B.

2) LXX Job I, 15—21, 5, 24—6, 9 (6/7. Jahrh. n. Chr.), wohl vom
gleichen Kodex flammend, wie Amherft-Papyrus Nr. 4, und wahrfcheinlich
erft durch die Händler von diefem getrennt. Der Text ift nicht in Raumzeilen
und nicht in Sinnzeilen gefchrieben, fondern in einer eigentümlichen
Zeilenfetzung, die m. E. nicht ,ftichometrifch' genannt werden darf. Sollte
eine kolometrifche Vorlage ungenau abgefchrieben fein? Der Text geht
meiftens mit B, hat aber auch mehrere Sonderlesarten.

3) LXX Pf. 90 [91], 5—16 aus Behnefa, Blatt des S./6. Jahrh., scriptio
continua. Hunt vermutet, daß das Blatt als Amulett gedient habe; er
verweift auf die Genfer Wachstafel, die Teile desfelben Pfalms zeigt.
Diefe Vermutung ift unbedingt zu billigen; ich verweife auf die Tatfache,
daß im Talmud der Pfalm 91 als ,Lied gegen die Dämonen' gilt (Blau,
Das altjüdifche Zauberwefen S. 95). Auch Infchriften von Kertfch, Syrien
(z. B. auf einem Türfturz) und in Turin zeigen die Beliebtheit diefes Pfalms
als eines Phylakterion. Textlich ift das Zufammengehen mit A, dem
Turiner Pfalter und dem zweiten Korrektor von X fowie die Abweichung
von B beachtenswert. Das Blatt ift den .kleinen Fragmenten', die Rahlfs,
Septuaginta-Studien II S. 14 fr. zufammengeftellt hat, hinzuzufügen (ebenfo
übrigens auch einige dort nicht verzeichnete Infchriften, befonders diejenige
aus Kertfch vom Jahre 491 mit LXX Pf 90 [91] und Teilen der
Pff 26, 101, 120).

4) Rom. 12,3—8 (6/7. Jahrh.); Gregory beziffert das Fragment
jetzt pi6. Bemerkenswert ift die Lesart TÖ ö'e xa& ev in V. 5, die fonft
wohl nicht belegt und als fekundär anzufprechen ift (fprachliche Glättung
des zaS-'elc). Die letzten, fragmentierten Buchftaben des Blattes find
noch nicht erklärt. Hunt meint, das nicht aus einem Kodex flammende
einzelne Blatt fei für den Zweck kirchlicher Anagnofe gefchrieben; ich
denke eher an die Übungsarbeit eines angehenden Klerikers: aus kop-
tifchen Oftraka wiffen wir, daß der Bifchof etwa die Aufgabe Hellte, Bibeltexte
zu fchreiben und ihre Rezitation einzuüben (Licht vom Offen 2/3
S. 160). Der Abfchnitt des Römerbriefes ift für diefen Zweck ja befonders
geeignet, und die von Hunt notierten Lefezeichen zwifchen einzelnen
Wörtern und Silben des Textes würden auch dafür fprechen.