Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1913 Nr. 20

Spalte:

636

Autor/Hrsg.:

Rücker, Adolf

Titel/Untertitel:

Über das Gleichnis vom ungerechten Verwalter 1913

Rezensent:

Bauer, Walter

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

635

Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 20.

636

manche Seele zerbricht, das ift doch das Problem; und mir fcheint, feine
Löfung liege immer in der Richtung, in der Jefus durch die Welt-
gefchichte gegangen ift: vom gefchichtlichen zum Chriftus-Jefus und von
ihm zu dem verklärenden Phantafiebilde. Träte das letztere erft vor die
Seele des heutigen Menfchen, wenn es als folches empfunden und bewertet
werden kann, fo könnte auch der heutige Menfch ohne innere
Zerriffenheit fich all feiner Schönheit erfchließen.

Düffeldorf. Kabifch.

Referate.

Schultze, Prof. D. Dr. Victor: 'JyS-fc. (Vortrag, geh. auf dem
3. internationalen Archäologenkongreß in Rom 10. 10. 1912.)
(20 S.) gr. 8°. Greifswald, Bruncken & Co. 1912. M. — 60
In einer kleinen, 18 Oktavfeiten zählenden Brofchüre be-
fchäftigt fleh der Verfaffer mit dem Fifchfymbol Chrifti, einem
Probleme, das fchon fo vielfeitig erörtert wurde und auch in der
jüngften Zeit zu wiffenfehaftlichen Unterfuchungen angeregt hat
(vgl.: Fr. Dölger, Das Fifchfybmol in frühchriftlicher Zeit, Rom.
Quartalfchrift 1910. — I. Scheftelowitz, Das Fifchfymbol im
Judentum und Chriftentum. Archiv f. Religionsw. XIV. — Ed.
Mahler, Theolog. Lit.-Zeitg. 1912 u. Zeitfchr. d. Deutfch. Morg.
Gef. Bd. 66. u. a.). Während man aber in allen diefen Unterfuchungen
mehr oder weniger die Frage zu beantworten fuchte,
woher es komme, daß der Fifch das Symbol Chrifti fei, will der
Verfaffer nachweifen, daß der Fifch urfprünglich gar nicht das
Symbol Chrifti war. Die Formel 'irjaovq XQiazbq Oeov Ylöq war
urchriftliches Gut, aus ihr ging die Kürzung IX0YC hervor, und
fo wurde dann der Fifch (— Y/Wc) die bildliche Wiedergabe des
Wortes.

Budapeft. Ed. Mahler.

Ziemer, Lic. Dr. Ernft: Jefaias 53 in der neueren Theologie. Ein

Überblick. (64 S.) 8». Kaffel, Edm. Pillardy 1912. M. 1 —
Die Schrift berichtet in drei Abfchnitten über 1. die text-
kritifche (S. 4—21), 2. die literarkritifche (S. 22—37) und 3. die
theologifche Arbeit an Jef. 53 (S. 38—62); die dargeftellten abzulehnenden
Auffaffungen werden meift mit Gründen anderer
Forrcher, kaum je mit eignen, widerlegt und die eigne Thefe
ungemein fchnell und leicht gewonnen. Gewährsmänner flnd
hauptfächlich König, Kloftermann und Orelli. Wirklich felbft Erarbeitetes
, Neues und Förderndes findet fich kaum. 53,1 redet der
Prophet mit Einfchluß des Volkes. Der MT wird wefentlich anerkannt
. Der 2. Abfchnitt läuft in der Hauptfache auf eine Ablehnung
aller Ausfcheidungen aus Jef. 40 ff. undaufBeibehaltung
wefentlichjefajanifcherAutorfchaftfür40—66 hinaus (!).
Gründe: Nah 2,12 f. Mi 7,7—13 zeigen, daß auch Zukünftiges in der
Weisfagung bereits als gefchehen gefchildert werden kann; 1. Reg.
13,2 (!) beweift die Möglichkeit der Vorherfagung auch von Namen
(Cyrus Jes 45,1); Mi 4,10 weisfagt in der affyrifchen Periode bereits
das babylonifche Exil — alfo ebenfalls etwas über feinen Gefichts-
kreis Hinausliegendes; endlich erfordert die Tendenz von Jef.
40—48 (Weisfagungsbeweis), daß da Weisfagungen und nicht fchon
Tatfachen vorliegen; ein Abfchnitt aus Kloftermanns Artikel in
Herzogs RE und ein Raifonnement über Delitzfchs Stellung zur
Sache fchließen diefe unglaublich oberflächliche Erledigung. Abfchnitt
3 bringt die alte meffianifche Deutung des Kapitels, nach
Ablehnung der übrigen. — Die ihrem Wert nach die Füllkrugfche
Arbeit (1899) nicht überragende Schrift enthält auch Flüchtigkeiten.
S. 24 wird für einen bei Sellin zitierten Nachweis Giefebrechts
mein Name genannt; im Literaturanhang figuriert Buddes
Schrift doppelt: 1. Budde, Minoritätsvotum; 2. Budde, Karl,
die fog. Ebed-Jahwehlieder. Gießen 1900!
Lobberich. Alfred Zilleffen.

Kipp, Paftor Julius: Das Hohe Lied oder die Hochzeitsfeier am
Libanon, nach dem Urtext metrifch überfetzt, mit erläuternden
Anmerkungen. (32S.) 8". Kollmarin Holftein 1913,Selbftverlag.

M. 1.20

Die dramatifche Behandlung des Hohenliedes erlebt hier
wieder einmal Auferftehung. Obgleich fie am Texte abfolut
keinen Anhalt hat und fich feit 1722 in allen ihren zu Dutzenden
vorhandenen Durchführungen immer nur felbft widerlegt hat,
formal-aefthetifch wie pfychologifch und dramatifch, fcheint fie
unausrottbar zu fein, gerade wie die allegorifche Mißdeutung.
Kipp hat aus diefen Perlen althebräifcher Liebeslyrik eine Art
Singfpiel erklügelt, deffen Inhalt die Liebe des reichen Spezerei-
händlers (!) Amminadab aus Jerufalem und der Weingärtnerin (!)
Sulamith aus einem Örtchen am Fuße des Libanon ift. Mit der

Naivetät des von textlichen und literaturgefchichtlichen Problemen
unbedrückten Dilettanten und ohne das geringfte Verftändnis für
dramatifch-pfychologifche Möglichkeiten baut er aus diefem Motiv
ein Bühnenfpiel auf, das aus einer Einleitung (!!), einem Hochzeitsabend
, 3 Hochzeitstagen und dem Tag der Wiederkehr der Hochzeit
befteht. Die alte Königs- und Hirtenhypothefe find darin
höchft phantaftifch zu einer höheren Einheit zufammengefaßt.
Das Ganze ift ein halb komifches, halb ärgerliches Gemifch von
Backfifchromantik und Philiftertum, modernifierende Verfchan-
delung von Meifterwerken antik-orientalifcher Erotik. Dagegen
muß im Namen der Dichtkunlt und des unverbildeten künft-
Ierifchen Sinnes Altifraels energifch proteftiert werden. Von der
religiös-theologifchen Verzerrung diefer Sammlung weltlicher
Lyrik will ich hier ganz fchweigen. Beides hat freilich diefelbe
Wurzel, den Mangel an Formenfinn. Es ift religiös gefchmacklos,
j in der Weife der alten jüdifchen Allegoriftik die gefunde Sinnlichkeit
diefer Erotik zum Träger tieffter Gedanken Gottes zu
machen. Man kann es angefichtsfolcherexegetifcherEntgleifungen
wie K.'s ,Hochzeitsfeier am Libanon' vom chriftlich-theo-
logifchen Standpunkte aus nur immer wieder bedauern, daß
Cant. von den Rabbinen kanonifiert worden ift.
Jena. W. Staerk.

Riicker, Priv.-Doz. Dr. Adolf: Über das Gleichnis vom ungerechten

Verwalter. (Lk 16, 1—13). (Biblifche Studien 17. Bd., 5. Heft.)
(III, 65 S.) gr. 8". Freiburg i. B., Herder 1912. M. 2 —

Rücker gibt im Anfchluß an und als Fortfetzung von J. Chr
Schreiters Historico-critica explicationum parabolae de improbo
oeconomo descriptio 1803 eine von kritifchen Bemerkungen begleitete
Gefchichte der Auslegung diefes fo oft gedeuteten und
fo fchmählich mißhandelten Gleichniffes. Die überaus zahlreichen
Verfuche, Sinn und Tendenz zu beftimmen, erörtert er
in drei Abfchnitten mit den Überfchriften: 1) Allegorifche
Ausdeutungen meift zeitgefchichtlicher Art, 2) Teilweife Aus-
fchaltung der Allegorie verbunden mit moralifcher Auslegung
3) Neuere Ablehnungen der Allegorie und ihre Kritik. R. trit
Jülicher zur Seite im Kampf gegen die Allegorifierung, findet jedoch
deffen Parabelbegriff zu eng. Er feinerfeits glaubt auch V. 9
zum urfprünglichen Beftande rechnen zu dürfen und hält V. 10
bis 13 für eine Sammlung von echten Worten, die Jefus bei anderer
Gelegenheit gefprochen habe. Als Sinn des Gleichniffes
Hellt er feit: ,Klugheit und Entfchloffenheit in der Sorge um die
Zukunft ift das, was Jefus feinen Anhängern bezüglich der Sorge
um ihre Zukunft empfiehlt; es foll fich bei dem Streben der
Chriften nach den himmlifchen Gütern ähnlich verhalten wie be
den Bemühungen des Verwalters um eine fichere Zukunft' (S. 63).

Eine zufammenhängende, die Einzelheiten berückfichtigende
Exegefe der ganzen Perikope wird nicht geboten. Doch hat das
auch nicht in der Abficht des Verf. gelegen. Der von ihm feiner
Schrift gegebene Titel erlaubt uns nicht, eine den Stoff völlig
erfchöpfende Behandlung des Gegenftandes zu fordern.
Marburg/Heffen. Walter Bauer.

Mirfat, Carl: Der Kampf um die Elirabethkirche in Marburg. Ein

Beitrag zur Gefchichte kirchlicher Simultanverhältniffe. (66 S.)

gr. 8°. Leipzig, Quelle & Meyer 1912. M. 1.60

Vorliegende Schrift, ein Sonderabdruck aus der Th. Brieger
zum 70. Geburtstage dargebrachten Feftfchrift: ,Aus Deutfchlands
kirchlicher Vergangenheit', führt uns ein intereffantes Stück
neuerer Gefchichte der altehrwürdigen Elifabethkirche zu Marburg
vor. Sie zeigt, wie die feit 1787 beftehende katholifche
Gemeinde Marburgs im Jahr 1810 zu Zeiten König Jeromes in
Nutznießung des Chors und der Nebenräume der bis dahin feit
der Reformation ausfchließlich lutherifchen Kirche kam, wie fie
1827 aus der Kirche wieder weichen mußte, und wie der im Jahr
1892 wegen Wiedergewinnungdes,Simultanrechtes' derkatholifchen
Gemeinde begonnene Prozeß anhub und ausging. Die Einzelheiten
, die in diefer gefchichtlichen Darlegung geboten werden,
bilden zufammen mit der kirchenrechtlichen Beurteilung, die
Mirbt feiner Arbeit beigegeben hat, einen wertvollen Beitrag zu
der verhältnismäßig noch wenig bearbeiteten Gefchichte der
Simultaneen, befonders zu dem intereffanten Kapitel: Wie Simultanrechte
entftehen können. Diehl.

Wunderle, DD. Georg: Die Religionsphilofophie Rudolf Euckens.

Nach ihren Grundlagen u. in ihrem Aufbau dargeftellt u. gewürdigt
. (Studien zur Philofophie u. Religion. 11. Heft.) (V,
119 S.) 8". Paderborn, F. Schöningh 1912. M. 3.20

Eine kritifche Darfteilung und Erörterung der Euckenfchen
Religionsphilofophie vom katholifchen Standpunkt aus. Zwei