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Ausgabe:

1913

Spalte:

33-36

Autor/Hrsg.:

Windelband, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Geschichte der antiken Philosophie. 3. Aufl., bearb. v. Adolf Bonhöffer 1913

Rezensent:

Pohlenz, Max

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur TitiUS und Oberlehrer Lic. Hermann Schuster

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hinrichs'fche Buchhandlung, Leipzig Halbjährlich 10 Mark

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dö. Jahrg. Nr. 2 ProfeflbrD. Titius in Göttingen, Nikolausberger Weg 66, rufenden. Jö. JailUar lylO

° Rezenfionsexemplare ausfchließlich an den Verlag.

Windelband, Gefchichte der antiken Philofophie
. 3. Aufl. (Pohlenz).

Völler, Mofe u. die ägyptifche Mythologie
(Herrm ann).

Cornill, Zur Einleitung in das Alte TeftameDt
(Nowack).

Pottgießer, Johannes der Täufer u. lefus
Chriftus (W.'Bauer).

Konrad, Johannes der Täufer (Derf.).

G schwind, Die Niederfahrt Chrifti in die Unterwelt
(Loofs).

Theodoret, Kirchengefchichte, herausg. von
Leon Parmentier (Koetfchau).

Eichmann, Kirche u. Staat I. Von 750—1122
(Werraingboflf).

Egranus, Ungedruckte Predigten, veröftentl.
von Buchwald (Cohns).

Holl, Luther und das landesherrliche Kirchen- Zeitfchrift für Gefchichte der Erziehung u. des

regiment (W. Köhler). Unterrichts. I. Jahrg. (Knoke).

Friefen, Die altevangelifche mennonitifche j Referate: Oriens Chriftianus, Neue Serie, I. Bd.,

Brüderfchaft in Rußland (Graß). 2 Hefte. — Staerk, Die Entftehung des Alten

Heffe, Infpektor Jofenhans (Bornemann). Teftamentes. — Römer, Die Gründung der

Schölly, Samuel Hebich (Derf.). Chriftengemeinde in Korinth. — Wieland,

Jörn, Samuel Hebich, der große Seelengewinner j Altar und Altargrab d. chrifti. Kirchen im

(Derf.). 4. Jahrh. — Creusen, Tabulae fontium

Eckardt, Der chriftlichc Schöpfungsglaube | traditionis christianae. — Horn, Leben u.

(Beth). Wirken v. Bifchof Joh. Jakob Efcher. —

Stern, Moniftifche Ethik (E. W. Mayer). War neck, Die Million in der Schule. —

Saitfchick, Wirklichkeit u. Vollendung (Stein- | Schäfer, Die innere Miffion in der Schule.

mann). | — Ein Beitrag zur akademifchen Miffions-

Eger u.Friedrich, Kirchenrecht der evange- j bewegung. Kabifch,Wie lehren w.Religion?

lifchen Kirche im GroßherzogtumHeffen. Bd. 2: j Mitteilung: (3) Neue Preisfrage der Teyler'fchen

Eger: Das geiftliche Amt, die Pflege des ! Theologifchen Gefellfchaft.

kirchl. Lebens (Schian). j Wichtige Rezenfionen. — Nettefte Literatur.

Windelband, W.: Gefchichte der antiken Philofophie. 3. Aufl.,
bearb. v.Prof.D. Adolf Bonhöff er. (Handbuch der klaff.
Altertumswiffenfchaft. V. Bd., 1. Abt., 1. Teil.) (X, 344 S.)
Lex.-8°. München, C. H. Beck 1912. Geb. M. 7.80

Als Windelband vor fünfundzwanzig Jahren für das
Handbuch der klafflfchen Altertumswiffenfchaft die Gefchichte
der alten Philofophie zu fchreiben unternahm, da
entwarf er, geführt von feinem genialen Blicke für das
Wefentliche in der Gefchichte philofophifcher Probleme,
ein Bild, das in großen Zügen die Entwicklungslinien
fkizzierte und alles Nebenfächliche in den Hintergrund
drängte. Man empfindet es, wie diefes Bild von einem
fubjektiv fchauenden Künftler entworfen ift, wie hier zwei
Figuren zu nahe zufammengerückt, dort zu weit ausein-
andergeriflen find, Licht und Schatten nicht immer ganz
richtig verteilt find, gelegentlich zwei Linien gewaltfam
zum Konvergieren gebracht werden. Aber es ift ein
einheitliches Werk eines wirklichen Künftlers und Kenners,
das nicht bloß durch feine Anfchaulichkeit und Über-
fichtlichkeit feinem nächften Zwecke vortrefflich diente,
fondern ein xrjjua es del ift l.

Wirkliche Änderungen vertragen folche Werke eigentlich
nicht. So hat die zweite Auflage nur kleine Nach-
befferungen erfahren. Die dritte, die jetzt nötig geworden
ift, hat der Verfaffer nicht felbft wieder übernommen
. Der Grund ift natürlich der, daß Windelband,
dem die alte Philofophie ja nur ein Ausfchnitt aus der
Gefamtentwicklung ift, nach anderer Seite zu fehr in An-
fpruch genommen ift. Aber ob nicht doch ein wenig das
innere Widerftreben des Künftlers gegen eine möglicherweife
nötige Änderung feines Werkes mitgefpielt hat?

Ein anderer ift alfo an feine Stelle getreten, eine
ganz andere Natur: Was wir an dem Verfaffer der
Epiktetbücher vor allem fchätzen, ift der Scharffinn und
die unbedingte Zuverläffigkeit, mit der er ein begrenztes
Gebiet bis in die kleinften Winkel durchforfcht. Was
ihn zum Studium der Stoa geführt hat, war wohl mehr
eine innere Neigung für diefes Syftem als das Intereffe
für die Probleme der Gefamtphilofophie. Aber gerade

l) Die erfte Auflage ift in diefer Zeitfchr. 1889 Sp. 273 von Dümmler
befprochen.

diefer Umftand mochte es ihm erleichtern, die fchwere
und entfagungsvolle Aufgabe der Nachfolge Windelbands
zu übernehmen. Denn fo konnte er eher deffen Ausführungen
fich anfchließen, als wenn er felbft von vornherein
überall eine fefte eigene Stellung gehabt hätte.

So hat er den ganzen Aufbau des Buches unverändert
gelaffen. Selbft bei fo anfechtbaren und angefochtenen
Punkten wie der Lostrennung des Pythagoras
von den Pythagoreern, des Leukipp von Demokrit hat
er fich begnügt, die Berechtigung diefes Verfahrens in
einer Anmerkung zu prüfen. Äuch fonft hat er auf weite
Strecken hin im Text fich mit formellen Befierungen begnügt
und die fachlichen Bedenken, die fich ihm aus
eigenem Studium oder der modernen Forfchung ergeben,
lieber in die Anmerkungen verwiefen. Natürlich ift dadurch
in das Buch eine Zwiefpältigkeit gekommen, die
für den empfindenden Lefer nichts weniger als erfreulich
ift. Aber Bonhöffer weiß das felber, und man muß
anerkennen, daß er, wenn er eben den Charakter von
Windelbands Buch wahren wollte, fich in einer Zwangslage
befand. Man kann es auch fogar als einen Vorteil
betrachten, wenn der Studierende fo im Text im ganzen
die einheitliche Auffaffung Windelbands lieft und daneben
mehr als es früher der Fall war, die andern Auffaffungen
kennen lernt. Die Polemik gegen ephemere Erfchei-
nungen jüngfter Zeit, die Windelband mit gutem Grunde
beifeite gelaflen hatte, würde man allerdings auch jetzt
gerne miffen.

Bonhöffer kommt von der Stoa her und hat, wie er
felbft hervorhebt, nur kurze Zeit gehabt fich auf dem
Gefamtgebiete einzuarbeiten. Da ift es kein Wunder,
daß er vielfach noch keine ganz felbftändige Stellung
hat, daß er fich oft mit einem Bericht über moderne
Anflehten oder, wo zwei Auffaffungen fich grundfätzlich
gegenüberftehen, mit einem ,medio tutissimus ibis' begnügt
. Und ebenfo natürlich ift es, daß fein Urteil
ficherer wird, je näher er feinem urfprünglichen Arbeitsfelde
kommt.

Immerhin fpürt man auch fchon in der älteren Periode
der Philofophie die beffernde Hand nicht selten, und z. B.
die Darftellung des Empedokles hat entfchieden durch
ihn gewonnen. — Im Abfchnitt über die griechifche Aufklärung
find die neueren Forfchungen über die Medi-

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