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Ausgabe:

1913 Nr. 1

Spalte:

517-519

Autor/Hrsg.:

Prat, F.

Titel/Untertitel:

La Théologie de Saint Paul. Ière partie, quatrième édition 1913

Rezensent:

Bauer, Walter

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5i7

Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 17.

wefen (Schriftwefen, gewerbsmäßige Schrift, graphifche
Erzeugniffe, Schriftenverwahrung); XII, Schule (Schulen,
Lehrhaus, Schulbetrieb). — Den Schluß bilden die für
alle drei Bände geltenden nicht weniger als 115 Seiten
füllenden Regifter (der Sachen und der Wörter: hebräifch-
aramäifch, fyrifch, arabifch, perfifch, griechifch, lateinifch),
durch welche die Verwendbarkeit der fonft unüberfehbaren
Fülle von einzelnen Angaben in dankenswertefter Weife
erleichtert wird. Wer das Buch viel benutzt, wird aber
gut tun das Sachregifter fich felbft zu ergänzen. Ich vermißte
z. B. Aberglaube III, S. 37 (Funken der Lampe) u.
III, 263 (nicht aus einem Bunde effen); Blendwerk III,
105—107; Brot, als Mittel beim Effen III, 51; Dämonen
(Abwehr) III, 283, Anm. 138; Eßtüchtigkeit III, 58. 6of;
Fuchs als Typus der Gemeinheit III, 10; Frau nimmt nicht
am Gaftmahl teil 111,41 f.; Heiden: Befuche bei ihnen III,
25, Gefchenke an H. III, 17, gefellfchaftlicher Verkehr mit

H. III, 37. 4i, Grüßen III, l$ heidnifche Arme III, 65;
Honigwein III, 54; Mahlzeit an Feiertagen III, 35; Ol: Salben
beim Gaftmahl III, 43. 5°, Einreiben der Hände nach
dem Mahl III, 62; Samaritaner: Verkehr mit S. III, 36. 41,
famaritanifche Bettler III, 66; Satan III, 101. 107.

Durch eine Anzahl von Beifpielen, denen leicht andere
hinzugefügt werden können, möchte ich zeigen, daß auch
bei dem Inhalte diefes Bandes die Vergleichung der hei-
lio-en Schriften förderlich ift und zwar für das Verftändnis
einerfeits diefer Schriften, andrerfeits der jüdifchen Altertümer
. Der Verfaffer hat zwar das Alte und das Neue
Teft. fleißig benutzt; er hätte aber beide viel häufiger
heranziehen können.

S. 4, zu den fittlichen Anforderungen vgl. i Timofh. 3,2 ff. und Tit.

I, 6 AT. | S. 6, Trinken aus der Hand, vgl. Rieht. 7,6. | S. 9 Kuß: Huldigungskuß
Hiob 31,27; Joabs Hinterlift 2 Sam. 20,9, Judaskuß Matth.
26,48; Kuß dem Gafte Luk. 7,45, Kuß beim Abfchied Apoftg. 20,37
(aber Luk. 15,23 und Joh. 12,2 find keine Abfchiedsküffe, gegen S. 257,
Anm. 263). | S. 10, 123 ,dienftbereit fein' Jef. 6,2. | S. n, Schlagen der
Wange (Matth. 5,39) vgl. noch Jef. 50,6. | S. 13 Anfang, Hals oder Nak-
ken zur Bezeichnung des Hochmuts: Hiob 15,26; Pfalm 75,6. | S. 13
Ende, ,I3rüfte, aus denen du gefogen haft': Luk. 11,27. | S. 15, fich verbergen
vor Vornehmen: Hiob 29,8. | Ss 16 "ihia vgl. Prov. 7,15. | S. 23,
zu Misna Kelim 12,2 vgl. Tit. 1,15. | S. 31, pflücken zum eignen Genießen
im Weinberge und auf dem Kornfelde: Deut. 23, 25. 26. | S. 52,
Brocken unter dem Tifche: Matth. 15,27 f'Z'a- I S. 55 Ende. Für das
Verftändnis des letzten Paflahmahles Jcfu mit feinen Jüngern ift es nützlich
zu wiffen, daß, wenn man nach griechifch-römifcher Sitte auf Polftern
zu Tifche lag (f. meine Anmerkung zu Misna Pesahim 10,1), die Einzelnen
kleine Tifche, N~pi vor fich hatten; vgl. auch Berakhoth 42b
(Krauß zitiert nur 46b). | S. 60, die befferen Weinforten wurden fpäter
angeboten, vgl. Joh. 2,10. | S. 64, heimlich, NS333., geübte Wohltätigkeit:
Matth. 6,1—4. | S. 107 f., die auf der Straße fpielenden Kinder: Matth.
11,16 ff. | S. 112 vgl. das Lofen um den ^atl>v Jefu Joh. 19,24.

Etliche andre Einzelheiten. S. 59, für das Alter der vier Becher
beim Paffahmahl vgl. Misna Pasahim 10,1.7. | S. 68, das Gefchichtchen
von dem Zechpreller ift mißverftändlich wiedergegeben: der Wirt wickelt
den Kerl wie einen Toten in eine grobe Decke nbsrra, wirft ihn vor
die Tür und erbittet dann von den Vorübergehenden Beiträge zu den
Beftattungskoften, bis das Geld für die Zeche beifammen. | S. 93, das
Mufikinftrument DYVW ift, wenigftens manchmal, fo groß gewefen, daß eine
ermüdete Klagefrau darauf fitzen konnte. S. 99. | S. 97 Ende, Ros ha-sana
28» hat auch der Münchner Codex 111)3 (nicht 11D3); es handelt fich
alfo um Dämonenvertreibung. | S. 100 ift ftatt ,Feindin' zu lefen ,Michal'. |
Zu den Lob- und Dankliedern, welche Königen und Vornehmen gefungen
wurden, vgl. Midrafch Pfalmen 2,12 "pStVil. — Endlich noch einige andre
Belege dafür, daß nil novi sub sole: S. 10 das Küffen des Schuhs, S. 86
Aolsharfe, S. 101 Fackeltanz bei der Hochzeit.

Zum Schluß freue ich mich mitteilen zu können, daß
gute Ausficht vorhanden ift, Prof. S. Krauß werde in zwei
weiteren Bänden die fynagogalen und die politifchen
Altertümer der talmudifchen Zeit behandeln. Der Gefell-
fchaft für die Förderung der Wiffenfchaft des Judentums
gebührt Dank für die für den Druck des wertvollen Werkes
bewilligten Geldmittel.

Berlin-Lichterfelde W. Herrn. L. Strack.

Prat. F., S. J.: La Theologie de Saint Paul, iere partie,
quatrieme edition. (II, 604S.) 19C9. fr. 6— — 2'eme partie
. (VIII, 579 S.) 1912. gr. 8°. Paris, Beauchesne
& Cie. fr. 7-50

Das Werk Prats über die Theologie des hl. Paulus
ftellt fich uns als eine höchft refpektable Leiftung dar.
Die beiden ftattlichen Bände mit ihren 604 und 579 Seiten
laffen uns den Reichtum des Inhalts ahnen. Und unfere
Erwartung, eine gründliche Behandlung des Gegenftandes
vorzufinden, fteigert fich, wenn uns ein erfter Blick lehrt,
daß in weiten Partien kleiner Druck den Inhalt komprimiert
. In der Tat hat der Verf. keine Mühe gefcheut
und fich eine erfchöpfende Erledigung des Themas angelegen
fein laffen. Wieweit er feinen Rahmen fpannt,
kann man beifpielsweife aus feinen Bemerkungen über
den Plural des Briefftils oder aus den Auseinanderfetzungen
über die Paulusbriefe als Schriftwerke erfehen. Die beiden
Bände, von denen der erfte offenbar mehr als Vorarbeit
gedacht ift, find fo angelegt, daß der eine die einzelnen
Briefe nach einander durchnimmt, der andere fich die
fyftematifche Darftellung der paulinifchen Theologie zum
Ziel fetzt.

Die Tatfache, daß unfer Verfaffer Jefuit, fein Buch
Beftandteil der Bibliotheque de theologie historique publice
sous la direction des professeurs de theologie ä l'in-
stitut catholique de Paris ift, laffen keinen Zweifel daran
aufkommen, in welcher Richtung die Löfung der Aufgabe
erftrebt wird. Sämtliche unter dem Namen des Paulus
gehende neuteftamentliche Schreiben mit Einfchluß der
Paftoralbriefe, des,Schwanengefangs' des Apoftels, werden
als einwandfreie Quellen verwertet. Aber auch der Hebräerbrief
findet eingehende Berückfichtigung. Hat ihn
auch Paulus nicht felber gefchrieben, fo flammen doch
die Gedanken von ihm. Ein Schüler des Apoftels hat
ihnen in der Zeit, da die Gefangenfchaftsbriefe ausgingen,
ihre Form gegeben. Die Apoftelgefchichte ift vollkommen
glaubwürdig; auch die Reden in ihr find in den gefchil-
derten Situationen wirklich fo gehalten worden. Der po-
fitiven Stellung zu den neuteftamentlichen Schriften ent-
fpricht der Einfluß, den die Tradition der Väter gewinnt.

Damit ift unfer abweichender Standpunkt gegeben.
Anderes kommt hinzu. Prat hat vollkommen richtig
erkannt und es feinen literarifchen Widerfachern fpöttifch
vorgehalten, daß Paulus weder bei Hegel noch bei Kant
in die Schule gegangen fei. Aber er bringt fich um die
verdienten Früchte diefer Einficht, wenn er feinerfeits von
der Vorausfetzung ausgeht, der Apoftel wäre ein orthodoxer
römifcher Katholik gewefen. Er nimmt feinen
Standpunkt im kirchlichen Dogma, deffen Inhalt durchaus
dem Evangelium des Paulus entfpricht, und verurteilt von
da aus ebenfofehr den Proteftantismus wie die Bemühungen
falfchgläubiger Gelehrter um das Verftändnis der Religion
des Apoftels. Wie die Auffaffung der Evangelifchen vom
Glauben voll Dunkelheit, Widerfprüche, ja ,galimatias' ift,
fo erfcheint bei den Proteftanten auch die paulinifche
Glaubenslehre als ein verworrenes Gebilde. Der katholifche
Glaubensbegrift dagegen ift klar und eindeutig. Und fo
findet der katholifche Forfcher auch bei dem Apoftel
vollkommene Harmonie.

Wird Paulus als rechtgläubiger Katholik behandelt,
fo wundern wir uns nicht, ihn im Befitz der trinitarifchen
Gottesvorftellung zu fehen, und zu hören, daß ihm Gott
und Chriftus identifch waren. Die nach Arianismus und
Apollinarismus fchmeckende, unter verfchiedenen Formen
im Proteftantismus lebendige Kenofislehre hat er nicht
vertreten. Von den fieben Sakramenten finden fich bei
ihm nur zwei nicht erwähnt: letzte Ölung und Buße. In
feinen Gemeinden war ein kirchlicher Katechismus im
j Gebrauch. So erklärt fich feine Einfilbigkeit bezüglich
| des Lebens und der Lehre Jefu.

Von Analogien aus der zeitgenöffifchen jüdifchen
Theologie und Religion verfpricht fich Prat wenig für die
Aufhellung der paulinifchen Verkündigung. Den Einfluß
der helleniftifchen Geifteswelt auf Paulus bewertet er fehr