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Ausgabe:

1913 Nr. 17

Spalte:

516-517

Autor/Hrsg.:

Krauß, Samuel

Titel/Untertitel:

Talmudische Archäologie. Bd. III 1913

Rezensent:

Strack, Hermann L.

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Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 17.

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fich dem Ziel foweit genähert hat, warm beglückwünfchen.
Der Band, den mittleren, vor kurzem auch von den beiden
Rhys Davids (Sacred Books of the Buddhists vol. III.
1910) überfetzten Teil des Dighanikäya umfaffend, enthält
eine Reihe wichtigfter Texte, wie das große Sutta von
Buddhas Eingehen in das Nirvana, von welchem Neumann
vor kurzem feparat eine Überfetzung veröffentlicht hat
(,Die letzten Tage Gotamo Buddhos' 1911); weiter das
überaus reizvolle und graziöfe Sutta ,die Fragen des Sakka'
— Gott Indras Befuch bei Buddha in deffen Felshöhle,
ein Lieblingsgegenftand der altbuddhidifchen Plaftik —,
und eine Reihe anderer Suttas, unter denen kaum ein
einziges eigner hoher Wichtigkeit ermangelt. Wie aus
diefen Texten das alte echte Bild der Buddhalehre hervortritt
, darüber wird es fchwer fein fchöner zu fprechen,
als N. (S, VIII) es tut. Ich kann es mir nicht verfagen,
feine Worte hier zu wiederholen. ,Aus den Trümmern
zweier Jahrtaufende treten fie (die Umriffe der buddhi-
ftifchen Gedankenwelt) hervor. Der Sonnenfchimmer und
Duft der Sage, mit dem fie umwoben find, löft fich und
wandelt fich unverfehens in lichte leichte Schleierwölkchen
und ift dann plötzlich ganz verfchwunden: die urfprüng-
lichen Gedanken des Meiders ftrahlen wieder allein, in
unvergänglicher Kraft und Schönheit'. . .

Die Überfetzung N.s ift wie ihre Vorgängerinnen be-
ftrebt, den weihevollen Ernft des Originals würdig wiederzugeben
: meift gefchickt und erfolgreich, meiner Empfindung
nach doch von Manieriertheit oft nicht frei.
Befonders wo Verfe begegnen, tritt manches Störende
auf, verfagt der Sprache die Leichtigkeit klaren Einher-
fließens. Ift es deutfch, wenn man in dem anmutigen
Liebeslied der ,Fragen des Sakka' lieft:

,Mich von dir löfen kann ich nicht,
Vom Angel wie kein Fifch es kann' —?
Oder ebendafeibft:

,Bei Hitze wie man Kühlung fucht' —?
Auch der philologifche Exeget hätte gegen manche
Stelle der Überfetzung recht ernftliche Einwendungen zu
erheben. Wie gegen die Überfetzung felbft fo auch gegen
die ausführlichen Anmerkungen, die N. diesmal ans Ende
eines jeden Sutta gefetzt hat, ,wo denn der wimmelnde
Kehricht nicht weiter fchadet und, darf ich raten, beffer übergangen
wird'. Diefem Rat zu folgen ift der Kritiker natürlich
nicht berechtigt. Er darf diefen Anmerkungen eine
recht ausgebreitete Belefenheit nachrühmen; die epigraph-
ifcheund archäologifcheLiteraturwird oft mitentschiedenem
Glück herangezogen. Viele Verfehen andrer werden treffend
berichtigt; auch ich habe für folche gelegentliche Korrekturen
meinen Dank abzuftatten. In der Behandlung phi-
lologifcher Probleme hat N. vielfach eine minder glückliche
Hand. Geradezu unerträglich aber ift hier, wie in
feinen früheren Arbeiten, der Ton, den es ihm beliebt in
feiner oft, wie mir Scheint, durchaus ungerechten Polemik
(ich denke z. B. an Äußerungen über die beiden Rhys
Davids) anzuschlagen, der Schwall von Wortungetümen,
in dem fich fein vergnügtes Keifen und Witzeln ergießt.

Es gehört noch zu den milderen Fällen, wenn er S. 508 gewine
Metaphern des von ihm überfetzten Textes geeignet findet ,auch Anan-
dapulakadevasenern oder göttlichen Wonnegrunzern ein klein wenig die
Augen zu öffnen' ufw. Was da gemeint ift, ob in den — pulakadeva-
senern vielleicht — wie man vermuten könnte, da N. dicht daneben den
höchften ätmä feiner Geringfehätzung verfichert — eine Bosheit gegen
Paul Deußen enthalten fein foll, weiß ich wirklich nicht und fühle keinen
Beruf Neumannphilologie zu treiben. Aber fragen möchte ich: verdient
das ,ftille, ernfte Geifterreich' der Buddhalehre nicht, daß, wer darüber
redet, fich edleren Gefchmackes, würdigeren Tones befleißige?

Göttingen. H. Oldenberg.

Heinifch, Prof. Dr. Paul: Das Buch der Weisheit. Überf.
u. erklärt. (Exegetifches Handbuch zum Alten Teftament
hrsg. v. J. Nikel. 24. Bd.) (LVII, 345 S.) gr. 8°. Münder
i. W., Afchendorff 1912. M. 5.80; geb. M. 7 —
Daß in diefem exegetifchen Handbuch zum A. T. auch

Weisheit, Jefus Sirach u. a. behandelt werden, kann man
nur billigen; denn diefe Schriftdücke, die unfere Kenntnis
des dem Chridentum vorangehenden und zeitgenöf-
fifchen Judentums vermehren, find wichtiger als manches
kanonifche Buch. Man möchte wünfehen, daß die prote-
dantifche Forfchung endlich diefem Beifpiel folgen würde.

In der Einleitung erwähnt H. die entscheidenden
Gründe, die für griechisches Original des Buchs der .Weisheit
' fprechen; der Vf. war nach der Anficht von H. ein
Alexandriner, der einige Jahrzehnte vor Philo fchrieb und
in erder Linie die treuen Juden tröden wollte, aber auch
heidnifche Lefer für den Monotheismus und für das Sittliche
Leben zu gewinnen Suchte. Energifcher als Philo
dand er auf dem Boden der alttedamentlichen Religion;
wenn er auch mit griechischer Bildung vertraut war, verzichtete
er doch im Gegenfatz zu Philo auf keine einzige
Lehre des A. T. Daß er eine Gegenfchrift gegen Kohelet
hätte Schreiben wollen, glaubt H. mit Recht nicht. Weiterhin
behandelt H. in der Einleitung die Frage der Einheitlichkeit
, die er bejaht, die Idee der Weisheit und ihre
Beziehung zu anderen Hypodafen in und außerhalb des
Judentums, den Gebrauch des Buchs im N. T. und bei
den kirchlichen Schriftdellern und die Überlieferung des
Textes.

Den in deutfeher Überfetzung gegebenen kleinen
Abschnitten folgt die Erklärung, die eine genaue Wort-
exegefe und gutes Verdändnis für den Inhalt verbindet.
Die alten Ausleger wie Augudin werden gebührend berücksichtigt
, die Verfionen und Varianten des Textes Sorgfältig
gebucht. Der Fluß des Kommentars id fad zu breit;
die Auseinandersetzung mit den Anflehten anderer beschäftigt
Sich mitunter auch mit wertlofen Vorschlägen.
Wichtigere Fragen wie die Deutung der Gottlofen cp. 2
auf die Epikureer, die meffianifche Faffung von 2, 12 ff.,
die Ähnlichkeit zwifchen 8,3 ff. und Xenophon Mem. II,
1,32 f., der Einfluß der griechischen Philofophie auf die
Lehre von der Weisheit find in Exkurfen befonders besprochen
. Den letzteren Gegendand hat der Vf. Schon
in einer früheren Brofchüre (Die griechische Philofophie
im Buche der Weisheit) behandelt; auch jetzt geht er die
griechischen Philofopheme von Xenophanes bis zur Stoa
durch und kommt zu dem Refultat, daß der jüdifche
Verfaffer die platonifche Weltfeele und den doifchen Logos
wohl kannte und auch einige Züge jener Vordellungen
verwendete, daß er aber feinen gebildeten Lefern eben
damit die Erhabenheit des jüdifchen Glaubens über griechisches
Wiffen erweifen wollte, während Philo beides zu
verföhnen fuchte. Gewiß dand der Verf. der Sapientia
dem A. T. und dem alten jüdifchen Glauben innerlich
noch näher als Philo; immerhin dürfte bei einem in Alexandrien
lebenden Juden der Einfluß der griechischen
Gedankenwelt doch därker betont werden, wie auch das
hellenidifche Sprachgut zur Erklärung des Textes noch
mehr herbeigezogen werden mußte. Im ganzen id der
Kommentar eine achtunggebietendeErfcheinung auf diefem
bisher noch wenig gepflegten Gebiet.

Tübingen. Volz.

KrauB, Prof. Dr. Samuel: Talmudifche Archäologie. Bd. III.
(Schriften hrsg. v. der Gefellfchaft zur Förderg. der
Wiffenfchaft des Judentums. Grundriß der Gefamt-
wiffenfehaft des Judentums.) (VII, 491 S. m. 7 Ab-
bildgn.) gr. 8°. Leipzig, Buchh. G. Fock G. m. b. H.
1912. M. 16 —; geb. M. 17—

Mit erfreulicher Schnelligkeit id den beiden erden
Bänden der ,Talmudifchen Archäologie' von S. Krauß
der dritte gefolgt. Auch für ihn gilt das in Th.LZ. 1911,
Nr. 20 gefällte Urteil: Bienenfleiß, daunenswerte Belefenheit
und gute Lesbarkeit. Er umfaßt die Abteilungen:
IX, Gefelligkeit (Umgangsformen, Mahl, Armenwefen); X,
Unterhaltung (Mufik, Spiele, Fede); XI, Schrift- und Buch-