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Ausgabe:

1913

Spalte:

504

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Hans

Titel/Untertitel:

Die religiöse Lyrik im Alten Testament 1913

Rezensent:

Staerk, Willy

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503 Theologilche Literaturzeitung 1913 Nr. 16. 5°4

der evangelifchen Kirche entfprechenden Weife noch zu-
fammenhalten kann. Im einzelnen handelt es fich ihm zu-
nächft um die Wünfche nach größerer Vertiefung der
gottesdienftlichen Formen, wozu Abrundung und Vereinheitlichung
gehört, und um ihre Bereicherung durch Aufnahme
von Ordnungen für neu entftandene Feiern fowie
durch Einfchaltung von Parallelformen. Ein befonders
ausführlicher Abfchnitt ift ferner dem Gemeindegebet gewidmet
; er ift geradezu zu einem felbftändigen Auffatz
erwachfen (S. 30—69), der das Kernftück des Heftes bildet
. Außer gefchichtlichen Hinweifen ift hier befonders

bemerkenswert, weil fehr aktuell, die Auseinanderfetzung j Perfon als folcher anerkennt, unbegründet. Die Frage
mit den Freunden des freien Gebets im Gottesdienft. ift alfo nur aus dem Wefen des Patronatrechts und der
Energifcher und genauer, als das fonft bisher gefchehen j juriftifchen Perfon zu entfcheiden. Nur folche juriftifche
ift, zugleich mit feinem Verftändnis für die Motive diefer | Perfonen können in Betracht kommen, die fähig find, fich

juriftifcher Perfonen handelnden Stellen des corpus iuris
canonici befprochen; dann werden die kirchenrechtliche
Wiffenfchaft bis zum Tridentinum, das Tridentinum
mit feinen Ergebniffen, und die Wiffenfchaft nach dem
Tridentinum bis zur Gegenwart behandelt. In einem
Schlußkapitel werden die Ergebniffe formuliert: Weder
im Corpus iuris, noch im Tridentinum, noch in einer fon-
ftigen gefetzlichen Beftimmung ift die Lehre von der
Patronatrechtsfähigkeit der abftrakten juriftifchen Perfonen
niedergelegt. Vorläufig ift die Lehre, daß das ka-
nonifche Recht die Patronatrechtsfähigkeit der juriftifchen

innerhalb des kirchlichen Rechtsgebietes zu betätigen.
Über das Ergebnis und die Beweisführung im einzelnen
läßt fich ftreiten; zugegeben muß aber werden, daß der
Verf. feinen Standpunkt in gediegener Weife verteidigt und
daß feine gelehrten Unterfuchungen, die erfreulicherweife
wieder einmal einen jungen deutfchen Juriften auf kano-
nifchem Gebiete tätig zeigen, volle Anerkennung verdienen.

Erlangen. Sehling.
Referate.

Evans, D. Tyffil, M. A., B. Sc: The Principles of Hebrew Grammar.

With Examples and Exercises for the Use of Students. Part. I.
Signs and Sounds Words and their Inflections. (XL, 392 u.
120 S.) 8». London, Luzac & Co. 1912. s. 7.6

Wieder einmal werden die Grundtatfachen der hebräifchen
Formenlehre in einem neuen Buche vorgelegt. Denn der Verf.
der obengenannten umfänglichen Arbeit entfaltet nicht Prinzipien,
fondern meift ,Grundzüge'. Er beanfprucht auch felblt keine
Originalität (p. VI), fondern hat nur darnach geftrebt, die grundlegenden
Tatfachen der hebräifchen Sprache auf eine klare und
fyftematifche Weise auseinanderzufetzen. Bei diefem Bemühen
die "in der "Formulierung verbindlich und daher un- ! maS inm auch mancher glückliche Treffer gelungen fein.

Stellung, weift B. eingehend ihre Schwächen auf. Wohl
kann ein ganz freigefprochenes Gebet in manchen Fällen
ein Gemeindegebet fein. Aber nur ausnahmsweife. In
normalen Verhältniffen ift Vorbereitung und lebendige
Reproduktion erforderlich. Das würde alfo mindeftens
zur Forderung der Ausarbeitung einer Privatagende führen.
Solche macht jedoch die Gemeinde immer noch zu ftark
vom Prediger abhängig. ,Das Gemeindegebet foll nicht
enthalten, was der Pfarrer allein bekennt, fondern was
die Gemeinde, was jeder mitfprechen kann' (65). Alfo
mag das freie Gebet bei befonderen Gelegenheiten berechtigt
fein, die Regel laute anders: ,Laßt doch nicht
auch noch das Gebet ganz abhängig fein von der Stimmung
, der Anfchauung, dem Urteil des Pfarrers!' (69). —
Ein letzter größerer Abfchnitt befpricht die allgemeine
Bedeutung einer Agende für das gottesdienftliche Leben.
Hier ftellt B. drei Forderungen auf: Kein Agendenzwang!
Keine Willkür! Freiheit der Geiftlichen, aber in be-
ftimmter Begrenzung durch die Rückficht auf die Ge-
meinfchaft der Landeskirche und der Einzelgemeinde,
fowie durch das eigene Gewiffen! Zu dem Gemeinfamen
zählt er auch einige Stücke von befonderer Bedeutung,

veränderlich fein follen:Taufformel,Spendeformel,Trauungs-
formel, Unfervater, auch ein formuliertes Credo. Auf die
Bekenntnisfrage lelbft geht er abfichtlich nicht ein. Diefe
Überficht über die klar vorgetragenen und fcharf disponierten
Gedanken mag zeigen, daß die Schrift wirklich diejenigen
Fragen herausgreift, die unfere Zeit als befonders
dringend empfindet, — wenigftens unter dem Druck der
theologifchen und kirchlichen Schwierigkeiten, der Spannung
zwifchen Individuum und Gemeinfchaft. Von anderen
Gefichtspunkten her könnten auch andere recht
wichtige Fragen in die Diskuffion geworfen werden. Aber
B. hatte das Recht der Wahl. Und neuerlich ift die maßvolle
Art, wie er feine Fragen behandelt, geeignet, Eindruck
zu machen. Ob das Verhältnis von Pfarrer und
Gemeinfchaft, von Gewiffen und Ordnung in allem einzelnen
zutreffend beftimmt ift, darüber werden Verfchiedene
verfchiedener Anficht fein. Für die badifchen Verhält-
niffe fcheint mir der Weg, zu dem er rät, fehr glücklich
gewählt.

Gießen. M. Schi an.

Jacobi, Priv.-Doz. Dr. Erwin: Patronate juriftilcher Perfonen
. (Kirchenrechtl. Abhandlgn. 78. Heft.) (XX, 172 S.)
gr. 8°. Stuttgart, F. Enke 1912. M. 7 —

Den Anlaß zu diefer Arbeit gaben dem Verfaffer
Bedenken gegen die herrfchende Lehre von der Patronatrechtsfähigkeit
der abftrakten juriftifchen Perfonen als
folcher; er will daher der Entwicklung der Patronate der
juriftifchen Perfonen im kanonifchen Rechte, insbefondere

in der kanonifchen Gefetzgebung und Wiffenfchaft nach- | Mugler, Dr. Edmund: Religion und Moral in der Bibel. Der Kampf
gehen. Aus zwei Wurzeln leitet der Verf. die Entftehung I um die ethifche Religion von Arnos bis Paulus. (99 S.) gr. 8U.
der Patronate ab, aus dem Eigentum und aus den Ge- Bonn, Carl Georgi 1912. M. 1.50

meinderechten. Eingehend werden die über Patronate | Eine aus zweiter Hand gearbeitete, populäre, recht gefchickt

Bonn. Ed. König.

Schmidt, Palt. Priv.-Doz. Lic. Hans: Die religiöfe Lyrik im Alten
Teftament. 1.—6. Tauf. (Religionsgefchichtl. Volksbücher.
IL Reihe, 13. Heft.) (52 S.) Tübingen, Mohr 1912.

M. —50; geb. M. —80
. H. Schmidt hat in diefer Skizze die fchwierige Aufgabe,
weiteren Kreifen auf wenigen Seiten das ästhetifche und inhaltliche
Verftändnis der religiöfen Lyrik des A. T.s zu vermitteln, mit
Sachkunde, feinem Verftändnis und in gewandter Darfteilung gelölt
. Sie ift ein fchönes Gegenftück zu feiner ,Gefchichts-
fchreibung im A. TV (Rel. V. B. II, 16). Er befchreibt zuerft die
beiden Arten der kultifchen Lyrik, das Lied der Gemeinfchaft
und das Lied des einzelnen Frommen, wobei er fehr gefchickt
die Vergangenheit durch Sitte und Brauch des modernen Orients
zu veranfehaulichen weiß. Die einzelnen Gattungen der kultifchen
Lyrik werden durch gute Proben in gewählter Überfetzung illu-
ftriert. Kap. III behandelt die Lyrik der Propheten. Hier wird
mit Recht auf die gewaltige Vertiefung der religiöfen Dichtung
Ifraels hingewiefen, die von der Prophetie ausgegangen ift. Am
Schluß werden einige unvergängliche Pfalmen' überfetzt und erklärt
. Im ganzen wird man Sch.'s Urteilen zuftimmen können,
im einzelnen freilich Fragezeichen fetzen müffen. Eine befondere
Gattung von ,Gerichtspfalmen' ift mir fehr zweifelhaft; Pf. 109
wenigftens gehört fchwerlich dazu. Manchmal geht Schm. in der
Ausdeutung der doch ftark konventionellen Sprache der Pfalmen
zu weit oder er verkennt den tiefern geiftigen Sinn einer Wendung
. Die Bedeutung der Ekftafe für das ifr. Prophetentum
wird m. E. in dem von Gunkel angeregten Forfcherkreife über-
fchätzt. Man follte lieber nicht von ,Traumlyrik' (S. 34) fprechen.
Warum foll Jes. 28, 1—4 einem Traum entflammen? Doch folche
fubjektiven Auffaffungen können den Wert der kleinen Schrift
nicht mindern.

Jena. W. Staerk.