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Ausgabe:

1913 Nr. 15

Spalte:

468-470

Autor/Hrsg.:

Waxweiler, E. (Ed.)

Titel/Untertitel:

Archives Sociologiques, Bulletins 1 - 22 de l’Institut de sociologie Solvay 1913

Rezensent:

Vorbrodt, Gustav

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Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 15.

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Überblick über die gefamte holländifche Theologie während
der letzten 50 Jahre vor fich hat. Alle theol. Probleme
der Neuzeit werden berührt und alle Schattierungen im
kirchlichen Parteileben find mit beftimmten Namen vertreten
. Intereffant ift es zu erfahren, daß eine Anzahl
von Radikalen, aus Gewiffensbedenken und aus Verzweiflung
an der religiöfen Aufklärungsfähigkeit des Volkes,
ihr Pfarramt niederlegten. Allmählich aber gewinnt eine
mehr konfervative Strömung die Oberhand: das Sünden-
bewußtfein kommt wieder zur Geltung und damit das
Verlangen nach Erlöfung und dem Erlöfer Jefus Chriftus.
Hiermit ift der Übergang gegeben zu dem beherzigenswerten
Schlußwort, indem ausgeführt wird: Chriftus ift der
Weg und die Wahrheit; in ihm müffen die verfchiedenen
kirchlichen Richtungen fichzufammenfmden, im Anfchluß
an die Gefchichte, d. h. an die Tradition der lebendigen
Kirchengemeinde, denn ihm gehört die Zukunft. — In
Holland, wo Staat und Kirche feit 1864 getrennt find
und wo man ftaatliche Kirchenbehörden nicht kennt,
herrfcht im allgemeinen ein reges religiöfes Leben. Jeder
gebildete Holländer wird daher dies flott gefchriebene
Buch von Br. mit Genuß und Nutzen lefen; ebenfo aber
auch jeder Deutfche, der fleh über die neuefte Entwicklung
der kirchlichen Verhältniffe in unferem Nachbarlande
genau unterrichten will. Ob fleh freilich eine Überfetzung
des ganzen Buches lohnen würde, dürfte fraglich fein.

Göttingen. Regula.

Encyclopaedia of Religion and Ethics. Ed. by James Hastings
M. A., D.D., with the Assistance of John A. Selbie, M.
A., D.D., and other Scholars. Vol. V. Dravidians —
Fichte. (XVI, 908 S.) 40. Edinburgh, T. & T. Clark
1912. s. 28 —

Der fünfte Band der rafch voranfehreitenden, in diefem
Blatt fchon einige Male befprochenen (1909, Nr. 12; 1910,
Nr. 12; 1911, Nr. 23; 1912, Nr. 10), durch fchöne und
folide Ausiftattung ausgezeichneten Enzyklopädie geht vom
Art. Dravidians bis zum Art. Fichte. Nach den früheren
Anzeigen dürften nähere Erörterungen über Anlage,
Charakter und Zweck des Werkes, die felbftverftändlich
die gleichen geblieben find, überflüffig fein. Von den
161 Mitarbeitern entflammen auch diesmal die meiften den
Ländern englifcher Zunge. Deutfchland ift durch dreizehn
Gelehrte (Brandt, Dorner, Eucken, Geffcken, Herbig,
Hillebrandt, Jacobi, Jeremias, Jolly, Lehmann, Radermacher,
Schräder, Völlers), Frankreich durch fünf (Carra de Vaux,
Ehrhardt, Foucart, Leger, Macler), Japan durch drei (Ane-
saki, Harada, Tashibana) vertreten; die übrigen Länder,
Dänemark (Jönsson), Griechenland (Porphyrios II), Holland
(De Boer), Oefterreich-Ungarn (Goldziher), Perfien (Dhalla),
Polen (Poznanski) haben je einen Verfaffer zur gemein-
famen Arbeit geliefert. Wiederum ftellen einige aus dem
Zufammenwirken einer größeren Zahl von Fachgelehrten
hervorgegangene Artikel wahre in knappfter Form verfaßte
Monographien dar: die beiden Artikel über die
Fefte zählen 31 Verfaffer, Ethics and Morality 18, Expiation
and atonement 16, Family 16, Fate 14, Education 10,
Dreams and Sleep 8, Dualism 7, Faith 6; einige Artikel
haben drei (Fall, Fetishism), andere zwei Verfaffer (Dwel-
ling, Eucharift, Eunuch, Evolution, Fafting). Die acht
Mitarbeiterinnen, die fämtlich Großbritannien, Irland oder
Amerika gehören, behaupten neben den Männern würdig
ihren Platz. Unter den Difziplinen, die fich einer ausführlicheren
Bearbeitung befonders erfreuen, müffen, dem
Programm des ganzen Unternehmens entfprechend, in
erfter Linie Anthropologie und Ethnologie, Religions-,
Sitten- und Kulturgefchichte, Archäologie und Folklore
genannt werden. Erwähnt feien u. a. aus der Religions -
gefchichte die Art. Druids (J. A. MacCulloch) Egyptian
Religion (W. N. Flinders Petrie), Etruscan Religion (G.
Herbig); aus der Ethnologie und Geographie: Dravidians

| (W. Crooke, R.W. Frazer), Feng-Shui (E.J. Dukes), Eskimos
(Radin, Gray), Ethnology (A. H. Keane), Europe (A. H.

! Keane); aus der Mythologie und Folklore: drei Artikel
von J. A. MacCulloch (Earth, Earthgods; Euphemism,

j Fairy), weiter Dwarfs and Pygmies (MacRitchic), Evil Eye
(F. T. Elworthy), Flinn Cycle (Maclean), Eddas (Jonsson);
aus der Archäologie, der Kultur- und Sittengefchichte:
Dress (A. E. Crawley), Drinks and Drinking (A. E. Craw-
ley), Eunuchs (L. H. Gray), Feet-washing (Frank Knight);
aus der Ethik und der Gefchichte fowohl der Ethik als
der Sitten, außer dem bereits oben angeführten reichhaltigen
Kollektivartikel, die Beiträge über Ethics (J. H.
Muirhead), Ethical diseipline (Annie E. F. Mac Gregor),
Ethical Idealism (J. B. Baillie), Ethical Movement (G.
Spiller). Für die Religionspfychologie und -Pathologie
werfen mancherlei Gewinn ab die Artikel Emotions
(Dorner), Euthanasia (H. J. Rofe), Experience (H. Maldwyn
Hughes), Faith-Heeling (W. F. Cobb), Fear (J. L .Meintyre),

I Feeling (W. Salmond), Female Principle (E. D. Starbuck).
Dankenswerte Beiträge liefern namentlich den Ausländern
die Artikel über englifche Verhältniffe: Edwards and the
New England theology (B. B. Warfield), Evangelicalism
(J. Stalker), Fabian Society (Stanley H. Turner). Der
zuletzt genannte Verfaffer hat fich um die Orientierung

[ über die wichtigften Probleme der Volkswirtfchaft durch
feinen Artikel Economics verdient gemacht. Die Zahl
der den theologifchen Difziplinen angehörigen Nummern
ift in diefem Bande gering; doch verdienen die Art.
Election (A. S. Martin), Eschatology (J. A. MacCulloch),
Eucharist (J. H. Shrawley, Hugh Watt) erwähnt zu werden.
Eine folche Erwähnung gebührt befonders dem wichtigen
Beitrag, den J. Iverach zur Erkenntnistheorie durch feinen
Art. Epistemology geliefert hat. — Durch die hier gegebene
Überficht ift das Verzeichnis der einzelnen Stücke keineswegs
erfchöpft; auch darf ein etwaiges Schweigen kein
ungünftiges Vorurteil gegen die nicht namhaft gemachten

I Artikel erwecken. Das Gefagte genügt, um von dem
Reichtum des auch in diefem Bande aufgefpeicherten
Materials einen Begriff zu geben. Möge das großartig
angelegte und tapfer durchgeführte Unternehmen fich des
Erfolges erfreuen, den es in hohem Maße verdient!

Straßburg i. E. P. Lobftein.

Archives Sociologiques, Bulletins 1—22 de l'Institut de
sociologie Solvay, herausgeg. von E. Waxweiler, gr. 8°.
Brüffel und Leipzig, Mifch & Thron 1910—12.

Für Ausland jährlich fr. 20 —

Das vom Großinduftriellen Solvay in Brüffel (vergl.
Notice biographique sur Ernest Solvay im Extrait de
,Nos Contemporains', Brüffel 1904) im Jahre 1902 begründete
Inftitut gibt monatlich (außer akadem. Sommermonaten
) einen ca. 20 Druckbogen ftarken Band heraus,
der vom foziologifchen Standpunkt einen Überblick über
die Difziplinen des ,biologifchen Organismus', d. h. der
Geiftes- wie Naturwiffenfchaften bietet. In jedem Bande
find jetzt zwei Hauptteile neben einer .Chronik des In-
ftituts', die über die Verfammlungen der einzelnen Infti-
tutsgruppen z. B. für Unterfuchungen der Kinderfoziologie,
für pfychologifche, hiftorifche, genetifch-eugenifche Unterfuchungen
Auskunft erteilt. Jene 2 Hauptteile bringen
a) ,neue Beiträge zu Archives sociologiques' und b) eine
Chronik wiffenfehaftlichen Betriebs.

a) Die .Beiträge' wiederum find verteilt unter 2 Rubriken
: 1. Einleitung zur Menfchen-Soziologie und 2.
diefe felbft, nämlichals foziale Akkomodation, foziale Or-
ganifation, Lehre und Methode. Da die Materien der Einleitung
hauptfächlich den Naturwiffenfchaften wie der
Energetik, Biologie und Phyfiologie — nur wenig der
Pfychologie — angehören, geht diefe Einleitung die Religionspfychologie
nicht fo fehr an. Dagegen bringen die
Beiträge zur menfehlichen Soziologie eine Menge von fozio-
i logifchen Belichtungen der neueren Erfcheinungen der