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Ausgabe:

1913

Spalte:

317

Autor/Hrsg.:

Liechtenhan, Rudolf

Titel/Untertitel:

Jeremia 1913

Rezensent:

Herrmannn, Johannes

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Seite 1

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3ijf Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 10. 318

Liechtenhan, Pfr. Lic. R.: Jeremia. 1.—5. Taurend. (Religions-
gefchichtliche Volksbücher f. die deutfche chriftl. Gegenwart.
II. Reihe, 11. Heft. Hrsg. v. F. M. Schiele.) (48 S.) 8". Tübingen,
J. C. B. Mohr 1909. M. —50; geb. M. —80

Lichtenhan hat den rechten Weg eingefchlagen, der es ermöglicht
, auch auf fo engem Räume ein ausreichend anfchau-
liches Bild von dem Leben und der Predigt des Jeremia zu geben:
er hat auf Polemik faß völlig verzichtet, und er hat den Profeten
möglichrt viel felbft zu Worte kommen laffen. Gleichfalls mit
Recht hat er von Auseinandersetzungen über die Echtheit der
einzelnen Stücke von vornherein abgefehen; er gibt einfach in
den Vorbemerkungen ein Verzeichnis der Stücke des Buches,
die er für unecht hält. Es find in 1-25 und 30-31 eine größere
Reihe zum Teil erheblicherer und umfänglicherer Stücke; von
den erzählenden Kapiteln 26—29 u. 32—45 will er in der Darfteilung
das hiftorifch Verwertbare namhaft machen; für 46-51 ift ihm
die Wahrfcheinlichkeit der Echtheit gering. Mit dem auf diefe
Weife abgegrenzten Material zeichnet Liechtenhan das Bild des
Jeremia. Er ordnet den Stoff fo an, daß der Lefer zugleich mit
der Darftellung der Predigt des Jeremia eine Skizze feines Lebens
erhält, und er macht die Predigt eben dadurch lebendig, daß er
ße möglichft mit den Schickfalen und der Umwelt des Profeten
in Verbindung bringt; auch durch pfychologifche Motivierung
im einzelnen fucht er die Ausbrüche des Jeremia dem heutigen
Lefer nahezubringen.
Breslau. J. Herrmann.

Hoffmann, Prof. D. Rieh. Adf.: Die Erlörergedanken des oeTchicht-
lichen Chriftus. (12 S.) gr. 8". Königsberg i. Pr., F. Beyer.
1911. M. 1.60

H. zeigt uns in feiner anfprechenden Schrift den hiftorifchen
Jerus als Erlöfer. Das ganze Berufsleben Jefu wird unter den
Begriff der Erlöfung gerückt und dargelegt, wie der Herr die
Menfchen befreien wollte von dem Satan und den Dämonen, von
der Naturgebundenheit, von Sünde und Schuld, von Sorge und
Menfchenfurcht, vom Mammonsdienft und, foweit es nötig ift,
auch von der Familie. Dagegen beftreitet H., daß Jefus feinem
Tode erlöfende Bedeutung zugefprochen hat. Das Sovvai rf/v yvyljv
avtov Xvtqov citri noXXwr Mc 10,45 verfteht er nicht von der
Hingabe des Lebens in den Tod, fondern von der Einfetzung des
Lebens, feiner Kräfte und feiner Arbeit für den Dienst an
anderen. Und in den Worten des Abendmahlsberichtes rd ci.ua . . .
to txywvöitevov vnsQ noXXtov Mc 14,24 findet er fpätere Gemeinde-
auffaffung. — Die Arbeit, welche charakterisiert ift durch ein Markes
Vertrauen zur lukanifchen Überlieferung, bietet mancherlei
Anregung, fordert aber faft noch öfter den Zweifel heraus.

Marburg Heften. Walter Bauer.

Schneege, Prof. Dr. G.: Goethes Spinozismus. (Pädagogifches
Magazin 455. Heft.) (III, 72 S.) gr. 8". Langenfalza, H. Beyer
& Söhne 1912. M. 1 —

Sch. erörtert die Spinozaberichte in Dichtung und Wahrheit,
die übrigen Äußerungen Goethes über Spinoza und feine ganze
Auffaffung des Spinozismus einerfeits, der Natur, Philofophie und
Metaphyfik anderfeits. Dabei gewinnt er das Ergebnis, daß Spinoza
für Goethes Entwicklung weniger bedeutet hat, als man oft
annimmt. Goethe hat feine Welt- und Lebensanfchauung im
Wefentlichen aus anderen Quellen gefchöpft; Spinoza, den Goethe
nie im vollen Sinne ftudiert, hiftorifch richtig ergründet oder gar
fich angeeignet hat, konnte ihm dabei lediglich an wichtigen
Punkten nachträgliche Beftätigung, gedankenmäßige Sicherung
und Verftärkung der inneren Gewißheit bieten. Das hat er allerdings
getan, aber in der fpezifirch deutfch-idealiftifchen Auffaffung,
die Männer wie Leffing und Herder erarbeitet hatten. Die Schrift
ift bei aller Knappheit doch untüchtig und ftützt fich auf eine
gute Kenntnis fowohl des Stoffes wie der Literatur.

Marburg a. d. L. Horft Stephan.

Voigtländer, Dr. Elfe: Vom Selbftgefühl. Ein Beitrag zur Förderung
pfychologifchen Denkens. (V, 119 S.) 8". Leipzig,
R. Voigtländer 1910. M. 2 —

,Eine ausgedehntere Literatur von einiger Brauchbarkeit über
die Selbftgefühle gibt es bisher nicht. Ein erfter dankenswerter
Verfuch, dieses dunkle Kapitel der Gefühlspfychologie begrifflich
zu durchleuchten', ift in der vorliegenden Schrift gemacht
worden. Diesem Urteil von Prof. E. Dürr (Grundzüge der Pfy-
chologie von Ebbinghaus II 374) kann ich zuftimmen. Das Selbft-
gefühl wird beftimmt als ,ein gefühlsmäßiges Wertbewußtfein
feiner felbft, das jeder mit fleh herumträgt und das Schwankungen
unterliegt' (19). Diefe gefühlsmäßige Wertung kann einfach in
fich beftehend erlebt werden; das ergibt das ,inftinktive< oder

,vitale' Selbftgefühl, auch das ,biologifche' genannt, fofern es ,aus
dem Blut, der Raffe, dem Leben kommt' (26). ,Es ift eigentlich
gar kein Selbftgefühl, fondern ein Gefühl einer Sicherheit, einer
Lebensfülle, einer inneren Berechtigung' (63f.), kann freilich auch
den Gefühlston der Dekadenz tragen. In nicht fo feft fundierte
Schichten des pfychifchen Lebens reichen die bewußteren
Formen des Selbftgefühls, die jenes naive beftätigen, aber auch
in Gegenfatz zu ihm treten können. Unterfchieden wird befon-
ders der Typus der Selbstbehauptung — Selbfthingabe und ethi-
fches Selbftgefühl. Dielen ,eigentlichen' Selbftgefühlen wird in
intereffanter Weife das ,Spiegelfelbftgefühl,' das Leben in der
,dritten Perfon' zur Seite geftellt; indes wird zum Schluß ,fich
felbft auch im Bild, als Rolle fpielen zu können', als Fähigkeit
jeder ftark wirkenden Perfönlichkeit hingeftellt (118). Wertvoll ift
die ftete Bezugnahme auf Geftalten der Literatur und des täglichen
Lebens, wodurch die Ausführungen zu ihrem Vorteil ganz
konkret werden. Sehr anfechtbar ift übrigens der Zufammenhang,
der Zwilchen Demut und religiöfer Ekftafe S. 59 konstruiert wird.

Göttingen. Titius.
Dunkmann, Pred.-Sem.-Dir. Lic. Karl: Der Kampf um das Bekenntnis
. Ein Kampf um Wahrheit, Freiheit u. Recht. Drei Reden
üb. die Bekenntniife der Landeskirche. (47 S) 8" Berlin
m. Warneck 1912. " m. —80

Wenn D. (jetzt v. Prof. in Greifswald) das Abweichen der
,gegnerifchen Theologie' von der reformatorifchen Frömmigkeit
daraus herleitet, daß fie dem Ideal des natürlichen Menfchen folge,
fo wollen wir uns gewiß mahnen laffen, nicht ftolz und felbft-
gerecht zu fein; aber ift in einem Buch wie etwa Herrmanns
Ethik der Ernft des Gesetzes und die Wunderbarkeit des Evangeliums
wirklich weniger erfaßt als in den Schriften der Väter?
Im übrigen ift aus D.'s Reden, da er wenig Sinn dafür hat, daß die
Kinder Gottes eine verfchiedene Sprache reden und fleh doch
verliehen können, für die Fragen feines Themas auch wenig
zu lernen. S. 7 Z. 1 lies unbekannt ftatt bekannt.
Berlin. H. Mulert.

Denzinger, Henr.: Enchiridion symbolorurn, definitonum et decla-
rationum de rebus fidei et morum. Ed. XL quam paravit
Clem. Bannwart, S. J. (XXXVII, 592 S., 8 u. 56 S.) 8". Freiburg
, Herder 1911. M. 5—; geb. M. 6—
Da die 1908 erfchienene zehnte Auflage diefer bekannten
und bewährten Quellenfammlung eine tiefgreifende Umgestaltung
erfahren hatte, find die Änderungen diefer Neuauflage, wie der
Herausgeber bemerkt, nicht bedeutend. Sie Hellen Erweiterungen
dar, die durch die Gefetzgebung Pius X. nötig wurden.
Göttingen. Carl Mirbt.

Mitteilung.

14. Endlich ift der Bericht über den Leidener Kongreß (Vgl.
Th. Ltz. 1912, Nr. 20—22) erschienen (Actes du IVe Congres International
d' Hiftoire des Religions, Brill, Leiden 1913). Die knappe
Form (172 S. gegen mehr als 780 des Oxforder Berichts) erklärt
fich z. T. aus der Kürze der Referate, fowie aus dem faft gänzlichen
Ausfall der DiskufTion. An den meisten Stellen ift der
Fundort der vollständig gedruckten Auffätze angegeben. T.

Wichtige Rezeniionen.

Von Lic. theol. Paul Pape in Berlin W. 57, Blumenthalftr. 18.

Btiüffl. Hinweist und Sendungen sind jederzeit erwünscht.
Thieme: Von d. Gottheit Christi (v. ESchaeder: ThLtbl 1911, 10; v.

HStephau: ThRdfch 1911,12; v.HRMackintosh: RevofThPhil 1912, nov).
Tfchackert: Die Entflehg. d. luther. u. d. reform. Kirchenlehre (v. Gloatz:

Studft 1912,3; v. WJMcGIothlin; Rev&Expos 1912, 2; v. AWaldburger:

SchwzThZ 1912, io).
Verweyen: Philofophie u. Theologie i. Mittelalter (v. LHeinrichs: Th

Rev 1911, 20; v. Walter: ThLtbl 1912, Ii; v. FSchönfteiner: AllgLtbl

1912, 10; v. FKropatfcheck: ZKgefch 1912, 4).
Ward: The eve of cathol. emaneipation (Athen 1912, 23march; Saturd

Rev 1912, 2march; v. WH: EnglllistRev 1913, jan).
Weber: Theologie als freie Wiffenfchaft (Katholik 1912, 3; v. Reiuhold:

AllgLtbl 1912, 12; v. FSawicki: ThRev 1913, 1).
Wobbermin: Der chriftl. Gottesglaube i. f. Verh. z. heutigen Philof. u.

Naturwfch. (v. PAlfaric: RevCrit 1912, 10; v. SHMellone: RevofTh

Phil 1912, may; v. MHebert: RevHistLitRel 1913, 1).
Zapletal: Das Buch Qohelet (v. FFeldmann: ThRev 1911, 20; IliblZ

1912, I; v. NSchlögl: AllgLtbl 1912, 9; v. HHolzinger: DtfchLtz

1913, 10).

Ziefche: Die Sakramentslehre d. Wilhelm v. Auvergne (v. BGeyer: Th
Rev 1911, 14; v. RProoft: RevBen^d 1911, 3I4; T. FKropatfcheck:
ZKgefch 1912, 4; v. OScheel; ZWfchTh 1913, 1).