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Ausgabe:

1913 Nr. 10

Spalte:

304-305

Autor/Hrsg.:

Hecker, Osw. Art.

Titel/Untertitel:

Religion und Politik in den letzten Lebensjahren Herzog Georgs des Bärtigen von Sachsen 1913

Rezensent:

Schornbaum, Karl

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Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. io.

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gelangt; wann wird da ,Ravenne' kommen? Strzygowskys
Anregungen haben bei L. erfreulichen Anklang in der
Hauptfache gefunden; er zieht die orientalifche, nur allzu
lange vernachläffigte Kunft kräftig heran und gibt am
Ende die Conclusion: nous sommes pour notre part, dis-
pose ä chercher sur la cöte d'Asie-Mineure et en itgypte
les origines de l'art chretien et les formes primitives qui
se sont developpees ä Constantinople et en Occident ä
partir du IVe siecle. Der erfte Band enthält zunächft
eine allgemeine Einleitung: Gefchichte der Archäologie,
chronologifche Aufzählung der Hauptwerke, Topologie
— mit vielen Blankoverweifen auf den Dictionnaire —,
eine fehr lehrreiche Würdigung der literarifchen Quellen
und ein kleines Lexikon von Definitions der Kunftaus-
drücke. Am Ende des Bandes S. 429 ff. folgt dann eine
geographifche Überficht über alle chriftlich-archäologifchen
Denkmäler unter Angabe der wichtigften Veröffentlichungen
, eine Skizze der jüdifchen Katakombenkunft
(S. 495 ff.) und eine nach den Fundftellen geordnete Überficht
über Katakombengemälde. Den Hauptteil des Bandes
aber bilden drei Studien über grundlegende Themata: die
Einflüffe — jüdifche, mithrifche, klaffifche, chriftliche; die
Katakomben und Kirchhöfe; die chriftlichen Bauten vor
dem Frieden. Die Studien haben wohl früher felbftändig
exiftiert, woraus es fich erklärt, daß die Darlegungen über
Synagogenbauten S. 117 fr. uns S. 340 ff. in erweiterter
Form wieder begegnen. Diefe drei Studien, befonders
die erfte und dritte, find im Gegenfatz zu der fonftigen
Knappheit eindringend und bringen den Lefer voll in die
Probleme herein: fie bedeuten auch eine gründliche Abwendung
von der früher beliebten, apologetifch fein fallenden
Betrachtungsweife und ftellen die chriftliche Kunft
entfchloffen in die jüdifche und heidnifche Umgebung
hinein. Die Zufammenftellung des Materials über Synagogengebäude
und über chriftliche Hauskirchen find fehr
dankenswert: daß L. noch an Gottesdienft im Atrium
und Euchariftie im Triclinium des römifchen Haufes
glaubt, ift angefichts feines fonftigen Materials verwunderlich
. Die Nachrichten über die Kirche von Cirta beweisen
gar nichts dafür. Übrigens vergißt L. S. 369 mitzuteilen
, wo diefe Nachweife flehen: daß fie auf S. 410
ausführlich gebracht werden, kann der Lefer noch nicht
wiffen. Durchaus zutreffend ift der Hinweis auf die lokal
verfchiedenen Wurzeln des Kirchenbaus refp. auf feine
Anpaffung an bereits vorhandene Bauformen. Eine Abbildung
der chriftlichen Bafilika von Tafkha wäre da doch
recht erwünfcht: S. 397 f. find die Klifchees vertaufcht:
das Prätorium von Musmieh ift als Bafilika von Chaqqa
bezeichnet und umgekehrt. Die Ausführungen über
S. Cecilia find nicht fehr klar und ohne den Artikel im
Dictionnaire kaum verftändlich. Das ift überhaupt das
einzige, was ich ernftlich an L.s Buch auszufetzen habe,
daß es nämlich zu viel als bekannt vorausfetzt, zu knapp
ift und mehr für Wiffende als für Lernende ausgibt.

Jena. Hans Lietzmann.

Hammler, Richard: Gregors VII. Stellung zu Frieden u. Krieg
im Rahmen feiner Gefamtanfchauung. Diff. (Greifswald.)
(78 S.) gr. 8°. Greifswald, J. Abel. 1912.

Diefe Arbeit gehört zu den nun fchon zahlreichen von
Bernheim angeregten Greifswalder Differtationen, die fich
bemühen, der Perfönlichkeit Gregors in möglichft objektiver
Unterfuchung gerecht zu werden. Sie fucht zu zeigen,
daß die Vorwürfe der Herrfchfucht, der Streitbarkeit,
Zweideutigkeit oder Hinterhältigkeit Gregor nicht, oder
doch nur in ganz geringem Maße treffen und was man
ihm mit einigem Rechte zum Vorwurf machen kann, fich
folgerichtig aus dem Syftem, das er übernahm, ableiten
läßt, dem Syftem, das man als das vergröberte auguftinifche
bezeichnen kann. Im Gefolge von Bernheims Abhandlung:
Politifche Begriffe des Mittelalters im Lichte der An-
fchauungen Auguftins, erörtert H. die Begriffe pax und

iustitia, discordia und superbia, bellum iustum und inius-
tum, pax falsa, wie fie fich bei Gregor finden, und legt
dar, daß fie durchaus an Auguftin orientiert find. Er
gibt ein Bild von der wirklichen Friedenliebe Gregors und
beweift, daß es ihm damit Ernft war; nur hatte die Friedensliebe
ihre Grenzen, wenn fie der Erreichung des
letzten Zieles im Wege ftand. Von folchen Gedanken
aus findet H. fogar wenn nicht eine Entfchuldigung, fo
doch eine Erklärung für Gregors unwürdige und unchrift-
liche Haltung in Sachen des deutfchen Bürgerkriegs. Es
ergibt fich auch aus H.s Ausführungen deutlich, daß für
Gregor in Kirche und Welt als oberftes Gefetz der Gehor-
fam gegen den Papft galt und daß ihm, um ihn zu erreichen
, jedes erlaubte Mittel recht war und daß ihm
manches erlaubt erfchien, was wir als fündig beurteilen
müffen. Mag es fein, daß der Perfon Gregors weniger
Menfchliches anhaftete, als wir ihr gewöhnlich schuld geben,
fo treten die Denkfehler und die Unchriftlickeit des päpft-
lichen Syftems nur um fo deutlicher hervor.

Kiel. G. Ficker.

Quellen und Forschungen zur Gefchichte des Dominikanerordens
in Deutfchland. Hrsg. von Paulus v. Loe u.
Bened. Maria Reichert, gr. 8°. Leipzig, Otto Harraffowitz.

6. Heft, Registrum litterarum Raymundi de Capua 1386—1399,
Leonardi de Mansuetis 1474—1480. Hrsg. v. Bened. M. Reichert.
(VII, 151 S.) 1911. M. 6 —

7. Heft. Registrum litterarum Salvi Cassettae 1481—1483, Barnabae
Saxoni i486. Hrsg. v. Bened. Maria Reichert. (VIII, 95 S.) 1912.

M. 4 —

Reichert beabfichtigt, uns allmählich die ganze Korre-
fpondenz der Ordensgeneräle mit der oberdeutfchen
Provinz Teutonia innerhalb des Zeitraumes 1386—1523,
foweit fie erhalten ift, vorzuführen. Von allen Briefen,
Erlaffen, Verordnungen, die vom General ausgingen, mochten
fie nun an eine ganze Provinz oder an einen einzelnen
Konvent oder an ein einzelnes Ordensmitglied gerichtet
fein, mußte der jeweilige Sekretär eine kurze Inhaltsangabe
in ein dazu beftimmtes Buch eintragen. Diefe
— leider eben nicht vollftändig erhaltenen — Regifterbände
bilden einen der wertvollften Beftandteile des Ordensarchivs
zu Rom. Daß ihr Inhalt jetzt allgemein zugänglich
gemacht wird, ift mit Freuden zu begrüßen. Der erfte
Eindruck, den man bei der Lektüre empfängt, ift der
Refpekt vor der Organifation und vor der Arbeitskraft
und Vielfeitigkeit des Generals, in deffen Händen tatfächlich
alle Fäden zufammenlaufen, und feiner Adjutanten. Der
Weg zum General ftand jedem Ordensmitglied frei, dem
geringen Laienbruder fowohl wie dem gelehrten Magifter
und ihren Vorgefetzten. Daraus ergibt fich — und das
ift der zweite Eindruck, den man erhält — eine große
Mannigfaltigkeit im Inhalt der Verordnungen. Eine große
Zahl der gerade in den beiden erften Heften enthaltenen
gilt der Förderung der Studien und der Reform. In
welchem Maße unferePerfonalkenntnis bereichert wird, wird
erft aus den Indices erhellen, die dem Schlußheft beigegeben
werden füllen. Diefes wird auch Genaueres über
die Handfchriften und eine zufammenhängende Verwertung
des Inhalts der ganzen Publikation bringen.

Zwickau i. S. O. Clemen.

Heck er, Priv.-Doz. Dr. Osw. Art.: Religion und Politik in
den letzten Lebensjahren Herzog Georgs des Bärtigen von
Sachfen. (IV, 128 S.) gr. 8<>. Leipzig, Quelle & Meyer
1912. M. 4 —

Perfonen, die fich der Zeitftrömung entgegenftellten,
verdienen immer Beachtung. Es find meift ftarke, ge-
fchloffene Naturen. Zu diefen gehört Georg der Bärtige.
Bis zu feinem Ende blieb er ein treuer Sohn feiner Kirche;
einen Wall fuchte er um fein Land zu fchlagen, um Luthers
I Lehre von ihm ferne zu halten. Aber es zeugt von der