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Ausgabe:

1913 Nr. 10

Spalte:

301-302

Autor/Hrsg.:

Poschmann, Bernhard

Titel/Untertitel:

Die Sündenvergebung bei Origenes 1913

Rezensent:

Windisch, Hans

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Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 10.

302

Parallelenmaterial etwas fehr Wertvolles einfügen können:
reichliche Heranziehung Philos und überhaupt der jüdifch-
helleniftifchen Literatur. Auch die Oden Salomos find
bereits öfters und mit Glück angeführt. Sehr gut war
W. weiter für die Erklärung von Hebr. vorbereitet. Hier
vor allem kommt es doch darauf an, daß der Ausleger
in der helleniftifch-jüdifchen Literatur genau belefen fei.
Vorzüglich hat W. die Theologie des Briefes, d. h. hier
hauptfächlich die Chriftologie, herausgearbeitet und in
einer Reihe von Exkurfen zufammengeftellt, auch die
Verwandtfchaft und den Abftand zwifchen Hebr. einer-
feits, dem fynoptifchen Jefus, Paulus, Johannes andrerseits
erwogen. In der Frage nach der Veranlaffung des Briefes
und nach feiner Leferfchaft tritt W. fehr entfchieden der
Auffaffung entgegen, als ob geborene Juden oder Heiden-
chriften, die einem irgendwie geftalteten Judaismus zu
verfallen drohten, angeredet würden: nicht eine äußere
Veranlaffung und Gefahr beftimmt die Richtung und den
Inhalt von Hebr., fondern das eigene Ingenium des Ver-
faffers und feine exegetifche Schulung. Als die unglück-
lichfte Beftimmung einer Adreffe erklärt W. mit Recht
Jerufalem.

So möge das Werk feiner Vollendung rafch entgegengehen
und den Weg in möglichft viele Hände finden.
Aber möge namentlich der Student, der es benützt, fich
immer fagen, daß er hier Material zur Exegefe in die
Hände bekommt, daß aber keineswegs die ganze Mühe
am Texte getan ift, wenn er fich des hier vorliegenden
Stoffes bemächtigt. Schwere und durch eigene Anftren-
gung zu bewältigende Arbeit beginnt erft auf der Grundlage
diefer Darreichung.
Wien. Rudolf Knopf.

Pofchmann, Prof. Dr.Bernh.: Die Sündenvergebung bei Origenes.

Ein Beitrag zur altchriftl. Bußlehre. [Aus: ,Vorlefungs-
verzeichn. d. Lyz. Hofianum zu Braunsberg'.] (66 S.)
8°. Braunsberg, Bender's Buchhandlg. 1912. M. 1.20

Der Verf. unterfucht in feiner forgfältigen Studie vor
allem die intereffante und fchwierige Frage, ob Origenes fich
in feiner Bußlehre von früherer Strenge zu fpäterer Milde
(von .Montanus' zu .Kallift', alfo umgekehrt als Ter-
tullian) gewandelt oder von Anfang an und ftets die
Sühnkraft der Buße für alle Sünden betont und anerkannt
habe. Während Funk, Harnack, Tixeront, Raufchen
und der Referent die erftere Anficht vertreten, geht P.,
Gelehrten wie Kirfch und befonders Stufler folgend, darauf
aus, die fcheinbaren Widerfprüche in den Äußerungen
des Origenes auszugleichen.

Daß es rigoriftifch klingende Sätze bei Origenes gibt,
leugnet P. keineswegs; vgl. z. B.Exhort. ad mart. 30, Comm.
in Jo. 28,15, in Matth, comm. ser. 114, i3_Hom. ad Jer,
De orat. 28,9. 10, aber er glaubt fie dadurch ihres wörtlichen
Sinnes berauben zu können, daß er nur die
Wiederholbarkeit der Taufe oder das erneute Eintreten
Chrifti mit feinen Sühnopfern und feiner Fürbitte darin
ausgefchloffen fein läßt, während die Möglichkeit der Abbüßung
durch den Sünder felbft damit nicht abgefchnitten
fei.

Bei einzelnen der genannten Stellen halte ich die Zu-
laffung diefes Hintergedankens für möglich; an anderen
habe ich Bedenken gegen die Exegefe P.s, fo vor allem bei

dem Ausfall des Origenes gegen gewifle Perfonen, die ihre priefterliche
Vollmacht dadurch überfchreiten, daß fie behaupten auch Götzendienft,
Ehebruch und Unzucht nachlaffen zu können, als ob durch ihr Gebet
für folche Frevler auch die Sünde zum Tode gelöft werden könnte (De
orat 28,8—10). Hier foll Origenes nach P. fich nur dagegen verwahren,
daß die Priefter folche Sünden nicht fchlechtweg durch ihr Ge-
b e t nachlaflen können, ohne daß die entfprechende Buße vorausgegangen
ift, und zieht auch hier das gewiß für fpäter maßgebende Fragment zu
I Sun herzu: <prjalv, ort iv 9v0tatf ov ovyx">QÖ> ccvzotg, zovzeoziv
£äp jtzr) dt epyiov xal ittzavoia? reXelag. Es werde alfo nur eine unzeitige
Löfung bekämpft und die Frage fei nur, welche Sünden ohne
weiteres .durch das Gebet des Priefters' vergeben werden können. Diefe
Einfchränkung fcheint mir nach wie vor unftatthaft, der Wortlaut fchließt

fie aus, und Origenes hätte in der langen Ausführung fie gewiß angedeutet
, wenn er fie vorausgefetzt hätte. Die Stelle klingt doch auch zu
flark an Tertullian de pudic. I ff. an; die verwandte Tendenz ift nicht
zu verkennen. Auch die 13, Jeremiahomilie mit ihren eingefiochtenen
Zitaten von Hebr. 6 und 10 fcheint mir reftlos von dem furchtbaren Ernft
jener rigoriftifchen Lehre erfüllt, die dem getauften Todfünder jede Hoffnung
nimmt; was anderwärts gelehrt oder angedeutet wird, ift hier mit
Abficht unterdrückt.

Ich kann die Widerfprüche aber auch nicht unerträglich
finden. Origenes ift in feiner Schriftftellerei wefent-
lich Bibelausleger, und die verfchiedene Beurteilung des
Todfünders fpiegelt nur die verfchiedenartigen Drohungen
und Anweifungen wieder, die fich in der Bibel finden. Was
P. im übrigen über die Abbüßung der Sünde, über Tod-
fünden, über das kirchliche Bußinftitut und feine Bedeutung
für den Entfündigungsprozeß ausführt, ift inftruktiv und
dankenswert und wird kaum Widerfpruch erfahren.

Leipzig. Hans Windifch.

Donceur, P., S. J.: Synopsis Scriptorum Ecclesiasticorum

ab a. D. 460 ad usum scholarum descripta. (2 färb. Bl.)
47.5xT40,5 cm. Mit Text (2 S.) 47,5x15cm. Leipzig,
J. C. Hinrichs, 1912. M. 2 —

P. Doncoeur S. J. vom theologifchen Seminar zu
Enghien in Belgien möchte den Neulingen in der pa-
triftifchen Wiffenfchaft ein mnemotechnifches Plülfsmittel
in die Hand geben. Zu diefem Zwecke hat er alles
Wefentliche auf einer 1 m 40 cm breiten und einen halben
Meter hohen Tabelle zufammengeftellt, die nach einem
faft raffiniert zu nennenden und doch einfachen Syftem
gegliedert ift. Ob der Erfolg beim Gebrauch die ficher
fehr große Mühe lohnen wird, wagt Referent nicht zu
entfeheiden, erkennt aber feinerfeits die fachkundige Art
der Eintragungen an. Ein paar Fehler find untergelaufen.
So muß es in der explanatio siglorum ftatt L Mesopotamiae
heißen: L Asiae minoris M Mesopotamiae, und das 2. allgemeine
Konzil (Konftantinopel) ift an der Stelle, wo man
es fucht, nicht eingetragen, fondern nur durch Doppelkreis
bezeichnet. In der Tabula alphabetica L Commodus
st. Commodius.

Gießen. G. Krüger.

Leclercq, Dom. H.: Manuel d'Archeologie chretienne depuis
Jes origines jusqu'au VHP siede. 2 vol. (V, 591 u.
[,681 S.) gr. 8°. Paris, Letouzey & Ane 1907.

fr. 20—; geb. fr. 22.50

Leclercqs Manuel1) ift zurzeit das einzige brauchbare
Handbuch der altchriftlichen Kunft: es umfpannt, wenn
auch keineswegs in gleichmäßiger Ausführung, das Gebiet
in feinem ganzen Umfang und übertrifft dadurch an
Brauchbarkeit v. Sybels .Chriftliche Antike', und ift mit
gründlicher Sachkenntnis und emfigftem Fleiß gefchrieben,
wodurch er das in Jahrg. 1906 Nr. 1 diefer Zeitfchrift gewürdigte
Handbuch C. M. Kaufmanns in den Schatten
ftellt. Der erfte Band führt allgemein in das Material und
vor allem in die Methode ein, der zweite behandelt die
einzelnen Kunftzweige: Architektur unter eingehender
Darfteilung der Technik wefentlich nach Choify, Malerei,
Mofaik, Plaftik, Elfenbein, Glyptik, Gold- und Emailarbeiten
, Glas, Terrakotta, Metallguß, befonders Lampen,
Münzen, Weberei, Miniatur, Kleinkunft. Die Darfteilung
ift immer anregend und reich mit Literaturnachweifen
unterbaut, aber vielfach zu knapp: das wird nicht feiten
durch Hinweife auf die ausführliche Darfteilung des Verf.
in Cabrols Dictionnaire d'archeologie et de liturgie ent-
fchuldigt; aber ein Verweis wie auf S. 241 des zweiten
Bandes betreffs der ravennatifchen Mofaiken auf den Artikel
,Ravenne' ftimmt den Lefer etwas wehmütig; der Dictionnaire
begann 1903 zu erfcheinen, jetzt ift er bis ,Chrisme'

l) Das Werk ift auf befooderen, erfichtlich gerechtfertigten Wunfeh
des Herrn Rezenfenten nachträglich eingefordert. Die Redaktion.