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Ausgabe:

1913 Nr. 10

Spalte:

291-292

Titel/Untertitel:

Christus. Manuel d‘Histoire des Religions par Joseph Huby. 4. éd 1913

Rezensent:

Bousset, Wilhelm

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291

Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 10.

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tieren, zu verftehen hat. Wichtig ift gegenüber der bislang
in Geltung flehenden Anficht, die alten Chinefen
hätten keine religiöfen Bilder gehabt, Laufers Nachweis,
daß es tatfächlich doch Abbildungen eben diefer fechs
kosmifchen Mächte, wenngleich nicht folche anthropomor-
pher Art, gegeben. ,The shapes of these images were
fbund by way of geometric construction, a jade disk
round and perforated representing Heaven, a hollow tube
surrounded by a cube Earth, a semicircular disk the
North etc. The West forms the only exception, being
worshipped under the image of a tiger, the first and
oldest example in China of a personal image of a deity'
(S. 121). In dem Brauche, die Jade-Bilder oder-Symbole
diefer Gottheiten den Toten in den Sarg zu legen, fpricht
fich nach Laufer die Vorftellung aus, daß der Menfch fie
im Tode mit fich nehme, überzeugt, im anderen Leben,
von denfelben Göttern betreut und diefelben Götter verehrend
wie vorher, in derfelben Weife wie auf Erden
weiterzuleben (S. 138 f.).

Auch eine Berichtigung doch wenigftens zum Schluffe
diefes Referats, das in feiner Kürze dem reichhaltigen
Werke natürlich nicht gerecht werden kann. S. 247 unterläuft
dem belefenen Autor, indem er einen anderen, Bushell
, berichtigen will, doch auch felber wieder ein Irrtum.
Das berühmte weiße Pferd (pai ma), von dem fich in der
Sammlung Heber R. Bishop im Metropolitan Museum of
Art in New York eine Nephritabbildung findet, ift nicht
in Beziehung mit Hsüan Tsang (geft. 664 n. Chr.) zu
bringen, fondern ift das büchertragende Pferd desPriefters
Käsyapa Mätanga, der im Jahre 67 n. Chr. mit budd-
hiftifchen Sutras nach China kam. Schon feit diefem
Jahre kennt man jedenfalls nach einer Notiz im Sze-wuh-
ki-yuen die Weiß-Pferd-PIalle (Pai-ma-sze) in Lo-yang, die
alfo nicht, wie Laufer angibt, nach einem Pferde des ganze
500 Jahre fpäter lebenden berühmten Indienpilgers ihren
Namen erhalten haben kann.

Coburg. Plans Haas.

Christus. Manuel d'Histoire des Religions par Prof.Jofeph
Huby, avec la collaboration de A. Le Roy et de L.
de Grandmaifon, L. Wieger, J. Dahlmann, A. Carnoy,
L. de la Vallee Poussin, C. Martindale, J. Mac Neill,
E. Böminghaus, A. Mallon, A. Condamin, E. Power,
J. Nikel, A. Brou et P. Rousselot. 4. edition. (XX,
1036 S.) kl. 8°. Paris, G. Beauchesne & Cie 1912. fr. 7—

Diefe katholifche Religionsgefchichte, die unter der
Leitung von Huby und der Mitwirkung zahlreicher Porfcher
erfchienen ift und die durch den Titel wie durch das
Chriftusbild auf der erften Seite sogleich ihr Bekenntnis
ablegt, fcheint in katholifch-franzöfifchen Kreifen ein gern
gelefenes Buch zu fein. — Nach einer kurzen allgemeinen
Einleitung werden auf den erften 585 Seiten nach dem
üblichen Einteilungsfchema die außerchriftlichen Religionen
behandelt, in der zweiten Hälfte des Bandes folgt die
Darftellung der ifraelitifchen und der chriftlichen Religion (in
ihrer Entwickelung bis zur Gegenwart). Es genügt, zur
Charakteriftik des Werkes einige Stellen herauszugreifen.
Unter den Hauptcharakteriftica der Religion der Primitiven
erfcheint: Croyance en un Pouvoir supreme, organi-
sateur et souverain du monde, maitre de la vie et de la
mort (p. 89). Höchft oberflächlich (auf ganzen vier Seiten
534—538) werden die Beziehungen zwifchen babylonifcher
und altteftamentlicher Religion behandelt. Auf keinem
höheren Niveau flehen die belanglofen Bemerkungen über
,orientalifche Religionen und Chriftentum' (392—398). Der
Buddhismus wird getadelt wegen ,1 incoherence et l'in-
suffisance de la dogmatique', aber findet bis zu einem
gewiflen Grade doch Anerkennung als une tres grande
chose. ,Sa regle monastique est sage.' Vom Hinduismus
hören wir fo gut wie nichts. Die Partien, bei denen
fich religiöfe Vorurteile weniger aufdrängen, find beffer

geraten. Zu loben ift z. B. die Abweifung der radikalen
Kritik Darmesteters am Avefta (183 fr). Natürlich wird
ein Einfluß des Parfismus auf das Judentum unter Berufung
auf Söderblom im großen und ganzen (mit Ausnahme
der Dämonologie) abgelehnt. Im ganzen leidet
auch diefe Religionsgefchichte an dem zu geringen Umfang,
der zur Verfügung ftand, zumal überall die Reflexion
und die Wertbeurteilung fich fo ftark vordrängt und den
knapp bemeffenenRaum noch weiter einengt. Die Literaturangaben
, die den einzelnen Abfchnitten beigefügt find,
find im großen und ganzen mit Umficht ausgewählt.

Göttingen.__Bouffet.

Kittel, Prof. Rud.: Gefchichte des Volkes Ifrael. iTlid.
Paläftina in der Urzeit. Das Werden des Volkes.
Quellenkunde u. Gefchichte der Zeit bis zum Tode
Jofuas. 2., faft vollftändig neubearb. Aufl. (Handbücher
der Alten Gefchichte I. Serie, 3. Abtlg.) (XII, 668 S.)
gr.8°. Gotha, F.A. Perthes 1912. M. 16 —

Der Neubearbeitung des zweiten Bandes der Gefchichte
Ifraels hat Kittel in verhältnismäßig kurzer Zeit die des
erften folgen laffen. Da gerade über die für diefen erften
Band in Betracht kommende Zeit feit feinem erften Er-
fcheinen 1888 ungewöhnlich reiches Material erfchloffen
ift, fo begreift es fich leicht, daß der urfprüngliche Umfang
diefes erften Bandes mehr als verdoppelt ift. Die
ftärkfte Erweiterung hat das Buch durch die Darftellung
der Gefchichte Paläftinas in der Urzeit auf S. 28—236 erfahren
, die zu fchreiben erft durch das in den beiden
letzten Jahrzehnten veröffentlichte Material möglich geworden
ift. Mit der eigentlichen Aufgabe, die fich K.
geftellt, hängt diefer Abfchnitt freilich infofern zufammen,
als uns hier die gefchichtlichen Verhältniffe vorgeführt
werden, welche die Kultur Kanaans bedingten, die Ifrael
vorfand, aber diefer Zweck hätte fich wohl auch durch
eine bei weitem knappere Darftellung erreichen laffen.
K. fcheint das felbft empfunden zu haben, daher wohl
der Untertitel: Paläftina in der Urzeit. Dankenswert ift
diefe Gefchichte des vorisraelitifchen Kanaan in jedem
Fall, da das hier verarbeitete Material den meiften Lefern
nur fchwer zugänglich fein wird. Das zweite Buch: die
altteftamentlichen Quellen zeigt, daß K. inzwifchen zu
verfchiedenen Problemen des Hexateuchs eine andere
Stellung eingenommen hat. Der Anfatz für J ift freilich
derfelbe geblieben, aber während er früher E einige Jahrzehnte
älter als J anfah, ift er jetzt der Meinung, daß uns
E einige Jahrzehnte, ja vielleicht ein Jahrhundert tiefer
als J führt S. 286. Dem entfprechend fehlt es nicht an
Stellen, in denen K. jetzt zugefteht, daß E, wenn es auch
noch eine felbftändige Tradition kannte und benutzte, doch
in andern Stellen von J abhängig ift und die von diefem
vertretene Tradition umgeftaltete. In gleicher Weife zeigt
der Abfchnitt über das Deut, daß K. umgelernt hat: die
Arbeiten von Staerk, Steuernagel und Puuko haben auf
ihn einen ftarken Einfluß ausgeübt. Dasfelbe gilt von
den Arbeiten von Gunkel und Greßmann über die Väter-
fagen: lehnt K. auch eine ganze Reihe der von Gunkel
angenommenen Zergliederungen ab, fo gefleht er doch
willig zu, daß die Patriarchenfagen nicht von Anfang an
in diefem Zufammenhang geftanden haben, fondern daß
es fich um eine Reihe einft felbftändiger Sagen handelt,
| die erft zu diefem Sagenkranz verknüpft find. Am ge-
ringften find die Anfchauungen über den Priefterkodex
modifiziert, immerhin iftK. auch in bezug auf ihn unbefangen
I genug, jetzt ohne weiteres zuzugeftehen, daß der lediglich
I im Exil und nach ihm entftandene Priefterkodex nur das
! Denkmal der Theorien und Beftrebungen der ifraelitifch-
I jüdifchen Spätzeit ift und für die Gefchichte des wirklichen
Volkes Ifrael in der Zeit feines gefchichtlichen Lebens
j keine Bedeutung hat S. 333, enthält P doch ,meift eine
jüngere und beabfichtigte Wendung der Überlieferung'
! S. 382.