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Ausgabe:

1913 Nr. 8

Spalte:

252

Autor/Hrsg.:

Moulton, J. H.

Titel/Untertitel:

Einleitung in die Sprache des Neuen Testaments. Auf Grund der vom Verfasser neu bearb. 3. englischen Aufl. übersetzte deutsche Ausgabe 1913

Rezensent:

Deissmann, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 8.

252

handelten Stücke als Predigttexte für Sonn- und Feft-
tage zufammen.

Wieder ganz anders ift die Arbeit von Holtzmann,
die Simons im Sinne von H. nach dem von ihm ftets
verbefferten Text eines Auffatzes in der ZPrTh. herausgegeben
hat. Hier liegt der Hauptnachdruck auf der
Exegefe, der minutiöfen hiftorifch-kritifchen Exegefe,
die es natürlich nie verabfäumt, die Perfon von Brief-
fchreiber und Empfänger mit warmen und klaren Worten
herauszuarbeiten. Daneben aber gibt H. eine Praktifche
Auslegung — Praktifch ift hier richtig mit einem großen
P gefchrieben, denn es handelt fich nicht um ein Urteil,
fondern um einen einheitlichen Begriff. Diefe Erklärung und
Auslegung ift nur nicht für die Gemeinde, wie die vorigen,
fondern für die Pfarrer, nicht für die Konfumenten, fondern
für die Produzenten oder die Reproduzenten. Immer
wieder erfcheint ein Rat für die Predigt, die Seelforge,
auch ein ermutigendes Wort für die ganze Pfarrersarbeit
wird eingefügt. Nur habe ich den Eindruck, als wenn
diefe Sätze mehr gelegentlich, in der Art von Gloffen
eingefügt feien, als daß fie den Zielpunkt der Vers für
Vers vorfchreitenden gefchichtlichen Auslegung bildeten.

Wäre es nicht richtig, der Praktifchen Auslegung eine
eigene Aufgabe und ihren befonderen Stil zu geben?
Dazu gehörte, daß fie von der gefchichtlichen nicht getrennt
, aber gefchieden würde. Jene bildete dann die
Vorausfetzung für diefe, diefe aber befänne fich auf
methodifche Grundfätze, um fich zur Würde eines eigenen
Faches zu erheben. Sie müßte dann den religiös-fittlichen
Gehalt größerer Schrifteinheiten mit gefchichtlichem und
religiös-pfychologifchem Werkzeug zu erheben fachen, um
dann auf der Linie der Ähnlichkeit fowohl der Lage wie
der Aufgabe in die Gegenwart hineinzuleiten. Dabei follte
fie fich nicht auf die Predigt befchränken, fondern das ]
Ganze der Pfarrersarbeit mit dem Ganzen der klaffifchen
Urkunde zu leiten, zu befruchten und mit Gedanken zu
füllen fachen. Und das alles gefchehe weniger in der
Weile, daß Einfälle zufammengeftellt, als daß mit Methode
Weifen der Verwendung gefunden werden. — Von folcher
Praktifchen Auslegung für den theologifchen Produzenten
unterfcheide fich dann die erbauliche für den religiöfen
Konfumenten, beide ,die erbauliche', wie die .Praktifche',
mögen dann wetteifern, welche die praktifchfte ift.

Heidelberg. F. Niebergall.

Referate.

Heyes, Repet. Dr. H. J.: Jofeph in Ägypten. 1. u. 2. Aufl. (Bi-
blifche Zeitfragen,gemeinverftändlich erörtert. 4.Folge,Heft9.)
(39 S.) 8°. Münfter, Afchendorff 1911. M. — 50

Der Verf. erörtert in fyftematifcher Anordnung, etwas breit,
aber in fehr vorfichtiger Weife, das Material, das uns die ägyp-
tifchen Quellen bisher zur Exegefe und zur hiftorifchen Beurteilung
der Jofephgefchichte geliefert haben, mit dem Refultat, daß
nichts die Glaubwürdigkeit des biblifchen Berichtes oder feine
Abfaffung zu Mofes Zeit ausfchließe. Er hütet fleh davor, gewiffe
Nachrichten mit den biblifchen zu identifizieren, fleht in ihnen
vielmehr nur Analogien und Illuftrationen, insbefondere verhält
er fleh gegenüber der Deutung der ägyptifchen Namen fkeptifch-
Behandelt find nur die Hauptfragen; zahlreiche Details aus dem
Kleinleben, z. B. Becherwahrfagung, Dauer der Balfamierung etc.,
verdienten aber wohl gleichfalls die Beleuchtung durch ägyptifche
Nachrichten. Die Verfaffungsänderung durch Jofeph fcheint mir
nicht ausreichend erörtert zu fein.

Halle a. S. C. Steuernagel.

Macalifter, Prof. R. A. S., M. A.:A history of Civilization in Pale-
stine. (The Cambridge manuals of science and literature.
Published by the Cambridge University Press. General Editors:
P. Giles, Litt. D., and A. C. Seward, M. A. Vol. 40.) (VIII,
139 S. m. 8 Abb. u. 1 Karte.) kl. 8". Cambridge University
Press 1912. s. 1 —

Macalifter hat die Ausgrabung von Gezer in Paläftina geleitet
, kennt die neuere Ausgrabungstätigkeit im heiligen Lande eben-
fo wie Land und Leute genau, und war daher hervorragend qualifiziert
, ein Buch, wie das vorliegende zu fchreiben. Er behandelt j

auf dem geringen Umfang von 130 Seiten die Themen: Palestine
and its earliest inhabitants. The later stone age in P. The pre-
Israelite Semitic occupations. The first struggle of West and
East. The Hebrew Monarchy. The captivities and after. The
Growth of religious consciousness in Israel. Roman and By-
zantine. The last struggle of West and East. Till yesterday.
Überall begegnet man einem auf Autopfie und Detailkenntnis
ruhenden, felbltändigen Urteil. Die Darftellung ift großzügig
und nicht ohne Humor. Die altteftamentlichen Fachgenoffen
werden das Buch mit großem Vergnügen lefen. Die Abbildungen
find fehr inftruktiv. Ob die Vermutung zu Fig. 1 richtig ift? —
Natürlich fehlt nicht eine Karte von Paläftina. Das alte Titelblatt
wie die ganze Ausftattung entfprechen dem Gefchmack der
Cambridge Univerfity Press.
Königsberg Pr. Max Lohr.

Moulton, Prof. D. Dr. J. H.: Einleitung in die Sprache des Neuen
Teftaments. Auf Grund der vom Verfaffer neu bearb. 3. eng-
lifchen Aufl. überfetzte deutfehe Ausgabe. (Indogerman. Bibliothek
, hrsg. von Herrn. Hirt u. Wilh. Streitberg. I. Abt.
I. Reihe. 9. Bd.) (XX, 416 S.) 8». Heidelberg, Carl Winter
1911. M. 7.20; geb. M. 8 —

Es war ein guter Gedanke Thumbs, die deutfehe Überfetzung
der in drei Marken Auflagen in der englifch redenden Welt verbreiteten
Prolegomena Moultons anzuregen. Die Verdeutfchung,
um deren Revifion fleh insbefondere Hävers und Thumb bemüht
haben, ift, da Moulton an zahlreichen Stellen gebeffert und
ergänzt hat, zugleich als 4. Auflage aufzufaffen und wird
hoffentlich bei uns den Erfolg haben, den die Vorlage verdientermaßen
in ihrer Heimat gehabt hat. Indem ich zur Charakte-
riftik des Werkes auf die Anzeigen der 1. und 2. Auflage der
Prolegomena (ThLZ. 1906 Nr. 8 und 1907 Nr. 2) verweile und
auf Einzelmarginalien verzichte, hebe ich hier nur noch hervor,
daß die ,Einleitung', fo fehr fie die ftrenge Forfchung weiterführt,
zugleich ein treffliches Studentenbuch ift.
Berlin-Wilmersdorf. Adolf Deißmann.

Völter, Prof. Dr. Daniel: Das Bekenntnis des Petrus u. die Verklärung
Jefii auf dem Berg. Nebft e. Anh. (64 S.) gr. 8U. Straßburg
, J. H. E. Heitz 1911. M. 2.50
Den Inhalt der Brofchüre bilden zwei Auffätze, die zunächft
in Teylers Theologifch Tydfchrift 1911 erfchienen waren. Der
erfte von ihnen behandelt das Bekenntnis des Petrus und die
Verklärung Jefu auf dem Berg. Er zeigt echt Völterfchen Geift
und läßt uns ebenfo die Neuheit der Ergebniffe wie die Kühnheit
der Beweisführung bewundern. Zunächft das Petrusbekenntnis
: Mt. 16, 17—19 flammt nicht von Jefus. Es ift eine tendenziöfe
Interpolation, die wahrfcheinlich zugleich mit Mt. 1 und 2 in das
Evangelium gekommen ift. In ihr tritt der judaifierenden Vor-
ftellung von Michael als dem Gefetzgeber der Kirche (Hermas
Sim. VIII) der fpezififch chriftliche Gedanke von Petrus als dem
Kirchenfürften entgegen. Mt. 16,18 polemifiert gegen Sim. IX.
Von den perfifchen Ameshas Spentas, deren einer Offenbarer
des Gefetzes und Türwächter des Himmels ift, gehen die Schlüffel
auf Michael, weiter auf Petrus über. In dem urfprünglicheren
Bericht über das Petrusbekenntnis bei Mk. beruht 8,31 die Lei-
densweisfagung auf Jef. 53. Mk. 8,36. 37 war urfprünglich die
Fortfetzung von 33, der Menfchenfohn von 38 zunächft nicht
Jefus. — Bezüglich der Verklärungsgefchichte Hellt Völter feil, daß
Mk. 9,12b ein durch Mk. 8, 31 hervorgerufener Zufatz fei. Das
Wort von dem zuerft kommenden Elias Mk. 9,11. 12 wird nur
von den 9,1 ins Auge gefaßten Verhältniffen ißaoilda xov &eov)
aus verftändlich. Es hat fleh alfo urfprünglich unmittelbar an
9,1 angefchloffen. 9,2—10 ift das legendarifche Seitenftück zu der
hiftorifchen Erzählung Mk. 8,27—9,1 9,11—13. Doch birgt es einen
gefchichtlichen Kern, wie Völter auf Grund von Berichten über
Erlebniffe, die man auf Schneebergen gehabt hat, glauben möchte.
In der Quelle, aus der es Mk. fchöpfte, hat es nicht neben, fondern
an Stelle von 8,27—9,1 9,11—13 geftanden.

Der zweite Auffatz, den Völter in feiner Schrift nur als
Anhang figurieren läßt, bekämpft von der eschatologifchen Rede
aus Harnacks Meinung, daß die lukanifchen Schriften fchon im
7. Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts entftanden fein könnten. Denn
fchon das Markusevangelium, wie wir es heute befitzen und es
dem Verfaffer des 3. Evangeliums vorlag, gehört der Zeit nach
70 an.

Marburg/Helfen. Walter Bauer.

Thiele, Th. G.: Neuzeitige Friedhof- u. Grabmalkunft. (Ausftellung
Friedhofkunft zu Stettin 1911.) Im Auftrage der Dürer-Ge-