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Ausgabe:

1913 Nr. 8

Spalte:

244-245

Autor/Hrsg.:

Workman, H. A.

Titel/Untertitel:

Methodism 1913

Rezensent:

Loofs, Friedrich

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Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 8.

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canonise en Lthiopie', fo hat einft d'Abbadie von der
Walatta Petros gefchrieben. Seine Vermutung hat fich
nicht beftätigt. Noch einmal hat die Volksftimme in
Abeffinien einen Menfchen heilig gefprochen, nämlich den
Zar'a Bürük, deffen Wunder den zweiten Teil des vorliegenden
Bandes bilden. Diefer Heilige lebte gegen
Ende des 17. Jahrhunderts. Seine Exiftenz ift auch durch
die aus den Jahren 1713I14 flammenden zwei Briefe
eines römifchen Sendlinges aus Abeffinien bezeugt. Die
vorliegenden fchriftlichen Aufzeichnungen über ihn find
erft in den letzten Jahren bekannt geworden. Flemming,
der an der deutfchen Gefandtfchaftsreife nach Abeffinien
im Jahre 1905 beteiligt war, hat dort in der Provinz
Gogäm eine Hf. mit den Wundern des Zar'a Bürük gekauft
, welche nun in der Kgl. Bibliothek zu Berlin liegt.
Die Abfchrift einer andern, dem in der abeffinifchen
Provinz Bur liegenden Klofter Endä Seiläse gehörenden
Hf. hat Conti Roffini heimgebracht, der in den Jahren
1900 oder 1901 als politifcher Beamter der erythraeifchen
Kolonie Kenntnis von derfelben erhielt. Beide Handfchriften
find in der vorliegenden Publikation verwertet, aber in
höchft unvollkommener und verkehrter Weife. Jäger
pruckt zunächft den Text der Berliner Hf. ab mit feinen
Fehlern und Unvollkommenheiten, verbeffert und konjiciert,
fo gut es geht, und — hinten flehen unter den von Conti
Roffini dort gefammelten Varianten feiner Abfchrift
beffere und z. T. zweifellos richtige Lesarten. Den denkbar
beften Text muß fich alfo der Benutzer auf Grund
des an den beiden Stellen mitgeteilten Materiales felbft
herftellen.

III. Ein Wort zur Würdigung des Inhaltes beider
Texte. In der Vita der Walatta Petros tritt der ge-
fchichtliche Hintergrund überall deutlich zu Tage trotz
der üblichen Ausftaffierung mit Wundern und andern
zweifelhaften Vorkommniffen. Walatta Petros felbft ift
eine durchaus gefchichtliche Perfönlichkeit. Zwar kommt
ihr Name in den gleichzeitigen Berichten der jefuitifchen
Miffionare bis jetzt nicht vor. Dies ift um fo verwunderlicher
, als fich der Patriarch Mendez nach der Vita um
ihre Bekehrung zum römifchen Glauben ernftlich bemüht
hat. Vielleicht aber kommt doch ihre Perfönlichkeit
vor bei Barradas ed. Beccari S. 258, wo gefagt ift, daß
die abeffinifchen Mönche und Nonnen manchmal das
Mönchsgewand fahren laffen und zur Welt zurückkehren,
und dann auf das Beifpiel der Frau des Belatina Goita
Melcha Christös hingewiefen wird, welche zur Zeit des
Verfaffers ihren Gemahl verlaffen habe, Nonne geworden
fei, fich in die Wüfte zurückgezogen habe und dann an
den Hof zurückgekehrt fei. Daß der Ehemann Malke'a
Krestos bei Barradas als belättiengietä, in der Vita dagegen
als liqa mamäkert bezeichnet wird, ift kein unüberwindliches
Hindernis der Identifikation. Es begegnen
fonft in der Vita manche auch bei den gleichzeitigen
abendländifchen Schriftftellern erwähnten Geftalten, fo
z. B. die treue Katholikin Walatta Gijorgis. An ihr foll
Walatta Petros einen erfolgreichen Bekehrungsverfuch
gemacht haben. Das fleht allerdings in geradem Widerspruch
zu dem, was Mendez IX, 335—341 über diefe
Märtyrerin des römifchen Bekenntniffes zu berichten weiß.

Auch Zar'a Bürük ift eine gefchichtliche Perfönlichkeit
. Von dem über ihn Berichteten dürfen wir wohl als
gefchichtlich in Anfpruch nehmen, daß er das Tabakrauchen
, das offenbar nach türkifcher Manier (S. 191:
Feuer und Waffer) geübt wurde, ja den Bau und alle
Berührung diefes Krautes verboten hat. In dem Texte
von Endä Seiläse findet fich noch eine volkstümliche
Legende über den Urfprung des Tabaks, die von dem
Genuß abfchrecken foll. Sie follen nicht ,trinken das
verfluchte Blatt, welches aus Judas als ein verfluchter
Baum hervorfproßte, als er fich erhängte und ftarb,
40 Tage darnach' — ,wenn er trinkt das verfluchte Blatt,
das in den Eingeweiden des Judas, des Kindes des Verderbens
, fproßte'. Conti Roffini hat diefe Ausdichtung

von Act 1,18, welche die verfchütteten Eingeweide der
Pädagogik nutzbar machte, auf S. 218 dahin mißver-
ftanden, es werde dem Rauchen jüdifcher Urfprung zu-
gefchrieben. Übrigens ift, wie der ungefüge Text beweift,
diefes Plus des Textes von Endä Seiläse eine fpäte
Wucherung.

Beide Texte haben den Wert, daß fie die abeffinifche
Bevölkerung, ihre Sitten und ihren religiöfen Zuftand
charakterifieren. In letzterer Hinficht ift höchft bezeichnend
, daß dem Heiligen einige Male verheißen wird,
jeder, der zu ihm in Beziehung trete und feine Zuflucht
zu ihm nehme, werde gerettet, felbft wenn er Heide,
noch ungläubig und ungetauft fei S. 180, S. 195, S. 242.
Das entfpricht ganz den heutigen Verhältniffen in Abeffinien
, wo der Muslim auch die chriftlichen Heiligen und
die Maria verehrt und anruft. Das darf er natürlich nicht
vergeblich tun. Hinfichtlich des Zar'a Bürük beruhigt
alfo unfer Text jeden Lefer; dies beweift aber, daß
folche Religionsmengerei nicht erft das Produkt der
Neuzeit ift, fondern fchon feit einigen Jahrhunderten getrieben
wird. Die bezeichnendfte und auch noch in
anderer Beziehung intereffante Stelle ftehe hier zum
Schluß. Gott befiehlt dem Heiligen an die Grenze des
Weltalls zu treten und mit dem Atem feines Mundes
einen Hauch des Erbarmens über die vier Himmelsrichtungen
ausftrömen zu laffen. ,Und wiederum fagte
er zu ihm, daß durch diefes Blafen geheiligt werden
die Völker, welche nicht auf feinen Namen getauft find,
und es foll ihnen [dienen zur Taufe und foll ihnen] fein,
als ob fie getauft wären aus Waffer und heiligem Geift,
wenn fie am Tage ihres Todes ihre Zuflucht nehmen zu
der ihm gewordenen Verheißung und Erbarmen von
dem Herrn, feinem Gott, erbitten in dem Namen feines
Geliebten, des feiigen und heiligen Abuna Zar'a Bürük.'

Daffenfen, Kr. Einbeck. Duenfing.

Wo r km an, H. A., D. Lit: Methodism. (The Cambridge
manuals of science and literature. Vol. 41.) (VII, 133 S.)
m. 1 Abb. kl. 8°. Cambridge, University Press. 1912.

s. 1—

Der Verfaffer diefer Skizze hat 1909 eine zweibändige
New History of Methodism veröffentlicht, die viel Anerkennung
gefunden hat. Man verlieht daher, daß er dies
Büchlein als ,an inadequate sketch of a great fheme' anfleht
(S. 127). Aber nur unter diefem Gefichtspunkt kann ich
ihm zuftimmen. Das freilich halte ich für wahrfcheinlich,
daß viele Lefer, die diefe Darfteilung gelefen haben, an
ihr nicht genug haben und nach mehr verlangen. Aber
kann eine Skizze fich einen größeren Erfolg wünfchen?
Der Verfaffer hat mit dem Gefchick des Kenners vermieden
, fich bei Kleinigkeiten aufzuhalten. Er hat auch
nicht nur trockene Erzählung gegeben: das erfte Kapitel
(The Eighteenth Century, S. 1—24) gibt eine gefchickte
Schilderung des Schauplatzes, das zweite (John Wesley,
S. 25—67) hat feinen Glanzpunkt in den feinfinnigen
Ausführungen über die Stellung Wesleys und feiner Ge-
meinfchaft zur Staatskirche (S. 57—67; was S. 53 über
Wesleys Stellung zur Philofophie der Zeit gefagt wird, ift
angreitbarer). Die weiteren drei Kapitel (III Methodism in
America and beyond the Seas, 68—87, IV The Divisions
and Re-unions of British Methodism, 88—106, V The
Theology and Polity of Methodism, 107—128) führen die
Gefchichte des Methodismus in großen Zügen bis zur
Gegenwart. S. 129 f. folgt eine ,select bibliography', dann
(S. 131—133) ein Index. — Das Büchlein verdient weitefte
Verbreitung. Ohne panegyrifch zu fein, wird es doch
jeden verftändigen Lefer mit Refpekt vor dem Methodismus
erfüllen, der jetzt wohl die ftärkfte aller evangelifchen
Kirchengemeinfchaften ift. Das Kapitel über die Theologie
und Verfaffung wird den Lefer davor bewahren,
extravagante und doch befchränkte Vorftellungen von .Bekehrung
' und .völliger Heiligung', wie man fie bei me-