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Ausgabe:

1913 Nr. 8

Spalte:

231-233

Autor/Hrsg.:

Larfeld, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Griechisch-deutsche Synpose der vier neutestamentlichen Evangelien nach literarhistorischen Gesichtspunkten und mit textkritischem Apparat 1913

Rezensent:

Hoffmann, Richard Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1913 Nr. 8.

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danke rindet, daß wir keinen ficheren Anhalt dafür haben,
daß diefe Vorftellung fchon der vormofaifchen oder mofa-
ifchen Zeit zugehört, daß fie vielleicht erft auf Paläftinas
Boden den Israeliten bekannt geworden ift, findet fich
S. 180 die Meinung, daß das Nebeneinander von Scheol-
vorftellung und von Dichotomie der menfchlichen Perfön-
lichkeit, die mit jener eigentlich nicht verträglich ift, fich
nur fo erklärt, daß die alte Scheolvorftellung in Israel
bereits feft eingewurzelt war, als die dem Jahvismus
eigentümliche Dichotomie fich durchfetzte. Diefe beiden
Sätze bergen Schwierigkeiten, die einer Erörterung bedürfen
. Ich verweife ferner auf die Behauptung S. 28,
daß im Jahvekultus fchwerlich jemals andere als Jahve-
bilder geduldet feien, und die andere auf S. 51, wo K.
beftreitet, daß der Nehustan, der bis Hiskia im
Tempel verehrt wurde, ein Jahvebild war; auf die
Deutung von Ez. 20,25 f., wo der Prophet die Opferung
der Erftgeburten zu den nicht erfprießlichen Satzungen
rechnet, die Jahve felbft dem Volk zur Strafe für feinen
Abfall gegeben habe, was nach K. wahrfcheinlich fo zu
verftehen fei, daß das Gebot, die Erftgeburt des Viehs
zu opfern, Anlaß geworden fei zu dem Wahn von der
Wohlgefälligkeit der Menfchenopfer. Zu Pf. 82,1 ff. vertritt
K. den Gedanken, daß es fich bei den bne elöhim
um Untergötter handelt, die unter der Ägide Jahves fich
gleichfam als Unterkönige an der Weltregierung beteiligen
. Mit Recht betont K. auch, daß in diefer Vorftellung
von Untergöttern der Glaube an die Realität
der einftigen Volksgötter nachwirkt, wenn K. aber dann
aus der Tatfache, daß diefe Vorftellung von Untergöttern
dem Jahvismus ein- und untergeordnet ift, den
Schluß zieht, daß fie unmöglich als ein Überreft des
einftigen Henotheismus oder gar eines einftigen Polytheismus
betrachtet werden kann, fo ift die Notwendigkeit
diefes Schluffes fchwerlich jedem einleuchtend. Doch
das alles find Ausftellungen, welche den Wert der Arbeit
von K. nicht ftark beeinträchtigen und unfer Urteil nicht
erfchüttern können, daß fie in trefflicher Weife in den
jetzigen Stand der altteftamentlichen Theologie einzuführen
vermag. Möchte fie viel Lefer finden, welche mit
demfelben Mut und der gleichen Befonnenheit wie der
von vielen geliebte und verehrte Verf. den Problemen
nachgehen.

Straßburg i. E. W. Nowack.

Larfeld, Prof. Dr. Wilhelm: Griechifch-deutlche Synopre
der vier neuteltamentlichen Evangelien nach literarhifto-
rifchen Gefichtspunkten u. mit textkrit. Apparat.
(XXXII S. u. 180 Doppelf.) Lex. 8°. Tübingen,
J. C. B. Mohr 1911. M. 24 — ; geb. M. 26—;

deutfche od. griech. Synopfe einzeln je M. 12—;

geb. M. 13.60

Vorliegendes Werk bedeutet auch neben der bekannten
Synopfe Hucks eine felbftändige Arbeit von
großem Fleiße. Die Ausftattung ift fplendide, durch das
verhältnismäßig große Format leidet freilich etwas die
Handlichkeit des Gebrauchs. Was an diefer Synopfe
zuerft auffällt, find die fettgedruckten Stellen. Sie zeigen
an, daß die betr. Worte oder Wortteile fich nicht nur
bei einem der Evangeliften finden. Befonders da, wo I
nur zwei Berichterftatter für einen Abfchnitt in Betracht J
kommen, wird diefe Anordnung des Drucks die fynop- 1
tifchen Studien erleichtern. In der Hervorhebung ge-
meinfamer Wortteile ift freilich wohl des Guten fchon
manchmal etwas zu viel getan, fo z. B. wenn in der
Perikope vom Ende des Täufers Marc. 6,24 die beiden
letzten Buchftaben von kgaX&ovGa fett gedruckt find,
weil die Parall. Matth. 14^8 das Wort jtQoßtßaöd-eKa
enthält.

Ein weiterer Unterfchied von der Huckfchen Synopfe
betrifft die Darbietung des johanneifchen Textes, den

Huck nicht bringt. Einem wefentlichen Bedürfnis ent-
fpricht aber diefe Neuerung fchwerlich. Gewiß ift es
wünfchenswert, daß die wirklichen Parallelen zu den
fynoptifchen Texten, die das vierte Ev. enthält, verbo-
I tenus mitgeteilt werden, wie der Herausgeber auch
j dankenswerterweife Act. 1,15—20 (Ende des Judas) fowie
I den Abendmahls- und den Auferftehungsbericht des
Paulus neben die betr. fynoptifchen Stellen gedruckt hat.
Aber der bei weitem größere Teil des Joh.-Ev. entbehrt
doch folcher Beziehungen. So fieht fich L. genötigt,
den Stoff diefer Schrift in gewiffen größeren Gruppen
zwifchen die fynoptifchen Berichte zu fchieben, was
naturgemäß nicht immer ohne Willkür abgeht, wie z. B.
in der Plazierung vonjoh. 10,22—11,57 hinter Matth. 20,16.
In der zweiten diefer Gruppen bringt er den Bericht von
j der Tempelreinigung, entfprechend feiner johanneifchen
i Datierung. Man vermißt ihn dann aber an fpäterer
Stelle, als Parall. zu Marc. 11,15—19, wo er neben die
I fynoptifche Darftellung des gleichen Vorgangs hätte ge-
1 druckt werden müffen. Nun hat freilich unfer Herausgeber
, auch darin von Huck abweichend, das Prinzip,
keinen Text der Evangelien mehr als einmal zu bringen.
Damit erfpart er zweifellos nicht wenig an Raum. Aber
es wäre für vergleichende Evangelienftudien doch wohl
vorteilhafter gewefen, wenn er lieber in anderer Weife
gefpart hätte, durch Fortlaffung derjenigen Johannes-
abfchnitte, die keine Parallele in den anderen Evangelien
I haben. Denn Matth, und befonders Luc. kommen bei
der von ihm gehandhabten Methode etwas zu kurz.
Dem Aufriß des Gefchichtsftoffs liegt Marc, zugrunde;
nur in der Erzählung von der Salbung in Bethanien wird
einmal zugunften der johanneifchen Chronologie von dem
Marc-Faden abgewichen. Und das Logienmaterial
wird an der Hand des Matth, wiedergegeben. Die
Parallelen find dann, zum Teil noch überfichtlicher als
bei Huck, daneben gedruckt. Aber es müffen auf diefe
, Weife wichtige Abfchnitte des erften und dritten Evan-
I geliums zerftückelt werden. Befonders bedauere ich das
I bezüglich des letzteren wegen feiner großen, zufammen-
i hängenden Reden, an denen es faft ebenfo reich ift wie
Matth., was man nicht immer genügend beachtet hat.
Gewiß finden fich die weitaus meiften diefer Zerftückelungen
auch bei Huck. Sie find nun einmal in einer
Synopfe unvermeidlich. Aber daneben bietet doch Pluck
auch Gelegenheit, z. B. die Fe'drede und den fog. Reifebericht
des Luc. im Zufammenhange kennen zu lernen.
Und Verweife am Anfang und Schluß der aus ihrem
Zufammenhang genommenen Abfchnitte laffen diefe bei
Huck leichter auffinden als in der vorliegenden Synopfe.

Was die Verteilung und Benennung der einzelnen
Paffus anlangt, fo bietet L. manches Originelle, was
ganz brauchbar ift.

So ift z. B. Matth. 10,34—39 gut zufammengefaßt unter dem
Titel: Standhaftigkeit gegen ungläubige Verwandte. Wenn dann freilich
die beiden nächften Verfe unter der Überfchrift: Segen und Fluch des
Verhaltens gegen die Jünger ftehn, fo vermißt man den daran anfchließen-
den V. 42, wo von dem Lohne deffen die Rede ift, der die Jünger mit
einem Becher kalten Waffers tränkt. Das achte Gleichnis in Matth. 13,
das vom Hausherrn, der aus feinem Schatze altes und neues hervorholt,
würde ich auch in der Überfchrift als folches namhaft machen und nicht
unter dem ziemlich nichtsfagenden Titel bringen: Schluß der Gleichnisreden
. Beim unechten Marc-Schluß vermißt man den Text des Freer-
Logions. Wenn übrigens über diefem Abfchnitt fleht: verfaßt von dem
Presbyter Arifton aus Bella ca. 150 n. Chr., fo fällt diefe fpäte Datierung
auf, da man nach Papias mit der Möglichkeit rechnen muß, daß diefer
Presbyter noch ein perfönlicher Schüler Jefu gewefen ift.

Zugrunde gelegt hat L. den bekannten Kompromißtext
der Neftlefchen Ausgabe. Daneben führt er (reichlicher
als Huck) eine große Anzahl von Varianten aus
den verfchiedenen Texteszeugen an, über welch letztere
der Lefer in der Einleitung in überfichtlicher Weife gut
orientiert wird. Die Wiedergabe der Textvarianten ift,
fo viel ich gefehen habe, zuverläffig, aber eine Reihe
nicht ganz unwichtiger Lesarten fehlt.

Ich greife nur das erfte Marc-Kap. heraus, um meine Ergänzungen