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Ausgabe:

1912 Nr. 6

Spalte:

163-165

Autor/Hrsg.:

Hirschfeld, Hartwig (Ed.)

Titel/Untertitel:

Jefeth b. Ali‘s Arabic Commentary on Nahum with Introduction, abridged Translation and Notes ed 1912

Rezensent:

Bacher, Wilhelm

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 6.

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als Reft einftiger göttlicher Natur berufen; denn fie ift I
fekundär.

Die verfchiedenen Vorftellungen über die Mittel zur
Erlangung der Fertigkeit führen tief in den Volksglauben.
S. 10 f. (53) wird von Sympathiezauber und Übertragung
tierifcher Kräfte und Fähigkeiten auf den Menfchen gehandelt
. Für die Berührung neugeborener Kinder mit
dem Feuer (S. 39 f.) verweife ich auf das von Samter,
Geburt, Hochzeit und Tod, Leipzig 1911, gefammelte
Material.

Die mufterhaft forgfältige Methode, mit der die ganze
Unterfuchung geführt ift, läßt wünfchen, daß die Schrift
nicht nur von klaffifchen Philologen beachtet werde.

Fries fucht hinter der Novelle von Sufanna einen
mythifchen Stoff. ,Sufanna ift die Göttin, die in der Flut
gereinigt wird; die beiden Alten find urfprünglich ganz
unfchuldige Sklaven, die halfen und dann fterben mußten.'
Durch Parallelen aus verfchiedenen Völkern fucht er
diefe Rekonftruktion wahrfcheinlich zu machen. Die
Bedenken, die ich gegen die Methode der Unterfuchung
erheben muß, erläutere ich an einem Beifpiel, der Behandlung
des bekannten Prozeffes, in dem Hyperides
(f. Blaß' Ausgabe3, S. 124 ff.) die Phryne entblößt
haben und durch den Anblick ihrer Schönheit das Mitleid
der Richter geweckt haben foll. In der Paralleli-
fierung von Sufanna und Phryne werden nur die Ähnlichkeiten
betont, die ftarken Differenzen nicht hervorgehoben
. Unbegreiflich ift mir die Umdeutung der Rolle
des Advokaten Hyperides, der ,in die Stelle des mini-
ftrierenden Sklaven tritt' (S. 14). Der Prozeß der
Phryne ift hiftorifche Tatfache; daß wir sogar die zu
der neuen Deutung fchlecht paffenden Anklagepunkte
neuerdings kennen gelernt haben (f. Jahrb. Suppl,
XXVIII, 686), ift Fr. entgangen. Die gegen jeden
Verdacht der Fälfchung geficherten Refte der Rede
des Hyperides haben wir noch. Wie kann man hinter
der gefchichtlichen Tatfache diefer Verteidigung einen
mythifchen Sinn fuchen? Hält Fr. den ganzen Prozeß
und die Rede für fiktiv? Oder will er die moderne Kunft,
einen biblifchen Text zugleich hiftorifch und mythifch zu
verliehen, in die klaffifche Philologie einführen? Ebenlo
bedenklich ift mir die Art, wie Fr. aus den vielen Phryne-
Anekdoten einige herausgreift und zu einem Ganzen
verbindet, das er dann mythifch deutet. Phrynes Ver-
fuch z. B., den Xenokrates zu verführen (S. 3), habe
ich als eine den verfchiedenften Namen angehängte
Wanderanekdote erwiefen K Richtig find die Bemerkungen
über das auffallende Zurücktreten des Gatten in
der Sufannagefchichte und die wohl erft fpätere Eintragung
der Perfon des Daniel in die Novelle. Den
Gefchichten von Blendung derer, die die Gottheit fchauen,
liegt m. E. die verbreitete Vorftellung zugrunde, daß die
Epiphanie des Gottes blendet; fchwerlich ift dabei an
Talionsrecht gedacht (S. 91).

Auf den Inhalt von Teil II, III kann ich an diefer
Stelle nur kurz hinweifen. Fr. findet in der Ilias das
vorderafiatifche Weltbild, indem er hinter den Sagen
Naturvorgänge und Aftralmythen entdeckt. III behandelt
Ähnlichkeiten zwifchen dem Phäakenabenteuer des Odyf-
feus und der im Lalitaviftara überlieferten Buddhabiographie
.

Göttingen. Paul Wen dl and.

i) De fabellis antiquis eorumque ad chriftianos propagatione.
Gött. 1911, S. 15 und Internationale Wochenfchrift, 17. Juni 1911.

Jefeth b. Ali's Arabic Commentary on Nahum with Intro-
duction, abridged Translation and Notes ed. by Hartwig
Hir fchfe 1 d. (Publication Nr. 3 of the Jews' College.)
(42 S.) 8°. London 1911.

Der Karäer Jepheth b. Ali entfaltete im zehnten
Jahrhunderte nach dem Tode Saadja's (942) und mit diefem,

dem auch von ihm heftig bekämpften großen Gegner
der Karäer, gleichfam wetteifernd, eine reiche literarifche
Tätigkeit als Schrifterklärer. Von den Werken diefes
bedeutendften karäifchen Bibelexegeten find viele Hand-
fchriften erhalten, aber nur einige find durch den Druck
zugänglich gemacht worden, fo Pfalmen, Daniel u. a. Daher
muß die vorliegende Arbeit als befonders dankenswerter
Beitrag zur Erkenntnis der karäifchen Bibelexegefe begrüßt
werden, da fie die arabifche Überfetzung und den
Kommentar Jepheths zum Propheten Nahum darbietet.
Für Nichtarabiften gibt Hirfchfeld die arabifche Überfetzung
Jepheths englifch wieder, vom Kommentare
jedoch nur einige kurze Exzerpte. In der Einleitung
(S. 5—T3) beleuchtet er mit treffenden Bemerkungen
Jepheths Bedeutung im allgemeinen und insbefondere
deffen Nahum-Kommentar. Intereffant find die Ausführungen
Hirfchfelds über die zeitgefchichtlichen Daten, die
fleh in Jepheths Nahumauslegung finden. Indem nämlich
Jepheth durchgehend die Weisfagungen Nahums über
Afchur und Ninive in doppelter Beleuchtung sieht: einer-
feits als auf die affyrifche Weltmacht und deren Könige
fich beziehend, anderfeits in apokalyptifcher Art — auf
das ,vierte Reich', das ,kleine Horn' des Danielbuches,
d. h. nach feiner Auffaffung auf die muhammedanifche
Weltmacht und deren Hauptftadt Bagdad (,Babel') zielend,
hat er öfters Anlaß vom Islam und der muhammedanifchen
Herrfchaft und fogar von den Ereigniffen der fpäteren
Jahrhunderte zu reden. Dabei unterdrückt er auch pole-
mifche Ausfälle gegen Muhammed und feine Religion
nicht, wie denn Jepheth auch fonft in feinen Schriften
gegen den Islam zu polemifieren liebt. Wie er folche
Ausfälle an die Worte des alten Propheten anlehnt, mögen
zwei Beifpiele zeigen. Zu den Worten ,ganz und gar
Lüge' (Nah. 3, 1) heißt es (S. 27): ,Es ift möglich, daß er
damit ihr Leugnen Gottes und feiner Propheten und feiner
Religion verlieht, denn wenn das ,kleine Horn' auch
äußerlich die Einheit Gottes bekannte (känat tutähiru
bil-tanhid), übt es doch Leugnung (Gottes) auf mannigfache
Weife, was darzulegen zu lang wäre'. Wenn Nahum
von der Zauberei fpricht, mit der die Weltmacht die
Nationen an fich zog (3,4), fo will Jepheth darin eine
Andeutung der von Mohammed feinen Bekennern verheißenen
Paradiefeswonnen erkennen. Bezeichnenderweife
umfehreibt Jepheth diefe Lehre des Islam vom Paradiefe
mit hebräifchen Worten: alt: lott n«bft p Orr? »1
DW1 (S. 28).

Den arabifchen, den Hauptteil feiner Arbeit (S. 15—32)
gibt Hirfchfeld in hebräifcher Schrift, wie er ihn in den
zwei feiner Ausgabe zu Grunde liegenden Manufkripten
fand. Er geht dabei mit großer Genauigkeit vor und
behält auch die fonderbare Punktation hebräifcher Wörter,
die er in feiner Vorlage findet, bei. Aber der Druck
ift durch manche Fehler, befonders Verwechflung von
1 und 1, a und a, entlieht. Jedoch auch andere Verfehen
bedürfen der Berichtigung S. 16, Z. 9. Statt »a 1. ]a. —
Ib., Z. 14. St. ritibn L «nbxn (.drittens'). — Ib. Z. 15.
St b»B L lb»B. — S. 17, Z. 21. St. 1. ab«. — S. 19,
Z. 15. St. nisn L T>sn — S. 20, Z. 16. St. ib 1. «b. —
S. 21, Z. 8. Das Wort naa, das offenbar fo punktiert fich
in der Vorlage vorfindet,'gibt gar keinen Sinn. Der Zu-
fammenhang erfordert Piaa zu lefen und dies als Abkürzung
aus ainaa (,wie es gefchrieben lieht') zu verliehen; denn
es folgt ein Zitat ausjef. 21,15 und die hebräifche Zitierformel
ift am Platze, weil das ganze Stück (Z. 7—10),
gleich dem oben erwähnten, hebräifch abgefaßt ift. — S. 22,
Z. 14. St. nD1S3 1. nalSÜ. — S. 23, Z. 4. In der Überfetzung
von Nah. 2,4 gibt Jepheth DUBnam fo wieder:
paalBb« n«3tt)«1 ,die Zypreffenbäume'. Hirfchfeld aber
als im zweiten Wort a für a und punktiert fo: prhffib«.
Ich weiß nicht, was er mit diefem Worte für einen Begriff
verknüpfte; denn feine englifche Wiedergabe (S. 37, Z. 6)
fleht unter dem Einfluß der englifchen Bibelübersetzung
1 (,the spears'). In dem Kommentar (den hier auch Ibn