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Ausgabe:

1912

Spalte:

130-133

Autor/Hrsg.:

Gemoll, Martin

Titel/Untertitel:

Die Indogermanen im Alten Orient 1912

Rezensent:

Baudissin, Wolf Wilhelm

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Seite 1, Seite 2, Seite 3

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf Harnack

Fortgeführt von Professor D. Arthur TitiUS und Oberlehrer Hermann Schuster

Jährlich 26 Nm. Verlag: J. C. Hlnrichs'fche Buchhandlung, Leipzig_Halbjährlich 9 Mark

_ _ , __ _ Manufkripte und gelehrte Mitteilungen find ausfchheßlich an _ _ -. „__mir)

37. Jahre Nr Fi ProfeirorD. Titiusin Göttingen, Nikolausbcrger Weg 66, rufenden. zS. lViarZ lülA

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Revüle, de l'histoire des Religions (Bouffet).
Gemoll, Die Iudogermanen im Alten Orient
(Baudiffin).

Thomfen, Die Paläflina-Literatur 2. Bd. (Steuernagel
).

Barnes, Lex in corde (Nowack).

Voigt, Die Gefchichte Jefu u. die Aftrologie

(O. HoltztnaDn).
Spitta, Das Johannes-Evangelium als Quelle der

Gefchichte Jefu (Hennecke).
Heinze, Tertullians Apologeticum (v. Soden).

Robinfon, Gilbert Crispin, Abbot of West-
minster (MacEwen).

Jörgen fen, Der heilige Franz von Affifi (Lempp).

Schmiedel, Nikolaus Lubich (Ficker).

Mehring, Stift Lorch (Knoke).

Paulus, Hexenwahu u. Hexenprozeß vornehmlich
im 16. Jahrh. (W. Köhler).

Unger, Hamann und die Aufklärung (Stephan).

Söderblom, Religionsproblemet inom Katoli-
cism och Protestantism (Schmidt).

Dunkmann, Das Sakramentsproblem in der
gegenwärtigen Dogmatik (Lobflein).

Unfere Kirche. Worauf fie ruht und was fte foll
(Schian).

Scholz, 25 Jahre an St. Marien in Berlin (E.

Chr. Achelis).
Referate :Baumftark,Die chriftlichen Literaturen

des Orients. —■ Rietfchei, Simultanfchule,

konfeffionslofeSchuleundkonfeffionelle Schule.

— Schlatter, Rudolf Lechler.
Erwiderung von Ed. König-Bonn.
Erklärung von Bernoulli und Harnack.
Wichtige Rezenfionen. — Neuefte Literatur.

Reville, Jean: de l'histoire des Religions. Les phases succes-
sives. (246 S.) 8°. Paris, Leroux 1909.

Der Verfaffer fchenkt uns in diefem Buche etwas,
was wir fo meines Erachtens noch nicht befitzen, einen
guten und lesbaren Uberblick über die Gefchichte der
Religions-Gefchichte. Er geht nach einer längeren Einleitung
im erften Kap. den Anfätzen der Religions-
Gefchichts-Schreibung im Altertum nach von Herodot
bis Plutarch und Paufanias und befpricht hier natürlich
die euemeriftifche Theorie und die allegorifche Deutung
der Mythen. Wir hören dann in dem Überblick über
das Mittelalter von der vorzüglichen Darfteilung religiöfer
Zuftände der chinefifchen-buddhiftifchen Pilgrime in Indien,
den Arbeiten Al-Berunis, von den Verdienften Roger
Bacons, von dem verhältnismäßig geringen Einfluß der
Rennaiffance für unfere Wiffenfchaft, von dem Einfluß
der Entdeckung Nord-Amerikas für die Erweiterung des
religionsgefchichtlichen Blickes, von der Gründung des
Propaganda-Kollegs, von dem Aulblühen des Studiums
der orientalifchen Sprachen in Verbindung mit dem
Hebräifchen. Dann tauchen die Namen der Vorläufer
der wirklichenReligionsgefchichte auf: Seiden (deDis Syris),
D'Herbelot, Bochart, der Engländer John Spencer (de
legibus Hebraeorum ritualibus), der Holländer Jurieu.
Darauf folgen die großen Rationaliften und Vertreter der
natürlichen Offenbarung: Herbert Cherbury, Locke und
Hume. Und namentlich in Frankreich find die auf den
Schultern von Voltaire und Diderot ftehenden religionsgefchichtlichen
Arbeiter eigentümlicher Art zu nennen:
Volney und vor allem Dupuis, L'Origine de tous les
cultes ou la religion universelle (man kann Dupuis etwa
fchon als einen Vorläufer der heut zu Tage fo viel von
fleh redenmachenden Aftral-Mythologie betrachten. Er
fchon betrachtet Chriftus als die Ofterfonne oder als das
Aquinoctial-Sternbild des Widders!), ferner Fontenel de
Brosses mit feiner Abhandlung: Sur les Dieux fetiches,
vor allem Anquetil-Duperdbn mit feiner Auffindung und
Befchaffung der Bücher des Avefta. Über den deutfehen
Rationalismus urteilt R.: ,Es war der Rationalismus, der
in Deutfchland die große Arbeit der hiftorifchen und
philologifchen Kritik angewandt auf die Bibel und die
Gefchichte des Judentums und des Chriftentums inaugurierte
, eins der fchönften Kapitel in der Gefchichte der
Religionen, das der deutfehen Wiffenfchaft den erften
Platz in der ganzen Welt im 19. Jahrhundert verfchafft
hat'. Nach einer kurzen prinzipiellen Auseinanderfetzung
mit dem Rationalismus unter dem Titel: Primitive und

natürliche Religion, widmet der Verf. das 5. Kap. den
Erneuerern der Religionsgefchichte, Herder und Schleiermacher
; es folgt Hegel und eine Befprechung der fog.
fymbolifchen Schule: Creuzer, auch Louis Menard und
deren Gegner, vor allem Lobeck (Aglaophamus) und
Ottfried Müller. Endlich unter dem etwas irreführenden
Titel: Mythifche Schule, die Arbeiten Strauß' und des
doch kaum hierhergehörenden Ferd. Chriftian Baur.
Unter der Überfchrift: Philologifche Schule werden dann
die Sprach- und Mythen- vergleichenden Arbeiten Max
Müllers und feiner Anhänger (Adalb. Kuhn) befprochen.
Darauf die anthropologifche Schule:Waitz, Gerland, Taylor,
Andrew Lang, Marillier. Es folgt die Schar der Folk-
loriften: Mannhardt (nicht Mannhart), E. H. Meyer, Baftian
usw.; endlich ein Überblick über die neueften Forfcher,
die R. als hiftorifche Schule zufammenfchließt.

Göttingen. Bouffet.

Gemoll, Martin: Die Indogermancn im Alten Orient. Mytho-
logifch-hiftorifche Funde u. Fragen. (VIII, 124 s.) gr.8°.
Leipzig, J. C. Hinrichs 1911. M. 3.60; geb. M. 4.40

Es fällt mir nicht leicht, diefe SchriL zu befprechen;
denn ich weiß nichts Erfreuliches davon auszufagen. Nach
den wilden Kombinationen der größeren Veröffentlichung
des Verfs. ,Grundfteine zur Gefchichte Ifraels'
1911 konnte man etwa erwarten, daß mit der neuen
Schrift der Faden fleh abwickeln ließe, durch deffen Ver-
fchlingungen und Verknotungen der Verf. in dem frühern
Buch einen dort unentwirrbaren Knäuel von Völkerver-
fchiebungen und -Identifizierungen hergeftellt hat. Daß
die durch die neuen Funde befonders auf kleinafiatifchem
Boden gewonnene Kenntnis von arifchem Volkstum
ältefter Zeit auf dem Boden auch derjenigen Länder
Vorderafiens, die fpäter nur von Völkern femitifcher
Sprache bewohnt waren, den Verf. zu feinen Kombinationen
veranlaßt hat, war fchon aus den .Grundfteinen' erficht-
lich. Es konnte danach nützlich erfcheinen, das nachzuprüfen
, was der Verf. über ,die Indogermanen im alten
Orient' auszufagen weiß. Ich glaube, daß diefe Nachprüfung
für jeden linguiftifch Gefchulten, überhaupt für jeden mit
hiftorifchem Sinne Begabten erledigt ift, wenn er nur ein
kleines Stück aus einem von den fechs Abfchnitten der
zweiten Schrift gelefen hat. Indeffen kann ihm vielleicht
auch diefe Bemühung erfpart werden.

Der Verf. nimmt an, daß eine ,Bevölkerungsfchicht',
die — wie er für erwiefen anfleht — etwa um das
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