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Ausgabe:

1912 Nr. 4

Spalte:

115-116

Autor/Hrsg.:

Mirbt, Carl

Titel/Untertitel:

Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus. 3., verb. u. verm. Aufl 1912

Rezensent:

Mueller, Karl

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Seite 1

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H5 Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 4. 116

nach Fridolin ,die englifche Natur' Chrifti, ,die ift da- j lafius I (ep. 14, Vierteilung der kirchlichen Einkünfte),

heimgeblieben in dem Himmel'). Auch von fcholaftifchen
Diftinktionen und Haarfpaltereien find feine Ausführungen
nicht frei, beifpielsweife bei Aufzählung der fünf Urfachen,
um derentwillen die Auserwählten nach dem jüngften
Tage verlangen (S. 60), oder wenn er von den verfchie-
denen Vorbereitungen auf den göttlichen Dienft fpricht
(S. 34k). Darin, wie in der bedingslofen Unterwerfung
unter das katholifche Dogma, der Verherrlichung des
Ordenslebens, der kafuiftifchen Einfchärfung, daß auch
geringfügigere Ordensvorfchriften zu beobachten feien

den Fälfchungen unter Symmachus (Teile des Constitutum
Silvestri), der Regel Benedikts, der Zeit von Felix I. und
aus dem Regiftrum Gregors d. Gr.

Größer ift die Zahl der neuen Stücke im Mittelalter.
Sie betreffen die Tätigkeit Bonifazens, die Gefchichte der
Papftwahl, die karolingifchen Schenkungen, den Bilder-
ftreit, die Gefchichte der Eigenkirchen, des Abendmahls-
ftreits im 9. und 10. Jahrhundert und in einer ganzen
Anzahl von Nummern die Gefchichte des reformierten
Papfttums und feiner Kämpfe unter Leo IX., Nikolaus II.

der zwifchen meritum und gratia vermittelnden ,femipela- 1 und Gregor VII. Sie werden dann etwas feltener in der
gianifchen' Verdienftlehre: in alledem tritt uns Fridolin , ftaufifchen Zeit, berühren aber auch andere Gebiete, als
als Vertreter einer Theologie und Kirchlichkeit entgegen, I die des Verhältniffes von Staat und Kirche: das Patronats-
gegen die die nachfolgende Generation alsbald den Sturm- i recht, die Bifchofswahlen, Laienurteile über die Praxis des
lauf begann. Papfttums (Walther von der Vogelweide, Freidank), die h.

Leipzig. Hermann Barge. Elifabeth, die Einfetzung des Fronleichnamsfeft.es. Aus

dem fpäten Mittelalter flammt nur noch eines, die Verurteilung
der Jungfrau von Orleans durch das kirchliche
Gericht zu Rouen 1431.

Die Gegenreformation ift vermehrt durch einen Teil
der Bulle Pauls II. Licet ab initio 1542, in der die In-
quifition neu organifiert wird (ich hätte gewünfcht, daß
fie vollftändig abgedruckt worden wäre), fowie neue Stücke
aus dem Catechismus Romanus, das Verbot von Wiedertaufen
durch Pius V, die Kalenderreform und die Un-

Mirbt, Prof. Dr. Carl: Quellen zur Gefchichte des Papfttums
und des römifchen Katholizismus. 3. verb. u. verm. Aufl.
(XXIV, 514 S.) gr. 8°. Tübingen, J. C.B.Mohr 1911.

M. 8—; geb. M. 9.20

Die erfte Auflage diefes Quellenbuchs ift 1895, die
zweite 1901 erfchienen. Jetzt liegt die dritte vor. Die
erfte zählte 288, die zweite 482, die dritte 514 Seiten.

Aber damit ift ihr Wachstum nicht genügend bezeichnet, fehlbarkeit bei Gregor XIII, die Weisfagung des .Malachias

denn die Typen find erheblich kleiner geworden, und ein
nicht unbeträchtlicher Teil der aufgenommenen Stücke
ift fogar in Petit gedruckt. Bei dem großen, namentlich
auch breiten Format wird damit freilich den Augen viel
zugemutet. Ich werde, wo es möglich ift, nach wie vor
zur älteren Auflage greifen. Und ich möchte deshalb
die Frage wiederholen, die ich fchon bei der erften Auflage
erhoben habe, ob denn nicht z. B. die 46 Seiten
erfpart und für eine Verbefferung der Schrift verwendet
werden könnten, die jetzt für den Abdruck der Dekrete
und Kanones des tridentinifchen Konzils in Anfpruch
genommen werden. Denn deren Ausgabe ift doch fo
leicht und billig zu befchaffen, daß fie die Aufnahme in
ein folches Sammelwerk nicht nötig haben.

Der innere Gehalt hat freilich auch diesmal wieder

von Armagh' über die Päpfte, Marianas Ausführungen
über den Tyrannenmord. Auch die Gefchichte der Moral-
ftreitigkeiten ift jetzt berührt durch das Dekret des
S. Officium, das unter Innocenz XI. 1679 laxe Moralfätze
verurteilt.

Verhältnismäßig die größte Zahl von Nummern ift
in der neueften Zeit hinzugefügt worden: zwar nur einige
wenige aus der Regierung Pius VIII. (über proteftantifche
Taufen und Ehen 1830), Gregors XVI. (Zölibat und Gewiffensfreiheit
) und Pius IX. (Befchränkung der Zenfuren
latae sententiae), dagegen reichlich aus den beiden letzten
Papftregierungen: hier find in der Tat alle Kundgebungen
von allgemeiner Bedeutung, die von Leo XIII. und Pius X.
felbft, den kurialen Zentralbehörden, einzelnen Bifchöfen
oder fonft hervorragenden Perfonen ergangen find, fowie

erheblich gewonnen. Ausgefallen find nur wenigeStücke der | einzelne Gegenerklärungen gegen fie (in Sachen des
zweiten Auflage: Nr. 167 (das angebliche Schreiben Johanns J Modernifteneides) neu aufgenommen. Für die Regierung

VIII an Swatopluk von Mähren von 880 über den Gebrauch
der flavifchen Sprache in der Meffe und im Stundengebet),
Nr. 316 (das tridentinifche Dekret, das die Aburteilung
fchwerer Vergehen von Bifchöfen dem Papft vorbehält),
Nr. 371 (das fogen. ungarifche Fluchformular), Nr. 409
(die preußifche Kabinetsordre von 1825, durch die den
Geiftlichen der weltlichen Provinzen verboten wird, ein
Verfprechen über die konfeffionelle Kindererziehung bei
gemifchten Ehen zu verlangen), Nr. 453 (Entfcheidung der
Congregatio concilii von 1890 über Irregularität als Folge
von Teilnahme an Menfuren), Nr. 409 (über den Gebrauch
von Margarine an Fafttagen 1899), und endlich Nr. 471
—473 (über die Befetzung von Kiautfchou in Folge der
Vorftellungen Bifchof Anzers).

Viel größer ift die Zahl der neuen Stücke. Sie
beginnen fchon gleich hinter Nr. 1 mit dem Bericht des Dio
Caffius über das Verfammlungsverbot des Kaifers Claudius
gegen die Juden in Rom. Weitere Zufätze in der grie-
chifch-römifchen Periode flammen aus Hermas (Mand. 4,1.
3), Papias, Irenäus (4, 33,8), Hippolyt (Philosophumena,
Vorwort), Porphyr (über Petrus), den Befchlüffen der Synoden
von Illiberis, Arelate, Nicaea, demCatalogus Liberiänus,
Optatus von Mileve (Kirche und Sakramente), Auguftin
(Kirche Sakramente, Millennium), Cyrill von Alex. (&eo-
röxog), Vincenz von Lerinum (2,1. 2), den Briefen Leos d.
Gr., der Gefchichte des Symbols (lateinifcher Text des alt-
römifchen Symbols; das jüngere .apoftolifche' Symbol, das
Chalcedonense und Athanasianum), dem Schisma des

Pius X. mußte natürlich alles nachgetragen werden. Das
letzte Stück ftammt noch aus dem Jahr 1911. Aber fchon
hat die Vielgefchäftigkeit der gegenwärtigen Regierung
neues Material geliefert, das nicht mehr aufgenommen
werden konnte.

So ift überall die eifrige und mühfame Arbeit fichtbar
, die auch auf diefe neue Auflage verwendet worden
ift. Solche Vervollftändigung in den früheren Zeiten ift
nicht leicht. Nur eine forgfältige Neufichtung des Quellenmaterials
konnte das richtige treffen. Der Fortfehritt der
Forfchung hat mehrfach Anlaß gegeben, zu ftreichen oder
Material aufzunehmen, das inzwifchen durch neue Er-
kenntniffe bedeutfam geworden ift. So wird das Buch
auch in der neuen Auflage dem Unterricht und dem
eigenen Studium vorzügliche Dienfte leiften.

Tübingen. Karl Müller.

Kierkegaard, Sören: Gefammelte Werke. 7. Bd. Abfchlie-
ßende unwiffenfchaftl. Nachfchrift 2. Tl. (Überf. v.
H. Gottfched.) (317 S.) 8°. Jena, E. Diederichs 1910.

M- 5 —S geb. M. 6 —
— Ausgewählte chriftliche Reden. Aus dem Dän. von Julie
v. Reincke. Mit e. Anh.: Kierkegaard's Familie u. Privatleben
nach den perfönl. Erinnergn. feiner Nichte
K. Lund. 2. Aufl. (140 S. m. 2 Bildn.) 8°. Gießen,
Acacius (feine Exkommunikation 484), den Briefen Ge- 1 A. Töpelmann 1909. M. 3.20; geb. M. 4 —