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Ausgabe:

1912 Nr. 26

Spalte:

811-812

Autor/Hrsg.:

Bauer, Michael

Titel/Untertitel:

Asterios, Bischoh von Amaseia. Sein Leben und seine Werke 1912

Rezensent:

Krüger, Gustav

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Seite 1

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 26.

812

deutung der Gleichniffe ebenfowenig; die Auswahl des
relativ Echten ift willkürlich. Aber der Verfaffer ift feiner
— mit einem Meffiasbewußtfein Jefu nicht rechnenden —
Kritik fehr ficher: was die Redequelle als Antwort Jefu
an die Johannesjünger berichtet, ift nicht hiftorifch; wahr-
fcheinlich hat Jefus den Johannesjüngern geantwortet:
Regardez et ecoutez. Ecoutez surtout mes enseignements;
vous apprendrez de moi comment le royaume des cieux
va se realiser. Rapportez ensuite ä Jean ce que vous
aurez entendu et vu, et que Jean ne soit pas choque
(scandalise) de ce que mon enseignement n'est pas en-
tierement conforme au sien (S. 65). Die in Kap. III
gelegentlich für unecht erklärten Paulinen in Kap. V
(Litterature chretienne dependant de Paul) zu behandeln,
ift gar kein Vernich gemacht; fie fallen einfach unter
den Tifch.

Ein eingehenderes Referat ift unter diefen Umftänden
unnötig. Die deutfche Forfchung kann aus dielem Buche
für die Gefchichte der behandelten Zeit nichts lernen.
Der Verfaffer hat auch keine Fühlung mit ihr. Abgefehen
von Wellhaufens johanneifcher Kritik, die S. 262h fehr
fummarifch charakterifiert und der Befprechung des
Johannes-Evangeliums, fo wie es vorliegt, vorangeftellt
wird, und abgefehen von einigen Verweifen auf die franzöfifche
Überfetzung vonHarnacks Grundriß derDogmen-
gefchichte und auf franzöfifche Bücher von Ed. Reuß,
habe ich Einflüfle deutfcher Theologie nicht bemerkt;
.Holsten, Christus vision (siel) des Paulus, Rostock 1868'
wird nur nach A. Sabatier zitiert (S. 166 not. 1). Loisy,
Reville, A. Sabatier, erfterer vornehmlich, haben dem
Verfaffer die Wege gewiefen; aber der Verf. ift radikaler
und ununterrichteter als Loisy.

Ein Intereffe kann das Buch am eheften als ein Produkt
der franzöfifch-theologifchen Literatur beanfpruchen.
Reinach meint in feiner Vorrede mit Recht, daß trotz
des literarifchen Erfolges des Renanfchen Lebens Jefu
Deutfchland auf diefem Gebiete der Forfchung bis ca. 1890
weit vorangewefen fei. Die religiöfen Fragen hätten die
franzöfifche Welt nicht befchäftigt: ,A moitie bigotes, ä
moitie voltairiennes, la France et la Belgique n'y avaient
porte que peu d'interet'. Seit der Moderniftenbewegung,
namentlich feit Loify's Schriften, feien die Zeiten andre
geworden, et ,1a tentative de M. Felix Goblet d'Alviella
en est une preuve apres beaueoup d'autres' (p. X). Ich
würde von meinen theologifchen Uberzeugungen aus jenen
Ländern, die der Katholizismus vor das eben erwähnte
Dilemma geführt hat, eine Behandlung der origines du
dogme catholique wünfehen, die für das Evangelium der
Reformation mehr Raum ließe, als die myftifch tingierte
moderne rationale Aufklärung. Dem Urteil wird fie felbft
und werden manche andre nicht zuftimmen. Aber das
Urteil, daß die hier befprochene Gefchichte der origines
du dogme catholique wiffenfehaftlich nicht auf der auch
für ihre Vorausfetzungen erreichbaren Höhe fteht, ift von
meiner Theologie unabhängig.

Halle a. S. F. Loofs.

Schmid, Max: Beiträge zur Lebensgefchichte des Afterios
von Amafea und zur philologifchen Würdigung feiner
Schriften. Münchener Inaugural-Diff. (VI, 43 S.) gr. 8°.
Borna 1911.

Bauer, Michael: Afterios, Bifchof von Amafeia. Sein Leben
und feine Werke. Würzburger Inaugural-Diff. (84 S )
gr. 8°. Würzburg 1911.

Faft gleichzeitig haben wir über Afterius von Amafea
zwei Arbeiten, eine aus der Schule Weymans, die andere
aus der Stählins, erhalten, die jede in ihrer Art Beachtung
verdienen. Der Schwerpunkt der Differtation von Schmid
liegt auf der philologifchen Seite. Die ,Sprache des Afterios'
wird in drei Kapiteln (Formenlehre, Syntax, von den

rhetorifchen Figuren) einer eingehenden Unterfuchung unterzogen
, bei der auch die Pfalmenhomilien herangezogen
werden, da die auch von Schmid anerkannten Stilunter -
fchiede nicht als fo fchwerwiegend anzufehen feien, daß
fie die Echtheit der Homilien in Zweifel ftellen können.
Angefchloffen find Nachweife über Reminiszenzen an
ältere Autoren (Plato, Demofthenes, Plutarch) bei Afterius
und eine Darlegung über das Verhältnis des Xoyoq xaxrj-
yoQixbq rrjq ioQxrjq xcöv xaXavömv des A. zur Rede des
Libanius dq xdq xaXdvöaq, durch die die Vermutung von
R. Förfter, daß A. gegen L. polemiftere, zur Gewißheit
erhoben wird. Im einleitenden Kapitel find die Notizen
über Leben und Werke des A. fleißig zufammen-
geftellt. Schmid identifiziert — das ift neu — unferen A.
mit dem von Theodoret (hift. relig.) und Photius (Quaest.
Amphil.) erwähnten Mönch A., einem Schüler des hl.
Julian und Lehrer des Akazius von Berrhöa, und glaubt
fich berechtigt, daraufhin das Geburtsjahr bis auf etwa 310
(gest. etwa 410) zurückzufchieben. Er macht freilich felbft
darauf aufmerkfam, daß Photius, der über unferen A. fo
gut unterrichtet war, von feiner Identität mit dem anderen
A. nichts zu wiffen fcheint ; und es ift dem Ref. fehr zweifelhaft
, ob die Hypothefe Beftand haben wird. Daß A. die
Rechte ftudiert habe, wird auf Grund bekannter Stellen
der Homilien als ficher angefehen.

Bauers Arbeit berührt fich mit der von Schmid, die
dem Verf. unbekannt war, in der Erörterung über die
bekannten Lebensdaten. Neu ift der Hinweis auf die Erwähnung
des Demeter- und Kore-Kultes zu Eleufis in
der 10. Homilie, die die Abfaffungszeit diefer Homilie vor
396 ficherftellt. Daß A. Jura ftudiert hat, tritt nach Bauer
nirgends deutlich hervor; die dafür angeführten Stellen
zeigen nur, ,daß Afterios von Recht und Gefetzen foviel
verftand, als eben ein allgemein gebildeter Mann verliehen
muß'. Der Hauptwert der B.'fchen Arbeit liegt in den
Unterfuchungen zur Uberlieferungsgefchichte, die mit
großer Sorgfalt ausgeführt find (ein Verzeichnis der 53
befprochenen Handfchriften am Schluffe der Arbeit). Die
gelegentlich (jetzt auch von Bardenhewer, Gefchichte der
altkirchlichen Literatur 3, 229) geäußerten Bedenken gegen
die Echtheit der (12.) Homilie auf Stephanus teilt B. nicht.
Dagegen ift ihm die Echtheit der Pfalmenhomilien mit
ihrem .hochrhetorifchen Stil' zweifelhaft, nähere (von ihm
felbft beabfichtigte) Unterfuchung vorbehalten. Die von
Fabricius-Harles unter den vermißten Werken angeführte
Homilie auf Bafileus von Amafea (Märtyrer unter" Lizinius)
ift in einer Athoshandfchrift (Lambros 2091, 78 s. XV)
mit Angabe des A. als des Verfaffers erhalten; fie ift bisher
nur lateinifch als Werk eines Anonymus Acta S. S. April. 3,
416—423 gedruckt. Die von Photius erwähnte Homilie
über Luk. 18, 10 fteht in Cod. Ath. Lambr. 4146, 26, Nr. 7,
die über Luk. 15, 11 Lambr. 2751,77 und 4146,26. Es wäre
zu wünfehen, daß diefe Notizen nicht überfehen würden.
S. 13, 12 und Anm. 2, auch S. 83, 16 ift Güldenpenning,
S. 28, 1 v. u. Helenopontus, S. 44, Anm. 1 P. ft. T. Batiffol
zu lefen. Zur Phokashomilie (S. 64) find K. Lübeck, der
hl. Ph. von Sinope, Hift. Jahrb. 30, 1909, 743—76l> und Ch.
van de Vorft, Saint Ph., Anal. Boll. 30, 1911,252—295 zu
vergleichen. Die von Combefis dem A. zugewiefenen
Homilien des Neftorius von den Verfuchungen Chrifti
(S. 80) find von F. Nau, Le livre d'Heraclide, Par. 1910,
338—358, herausgegeben worden.

Gießen. G.Krüger.

Kapa6HHOB%,H.,EBxapHCTHvecKaa MojiHTBa (anaipopa).
OntiTT, HCTopHKo-JHTypniaecKaro anajiH3a. (162 S.) gr. 8°.
C.-rieTepuypn,, V. KiipffluayMa 1908.

Bekanntlich liegt dem euchariftifchen Gebet aller
alten katholifchen, zumal der örtlichen Liturgien ein einheitliches
Schema zugrunde, wenngleich die Reihenfolge
der einzelnen Elemente wechfelt. Karabinow unterfuclit,
wie diefes Schema entftanden ift. Durch Prüfung der