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Ausgabe:

1912 Nr. 24

Spalte:

756-759

Autor/Hrsg.:

Bachmann, Philipp

Titel/Untertitel:

J. Chr. K. von Hofmanns Versöhnungslehre und der über sie geführte Streit 1912

Rezensent:

Titius, Arthur

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 24.

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endet, fcheint das Material handfchriftlicher Journalftücke I Was ich fonft an der Ausgabe vermiffe, kann ich
relativ unergiebig zu fein. | dahin zufammenfaffen, daß ihr in manchem die Art einer

Die vier Parallelverfionen zu Extract I ,und andre' j ,gelehrten' Ausgabe fehlt. Nur die Vorrede und die
(Preface p. VI) hat der Herausgeber fo benutzt, daß er l Eingangsausführungen zum erften Abfchnitt der Ein-
mit ihrer Hilfe [in eckige Klammern eingefchloffene] Er- leitung orientieren, und zwar in unüberfichtlicher Weife,
Weiterungen in den längft gedruckten Text eingefchoben j über die früheren Drucke des Journals, über handfchriftliche
hat. Aus den Diaries ift in den Anmerkungen viel mit- Verfionen einzelner Teile und über die Diaries. Da hätte
geteilt, teils wörtlich, teils fo, daß Wesleys Notizen in verfahren werden müffen, wie moderne Ausgaben es mit
Geftalt einer von Wesley in dritter Perfon redenden Er- den altern Drucken und mit ihrem handfchriftlichen Ma-
zählung dargeboten werden. Inbezug auf die in Wesleys terial machen 1 Bei den Einfchüben in den Text erfährt
gedrucktem Journal nicht behandelte Zeit vor der Amerika- ] man nur vereinzelt und zufällig, woher fie ftammen; und
Reife (5. April 1725 bis 14. Oktober 1735) ift von einer ! ob da, wo den Einfchüben der längft gedruckte Text
Drucklegung der Diaries abgefehen. Entfchädigung dafür ; folgt, die handfchriftlichen Verfionen mit ihm überein-
bieten die zwei erften Abfchnitte der Einleitung: John j ftimmen: das wird nie gefagt. — Es ift möglich (der Lefer
Wesley's early life in the light of unpublished Diaries j wird nicht in den Stand gefetzt, darüber zu urteilen),

daß die Verfionen zu weit auseinandergehen, um wie
handfchriftliche Textzeugen behandelt zu werden. Aber
wenn dem fo ift, fo hätte der Tatbeltand dargelegt werden
müffen. Ilt's nicht fo, fo hätte es möglich fein müffen,
die Ausgabe fo einzurichten, daß auch die Geftalt der
einzelnen Parallel-Verfionen dem Forfcher überfehbar geworden
wäre.

Ich bin überzeugt, daß nicht in dem Können des

(p. 3—35) und The first Oxford Diary (p. 36—70; es folgt
p. 71—79 der letzte Abfchnitt der Einleitung: Wesley's
cipher). Die Anmerkungen befchränken fich übrigens
nicht auf Mitteilungen aus den Diaries; fie geben daneben
fonft erreichbare Ergänzungen und fachliche Erläuterungen,
gelegentlich auch Ausführungen apologetifcher Art.

So bringt denn diefe neue Ausgabe, auch abgefehen
von den Hff-Fakfimiles, den Bildern und Karten, die zu-

meift Reproduktionen zeitgenöffifchen Materials find, eine j Herrn Herausgebers der Grund dafür zu fuchen ift, daß
überaus reiche und intereffante, von großem Fleiß, großer folche Desideria geblieben find. Daß die Ausgabe fo ift,
Sorgfalt und vortreffüchfter Sachkenntnis zeugende Be- wie fie ift, erklärt fich vielmehr daraus, daß fie nicht nur
reicherung des Quellenmaterials zu Wesleys Gefchichte. gelehrten Intereffen dienen will, fondern auch an den in
Niemand wird künftig in der wiffenfchaftlichen Arbeit j der großen Methodiftenkirche gewiß weiten Kreis derer
fich mit einer der älteren Ausgaben des Journals begnügen ! fich wendet, denen es Unterhaltung und geiftliche För-
dürfen. Infofern ift die neue Ausgabe eine Standard- ! derung bringt, Wesleys Leben im Rahmen feines Journals
Edition. j zu verfolgen. Es wäre verkehrt, das zu tadeln. Aber die

Doch muß ich zum Schluß bemerken, daß fie dies j Frage, ob diefe Kreife das Plus gelehrter Akribie oder
nicht in jeder Hinficht ift. Mit der Einfügung der Er- 1 Pedanterie nicht mit in Kauf genommen hätten, ift hoffent-
gänzungen in eckigen Klammern will ich nicht rechten; lieh, ja neuerlich überflülfig. Denn wenn — und das

aber es hätte da, wo infolge der Ergänzungen an den
Nähten der Text der älteren Drucke etwas alteriert ift,

kann man doch hoffen — das Dafein diefer neuen Ausgabe
von Wesleys Journal weiteres handfehriftliches Ma-

dafür geforgt werden müffen, daß der Lefer ftets auch | terial ans Licht zieht, fo wird die Methodiftenkirche geiftig
im Detail ohne Zuhilfenahme eines ältern Drucks den j und finanziell imftande fein, diefer großen und in ihrer
alten Text ganz genau zu erkennen vermag, was jetzt j Art vortrefflichen Ausgabe von Wesleys Journal eine
keineswegs immer der Fall ift. Angreifbarer ift fchon, j noch größere und noch vortrefflichere folgen zu laffen.
daß die dem Journal parallelen Tagebuch-Abfchnitte nicht Vielleicht wird die dann für alle folgenden Zeiten die
vollftändig und zumeift nicht wörtlich mitgeteiltwerden. Ge- ,Normal-Ausgabe'.

wiß, es wäre viel Wertlofes mitgedruckt; und vieles würde der ; Hallen S Loofs
Erläuterung bedurft haben, um verftändlich zu fein. Allein 1

von dem jetzt Wertlofen kann, erweitertem fonftigen j R f ~? j7chr;K. v., geb. 21. Dez. 1810, geft. 20. Dez. 1877,

Quellenmaterial und neuen Frageftellungen gegenüber, . „. ' .....'? ., , T i- o /1 XT

mehr wertvoll werden, als auch der befte Sachkenner jetzt Briefe an "emnch Schmid, geb. 31. Juli 1811 geft. 17. Nov.

feftzuftellen vermag; und durch eingeklammerte Ergänzungen
hätte, wie ich vermute, auch der Wortlaut der
Tagebuch-Einträge fich verftändlich machen laffen. Vollends
unberechtigt fcheint mir, daß die Diaries der Zeit
vor der Amerika-Reife nicht abgedruckt find. Freilich
fagt der Herausgeber: ,Those who would ransack the
archives of the dead, and refuse sanetuary to their most
confidential self-communings, would print the Diaries as
they stand. Fortunately they are in unknown tongues,
and few would care to devote months to the task of
deeipherment' (I, 41); allein, fo emphatifch das klingt, eine
Rechtfertigung des eingefchlagenen Verfahrens ift es nicht.
Auch der befte Sachkenner der Gegenwart darf nicht
meinen, daß feine in den beiden oben genannten Abfchnitten
der Einleitung gegebene Verarbeitung der älteften Diaries
diefe für alle Zukunft ausfehöpfe. Und da die Diaries —
unglücklicherweife, kann man hier nur fagen — in
einer Schrift gefchrieben find, deren Entzifferung lange
Vorarbeit koftet, hätte der, der diefe Vorarbeit getan hat,
künftigen Generationen fie abnehmen follen. John Wesley
verdient es, daß man der Forfchung alles zugänglich

1885, hrsg. v. Charlotte Schmid. Mit e. Vorwort v.
Oberkonfift.-Präf. D. Dr. Hermann v. B e z z e 1. (IV, 265 S.)
gr. 8°. Leipzig, A. Deichert, Nachf. 1910. M. 4.20
Grundlinien der Theologie Joh. Chrilt. K. v. Hofmanns in feiner
eigenen Darftellung. Eine Jubiläumsgabe. Mitgeteilt
v. Prof. D. Dr. Johannes Hau ßleiter. (Quellenfchriften
zur Gefchichte desProteftantismus. Hrsg. v. Carl Stange.
11. Heft.) (XII,82 S.) 8°. Leipzig, A.Deichert Nachf. 1911.

M. 1.60

Zahn, Theodor: Johann Chr. K. von Hofmann. Rede zur
Feier feines 100. Geburtstags in der Aula der Friderico-
Alexandrina am 16. 12. 1910 geh. (26 S.) 8°. Leipzig,
A. Deichert, Nachf. 1911. M. — 40

Bachmann, Prof. D. Ph.: J. Chr. K. v. Hofmann. (Neue

kirchliche Zeitfchrift XXI, H. 12.)
Steffen, Pred. Lic. Bernhard, Hofmanns u. Ritfchls Lehren
über die Heilsbedeutung des Todes Jefu. (Beiträge zur

macht, was fein Werden erläutert. Das Heiligtum feiner j Förderg. chriftl. Theologie. 14. Jahrg. 1910. 5. Heft.)

innerften Gedanken den Blicken zu verfchließen, liegt 120
Jahre nach feinem Tode kein Grund vor. Und daß des
Menfchlichen, allzu Menfchlichen zuviel fich zeigen würde,

(155 S.) 8U. Gütersloh, C. Bertelsmann. M. 2.80

Bachmann, Prof. Dr. Ph.: J. Chr. K. v. Hofmanns Verföhnungs-

braucht kein Verehrer Wesleys zu fürchten. lehre u. der über fie geführte Streit. Ein Beitrag zur