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Ausgabe:

1912

Spalte:

709-711

Autor/Hrsg.:

Weigl, J.

Titel/Untertitel:

Das Judentum 1912

Rezensent:

Strack, Hermann L.

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7og

Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 23. 710

and active powers of i and u in the Semitic languages'
(S. 8). Gedruckt ift es ,by aid of the Earl of Moray
endowment for the promotion of original research, Uni-
versity of Edinburgh'. Nach dem vorgedruckten Programm

gehabt habe; feine fpäteren harten Worte über die Juden
feien von fpäteren Judengegnern ,ungebührlich ausgenutzt'
worden. Der ,edle Habsburger Jofeph II' wird S. 57
wegen des Toleranzedikts gerühmt: ,ewig ift die Krone,

ift es der erfte von heben Effays zur vergleichenden j welche die Nächftenliebe einem Verdienten zuteilt'. Die
femitifchen Grammatik und eine zweite Reihe von Effays ; Befeitigung aller aus der Verfchiedenheit des religiöfen
zur vergleichenden femitifch-indoeuropäifchen Gramma- j Bekenntniffes hergeleiteten Befchränkungen der ftaats-
tik Gleichfalls eine heilige Siebenzahl, foll fich anfchließen. j bürgerlichen Rechte ift nach S. 62 ,ein Verdienft unferes

Glückliches Großbritannien!

erften Kanzlers', dem dabei ,der große und weitfchauende

u>,Mn.ura u,™u„».....PaViifc | Politiker Ludwig Windhorn:'fekundierte. Mit etwas über-

Göttingen. A. Kanus. ftrömendem Lobe heißt der um das traditionsgläubige

Judentum verdiente Samfon Raphael Hirfch .durch feine
Gaffer, Pfr. Dr. J. C: Zum gegenwärtigen Kampf um das 1 umfaffende allgemeine Bildung, tiefe Religiofität, warmes

erfte Buch Mole. Ein Beitrag zum Verftändnis feines
religiöfen, fchriftftellerifchen u. ge chichtl. Charakters

patriotifches Empfinden und Lebensklugheit ausgezeichnet1
Und das Streben, die oft fälfchlich befchuldigte jüdifche

leugnen, lv^«.."----"T"""~" f~_ M ■ m Religion zu verteidigen, hat den Verf. manchmal zu weit

(VII, 79 S.) 8". Gütersloh, C.Bertelsmann 1912. M. 1.50 , fo daß an den Lefer die herantritt>

Das Büchlein richtet fich an Mitglieder der Gemeinde, ! was denn der Verfaffer, der fich doch zur chriftlichen

Religion bekennt, den Juden zum Erweife der Überlegenheit
diefer feiner Religion fagen würde. Freilich ift der
Verf. in der Lage von fchönen eignen Erfahrungen mit
Juden zu berichten, f. S. 6. 68. 99. 102.

Der Inhalt ift: 1. Gefchichte des Judentums S. 9—63;
2. Die Religion S. 63—115; 3. Die Quellen der Religion
S. 116—179; 4. Jüdifcher Kalender S. 179—185; 5. Die
religiöfen Fefte S. 185—235; 6. Das Ritualgefetz S. 236
—274; 7. Judentum und Staat S. 274—292; der Anhang
handelt zumeift, S. 302 ff. vom ,Iwriteitfeh'. Die Hauptquellen
des Verfaflers find gewefen: M. Lazarus' Ethik
des Judentums Bd. I, D. Hoffmann's Der Schulchan Aruch,
H. Ehrmann s Durchs Jahr, S. R. Hirfch's Choreb, H. Groß'
Lehrbuch der israelitifchen Religion. Manche wichtige
Publikation ift ihm unbekannt geblieben, fo der zweite
Band des Lazarus'fchen Werkes und die Neubearbeitung
meiner Einleitung in den Talmud (1908). Übler ift, daß
er fehr viele Zitate aus der jüdifchen Literatur, ohne fie
nachzufchlagen und ohne das anzudeuten, den eben genannten
und anderen Büchern entnommen hat.

denen die erfte Orientierung über die Fragen des
I. Buches Mofe gegeben werden foll und die der Verfaffer
dabei vor Abwegen zu bewahren wünfeht. Die Erreichung
diefes Zwecks wird dadurch in Frage geftellt,
wenn nicht vereitelt, daß mehrfach nur in Andeutungen
Geredet wird: fo werden die Namen der Forlcher und
die Titel ihrer Werke verfchwiegen, wodurch dem Laien
eine weitere Vertiefung in den Stoff unnötig erfchwert
wird. Das Ergebnis des Verfaflers ift das gegenwärtig
für „pofitiv" geltende, daß er in der Literarkritik im ganzen
der modernen wiffenfchaftlichen Forfchung folgt, in der
Sachkritik ihr aber widerfpricht: er hält die wesentliche
Gefchichtlichkeit der Patriarchen-Erzählungen feft. Sein
Hauptgrund für die letztere Behauptung ift, daß „der Verfaffer
" der Genefis „Bilder einer gefchichtlichen Wirklichkeit
" habe bringen wollen. Als ob die Meinung des
letzten Redaktors über die Art feiner Quellen für uns
maßgeblich fein könnte! Und wie viele Sagen gibt es
in der Weltliteratur, die eine fpätere Zeit unbefangen für
Gefchichte gehalten hat! So unhaltbar alfo auch dies
Ergebnis fein mag, fo ift doch das Büchlein als Ganzes
eine erfreuliche Erfcheinung; denn wie anders haben die
Väter diefes Gefchlechtes über diefelben Probleme ge-
fprochen! Die gefchichtliche Forfchung ift auch in die
Kreife der „Schriftgläubigkeit" eingedrungen und wird
ihren Weg weiter gehen. In einigen Jahrzehnten werden
die Söhne diefer Männer dann auch wohl über die Gefchichtlichkeit
der Patriarchen mit fich reden laffen.

Gießen. Hermann Gunkel.

Weigl, Dr. J.: Das Judentum. (XI, 311 S.) 8°. Berlin, J.
Guttentag 1911. M. 5—

Man hat gefagt (es war G. E. Leffing, wenn ich nicht
irre), ein Referent folle in der Befprechung eines Buches
nicht mehr Wiffen über die Perfon des Verfaflers zu
erkennen geben, als dem Buche felbft zu entnehmen ift.
Ich habe faft immer nach diefer Regel gehandelt. Für
das hier anzuzeigende Buch von J. Weigl glaubte ich,
nachdem ich eine Weile darin gelefen, eine Ausnahme
machen zu follen, weil fonft der richtige Standpunkt zur
Beurteilung nicht leicht zu gewinnen war. Auf Anfrage
an zuverläffiger Stelle erfuhr ich: Der Verfaffer der neueften
größeren Schrift über das Judentum ift weder Jude noch
jüdifcher Abftammung, fondern gläubiger Katholik und
zugleich angefehener Arzt. Danach ift zu fagen: Er hat
fich der Bearbeitung feines Gegenftandes mit liebender
Hingebung und großem Fleiße gewidmet, auch um Gerechtigkeit
des Urteils in Bezug auf feine eigne Kirche
fich bemüht. Die Stellung der Päpfte zu den Juden er-
fcheint allerdings teilweife in etwas zu günftigem Lichte;
aber die namentlich im Mittelalter fo häufigen Judenverfolgungen
werden ernft gerügt, und S. 5 5 f. wird anerkannt
, daß Luther ,von Haus aus ernften Willen und
ehrliches Streben nach Befeitigung kirchlicher Mißftände'

Daher erfteus die Unbcftimmtheit vieler Angaben, z. B. S. 65 .Traktat
Pesachim' (gemeint ift Blatt 50») und S. 73 , Traktat Berakhoth' (gemeint
ift Bl. 63», wo übrigens nicht R. Berakhja, fondern Bar Qappara
Frov. 3, 6 zitiert). S. 93, das Zitat ,R. Eliahu in Sepher ha-berith 2, 13,
5' ift auf den erften Blick kaum Einem oder zwei geborenen Chriften
verftändlich; über das im Jahre 1807 erfchienene Buch des Pinchas Elia
ben Meir aus Wilna vgl. den Katalog der Hebraica und Judaica der L.
Kofenthal'fchen Bibliothek (Amfterdam 1875), S. 934 u. Anhang Nr. 1467.
Daher zweitens manches geradezu Falfche, fo S. 103. Der Anfang des
Mifchnatraktats Pea lautet in Wirklichkeit: .Dies find die Dinge, für
welche es kein feftbeftimmtes Mall gibt: der Ackerwinkel, die Erftliuge, das
Erfcheinen an den Ketten, die Liebeserweifungen und das Gefetzesftudium.
Von diefen Dingen genießt der Menfch die Zinfen in diefer Welt, das Kapital
bleibt ihm für die kommende Welt: Ehrerweifung gegen Vater und Mutter,
Liebeserweifungen und Friedenftiften zwifchen zwei Menfchen; aber das
Gefetzesftudium wiegt fo viel wie das alles'. Und Kethubboth 50» heißt
es: ,Wer reichlich (wörtlich: verfchwenderifch) gibt, foll nicht mehr als
den fünften Teil feiner Habe geben, damit er nicht einmal felbft Andre
in Anfpruch nehmen müffe'.

Noch einige Einzelbemerkungen. S. 15 f. begegnen wir noch den
ficher falfchen Zahlen 1495 v- Ct>r- für den Auszug aus Ägypten und
1015—975 für Salomo. S. 18, Kyros nahm Babylon fchon im Jahre 539
ein und geftattetc fchon 538 den Juden die Pleimkehr nach Paläftina.
S. 19, über die .Große Synagoge' vgl. Proteft. Real-Encyklop.3 Bd. 19,
S. 222 f. Über das Verhalten des Titus gelegentlich der Zerftörung des
Tempels (S. 23) vgl. Schüret, Gefch. des jüdifchen Volkes3 1, S. 631.
Jüdifche Niederlaffungen in Ägypten find nicht erft im 4. (S. 28), fondern
fchon im 6. Jahrh. v. Chr. bezeugt, durch Jeremia und aramäifche Papyri.
S. 75, die Verbindung der Sätze Deut. 6, 5 und Lev. 19, 18 als der zwei
Gebote, in denen das ganze Gefetz und die Propheten hangen, ift Jefu
Tat, nicht eine damals .allgemein bekannte Lehre' gewefen (Mark. 12,
Matth. 22; der Schriftgelehrte bei Luk. 10 hat fie von lefus angenommen
und benutzt). S. 76, das über die Zählung der beiden erften Gebote
Gefagte ift ungenau (nach Philo, lofephus und den Reformierten beziehen
fie fich auf fremde Götter und Bilder). S. 78 f. 127 fr. 132, die Meinung,
daß Mofe am Sinai außer der fchriftlichen Thora auch die mündliche
empfangen habe, ift unhaltbar. S. 123 Falfches über die den Evangelifchen
kanonifchen Bücher.

Im ganzen gibt das Buch chriftlichen Lefern eine,
wenn auch fchönfärbende, fo doch brauchbare erfte
Information über vieles, was fie nirgends fo bequem bei-