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Ausgabe:

1912

Spalte:

689-691

Autor/Hrsg.:

Calvin, Jean

Titel/Untertitel:

l‘Excuse de Noble Seigneur Jaques de Bourgogne 1912

Rezensent:

Lobstein, Paul

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68g

Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 22.

690

W. Friedensburg hat die von Hubert nachgewiesene, hatten, mußten fich damit begnügen, die fekundäre Re-

bis jetzt unbekannte Streitfchrift Vergerios d. d. 20. Okt.
1551, die an den Kardinal von Trient gerichtet ift, in
einer' Abfchrift aufgefunden. Da der Kaifer auf das Er

Produktion des unbekannten Überfetzers abzudrucken
(X, 269—294; f. die Erklärungen in den Proleg. S. XI—XV).
Durch einen glücklichen Zufall ist die bisher vermißte
fche'inen"'der" Wangelifc Theologen in Trient dringt, i Schrift in einer Privatbibliothek bei Genf (in Beffinge) aufwill
V. als evano-eliicher Pfarrer oder Bifchof gegen Siehe- ! gefunden worden, unter einem Stoß von Schriften aus
runcr von Leib und Leben und Geleite erfcheinen. Von j dem XVI. Jahrhundert, die wahrfcheinlich von Bezas
den0 katholifchen Prälaten erwartet V. nichts, aber alles Adoptivtochter, Theodora Rocca, herrühren. Im Jahre
vom Sieg des Lichts des Evangeliums. ,Zum Tag von ! 1896 veröffentlichte Alfred Cartier die neuentdeckte Schrift
Naumburg 1561' zeigt K. Schornbaum, wie Markgraf! in der von Alphonse Lemerre (Paris) geftifteten Biblio-
Georo- Friedrich von Ansbach zuletzt vom Standpunkt ( theque d'un curieux. Mit vollem Recht urteilte er
feines Schwähers und ,geiftigen Vaters' Markgraf Hans j aber, daß das Büchlein den Anfpruch erheben darf, einem
von Küftrin loskam, der mit Joh. Friedrich von Sachfen j weiteren Kreis zugänglich gemacht zu werden, ,allen
auf Verdammuno- der unreinen Lehren drang, während j denen, die ohne Rückficht auf konfeffionelle Sorgen und
die Vertreter beider Markgrafen verfchiedener Meinung ! Beftrebungen, der religiöfen, fozialen und literarifchen
waren und im Hintergrund blieben. Gut ift der Rat, den | Bedeutung des Lebenswerkes Calvins ihr Intereffe zuGeorg
Friedrich von feinem Kanzler erhielt: erft Calvins I wenden'. Das hübfeh ausgefluttete, ein Facfimile des
Schriften zu lefen, ehe er fie verdamme. urfprünglichen Titelblattes wiedergebende Werk enthält

Fr. Wecken veröffentlicht die von Rolf Kern in ! zunächft eine wertvolle hiftorifche und bibliographifche
Wertheim aufgefundene Selbftbiographie des AbtsLeuffer j Einleitung (LXXVIII pag.), hierauf den unveränderten Text
von Bronnbach, der evangelifch wurde, als das Konzil 1 des franzöfifchen Exemplars.

Brenz und die ev. Theologen nicht anhörte, im Klofter i Die den fchönften Erzeugniffen des Geiftes Calvins

eine Schule errichtete, Joh. Eberlins Tochter ehelichte,
aber von Würzburg zum Rücktritt genötigt wurde und
dann weltliche Amter übernahm. Th. Wotfchke bietet
für Laskis Biographie Neues: I. feine Gefangennahme in
Sachfen 1537 und feine Entlaffung durch Herzog Georg;
2. fein Güterkauf in Oftfriesland 1547, wozu ihm Herzog
Albrecht 1000 Taler lieh; 3. feine Korrefpondenz mit dem
Herzog 1549 und 1558, der ihm eine Zeitlang grollte
wegen0 angeblicher Ausftreuung Laskis, der Herzog fei
den Schweizern günftig.

Der Ergänzungsband IV bringt eine gediegene Arbeit
Holm Zereners, der an der Hand von 681 alten
Drucken, meift Flugfchriften der K. Bibliothek in Berlin
aus den Jahren 1522—25, das Eindringen der lutherifchen
Bibelüberfetzung in die deutfehe Literatur unterfucht und
am Schluß das Ergebnis in einer gefchickten Tabelle zu-
fammenfaßt, die Panzer, Weller und Kuczynski mannigfach
ergänzt. Voll Begeifterung für ,den größten, alle
gewaltig überragenden Literaten feiner Zeit' zeigt Z., wie
Luthers Bibelüberfetzung wie ein ftarker Strom in die

durchaus ebenbürtige Schrift verfaßte der Reformator für
den in feinem Briefwechfel mit den Namen Seigneur de
Falais fehr oft bezeichneten Urenkel des Herzogs von
Bourgogne, Philippe le Bon. Jaques de Bourgogne, seigneur
de Falais und de Bredam, erfreute fich längere Zeit der
Gunft Karls V. Nach feinem 25. Lebensjahr zog er fich
von dem Hofe feines kaiferlichen Herrn auf fein Schloß
zurück, um fich dem Studium der Bibel und der Lektüre
reformatorifcher Schriften zu widmen. In den evangeli-
fchen Überzeugungen, zu denen er fich unter manchen
Kämpfen hindrucharbeitete, wurde er durch feine Gemahlin
, die Tochter eines hervorragenden niederländifchen
Grafen, Yolande de Brederode, aufs glücklichfte gefördert
und beftärkt. Gegen Ende des Jahres 1543 oder in den
erften Monaten von 1544 verließ der wegen feines Abfalls
von der römifchen Kirche heftig angefeindete und
bei dem Kaifer fchwer verleumdete Mann die Niederlande
, begab fich zunächft nach Köln, und kam im Frühling
1545 nach Straßburg. Dort erhielt er kurz nachher
den Befuch Calvins, der bereits in brieflichen Verkehr

fchwachen, feichten, zerftreuten Waffer der bisherigen j mit Falais getreten war, und ihm und feiner Gattin in
Literatur belebend eindringt und die langerfehnte deutfehe j ihren Glaubenskämpfen Rat, Troft und Mut zugefprochen
Gemeinfprache fchaffen hilft, wie felbft feine Gegner, auch j hatte. Bereits im erften Jahre einer PVeundfchaft, die
Eck auf dem Umweg über Emfers Plagiat fie benutzten, ! nach einem Dezennium durch Falais'Eintreten für Bolfec

während die ungelehrten ev. Volksfchriftfteller Süddeutfch-
lands fich noch vielfach an die vorlutherifche Überfetzung,
Gelehrte wie U. Rhegius, aus Gewohnheit fich an die
Vulgata teilweife halten.

Überfehen hat Z. die Arbeit des frühverftorbenen Dr. Jofenhans:
Die deutfehe Bibelüberfetzung iu Württemberg zur Zeit der Reformation'
W., Vjhefte 1S94, 353—410, der fich mit der Benutzung der Lutherbibel
in W.befchäftigte und S. 404 auch die durch fie bewirkten Änderungen
in der füddeutfehen Sprache unterfuchte. Zu A. Keller Nr. 430 vgl.
BlfwKG. 18SS, 21.

Die ganze Arbeit Z.s verdient Beachtung und regt zu
weiteren Studien über 1525 hinaus an.
Stuttgart.______G. Boffert

Calvin, Jean: l'Excuse de Noble Seigneur Jaques de Bourgogne
, Seigneur de Falais et de Bredam, reimprimee
sur l'unique exemplaire de l'edition de Geneve 1548,
avec une introduetion par Alfred Cartier. 2ieme ed.,
revue et augmentee. (LXXVIII, 52 u. II S.) gr. 8°.
Geneve, A. Jullien 1911. fr. 7.50

Die apologetifche Schrift Calvins war bis vor weniger
als 20 Jahren nur in einer, vom Genfer Reformator nicht
herrührendenlateinifchenüberfetzung bekannt. DieHeraus-
geber der kritifchen Ausgabe des Corpus Reformatorum,
Baum, Canitz, Reuß, die fich Jahre lang vergeblich um
die Wiederentdeckung des franzöfifchen Originals bemüht

ein jähes Ende nehmen follte, wandte fich der Flüchtling
an den Reformator mit der Bitte um Abfaffung einer
dem Kaifer vorzulegenden Apologie. Diefelbe wurde
nach manchen Änderungen und Korrekturen, über welche
Calvins Briefwechfel uns willkommenen Auskunft gibt,
am 20. Dezember 1547 fertig gedruckt und trägt in dem
einzigen uns erhaltenen franzöfifchen Exemplar das Datum
1548.

Die Excuse de Jaques de Bourgogne erinnert
m mancher Beziehung an die berühmte, dem König
kränz I. gewidmete Vorrede der Institutio, welcher fie
formell und inhaltlich nicht nachfteht. Mit zwingender
Kraft und Klarheit führt der Angeklagte feine Verteidigung
. In den auf feine perfönlichen Angelegenheiten eingehenden
Ausführungen weiß er die ganze Verhandlung
auf eine Höhe zu bringen, die ihn felbft hinter der von
ihm vertretenen Sache des Evangeliums völlig zurücktreten
läßt, und die innere Notwendigkeit feines Ent-
fchluffes fchlagend rechtfertigt. ,I'ai marche selon que
ma conscience me poussait devant Dieu, etant fondee
en sa parole'. Das letzte Drittel der Rede bildet ein
ergreifendes Glaubensbekenntnis, welches das neue Ver-
ftändnis des Evangeliums auf einen klaffifchen Ausdruck
bringt. Kaum jemals ift es Calvin in gleichem Maße gelungen
, den religiöfen Gehalt feines Glaubensbeweifes von
eng dogmatifchen Formeln frei zu ftellen. Das bewährt
fich z. B. an der Tatfache, daß der Reformator zwar die