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Ausgabe:

1912 Nr. 21

Spalte:

661-663

Autor/Hrsg.:

Steinmann, Theophil

Titel/Untertitel:

Der religiöse Unsterblichkeitsglaube. Sein Wesen und seine Wahrheit, religionsvergleichend und kulturphilosophisch untersucht 1912

Rezensent:

Lobstein, Paul

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 21.

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trachtung der Welt nicht mehr mitmachen. Eine Naturphilosophie
der Zukunft, die uns bitter nottut, wird
andere Wege einfchlagen muffen.

Statt vom Pantheismus der behandelten Denker, wie
B. tut, möchte ich lieber von ihrem Panpfychismus reden,

nichts wefentliches geändert. (S. ThLitZtg. 1909, Nr. 1).

Neu hinzugefügt ift der ganze zweite Teil (S 76—166).
Derfelbe befchäftigt fich mit der Wahrheitsfrage des Un-
fterblichkeitsglaubens, die im 1. Teil nur angedeutet, nicht
aber behandelt worden war. Aus den hiftorifchen Unterfu-

da fich bei ihnen doch auch theiftifche Gedankengänge 1 chungen nimmt der Verf. das Ergebnis in den fvftematifchen
finden. ] Teil hinüber, daß die fog. .Unfterblichkeit de'r Seele' nicht

Köni^herp- i Pr RA Hoffmann. der ausfchlaggebende und entfcheidende Gefichtspunktfür

Komgsberg 1. Pr._ Honmann. diefes —^ .ft Entfcheidende fmd d£ • t_

Rolf es, Dr. Eugen: Die Wahrheit desGlaubens durch gründ- SjfÄÄ^ Unfterblichkeitsglaubens;
,. . ' .? . . . .. A „. r tj A tv,. „-,(■;;,• u ele llaDel1 eine Fortexiftenz der Seele nach dem Tode

liehe Bewe.fe ins Licht geftellt. I. Band Dienatar- wohl zur Vorausfetzung, aber nicht eigentlich zum Gegen-
liche Religion. (XII, 324 S.) gr. 8». Brühl, K. Martini 1 ftand. Der Wahrheitsanfpruch und das Wahrheitsrecht
1910. M. 5— i der auf die Zukunft gerichteten Hoffnungen und Zuver-

Wie der In Rom approbierte unverfälfehte Thomismus ' f,c]?te'1 ^Jf* ™* dem Zufammenhang des griftigen
fich mit den Strömungen der Gegenwart auseinanderfetzt, ' ^^'r^^JZ^f^1^ Und $trehens

ift an diefer Apolo|etik zu ertehen. Ariftoteles und , zu un^uc^en und ™ P™kn- j

Thomas find dieHauptftützen von Rolfes. Die Haupt- ^f^'f6 "ach, de™ rST d« &eiftigen L^ens
gegner find ein materialiftifcher Darwinismus und ein I ^ de,r. V«£ unter den befonderen Gefichtspunkt: was
pantheifticher Monismus von der Art Eduard von Hart- | f^V^^
manns. Daß die Welt ein großes Reich der Zwecke ift
und auf einen Zwecke fetzenden perfönlicheri Gott hinweift
, ift der Grundgedanke des ariftotelifchen Thomismus,
der hier in allgemein verftändlicher Sprache auftritt.
Weniger glücklich ift die Auseinanderfetzung mit Kant,
der als der Zerftörer aller objektiven Wahrheitserkenntnis
angefehen wird, weil er die realiftifche Erkenntnistheorie
der Scholaftik aufhebt. Die.Nachweifung 24 falfcher Sätze
in feiner Kritik' mutet uns etwas komifch an. Es handelt
fich in allen 24 Sätzen immer um die eine Frage, ob der
Schluß von den endlichen Dingen auf Gott als das Unendliche
ein notwendiger Vernunftfchluß ift oder nicht,
wie Thomas behauptet und Kant beftreitet. Nach Rolfes
ift es die Aufgabe der Apologetik, von der finnlichen
Wahrnehmung und den Denkgefetzen aus durch ftringente
Schlüffe das Dafein Gottes zu beweifen. Die natürliche
Theologie ficher zu begründen, ift ihm die erfte Aufgabe
der Apologetik, die in diefem Bande gegeben ift. Der
zweite Band foll dann die Beweife für die auf Grund übernatürlicher
Offenbarung gegebene Kirchenlehre bringen.
—Ebenfowenig wie mit Kant vermag Rolfes mit Schleiermacher
etwas anzufangen. Die Begründung der Religion
auf Gefühle und Erlebniffe verwirft er, denn der Verftand
muß nach ihm dem Willen und Gefühl voranleuchten.
Erft muß die Glaubenswahrheit mit dem Verftand beim
Ganzen des geiftigen Lebens in Erfahrung bringen
läßt Der zunächft gemachte Verfuch geht dahin, den
Sinn des Geiftigen diesfeitig zu beftimmen (S. 98—123).
Es frage fich, ob wir im menfehlichen Geiftesleben einen
unmittelbar immanenten Sinn finden, irgendwie dem ähnlich
, wie wir ein planetares Syftem oder einen Organismus
ohne alle Zweckerwägung und Zweckaufweifung in ihrer
Wahlordnung ohne weiteres als finnvoll empfinden. Diefe
Frage wird von dem Verf. verneint. Ein Sinn des Geiftigen
will fich uns im Bereiche unferer Erfahrung weder aus
der Betrachtung der fachlichen Kulturleiftung, noch aus
der der zukünftigen Kulturvollendung, noch aus der Faffung
des beftändigen Fortfehritts im Geiftigen als letzten Zielgedankens
erfchließen.

Ift der erfte der befchrittenen Wege ungangbar, fo
tut fich eine zweite Möglichkeit auf. Gelingt es nicht,
den Sinn des Geiftigen diesfeitig zu beftimmen, fo muß
eine transzendente Deutung gefucht werden. Es gilt ein
Zweckziel herauszuftellen, in deffen Erreichung alles geiftige
Leben und Streben feinen erkennbaren Zweckfinn erhalten
würde. Nachdem St. die platonifche Lehre und den
Friesfchen Idealismus als lypifche Verfuche der transzendenten
Erklärung fkizziert und ihnen einen pofitiven Beitrag
zur Löfung des Problems abgewonnen hat, entwickelt
er feinen eigenen Deutungsverfuch. An Stelle des pla-

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wiefen werden, bevor der Menfch mit Gefühl und Willen tondcden Gedankens einer Zurückläuterung, will er von
auf fie eingehen kann. Diefer Beweis wird in 5 Abfchnitten ' ?,mer Vorwartslauterung zum Ewigen fprechen. Der innere

gegeben. Im erften wird das Dafein Gottes nach den
bekannten Methoden bewiefen (S, 31—96), im zweiten
werden Beweife für die Schöpfung gegeben (S. 96—176),
im dritten für die Vorfehung (S. 176—205), im vierten für
das Sittengefetz, die Vergeltung und ewige Strafe (S. 206
—257), im fünften für die Willensfreiheit (S. 257—287),
im lechften für die Unfterblichkeit der Seele (S. 287—324).
Plato, Ariftoteles und Thomas werden überall ausgiebig
herangezogen.

Bafel. Johannes Wendland.

Steinmann, Lic. Theophil: Der religiöfe Unfterblichkeits-

glaube. Sein Wefen und feine Wahrheit, religionsvergleichend
und kultur-philofophifch unterfucht. (2.
wefentlich erweiterte Aufl. des Programms: Der reli-
giöfeUnfterblichkeitsglaube, eine religionsvergleichende
Studie.) (VIII, 166 S.) gr. 8°. Göttingen, Vanden-
hoeck & Ruprecht 1912. M. 360; geb. M. 420

Der erfte Teil diefer Schrift erfcheint in zweiter Auflage
. Im Jahre 1908 herausgegeben, bildet er einen wichtigen
Beitrag zur vergleichenden Religio nsgefchichte, eine
gründliche und umfaffende Phänomenologie des religiöfen
Unfterblichkeitsglaubens. In diefem erften Teil (S. 1—75)
ift außer bei der Darftellung des primitiven Seelenglaubens

Prozeß, der durch Widerftände, Hinderniffe und foga.
Ergebnislofigkeiten bewährten Läuterung ift als fortgehende
Aufgabe zu denken. Daher entfpricht auch der Art diefer
inneren Befchaffenheit ein pofitives Realverhältnis, ein
Hinausgreifen über alle Erfahrung hinein in ein Dafein,
das über ihr liegt. Das immer innigere Einswerden der
fubjektiven Geiftigkeit mit einem realen Etwas, das fördernd
über der Erfahrung fteht, begründet nicht Erfterben,
fondern Erftarken des Willens. ,Der perfonale gute Wille,
hindurchgeläutert zum Haften am ewigen Soll, dies aufgefaßt
als ein Realitätsverhältnis, ift die höchfte Zielleiftung
der Welt unferer Erfahrung, und keine vergebliche; darum
blicken wir am deutlichften in feiner Richtung in das,
was jenfeits aller Erfahrung liegt, empor' (S. 144). Durch
eine Auseinanderfetzung mit der peffimiftifchen Lebens-
deutung, mit dem .Aufgehen im göttlichen Willen', mit
dem Gedanken vom Ewigfein im Zeitaugenblick, gewinnt
der Erklärungsverfuch eine feftere Grundlage.

Im letzten Kapitel (S. 150—166) kehrt St. zum Un-
fterblichkeitsglauben zurück, wie er ihn im erften Teil
feiner Darlegungen in feinen verfchiedenen gefchichtlichen
Formen beleuchtet hat. Die Erwägungen über den Sinn
des geiftigen Lebens nimmt er für den chriftlichen Vollend
ungs-, oder beffer Verklärungsglauben in Anfpruch.
Es handelt fich um eine Verklärung des über feinem
Werk in der Zeit bei fich felbft in die Tiefe reifenden