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Ausgabe:

1912 Nr. 18

Spalte:

571

Autor/Hrsg.:

Stein, Leopold

Titel/Untertitel:

Die Schrift des Lebens. Inbegriff des gesamten Judentums in Lehre, Gottesverehrung und Sittengesetz (Dogma, Kultus und Ethik). Dritter Teil 1912

Rezensent:

Bischoff, Erich

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 18.

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erwünfcht gewefen, wenn die fprengende Wirkung der
Zungenredenbewegung auf die Gefamtbewegung, foweit
fie bis zur Gnadauer Konferenz von 1910, dem Endpunkte
derSchrift,fchonerfichtlichwar,wenigftens angedeutetwäre.

Die Kürze der Darfteilung hat hier und da halbrichtige Bemerkungen
verfchuldet, wie S. 13, wo als Hindernis für die Bewegung in
Niederfachfen nur das ftrenge Luthertum genannt ift, während mindeftens
ebenfo der Stammescharakter in Betracht kommt. Einige kleine Irrtümer
find mir aufgefallen, ich nenne: S. 12, Michaelis ift erft 1906
(nicht 1904) an Pücklers Stelle getreten; die Stuttgarter Philadelphiakonferenz
findet nur in großen Zwifchenräumen, nicht jährlich ftatt;
S. 21, der Befchluß Gnadaus, einen Vertreter zur Blankenburger Konferenz
zu fchicken, datiert m. W. erft von 1907.

Im II. Kapitel wird der gewaltige Stoff gefchickt
gruppiert unter .Lebenskräfte' (Verbindung mit dem erhöhten
Herrn, Bibel, Geiftesleitung, Gebet), ,Der Gläubige'
(Bekehrung und Heiligung), .Wachstum in der Gnade und
Erkenntnis', wo an einigen Beispielen das Fließende oft
der wichtigften Lehranfchauungen gezeigt wird, und ,Ge-
meinfchaft und Perfönlichkeit', wo einzelne Typen der
Gemeinfchaftsfrömmigkeit fkizziert werden. Nicht ganz

Talmud babylonlcum codicis hebraici Monacencis 95 fautore Iohanne
Schnorr v. Carolsfeld arte phototypica depingendum curavit
praefatione et argumentis inftruxit Herrn. L. Strack. — Der
babylonifche Talmud. Nach der einzigen vollftänd. Hand-
fchrift München Codex hebraicus 95 mittels Fksm.-Lichtdr.
vervielfältigt, m. Inhaltsangaben f. jede Seite u. e. Einleitg,
verfehen v. Herrn. L.Strack. 1.Hälfte. (III,586S.) Fol. Leiden.
A. W. Sijthoffs Uitg.-Mij. 1912.

Geb. in Leinw. Mk. 350 —; in Ldr. Mk. 380 —
Unter obigem Titel ift die erfte Hälfte der Lichtdruck-Reproduktion
des berühmten Münchener Talmud-Kodex erfchienen,
die zweite Hälfte foll im Herbft d. J. folgen. Die Reproduktion
ift vorzüglich gelungen und gegenüber dem Original, das zum größten
Teil mit fehr kleiner Schrift gefchrieben ift, größere Klarheit
dadurch erreicht, daß beim Photographieren das Format um
reichlich ein Fünftel vergrößert wurde. Zur Erleichterung der
Benutzung hat Strack am Kopfe jeder Seite den Inhalt und am
rechten Seitenrande die Seitenzahlen der gewöhnlichen Talmuddrucke
angegeben. Die Stelle innerhalb des Textes, wo eine
neue Druckfeite beginnt, ift durch einen dünnen fenkrechten Strich
bezeichnet. Die meiften Seiten des Kodex haben 80 Zeilen;

richtig ift es wohl, Jellinghaus als Typus nicht nur der das Zeichen x am Anfange der Zeilen 10 , 30 , 50 und 70 er-
Heiligungslehre, fondern. auch der Verföhnungslehre zu möglicht bequemes Zitieren nach der Seitenzahl.

Ein Ergänzungsheft wird das Vorwort und Mitteilungen über
den Kodex bringen. Ferner follen ihm beigefügt werden der
Inhalt zweier nach Blatt 63 herausgeriffener Blätter (Pesahim
119a— 121a und 58a—67b) und zweier verfehentlich vom Schreiber
ausgeladener längeren Stücke(Kethubboth 84a —87b undMenahoth
76b—77b) nach andern Handfchriften.

nehmen; hier zeigte doch Gnadau 1909 ein ganz anderes
Bild. Auch fteht die Verbalinfpiration der Bewegung als
folcher m. W. feft, die Studentenbewegung nimmt eine
Ausnahmeftellung ein. — Das letzte Kapitel zeichnet dann
kurz das Verhältnis der Gemeinfchaft zur Kirche, zum
bürgerlichen Leben, zur Kultur und zur Heidenwelt. —
Des Verf. Stellung zur Bewegung ift die eines gerecht
abwägenden, wohlwollenden Kritikers.

Loccum (Hann.). Fleifch.
Referate.

Stein, Rabb. Dr. Leopold: Die Schrift des Lebens. Inbegriff des

gefamten Judentums in Lehre, Gottesverehrung und Sitten-

gefetz (Dogma, Kultus und Ethik). Schriftgemäß, volkstümlich
und zur Kenntnisnahme für Israeliten und Nicht-

israeliten dargeftellt in drei Teilen. Dritter Teil. Der Weg

oder die Weisheit der Rabbinen. Gefetz und Sitte im

Judentum nach Bibel und Talmud darftellend. Aus feinem

Nachlaß herausgegeben von Rabb. Dr. C. Seligmann. (VII,

157 S.) gr. 8". Frankfurt a. M., J. Kauffmann 1910. M. 2—
Steins dreiteiliges Werk ,Die Schrift des Lebens' ift zwar,
wie der Herausgeber diefes 3. Teiles (eine Neuherausgabe der
vergriffenen Teile 1 [Lehre von Gott] und 2 [Satzungen] ift zu

erwarten), Rabbiner Dr. C. Seligmann, S. VII richtig fagt, feiner I (jm folgenden = Mak.)° in umgekehrter Richtung verlaufend, eine
Anlage und Abficht nach ein jüdifches ,frommes Erbauungs- und | genaue Befchreibung der Abenteuer liefert. An einer Stelle zeigen
angenehm belehrendesjugendbuch', weshalb auchalleliterarifchen Deide eine befonders merkwürdige Ähnlichkeit, indem fte beide
Quellenangaben für die Zitate und Erörterungen fehlen — es | (di. nur in einer Handfchrift) ausdrücklich auf die Züge Alekommt
alfo für die Wiffenfchaft nur fehr bedingt in Betracht, 1 xanders des Großen und zwar an derfelben Stelle Bezug
zumal die .liberale' Tendenz des hochangefehenen Verf. zuweilen ; nehmen. Bei dem ,Ort des Überganges' Aiaßä fügt eine Hand-
die Objektivität und Richtigkeit feines Urteils beeinflußt. Bei ; fchrift von <5<f. ein: dnov etojjX&sv 'AXi&vdgog xwv Maxeödvwv
der großen Unwiffenheit fogar theologifcher Kreife über das re- ; ßaoiXsvg xal inoitjoev »naavgovg xal ioxnoEv ävdgiävxa slxdva.
ligiöfe Denken und Leben felbft des moderner gerichteten heu- , Djes bezieht fleh, wie ich a. a. O. nachwies, auf eine Stelle im
tigen Judentums und bei der weitverbreiteten Abneigung gegen < Alexanderroman des Ps.-Kallifthenes, wo die Reife Alexanders
tiefer gehende wiffenfchaftliche Orientierung darüber kann jedoch [ jn das Land der SeIigen gefchildert und von dem Brückenbau
das gemütvoll gefchriebene Werk eine gute erfte Einführung bilden, j berichtet wird, den Alexander an jenem Ort des Überganges ausMitteilungen
.

21. Epifoden des Alexanderromans in chriftlichen
Texten. In der von A.Vassiliev,AnecdotaGraeco-Byzantina 1(1893)
135ff. veröffentlichten Erzählung von den drei Mönchen Theophilos,
Sergios und Hygieinos, welche von Jerufalem aus durch Mefopota-
mien und Perfien nach dem Often zogen, um den heiligen Maka-
rios,derrä eoxaxaxijg äoixf/xov bewohnte, aufzufuchen, findet fleh
als erfter Teil die in der erften Perfon gehaltene Reifebefchreibung
der drei Mönche. Es wird hier ausführlich von allerlei Wunderdingen
berichtet, welche jene Mönche fahen. Die diefer Erzählung
zugrunde liegende Reiferoute hat große Ähnlichkeit mit der
von A. Klotz, Rhein. Muf. für Philol. LXV (1910) 606ff. edierten
und von mir ebenda LXVI (1911) 458ff. befprochenen 'OSoinogia
and ESsu xov nagaSeloov ayj>i xwv 'Pwualwv. Nur gibt letztere
(im folgenden = od.), indem fie von Often nach Welten führt,
lediglich ein kurzes Verzeichnis der Stationen mit Entfernungsangaben
, dazu einige ganz wenige weitere Notizen, während jene

Leipzig. Erich Bifchoff.

Oppel, Dr. Arnold: Das Hohelied Saiomonis u. die deutsche religiöle
Liebeslyrik. (Abhandlungen zur mittleren u. neueren Gefch.
Heft 32.) (V, 65 S.) Berlin-Wilmersdorf, Dr. W. Rothfchild
1911. M. 2.50

Das erfte Kapitel, welches von alten Auffaffungen der Seele,
des Verhältniffes der Menfchheit zur Gottheit ufw. handelt, ift
eine mühfam zu lefende Sammlung von Notizen. Sechsmal begegnete
ich dem, wie es fcheint, unausrottbaren Origines, Einmal
fogar ,Orgines'. Auch fonft fehlt es nicht an Druckfehlern,
z. B. S. 10, Z. 30 ,Or haensoph', S. 15 ,opino' und ,opprobiis'. Für
feinen Zweck konnte der Verfaffer mit Bernhard von Clairvaux,
f. Kap. 2, beginnen, deffen 86 Reden über das Hohelied für die
Myftik von großer Bedeutung. Auf feinem eigentlichen Studiengebiete
bewegt er fich erfichtlich in den Kapiteln 3 und 4. Sie
fchildern mit guter Quellenkenntnis die myftifche Minnepoefie
des Mittelalters famt dem damit zufammenhangenden Volksliede
und die religiöfe Liebeslyrik des 17. Jahrhunderts und bis Novalis.
Berlin-Lichterfelde-W. Herrn. L. Strack.

führte. (Vgl. dazu Greßmann in diefer Zeitfchrift 1911, Sp. 700;
Pfifter ebenda Sp. 796f.) Genauer wird dies, zugleich in engerer
Anlehnung an den griechifchen Text des Romans, in Mak. be-
fchrieben. Es heißt dort (S. 142): evgouev äxpida xal iygaftv
(lg xd xvxXog avtijg ovxwg ' xavxnv xl/v äipida fjyeiQev AXt^avägog 0
xwv Maxeddvwv ßaaiXeiig xaxaäiwxwv and Kag/rjddvog wg (Xrjgiov
xdr niganv twg ivxaiO-a ■ xavxä sioiv xä axoxstvä Ii äiijX&ev. »
IXiXwv ivddxegov (loeX&slv ndvxa ägioxsgä neginaxslxw, n&vxa yaQ
xä vdaxa xov xöauov ix xov ägiaxegov uigovg ixnogevovxai. d dteg-
Xoutvog r# wwvjj xwv idaxwv äxoXov&dxw xal lg~eXevoexai elg f>">g,
xä de del-iä uegi} ogrj dal nävxa xal xgvuvol xal Xtuvr) nauueyi&li
d'wewv usuioxwusvTi. So lautete die Infchrift an jener Stelle des
Überganges. Äber auch fchon vorher hat Mak. gelegentlich bei
der Schilderung der Abenteuer Anleihen an den Alexanderroman
gemacht, die bereits Vefelovskij, Aus der Gefchichte des Romans
und der Erzählung 1886 S. 305ff. [ruff.] nachgewiefen hat. Unfere
beiden Texte beruhen hier alfo unabhängig von einander auf dem
Alexanderroman. Alexander hatte den Weg gewiefen ins Land
der Seligen, zu der uaxägwv ztopa, in der döomogia liegt ein dür-