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Ausgabe:

1912 Nr. 17

Spalte:

538-540

Autor/Hrsg.:

Reu, Johann Michael

Titel/Untertitel:

Quellen zur Geschichte des kirchlichen Unterrichts in der evangelischen Kirche Deutschlands zwischen 1530 und 1600. 1. Teil: 2. Bd. 1. Abteilg 1912

Rezensent:

Knoke, Karl

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 17.

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anders denken als diejenigen, die die erklärbare Welt
der Wiffenfchaft von der erlebbaren Welt der Religion
unterfcheiden, und daß andererfeits diefe letzteren fich
mit aller Klarheit dahin äußern, daß die Theologie die
chriftliche Wahrheit zum allgemeinen geistigen Leben in
Beziehung zu fetzen habe, und daß es auf die Dauer
unerträglich fei, wenn ein Riß durch das geiftige Leben
gehe (J. Kaftan).

Reu, Prof. D. Johann Michael: Quellen zur Geichichte des
kirchlichen Unterrichts in der evangelischen Kirche Deutichlands
zwifchen 1530 u. 1600. Eingeleitet, hrsg. u. zu-
fammenfaffenddargeftellt. I.Teil: Quellen zurGefchichte
des Katechismus-Unterrichts. 2. Bd.: Mitteldeutfche
Katechismen. 1. Abtleilg.: Hiftorifch-bibliographifche
Einleitung. (XIV, 496 S.) gr. 8°. Gütersloh, C. Bertels-

Die in gedrängten Sätzen zufammengefaßte Diskuffion 1 mann 1911. M. 10—; geb. M. 12

läßt fich nicht noch gedrängter wiedergeben. Unverkenn- t, ... , . , . .a . - _ •

bar war beiderfeits Sas Beftreben, fich zu verliehen und 9mJ^fjt^^!^S^^S^^^

nicht aneinander vorbei zu reden, fondern die strittigen
Punkte klar herauszuarbeiten. Das Urteil eines der Teilnehmer
, daß der Gegenfatz zwifchen Referat und Korreferat
auf einen Wortftreit hinausläuft, fcheint mir unbegründet
. Zwifchen beiden aber ift ein weitgehender
Confensus wahrnehmbar: weift das nicht darauf hin, daß
die theologifche Konftellation eine wefentlich andere ift
als vor zwanzig Jahren?

Straßburg i. E. P. Lobftein.

Tempie, William: The Nature of Personality. A course

of lectures. (XXXII, 120 S.) 8°. London, Macmillan

& Co. 1911. s- 2-60

Diefes Buch ift um feiner einfachen Ausdrucksweife
und um der beftändigen Zufammenfaffungen willen, wie
fie einer guten Vortragsfolge zur Zierde gereichen, auch
für einen /Anfänger in der englifchen Sprache leicht verständlich
. Seine Abficht ift durchaus fpekulativ, worauf
fchon die Einleitung vorbereitet. Purpofe, Vorfatz und
Wille, ift der alles zufammenhaltende Begriff. Er erklärt
uns fchließlich die Welt am beften, wenn Materialismus
und Agnostizismus vertagen — fo die Einleitung; den
Grund dafür, daß wir nämlich nichts beffer kennen, als
unteren Willen, und. daß wir darum die unbekannte Welt
am beften mit diefem uns bekannten Mittel erkennen,
habe ich bei T. nicht gefunden. Auf die Erkenntnis Gottes,
des höchsten Weltwillens, läuft dann die Reihe der Vorträge
hinaus. Auf einem Weg, der Induktion und Deduktion
verbinden will, gewinnt T. feinen Begriff von der
Perfönlichkeit. Indem er vom Unterfchied zwifchen Ding
und Tier auf der einen Seite, und der Perfon auf der
anderen ausgeht, gewinnt er folgende Kennzeichen der
Perfönlichkeit: Freiheit und Selbstbestimmung, Hingebung
des eigenen Willens an den Willen der Gemeinfchaft.
An diefem Ideal gemeffen, ift kein Menfch eine Perfönlichkeit
, nur Gott ift eine; er bildet den Gipfelpunkt der
aufsteigenden Reihe, die fich vom Ding und dem Tier
über den Menfchen zu ihm erhebt: nur der Schöpfer

kann «ranz fich felbft beftimmen, und Gott hat die größte lcnnfVn unenuerung uoer das kirchliche Katechismus-
Liebe als feinen .Willen' (purpose) in f.ch. Diefe Erkennt- 1 Lecht in, der zweiten Hälfte des 16. Jahrb.. zu begrüßen
nis daß Gott Liebe ift, wird nun fpekulativ zu einer Reu unterlaßt es auch nicht, was weiter anzuerkennen ift

Reu'fchen Werkes über die Katechismusliteratur des 16.
Jahrhunderts erfchienen. Aus dem .Vorwort' desfelben
entnehmen wir die freudig zu begrüßende Nachricht, daß
die Herausgabe der noch ausstehenden Bände diefes umfangreichen
Werkes durch namhafte Beihülfen des preu-
ßifchen Kultusminifteriums, des Vereins für Reformations-
gefchichte und durch Unterstützungen des fächfifchen
Kultusminifteriums fowie des Hamburger Senates finanziell
gefichert ift. Hätte man wiffen können, daß der jetzt
vorliegende Band, welcher die .hiftorifch-bibliographifche
Einleitung' zu den vor wenigen Monaten ausgegebenen
.Texten' der .Mitteldeutfchen Katechismen' enthält, fo
fchnell der voraufgegangenen Publikation der letzteren
folgen würde, fo würde es fich empfohlen haben, die
literarifche Anzeige beider Abteilungen gleichzeitig vorzunehmen
, da diefe fich gegenfeitig ergänzen. Da mir
keinerlei Kunde über das unmittelbar bevorstehende Er-
fcheinen der .Einleitung' zugegangen, fo habe ich über
die Ausgabe der .Texte' in ThLZtg. 1912, Sp. 2i6ff. berichtet
, bevor jene veröffentlicht worden. Ohne Zweifel
würde mein damaliger Bericht im einzelnen anders redigiert
worden fein, wenn mir der jetzt erfchienene Band
der Reu'fchen Arbeit bei feiner Abfassung fchon vorgelegen
hätte. So bezeuge ich u. a. gern, daß man in
in der .Einleitung' die meisten derjenigen Bücher und
Ausgaben verzeichnet findet, welche in dem Textbande
von mir als nicht erwähnt benannt worden.

An der jetzt vorliegenden .Einleitung' haben wir. was
befonders anzuerkennen ift, zunächft zwei Vorzüge gegenüber
der Behandlung der .Süddeutfchen Katechismen' im
ersten Bande (1904) hervorzuheben: Sie teilt erstens die Titel
der hier aufgeführten Katechismen etc. in bibliographifch
genauer Form mit, fodaß eine zuverläffige Kontrolle möglich
ift, und fie bringt entfprechende Auszüge aus den
Kirchen- und Schulordnungen über den Katechismusunterricht
in den einzelnen Territorien, über deren Katechismen
referiert wird. Diefe Auszüge, welche in der
Hauptfache allerdings diefelben Themen immer nur wieder
variieren, find jedenfalls als eine wertvolle Beigabe zur
fchnellen Orientierung über das kirchliche Katechisnu

trinitarifchen Gotteserkenntnis ausgebaut. Dabei fetzt
fich T. in Gegenfatz zu und in Verbindung mit allerlei alten
und neuen trinitarifchen Spekulationen, die mir wenigstens
ziemlich gleichgültig geworden find.

Daß T. fo den Schwerpunkt auf die Spekulation
legt, verhindert ihn, den praktifchen Fragen nachzugehen,
an denen uns mehr liegt. Dazu rechne ich die Unter-
fcheidung zwifchen Perfon und Perfönlichkeit, die wir

wenigstens über die bedeutenderen katechetifchen Publikationen
jener Zeit charakterisierende Urteile abzugeben,
um ihre Bedeutung in der katechetifchen Gefamtleiftung
derfelben nachzuweifen. Wenn diefe Urteile hin und wieder
etwas allgemein gehalten find, fo wird das denjenigen
nicht befremden, der die einfchlägliche Literatur kennt
und weiß, wie fchwer es ift, die Unterfchiede der einzelnen
Leistungen bei ihrer allgemeinen Ähnlichkeit in den Grund-
anfchauungen auf einen kurzen zutreffenden Ausdruck zu

immer fefter durchführen muffen: ift die erfte ein Natur- Ausdruck z,

oder niederer Wertbegriff, fo ist die zweite ein Kultur- ?"Spn l(on , blesbendem Werte werden die Unter
und höherer Wertbemiff Ferner drückt uns die prak

tifche Frage, wie man eine Perfönlichkeit wird, wozu
Joh. Müller uns immer wieder aufruft. Diefen und verwandten
Fragen, die T. fernliegen, der Perfönlichkeit bald
als Perfon-Sein, bald als höchsten Wertbegriff faßt, müffen
wir noch fleißig nachgehen, wie ich es in einem Buch
.Perfon und Perfönlichkeit' versucht habe.

Heidelberg. Niebergall.

fuchungen Reu's über die literarifche Abhängigkeit einzelner
Katechismen von andern bleiben; bisher wurde bei
einigen derfelben (z. B. bei dem Katechismus des Joh.
Spangenberg) größere Selbständigkeit vorausgefetzt.

In dem vorliegenden Bande werden die.Mitteldeutfchen
Katechismen' befprochen. Es gefchieht in der Weife, daß
die katechetifche Literatur der einzelnen Territorien in
den fächfifch-thüringifchen, fchlefifchen und heffifchen
Landen und zwar innerhalb derfelben Territorien nach
der Zeitfolge ihres Erfcheinens aufgezählt und befprochen