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Ausgabe:

1912 Nr. 17

Spalte:

521-523

Autor/Hrsg.:

Cremer, Hermann

Titel/Untertitel:

Biblisch-theologisches Wörterbuch der neutestamentlichen Gräzität 1912

Rezensent:

Deissmann, Adolf

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 17.

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die der erften Audage 1894! Beifpiele: S. 9 (Nr. 7) lies nrjD und I VOn Stellen und Meinungen, den es bietet, und oft auch
trys^i s. 10 (Nr. 9) lies: 1JB; S. ii, Z. 3 ift KJB Gehet falfch (wahr- ; durch richtige Beobachtungen Cremers felbft. Und fo
fcheinlich x:r 3. m. sg. perf.)', dafelbft z. 22 lies xnsti.N'vin;. S22, kann jcb den von Julius Kögel mit großer Selbftver-
z. 9 r- Part, und irftaj Part.; auch Nr 1 -»'^ £ j leugnung und unermüdlichem Fleiße * unternommenen

vokahfieren. Ganz ubel ift es den aramaifchen Sätzen b. 24, L. ort. er- . => , 0 , - . ..n , 77 "~

gangen. — Dages in fehr häufig weggelaflen, und zwar Dicht nur D. lene, | vertuen der Neubearbeitung nur begrüßen und wünfehe

fondem auch Dag. forte. ihm einen guten Abfchluß.

S. 9 Anm. lies-. ,Ber(akhoth)' ft. Bar.; S. 12 ft. |W; S. 13, I Die große Meinungsverfchiedenheit zwifchen Cremer

Z. 1 njrbx. s. 17, Z. 7 Wip ift wohl dnfach alter Schreibfehler für rwip. und mir über das Wefen des fog. Neuteftamentlichen

R. Reitzenftein, Helleniftifche Wundererzahlungen, Griechilch wird von Kögel in feinem intereffanten und

Leipzig 1906, und O. Weinreich, Antike Heilungswunder,
Gießen 1909, haben Hrn. F. veranlaßt, in einem dritten
Heftchen .Antike Wundergefchichten' zufammenzuftellen.
Das wird vielen willkommen fein, da die von Philoftratus
verfaßte Lebensbefchreibung des Apollonius von Tyana,

viel Treffendes enthaltenden Vorwort eingehend be-
fprochen. Wenn er dabei rügt, daß ich Cremer gegenüber
den Ausdruck .dogmatifch befangen' gebraucht
habe, fo möchte ich die Bemerkung nicht unterlaffen,
daß ich niemals an eine bewußte Bindung des philolo-

die Reden des Äriftides Smyrnaeus, W. Dittenbergers I gifch-hiftorifchen Urteils durch das dogmatifche bei
Sylloge inscriptionum Graecarum ufw. nicht jedem bequem i Cremer gedacht habe. Er wollte philologifch arbeiten,
erreichbar find Genaue Vergleichung mit dem Neuen 1 gewiß! — aber ich habe bis heute den Eindruck, daß
Teft lehrt freilich im wefentlichen nur etwas Negatives, , feme Begabung eben nicht auf dem Gebiete der Philo-
nämlich daß die im N. T. enthaltenen Wundergefchichten l i0gje iag; er war e,ne ftark dogmatifche Natur, hat aber
auch über die bei Griechen und Römern erzählten himmel- ■ fejnen größten Einfluß wohl als religiöfer Praktiker und
hoch erhaben find. Das zu lehren ift aber fchwerlich die ; a]s Kirchen- und Fakultätspolitiker ausgeübt. Zwifchen
Abficht des Herauso-ebers gewefen. t . feinem Auge und dem hiftorifchen Objekt des Wörter-

Ich fchließe auch diefe Anzeige, die mir nicht leicht | buchs lag, ohne daß er felbft es empfand, manches, was
geworden mit der Erklärung, daß es mir eine Freude 1 den freien Ausblick hinderte.

fein würde einmal eine in ernftem Studium zur Reite j jn der Sache erklärt Kögel, obwohl er Einfeitigkeiten
gediehene Arbeit des Hrn. F. anzeigen zu können. Ich | und Übertreibungen Cremers zugibt und nach Möglichmeine
die Hoffnung ausfprechen zu dürfen, daß dies in I ausmerzt, auf dem Standpunkte feines Lehrers zu
etwa zwei Jahren der Fall fein wird. flehen; aber er kommt doch in vielem Einzelnen meiner

. , , , , ,,r Herrn T Strack Auffaffung entgegen. In dem Streit mit Cremer handelte

Berlin-L.chterfelde W. ! es fich ^ ^ Auffaffung des von Schleiermacher

flammenden Gedankens von der .fprachbildenden' Kraft
des Urchriflentums. Cremer betonte im Anfchluß an
die ältere neuteflamentliche Philologie, die ein neutefta-
mentliches .Sprachidioni' konftruiert hatte, nicht bloß die
wortumbildende, fondern fehr energifch auch die wörter-
neubildende Wirkung des Evangeliums; ich flehte die
erfte Wirkung in den Vordergrund und ließ die zweite
ftark zurücktreten, glaubte auch zeigen zu können, daß
Cremer die erfte Wirkung fehr übertrieben hatte. Cremer
betrachtete den fchriftlichen Nachlaß des Urchriflentums
hauptfächlich in feinem Kontraft zur Umwelt, den er,
verleitet durch den irreführenden Befund der antiken
Literatur, ungeheuer übertrieb; ich glaubte den wirklichen
Kontraft bloß dann erkennen zu können, wenn ich mir
zuvor befonders mit Hilfe der unliterarifchen Texte den
gewaltigen Kontakt klar gemacht hätte.

Mit diefem Unterfchied des Arbeitens hängt es zu-
fammen, daß der alte Schulbegriff der .Profangräzität'
für Cremer ein grundlegender ift, während ich ihn nicht
als wiffenfehaftlich faßbar anerkennen kann, fondern durch
den (allerdings ftark differenzierbaren) Begriff ,Volks-
griechifch' oder .Weltgriechifch' erfetze. In den von
Kögel S. IX zitierten Worten Schlatters zur Sache kann
ich übrigens keine von der meinigen prinzipiell verfchiedene
Theorie entdecken.

Vielleicht macht ein Beifpiel deutlich, worin Kögel
von Cremer abweicht und worin ich auch von Köjgel
noch methodologifch abweiche. Aus dem Artikel äyax?j
drucke ich hier zunächft einige charakteriftifche Zeilen der
9. und der 10. Auflage ab und hebe die Änderungen
Kögels hervor:

Cremer, D. Dr. Hermann, Biblilch-theologifches Wörterbuch
derneuteltamentlichenGräzität. 10. völlig durchgearb.
u. vielfach veränderte Aufl. hrsg. v. Prof. D. Dr. Julius
Kögel. Gotha, F. A. Perthes A.-G. 1911.

Gefamtpreis M. 28 —
1. Lieferung A bis'Aqstt'j. 2. Lieferung Aqbxi bis Aixcuoq.

Der Entfchluß, das von Hermann Cremer felbft in
neun Auflagen bearbeitete Wörterbuch auch nach feinem
Tode zu erhalten und fortzuführen, ift unbedingt zu
billigen. Auch wer über die Aufgaben und Methoden
der neuteftamentlichen Lexikographie wefentlich anders
denkt, als der verewigte Greifswalder Biblizift und Dog-
matiker, kann nicht verkennen, daß fein opus vitae eigenartige
Verdienfte hat. Ich rechne dazu hauptfächlich den
ernfthaften Verfuch, den Septuaginta-Sprachgebrauch für
die urchriftliche Terminologie zu verwerten. Ift auch
gegen die Ausführung methodologifch mancherlei einzuwenden
, fo ift der Verfuch felbft doch durchaus
achtungswert und an vielen Punkten auch erfolgreich
gewefen.

Von manchen, die fich heute mit dem Problem
.Paulus und der Hellenismus' befchäftigen, wird überfehen,
daß die wichtigfte Quelle helleniftifchen Einfluffes auf den
Apoftel eben die helleniftifche Bibel der Siebenzig gewefen
ift, vorausgefetzt, daß fie uns mehr ift, als ein
bloßes Hilfsmittel der altteftamentlichen Textkritik, daß
wir fie vielmehr erkannt haben als helleniftifche Bibel
von felbftändiger hiftorifcher Eigenart und Wirkung.
Diejenigen Seiten insbefondere der Frömmigkeit des
Paulus, die deutlich helleniftifche Färbung zeigen, find
zum guten Teile verftändlich, wenn man fie aus der
.Septuaginta-Frömmigkeit' heraus zu betrachten fucht. Wer
es hier verfteht, das oft trocken aufgezählte, dogmatifch-
anatomifch präparierte Einzelmaterial Cremers zu verlebendigen
, wird fich in der Löfung des Problems des
Hellenismus ficher an manchen Punkten gefördert fehen.

Aber auch im übrigen ift Cremers Buch, fo wenig
ich es um feiner Umftändlichkeit und feiner doktrinären
Wirkung willen für ein Studentenbuch halten kann, für
den Forfcher ein unentbehrliches Hilfsmittel durch den
reichen, wenn auch nicht immer ganz genauen Apparat

Cremer 9 S. 15:
,'Ayämi, ih Liebe, der Prof.-Gräc.

völlig fremd.......diefes an-

fchemend von den LXX oder
doch in ihrem Kreife gebildeten

Wortes .

Cremer10-Kögel S. 13:

,/lyänri, >/, Liebe, d. Prof.-Grär.

lo gut wie völlig fremd......

diefes anfeheinend von d. LXX
oder doch in ihrem Kreife bef.
ausgebildeten Wortes......'

Hier ;hat Kögel die Hypothefe von der .Bildung' des
Wortes ayäjcn durch die LXX fallen gelaffen, aber er
betont die Wahrfcheinlichkeit der befonderen .Ausbildung'
des Wortes in diefer Sphäre. Die .profane' Herkunft
hätte aber weniger zaghaft zugegeben und damit das
eigentliche lexikalifche Problem des Wortes berührt werden