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Ausgabe:

1912 Nr. 1

Spalte:

518-521

Autor/Hrsg.:

Fiebig, Paul

Titel/Untertitel:

Jüdische Wundergeschichten des neutestamentlichen Zeitalters unter besonderer Berücksichtigung ihres Verhältnisses zum Neuen Testament bearbeitet 1912

Rezensent:

Strack, Hermann L.

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 17.

meffianifch gedeutet werden kann. Der Pfalm befingt
die geiftige Vermählung zwifchen Gott und der menfch-
lichen Natur. Man könne hier nicht einmal wie beim
Hohenliede zunächft die geiftige Ehe zwifchen Jahve und
Israel verliehen, denn .unter dem Bilde der Polygamie ift
direkt die Berufung aller Völker zum Heil ausgedrückt'.
Hätte Sch. fich genauer den Text angefehen, fo hätte er
jedenfalls 7b außer Betracht laffen müffen, denn es ift
völlig rätfelhaft, wie er "pnbs als Vokativ durch ,0 Gottüberfetzen
kann. Daß unter diefen Umftänden auch das
Problem der Entftehung unferer Pfalmenfammlung keine
Förderung erfährt, ja daß er hier weit hinter dem zurückbleibt
, was allmählich Gemeingut geworden ift, das im
Einzelnen darzulegen muß ich mir hier verfagen.

Bei weitem befier ift die Arbeit in textkritifcher Hinficht
, hier bietet fie mannigfache Anregung, und an nicht
wenig Stellen ftimme ich feiner Konjektur bezw. der von
ihm vorgenommenen Streichung zu. Leider kann ich
auch hier nicht uneingefchränkt loben. Einmal fchon um
deswillen nicht, weil ein fehr wefentliches Hilfsmittel bei
feiner Textherftellung die von ihm vertretene Metrik ift;
über ihre Grundfatze aber erfahren wir nichts, fondern
wir werden auf die demnächft in den .Biblifchen Studien'
(Herder, Freiburg) erfcheinende Metrik vertröftet. Schi,
hätte doch zum mindeft die wichtigften von ihm vertretenen
metrifchen Grundfätze in der Einleitung zur Orientierung [ ~ "

des Lefers mitteilen müffen. Sodann aber kann ich um ! Fiebig, Gymn.-Oberlehr. Lic.Paul: Jüdifche Wundergefchich-
deswillen nicht uneingefchränkt loben, weil die Arbeit I ten des neuteftamentlichen Zeitalters unter befond Be
nach der philologifchen Seite «heb^e^ftäade btetet | rückficht, ihres Verhältnis zum Neuen Teftamen!

ausgedehnten Midrafchliteratur finden und fämtlich älter
als die Hff. find. Hier leiftet der ausführliche hebräifche
Kommentar Theodors eine ebenfo riefige und gediegene
Arbeit wie bei dem Verzeichniffe der Lesarten unterm
Text. Seine Art, in fachlicher und fprachlicher Hinficht
den Midrafch vornehmlich durch den Midrafch felbft (d. h.
die verfchiedenen Midrafchim) zu erklären, ift geradezu
meifterlich; man kann für diefe Ausführlichkeit, die alles
Hergehörige zur Stelle bringt, nur dankbar fein. Daß er
fchwierige Wörter und Sachen auch kurz zu erklären
verlieht, zeigt Th. ja vielfach genug, z. B. bei den grie-
chifchen Lehnwörtern. Intereffant ift auch der Nachweis
fpäterer Zufätze und Einfchiebfel, die z. T. aus dem Rafchi-
Kommentar gefloffen find. Cod. b zeigt fich davon am
meiften frei und wurde daher (entgegen meiner früher
geäußerten Anficht) mit Recht zugrunde gelegt; außerdem
hat er die große Autorität des Aruch für fich. —
Rühmend fei fchließlich noch die Korrektheit des Druckes
hervorgehoben; leiftet doch u. a. ein Bacher dem Herausgeber
den Freundfchaftsdienft der Satzkorrektur! Unerfindlich
aber bleibt mir, warum die Druckerei zu den
bisherigen 480 Seiten nicht weniger als reichlich 8 Jahre
gebraucht hat.

Leipzig. Erich Bifchoff.

Ich will keinen Wert legen auf Überfetzungen wie .Verderben
16 10 n^EUüTJ zu befchämen S, 3, 2322 als Schatten 39, 7; bedenklicher
find Annahmen eines poftpof. 1 4, 5h 12T1 223233 5? feid ftill auf eurem
Lager, oder poftpof. TS 10, 14 rirx *3 fVSitl denn du fiehft oder 11,5
jra'n ^HE"1 ph12 MIT Jahve ift gerecht und prüft den Frevler
vgl. 18, 50. Höchft willkürlich fpringt Sch. mit den verfchiedenen Modi um:
in 3,8 überf. er r"iE-: zerbrich, während er das unmittelbar vorhergehende
EVOH richtig durch ein Perf. wiedergibt, vgl. 4,2; in II, 2 gibt
er b?E Tva wieder: was foll er tun; 14, 5 nnBl VEHS): mögen fie er-
fchrecken und fich fürchten, 14,6 W*3V1 mögen fie zu Schanden
werden, 16,4 !~rra fie mögen kaufen ufw. In 9, 17 findet fich ttipib,
was aber als Part. Niph. überfetzt wird, öfter werden Schwierigkeiten
des Textes durch eine Überfetzung befeitigt, die fich aber mit dem angenommenen
Text nicht deckt. So überfetzt er 10, 3 HW yX3 "p2 "22
er fegnet den fchnöden Gewinn, verhöhnt dich Jahve und 10,4 SU31
OTT1 b2 1EX rn2J2 gar: gemäß feinem Hochmut fragt der Freoler
nicht nach Deinem Zorn. Doch genug davon. Druck und Ausftattung des
Buches find gut, doch fehlt es natürlich auch an Druckfehlern nicht. Dahin
gehört die Anmerkung 11,5)» SttJI, Anm. 16,5a Epbnia S. 231 Z. 16
v. u. Cn2. ob auch 10,14b rxob? Vgl. ferner 37,27 ~"D; 37,3 Eist

vgl. 37, 37 u- o~ m-

Ich unterlaffe es aus Raummangel, eine Reihe glücklicher
Löfungen vorzuführen, hebe nur nach obigem Tadel
noch einmal hervor, daß es daran nicht fehlt.

Straßburg i/E. W. Nowack.

Berefchit Rabba m. kritifchem Apparat u. Kommentar v.
J. Theodor. (Lfg. V. u. VI.) Parascha I—XLVII. (S. 241
—479.) Lex. 8°. Berlin 1910—12. Bojanowo (Pofen),
Rabb. Dr. J. Theodor. je M. 3 —

Der Midrafch Berefchith rabba, diefer große und
großartige rabbinifch-homiletifche Kommentar zur Genefis,
vielen wenigftens aus Wünfches deutfeher Überfetzung
bekannt, lag bisher in höchft mangelhafter Textgeftalt vor,
als 1890 Rabbiner Dr. J. Theodor in Bojanowo mit den
Vorarbeiten zu diefer kritifchen Ausgabe begann, deren
1. Lieferung 1903 erfchien, während jetzt die 6. denk Band
der monumentalen Arbeit abfchließt. Die Ausgabe beruht
auf genauer Kollation aller wefentlichen Handfchriften,
von denen die Faffung des cod. hebr. Add. 27169 Brit
Mus. (b) bis auf einige abfolut nötige Korrekturen im
Texte erfcheint, die oft hochbedeutfamen Varianten der
anderen Quellen in dem ungemein reichen und forgfältigen
kritifchen Apparat. Ganz befondere Aufmerkfamkeit ift
auch den Varianten (in Wort und Gedankenausdruck)
gewidmet, die fich zahlreich im Jerufchalmi und in der

bearbeitet. Ein Beitrag zum Streit um die ,Chriftus-
mythe'. (VIII, 108 S.) gr. 8°. Tübingen, J. C. B. Mohr
1911. M. 2 —

— RabbinilcheWundergelchichten des neuteltamentlichen Zeitalters
in vokalifiertem Text m. fprachl. u. fachl. An-
merkgn. (Kleine Texte f. Vorlefgn. u. Übgn. 78.) (26 S.)
8°. Bonn, A. Marcus & E. Weber 1911. M. 1 —

— Antike Wundergefchichten zum Studium der Wunder des
Neuen Teftamentes. (Kleine Texte f. Vorlefgn. u. Übgn.
79.) (27 S.) 8°. Ebd. 1911. M. — 80

Wenn der Betriebfamkeit des Hrn. Lic. Fiebig die
Güte feiner Leiftungen auch nur einigermaßen entfpräche,
hätte er gerechten Anfpruch auf Dank; denn in Deutfch-
land wenigftens braucht man, zumal nach G. Dalmans
Wegzuge und E. Schürers Tode nicht viel mehr als die
Finger Einer Hand, um diejenigen als Chriften geborenen
Gelehrten aufzuzählen, welche über ,Talmudica' und ,Rab-
binica' ein auf wirkliche Studien gegründetes Urteil haben,
und die Wichtigkeit diefes Studiums ift groß (freilich
nicht von allen dazu Verpflichteten anerkannt). Leider
aber muß hier geurteilt werden, daß Hr. Fiebig den allein
gültigen Beweis für das Recht, als Autorität zu gelten,
nicht erbracht hat, nämlich eine wirklich bedeutende
Leiftung. Gerade feine neueften Schriften zeugen von
Flüchtigkeit und von Mangel an ausgereiften Kenntniffen.

Dies Urteil begründe ich hier durch Betrachtung zunächft
der Jüdifchen Wundergefchichten des neuteftamentlichen
Zeitalters'. Als ein Beitrag zum Streit um die
,Chriftusmythe' kann diefe Schrift kaum bezeichnet werden.
Erftlich nämlich ift Hr. Arthur Drews mit feiner Thefe
in wirklich wiffenfehaftlichen Kreifen niemals als wiffen-
fchaftlich angefehen worden; man hat ihn nur folange
bekämpft, wie Gefahr war, daß er in ungebildeten und in
halbgebildeten Kreifen Unheil anrichtete, und jetzt ift er
längft tot, fall vergeffen. Zweitens, was Hr. Fiebig durch
Vergleichung jüdifcher Wundergefchichten vorbringt, ift
nicht geeignet, auf Hrn. Drews Eindruck zu machen, da
er (Hr. F.) die Gefchichtlichkeit der neuteftamentlichen
Wundererzählungen mitEntfchiedenheit ablehnt. Es genügt
vollftändig, wenn man Hrn. Drews und feinen Leichtgläubigen
klar macht, daß kein Jude der erften Jahrhun-