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Ausgabe:

1912 Nr. 16

Spalte:

507-508

Autor/Hrsg.:

Meyer, Sebastian

Titel/Untertitel:

Ernstliche Ermahnung Hugo v. Landenbergs, Bischofs zu Konstanz, zu Frieden u. christlicher Einigkeit., m. schöner Auslegung u. Erklärung, (samt:) Summarium der schädl. tödl. Gifte, so in diesem

Rezensent:

Schornbaum, Karl

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Seite 1

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507 Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 16. 508

behalten und durch die Art der Entwicklung evangelifcher
Lehre wie der Bezeugung evang. Wahrheit vielfach mufter-
gültig gelöft. Ein weiterer Vorzug liegt in dem Verhältnis
der Predigten zum Text. Mit einer einzigen Ausnahme
— ,Weihe der Freundfchaft', über Phil. 4. 8 — bietet das
Schriftwort unmittelbar den Gegenftand der Predigt und
beftimmt überall die Einteilung. Daß dies ohne jeden
traditionellen oder formaliftifchen Zwang gefchieht, ift bei
einem Lehrer der Homiletik nicht Grund zu befonderem
Lobe, aber höchft bemerkenswert ift die ebenfo feine wie
anfchauliche Faffung des Inhalts jener Textteile in der
Sprache der Gegenwart, wie fie für akademifche Predigten
und nicht nur für diefe im beften Sinne praktifch ift. Die
ganze Ausführung aber zeigt eine Reife der Meditation,
wie fie nicht blos in der heutigen Predigtliteratur feiten
zu finden ift, und noch mehr als die Hörer die Lefer —
namentlich alle Homileten — anziehen und feffeln wird.
Die Flöhen menfchlicher Erkenntnis und Sittlichkeit werden
gewürdigt, aber auch um fo fiegreicher wird die überragende
Hoheit evangelifcher Wahrheit und die Unbe-
dingtheit göttlicher Forderung bezeugt, und mit liebevollem
Verftändnis für menfchliches Geiftesleben alter und
neuer Zeit führen die Predigten ein in den wirklichen,
lebensvollen Reichtum chriftlichen Gottesglaubens, wie
dies der Titel der Sammlung verfpricht. Daneben wirkt
überall mit jenes feelforgerliche Bemühen, den Blick des
Hörers nach innen zu richten, ihm über die Gedanken-
ftröme, die fich untereinander anklagen und entfchuldigen,
zur Klarheit zu helfen, auch dasOhr zufchärfenfürdenhohlen
Klang landläufiger Schlagwörter, die mit gedankenlofer
Zuverfichtlichkeit nachgefprochen werden. Eine befondere
Würdigung würde die edle Schönheit der Sprache verdienen
, an der alle, die nach diefer Abfchiedsgabe greifen
, fich freuen werden.

Halle a. S. A. Wächtler.

Referate.

Kittel, Prof. D. Rudolf: Die altteftamentliche Willenfchaft in ihren
wichtigften Ergebniffen m. Berückficht, des Religionsunterrichts
dargeftellt. 2. verm. Aufl. (255 S. m. 18 Abbildgn. u. 9 Taf.)
8". Leipzig, Quelle & Meyer 1912. M. 3—; geb. M. 3.50
Die 1. Auflage habe ich 1911, 187 mit Dank angezeigt. In
der neuen Auflage ift der Text um manche kleine Zufätze und
einen größeren Abfchnitt über die neuen Ausgrabungen in Sa-
marien vermehrt, auch eine Reihe wertvoller Abbildungen find
zugefügt. Trotzdem ift der Preis nicht erhöht (2 Druckfehler der
1. Auflage find liehen geblieben: S. 18 unten myftifch ftatt my-
thifch, S. 124 unten Hündinnen ftatt Hindinnen).

Hannover. Schufter.

[Meyer, Seb.:J Ernftliche Ermahnung Hugo v. Landenhergs, Bifchofs
zu Konftanz, zu Frieden u. chriftlicher Einigkeit, m. fchöner
Auslegung u. Erklärung, [famt:] Summarium der fchädl. tödl.
Gifte, fo in diefem Mandat inbegriffen. [Augsburg 1522/23.]
Hrsg. v. Karl Schottenloher. (64 S.) M. 2 —

Schrotentreck's Dr. v. Biffingen: Practica auf das 1523. Jahr.
Hrsg. v. Willi. Lücke. Ergänzungen, Berichtiggn. u. Regifter
zu Bd. I-IV. (V, 36 S.) M. 1.20

= Flugfchriften aus den erften Jahren der Reformation. IV. Bd.,
5. u. 6. Heft. 8°. Leipzig, R. Haupt 1911.
Die beiden letzten Hefte der ,Flugfchriften aus den erften
Jahren der Reformation' bringen in gewohnter Sorgfalt und Gründlichkeit
die Antwort des Sebaftian Meyer auf den Hirtenbrief des
Konftanzer Bifchofs Hugo von Landenberg 1522 und die Praktika
eines gewiffen Doktor Schrotentrecks von Biffingen auf das 1523.
Jahr. Bei der erfteren Schrift ift die Frage nach Drucker und
Druckort noch ungelöft; aller Scharffinn hat noch nicht fertig
gebracht, diefe oft auftauchende Preffe ausfindig zu machen. Bei
der zweiten Schrift ift man über den Verfaffer vollkommen im
Unklaren. Sollte nicht ,Schrotentreck' ein angenommener Name
fein? In Kitzingen fand die Reformation bald Eingang. Auf Seite
347 Z. 4 v. u. dürfte es wohl heißen müffen: Würzburg ftatt
Augsburg.

Dem Bedauern, daß es nicht gelang, ein ferneres Erfcheinen
diefer Sammlung zu ermöglichen, darf auch hier Ausdruck ge-

I geben werden. Aber fchon das Erreichte verpflichtet zu bleibendem
Dank.

Alfeld bei Hersbruck. Schornbaum.

Schulze, Glob. Ernft: Aenesidemus od. üb. die Fundamente der
v. dem Herrn ProfefTor Reinhold in Jena gelieferten Elemen-
tar-Philofophie. Beforgt v. Dr. Arth. Liebert. (Neudrucke
feltener philofophifcher Werke. Hrsg. v. der Kantgefellfchaft.
1. Bd.) (XVIII, 351 S.) gr. 8». Berlin, Reuther & Reichard
1911. M. 5—; geb. M. 6 —

,Mit vorliegendem Bande beginnt eine Reihe von Neudrucken
feltener philofophifcher Werke, mit deren Veröffentlichung die
Kantgefellfchaft den Kreis ihrer Aufgaben und literarifchen Unternehmungen
erweitert. Diefe auf eine Anregung von Profeffor
Dr. P. Menzer zurückgehende Veranftaltung erftreckt fich auf
folche Schriften, die in die Entwicklung des Geifteslebens der
beiden letzten Jahrhunderte in bedeutfamer Weife eingegriffen
j haben. Eine befondere, aber doch nicht einfeitige Berückfichtigung
j follen dabei Werke, Kommentare und Kritiken erfahren, welche
j zur Philofophie Kants in Beziehung flehen.'

In diefen Sätzen der Vorbemerkung, welche die Kantgefellfchaft
der Ausgabe des Aenesidem voranfchickt, ift der leitende
Gedanke für das Unternehmen wiedergegeben, deffen erfte Veröffentlichung
Dr. Liebert beforgt hat. Man kann die Abficht nur
gut heißen, das Erbe der beiden letzten Jahrhunderte dadurch
noch beffer auszumünzen, daß man uns ihre philofophifch be-
deutfamen Schriften bequem zugänglich macht, und man muß
fagen, die Art und Weife, wie hier der I. Bd. der neuen Sammlung
, G. E. Schulzes Aenesidem, uns vorgelegt wird, dient dem
Unternehmen als eine warme Empfehlung. In vornehmer Aus-
ftattung bietet fich uns hier ein möglich!! getreues Bild des Originals
, das noch durch wertvolle biographifche, bibliographifche
und fachliche Anmerkungen bereichert ift. Inzwifchen hat Br.
Bauch Liebmanns Schrift ,Kant und die Epigonen' als II. Bd. der
Sammlung ausgehen lallen. Bernhard Bolzanos Wiffenfchaftslehre
wird als drittes folgen. Es fei ausdrücklich bemerkt, daß die
Kantgefellfchaft ihren Mitgliedern die ,Neudrucke' koftenfrei zu-
ftellt.

Göttingen. Heinzelmann.
Bleek, Walt, van der: Giordano Bruno-Goethe u. das Chriftuspro-
blem. Naturwifienfchaft u. Bibel. (192 S.) 8". Berlin, Verlag
Neues Leben 1911. M. 2 —

Das Buch, vom Vf. (Präfidenten der Richard Wagner-Gefell-
fchaft für Kunft und Kultur) dem Genius des geeinigten Königreichs
Italien zur Jubelfeier 1911 gewidmet, redet in feiner Einleitung
im Anfchluß an die Görlitzer Kaiferrede, den Brief des
Kaifers an Admiral Hollmann und deffen Befprechung durch Har-
nack in den Preuß. Jahrbb. der Weiterbildung der Religion das
Wort. Es behauptet in Kap. 1 (S. 27—64) unter Hinweis auf Baur
und Nachfolger, auf Kalthoff und Drews, auf Wellhaufen und
feine Schule und weiter auf Kant, Darwin, Haeckel u. f. f. die
Zerfetzung der Bibel und des chriftlichen Glaubens durch Bibelkritik
und Naturwiflenfchaft, um dann in Kap. 2 (S. 65—163), unter
fpezieller Befprechung der Gedichtgruppe Gott und Welt und
der Metamorphofenlehre, Goethes pantheiftifche und panpfychi-
ftifche Weltanfchauung darzulegen und zu zeigen, inwiefern fie
durch Spinoza hindurch (darüber noch Befonderes im bibliogra-
phifch-kritifchen Anhang S. 164—191) in ihrer ontologifchen,
kosmologifchen und ethifchen Auffaffung mit Giordano Bruno
zufammenhängt.

Umfangreiche Lektüre ift mit eifrigem philofophifchen Bemühen
, doch ohne wirkliche philofophifche Befähigung wenig
gefchickt zufammengearbeitet. Der dem Titel nach zu vermutende
Grundgedanke tritt recht undeutlich hervor. Der Untertitel
paßt nur auf Kap. 1; vom Obertitel ift das 3. Stück (Chriftusproblem)
eigentlich nur in der Einleitung behandelt, und für den Nachweis,
daß Goethe an Bruno anknüpft, viel zu fehr nur auf andre Schriften
und Brunos Werke verwiefen und viel zu wenig Material felber
vorgelegt. — Eins der wohlgemeinten und fchwergerüfteten Welt-
anfchauungsbücher, in dem man manches bequem finden kann,
von denen man aber mit der Frage fcheidet: cui bono?

Lobberich. Alfred Zilleffen.

Kirn. Prof. Dr. Otto: Sittliche Lebensanlchauungen der Gegenwart.
2. Aufl. (Aus Natur u. Geifteswelt. 177.) (IV, 124 S.) Leipzig,
B. G. Teubner 1911. M. 1—; geb. M. 1.25

Die 1. Aufl. vgl. ThLZ. 1910, Sp. 450. Kims Vorlefungen
find erweitert durch eine Befprechung des idealiftifchen hiftorifchen
Evolutionismus Wundts (S. 60—63), deffen Optimismus kritifiert
wird, und eine in der 1. Aufl. fühlbar fehlende, zufammenfaffende