Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1912 Nr. 1

Spalte:

492-495

Autor/Hrsg.:

Diobouniotis, C.

Titel/Untertitel:

Hippolyts Schrift über die Segnungen Jakobs 1912

Rezensent:

Koch, Hugo

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

49i

Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 16.

Der zweite Satz der fehr ausführlichen Einleitung,
S. XI—CXVI, erzählt von dem Verkauf diefer Handfchrift
feitens der ,deutfchen Regierung' im Jahre 1889. Ich
habe felbft in der Textkritik, Bd. 1, S. 210, den gleichzeitigen
Verkauf der griechifchen Evangelienhandfchrift662
feitens des Berliner Kupferftichkabinetts gerügt. Natürlich
lieht die deutfche oder eigentlich die preußifche Regierung
hinter dem Kupferftichkabinett, gerade wie die englifche
Regierung hinter dem britifchen Mufeum fleht. Gewiß
wird der Herausgeber aber nach reiflicherer Überlegung
wünfchen, daß er nicht die deutfche Regierung und nicht
die preußifche Regierung, fondern das Kupferftichkabinett
erwähnt hätte. Ich hoffe meinerfeits, daß die Zeit vorbei
ift, zu der ein deutfcher Beamter folcher Fehler fchuldig
fein kann. Harnacks Einfluß wird das ein für allemal
unmöglich machen.

Oben auf der erften Seite diefer Einleitung, S. XI,
wird der Lefer gewarnt, die Angaben nicht aus diefer
Einleitung zu nehmen, fondern aus der ,allgemeinen
Kollation'. Auf diefe lange Einleitung folgen, S. 1—71,
.Preliminary remarks', und wieder wird der Lefer, S. 1
oben, gewarnt, nicht diefe Abteilung, fondern die .Kollation'
zu zitieren. Hoskier möchte mehr als fünfzig, wenigftens
mehr als zwanzig verfchiedene Schreiberhände in diefer
Handfchrift unterfcheiden. Die vorletzte Seite diefer
.remarks' bietet eine Frage des Dialekts. In den lateinifchen
Handfchriften fucht man die Schreiber oder die Hand-
fchriften nach Provinzialismen im Text zu unterfcheiden.
S. 70, Z. 9, braucht Hoskier ,of nach dem Zeitwort ,use':
,We have used freely of Horner's labours . . . and of
Gwilliam's Syriac Peshitto, and of Burkitt's Old Syriac'.
Diefe' partitive Verwendung von ,of nach ,use' ift im
heutigen Englifchen nicht üblich. Wer weiß, aus welcher
Provinz Hoskier flammt, um dies feflzulegen?

Die Kollation der Handfchrift füllt S. 73—344. Dabei
werden die lateinifchen Handfchriften der Evangelien und
gelegentlich griechifche Handfchriften und die Uberfetzungen
des Textes ins Syrifche und Koptifche zum Vergleich
herbeigezogen. Auf S. 345—357 gibt Hoskier eine
konfufe Befchreibung und die Lesarten von weiteren achtzehn
Morgan zugehörigen Blättern des CodexNorimbergen-
sis (Nr. 1855 in meiner Textkritik, Bd. 2, S. 7°5)-,> Hoskier
braucht für diefe Handfchrift das Zeichen M. Soweit
ich erfehen kann, fcheint Hoskier nicht zu wiffen, daß
Wilhelm Weißbrodt die Nürnberger Blätter fchon 1887
veröffentlicht hat. Die 18 Bll, die Morgan hat, füllen viele
der Lücken in 1855 aus, fo daß die 46 Bll etwa folgendes
enthalten: Lk 5,19 — 11,17; 11,(52)—12,10; 12,24—49;
13,4-16; 19,28—20,20; 21,4—16; 22,40—53; 24,17—31;
Joh 1,19-33; 2,14—3.3; 6,16—30; 7,6-8,42; 10,17—33;
12,26—39. Es wäre hübfch gewefen, hätte Hoskier die
18 Bll genau befchrieben, eine photographifche Nachbildung
davon gegeben und fle vollftändig veröffentlicht.
Vielleicht findet man weitere Blätter. Ob Libri die 18 Bll
aus Nürnberg geflohlen hat?

Alle, die fleh für die Kritik des neuteftamentlichen
Textes intereffleren, werden Hoskier dankbar fein für die
große Mühe, die er verwendet hat, um diefe goldene
Handfchrift zu bearbeiten. Sein Buch würde leichter zu
benutzen fein, wenn es in der alltäglichen Weife, ftatt in
zerriffenen Sätzen, gedruckt wäre. Die Einleitung und die
.preliminary remarks' würden verftändlicher fein, wenn fle,
in eine gewiffeOrdnung gebracht, miteinander verfchmolzen
würden. Irre ich nicht, fo ift der Verfaffer geneigt, zuviel
Gewicht zerllreuten Einzelheiten im Text und glücklichen
Einfällen in bezug auf die Verbindung der alten
Überfetzungen mit dem griechifchen Text zuzufchreiben.

Leipzig (6. Januar 1912: Westminfter, Colorado).

Caspar Rene Gregory.

Grimme, Prof. Hub.: Die Oden Salomos fyrifch-hebräifch-

deutfeh. Ein krit. Verfuch. (VI, 149 S.) gr. 8°. Heidelberg
, C.Winter 1911. M. 7 —

.Schätzen kann fehlen' lautet ein deutfehes Sprichwort.
Beim Überfetzen ift es nicht anders. Und doch muß der
Verfuch gemacht werden, und wenn er mit der nötigen
Umficht und Vorficht gemacht wird, ift er nicht umfonft,
auch wenn er in der Hauptfache fehlfchlagen follte. In
dem Augenblick, in dem ich an die Ausarbeitung der
Anzeige des vorliegenden Verfuches gehen will, lefe ich,
daß Burkitt den fyrifchen Text diefer Oden in einer
Handfchrift des 10. Jahrhunderts entdeckt habe, während
Grimme die 2. Auflage von Harris von 1911 nur noch
im Nachtrag S. 148 berückfichtigen konnte. Angenehm ift,
daß er den fyrifchen Text mitteilt, und es ift dem Herausgeber
und Verleger zu raten, daß fle in einem Nachtrag
fofort Burkitts Ergebniffe verwerten, wenn fle einmal
vorliegen werden. Dann wird diefe Veröffentlichung
Wert behalten und neuen Wert gewinnen. Denn fo wie
fle vorliegt, kann ich den Verfuch nur für teilweife gelungen
halten, und muß vieles für recht verfehlt erklären. Ohne
die beigefügte Überfetzung des Hebräifchen und ohne
Vergleichung des Syrifchen würde ich das Hebräifche
für fleh manchmal nicht verliehen; z. B. 10,7:

nitaan wnn rs vorraa Tsaas xbi
nab bs> n«n map* w

,Und in meiner Liebe ward ich nicht verunreinigt
dadurch, daß man mich auf Opferhöhen bekannte. Und
es wurden die Ausläufer des Lichtes auf ihr Herz gelenkt
ufw'. Daß fo das Original nicht lautete, bin ich
überzeugt, fo wenig ich fagen kann, wie es einft lautete.
Ich weiß noch nicht einmal ficher, ob es überhaupt je
hebräifch war. Auch die Spuren alphabetifcher Anordnung
der Lieder, die Grimme gefunden haben will, find mir
fehr verdächtig. Die ganz gleich beginnenden Strophen
6 und 40 (,Wie' als Konjunktion) überfetzt Grimme ver-
fchieden; das erftemal "p rob niaia, offenbar um ein
Beth zu bekommen. Daß der Vf. ftatt oder neben der
Überfetzung feines Hebräifchen nicht zuerft eine wörtliche
Überfetzung des Syrifchen gegeben hat, bedaure ich.
Nur fo wäre eine fichere Grundlage gegeben und Nachprüfung
ermöglicht. Auf die metrifchen Fragen gehe ich
nicht ein; ich bemerke nur, daß offenbar feiner Metrik
zu lieb der Überfetzer vom Wortlaut des Syrifchen manchmal
abwich. Ode 28 beginnt: Wie die Flügel der Tauben
über ihren Jungen und die Schnäbel ihrer Jungen gegen
ihre Schnäbel (plur). Das Hebräifche heißt:

ws bx Drfi&i Tfa b* nn sjirs

S. 148 bemerkt dazu, daß der Singular gefetzt fei
wegen des Parallelismus von .Taube' mit Geift ,fowie aus
metrifchen Gründen'. Den Singular beanftande ich nicht,
aber die Weglaffung der Jungen' im zweiten Glied.
Ebenfo bedenklich ift mir die Annahme fo vieler Interpolationen
, obwohl Grimme in diefem Stück gemäßigter
ift als Diettrich, indem er nur einen Interpolator
annimmt und diefen etwa 50 Jahre nach dem Verf. der
Urfchrift tätig fein läßt. Diefe fetzt er zwifchen 100 vor
und 30 nach Chr. an. Als Stützpunkt für diefe Anfetzung
dient ihm die Ähnlichkeit mit den Hymnen im Anfang
des Lukasevangeliums und in der Didache. Diefe hat er
S. i4off. in das Hebräifche überfetzt; feine Schrift muß
alfo auch von Erklärern des dritten Evangeliums beachtet
werden.

Maulbronn. Eb. Neftle.

Diobouniotis, C, u. N. Beis: Hippolyts Schrift üb. die
Segnungen Jakobs. — Diobouniotis, Constantin:Hippolyts
Danielcommentar in Handfchrift Nr. 573 des Meteoron-
klofters. Mit Vorwort von G. Nathanael Bonwetfch.
(Texte u. Unterfuchungen zur Gefchichte der altchriftl.