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Ausgabe:

1912 Nr. 13

Spalte:

387-393

Autor/Hrsg.:

Sachau, Eduard

Titel/Untertitel:

Aramäische Papyrus und Ostraka aus einer jüdischen Militär-Kolonie zu Elephantine 1912

Rezensent:

Smend, Rudolf

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Theologifche Literaturzeitung 1912 Nr. 13.

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fyrifcher Schriften oder fyrifcher Überfetzungen aus dem
Griechifchen das Verhältnis von ITH, }_L. O^H, U.I zu
aco&iv, awtrjQia genau unterfucht und präziüert würde.
Auch in der gnoftifchen Terminologie würde manches
durch diefe Unterfuchung aufgehellt werden.

Es ift mit Freuden zu begrüßen, daß der Verf. feine
Artikel in der Proteft. Realenzyklopädie zu einer einheitlichen
Darftellung verarbeiten und gefondert herausgeben
will. Die Artikel werden ja vorwiegend von Orientalinnen
zu Rate gezogen, von ihnen befitzen aber nur wenige die
Enzyklopädie, und ihre Benutzung ift für fie oft mit viel
Zeitverluft verbunden. Hoffentlich dürfen wir den Band
in Bälde erwarten.

Greifswald. M. Lidzbarski.

Sachau, Eduard: AramäiFche Papyrus u. Ostraka aus einer
jüdifchen Militär-Kolonie zu Elephantine. Altorienta-
lifche Sprachdenkmäler des 5. Jahrhunderts vor Chr.
Mit 75 Lichtdr.-Tafeln. (XIX, 290 S.) Fol. Leipzig,
J. C. Hinrichs 1911. M. 90 —; geb. M. 96 —

In diefem Werke ift der reiche Ertrag der Ausgrabungen
zufammengeftellt, welche die Berliner Papyrus-
kommiffion in den Jahren 1907 und 1908 auf der Nilinfel
Elephantine (Jeb) veranftaltet hat. Veröffentlicht war
davon bisher eine (in zwei Abfchriften erhaltene) Bitt-
9 fchrift, in welcher die Judäer von Jeb den Bagoas, den
perfifchen Pecha von Judäa, um feine Interceffion bei
Arfames, dem Statthalter von Ägypten, angingen, damit
Arfames die Wiederherftellung des von den Ägyptern
zerftörten Jahveheiligtums in Jeb geftatten möchte. Dazu
kam ein Bericht über den mündlichen Befcheid, mit dem
Bagoas und Delaia, (ein Sohn des damals offenbar fchon
verftorbenen Sanaballat), an welchen eine ähnliche Bittschrift
gerichtet war, den Überbringer der beiden Bitt-
fchriften an den Arfames fandten. Vgl. die Abhandlungen
der Berliner Akademie von 1907 und dazu Theol. Lit.-Ztg.
1907 657—659, 705—711. Jetzt erhalten wir eine Reihe
von weiteren Urkunden, die das Heiligtum in Jeb, die
wirtfchaftlichen Verhältniffe der dortigen judäifchen Militärkolonie
und ihre Beziehungen zu den Ägyptern und zur
perfifchen Regierung betreffen. Darunter befindet fich
ein höchft merkwürdiges Schreiben eines gewiffen Hanania,
der der Kolonie die Feier des Mazzenfeftes für den
15.—21. Nifan vorfchreibt, fodann ein Schreiben des
Arfames betreffend die Reparatur eines Nilfchiffes, an
der die Kolonie augenfcheinlich beteiligt war. Außerdem
find viele und verfchiedenartige Rechtsurkunden
gefunden, Fragmente des Achikarromans, Bruchftücke
einer aramäifchen Uberfetzung der Dariusinfchrift von
Behiftun und endlich eine Anzahl von aramäifchen und
phönizifchen Krugauffchriften. Ihrer Entftehung nach
verteilen fich die Papyri auf die Zeit vom 27. Jahre
Darius' I (494) bis zum 5. Jahre des Amyrtäus (400),
einigermaßen alfo auf denfeiben Zeitraum, dem die von
Sayce und Cowley herausgegebenen Rechtsurkunden ent-
ftammen (Aramaic Papyri discovered at Affuan, London
1906; vgl. Theol. Lit.-Ztg. 1907 1 — 5, 65—69).

Im Unterfchiede von jenen vortrefflich erhaltenen
Urkunden befinden fich diefe ihrem Inhalt nach unvergleichlich
wertvolleren Blätter in einem traurigen Zuftand.
Unter den jetzt neu edierten Stücken ift nur eine Schuldurkunde
(Tafel 28, 29 Pap. 28) unverletzt, die meiften
Stücke find kleine Fetzen, deren Bedeutung oft unklar
ift. Das Verdienft der Publikation gebührt zum großen
Teil Herrn H. Ibfcher, der die einzelnen Bruchftücke
verifiziert und, foweit es anging, zufammengefügt hat.
Dagegen entfpricht die Arbeit des Herausgebers Sachau
durchaus nicht den Anforderungen, die an eine Edition,
und vollends an eine fo wichtige, zu ftellen find. Im allgemeinen
verweife ich dafür auf die Anzeigen von Nöldeke
(Lit. Zentralbl. 19. Nov. 1911 ISO3—1507) und Lidzbarski

(Deutfche Lit.-Ztg. 25. Nov. 1911 2966—2981). Bezüglich
der phönizifchen und aramäifchen Krugauffchriften ift
fogar Sachaus Lefung fo fchlecht, daß hierfür fchon eine
neue Edition Lidzbarskis eintreten mußte (Anhang zu den
Abhandlungen der Berliner Akademie von 1912).

Auf die fprachliche Bedeutung diefer Papyri kann
ich hier nicht eingehen1, in lexikalifcher Beziehung werden
fie vielfach auch nur von Kennern des Iranifchen und
des Affyrifch-babylonifchen erklärt werden können. Ich
befchränke mich auf ihren Inhalt, foweit er für den Theologen
von Intereffe ift, und das ift in fehr erheblichem
Maße der Fall.

Was zunächft die weiteren Schickfale des Heiligtums
in Jeb angeht, fo wird der von Lidzbarski und mir hervorgehobene
Umftand, daß Bagoas und Delaia fich bei Arfames
nur für die Wiederherftellung eines unblutigen Kultus
verwandten, durch eine neue Bittfchrift Tafel 4 Pap. 5
illuftriert. Hier erbieten fich fünf Häupter der Kolonie
gegenüber einer vornehmen Perfon zu einem Gefchenk
an Getreide, falls die Darbringung von T:5T Tin |p, d. h.
von Schafen, Rindern und Ziegen geftattet werde. Sachau,
der das 1p (== hebr. nicht erkannte, überfetzt dafür
,Taubenpaar (nach jj? Neft!), Turteltaube, Ziege'. Weil
fodann die Urkunden ungefähr mit dem Jahre 400 abbrechen
, fo wird man annehmen müffen, daß bei dem
damals erfolgten Sturz der perfifchen Herrfchaft das
Heiligtum und wohl auch die Kolonie, die kaum aus
200 Familien beftand, unterging.

Über die Religion und damit zugleich über die
Herkunft des Jüdifchen Heeres'(6 6,2. 11; i8K.Ii)'-1
von Jeb geben die jetzt herausgegebenen Stücke einen unerwarteten
Auffchluß. Nach den bis dahin bekannten
Stücken mußte man vermuten, daß die Judäer von Elephantine
allein den Jahve verehrten. Sie reden in ihrer
Bittfchrift an Bagoas 1,6.24 von aem 8T1SK (d.h. dem
Heiligtum) des Jahu in Jeb (fo auch in einer anderen
Bittfchrift 45,8), ebenfo 1,26 von feinem KrDTö. Sie
nennen ihn .1,15. 27. 28 den Herrn bzw. den Gott des
Himmels und ebenfo heißt in einer weiteren Bittfchrift
4 3,3 4 fein Heiligtum der KMTa ITa des Himmelsgottes.
In dem oben erwähnten Schreiben des Hanania (Taf. 6
Pap. 6) wird ihnen auch (in Übereinftimmung mit dem
PrieftercodexdesHexateuch) mitgeteilt, daß fie das Mazzen-
feft vom 15.—21. Nifan halten feilten. Daß fie im wefent-
lichen nur Verehrer des Jahu fein wollten3, geht auch
daraus hervor, daß in der Menge von theophoren Perfonen-
namen ,die wir aus den neuen Stücken kennen lernen, die weitaus
meiften mit Jahve komponiert find. Indeffen ift 14 13,1
in einem Briefe von KbD STlbS, d. h. allen Göttern (vgl.
37 42 verso 1 bo ^rtbfcC), die Rede, und 32 32,3 fchwört einer
der Koloniften außer bei Jahu (die betreffenden Worte
find zerftört) jedenfalls auch noch bei einer Göttin Anath-
jahu = der Anäth des Jahu.

Näheres erfahren wir aus der merkwürdigen Steuerlifte
Pap. 17—20. Hier wird der Ertrag einer Kopffteuer
von 2 Sekel (im ganzen 31 ©tj und 8 Sekel = 318 Sekel),
die im S.Jahre (des Darius II.) = 419 v.Chr. (9Jahre vor
der Zerftörung des Heiligtums) eingefammelt wurde, nur
im Betrage von 12 ©"D 6 Sekel für den Jahu verwandt,
woneben 7 ©-q auf eine Gottheit bKtTSB©« und 12 ©tj
auf eine Gottheit bafPiroy fielen. Aus dem freilich ftark
verftümmelten Text ift auch fo viel deutlich, daß die Beiträge
fämtlicher Glieder des fcOYim »bTl in der Hand
des Jedonia zu Einer Summe zufammengelegt wurden,

1) In bezug auf das im Jahrgang 1907 709 von mir Geäußerte
bemerke ich, daß für OTTOS durch die neuen Papyri die Bedeutung
.Ausftattung' gefichert wird. Alfo ift I, Ii zu lefen: ri31B6t rWlB 05
= famt der übrigen Ausstattung.

2) Ich zitiere wie Sachau nach den Nummern der Tafeln, denen
ich meistens die Nummern der Papyri folgen laffe.

3) Man vgl. auch in der Einleitung und der Adrefle des Briefes

12 11,1. 12: stnbx w 11 Kisnsi snis NW mit teun=i nTS nw1
tp-nn^i.